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31.01.2003 · IWW-Abrufnummer 021861

Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 10.10.2002 – 8 K 5588/99 EZ

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT DÜSSELDORF

8 K 5588/99 EZ

Im Namen des Volkes

U R T E I L

In dem Rechtsstreit
- Klägerin -Prozessvertreterin:
gegen Finanzamt
- vertreten durch den Vorsteher -StNr.:
RBL-Nr.:
- Beklagten -wegen

Eigenheimzulage ab1998

hat der 8. Senat in der Besetzung:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht
Richter am Finanzgericht
Richterin am Finanzgericht
ehrenamtlicher Richter
ehrenamtlicher Richter

auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 10.10.2002 für Recht erkannt:

Die Einspruchsentscheidung vom 16.06.1999 wird aufgehoben.

Unter Änderung des Bescheides vom 19.02.1999 wird die Eigenheimzulage für die Jahre 1998 bis 2005 auf jährlich 2.812,11 Euro (5.500 DM) festgesetzt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

G r ü n d e :

Streitig ist die Gewährung von Kinderzulagen nach dem Eigenheimzulagengesetz -EigZulG-. Die Klägerin ist deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz im Ausland. Sie erfüllt unstreitig die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes -EStG- (sog. fiktive unbeschränkte Steuerpflicht; Grenzpendler).

Die Klägerin beantragte am 08.12.1998, für die mit Wirkung zum 01.10.1998 zum Kaufpreis von 100.000 DM erworbene Wohnung N Str.in A eine Eigenheimzulage einschließlich zweier Kinderzulagen für ihre Töchter Y (geb. 1980) und M(geb. 1985) zu gewähren; die Wohnung ist der Tochter Y seit 01.10.1998 unentgeltlich zur Nutzung überlassen.

Der Beklagte setzte die Eigenheimzulage mit Bescheid vom 19.02.1999 für den Zeitraum seit 1998 - 2005 auf jährlich 2.500 DM (2,5 % v. 100.000 DM) fest; eine Gewährung von Kinderzulagen komme nicht in Betracht, da die Klägerin keinen inländischen Haushalt i.S.v. § 9 Abs. 5 S.2 EigZulG führe.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage, die die Klägerin im wesentlichen wie folgt begründet:

Die Beschränkung der Kinderzulage auf inländische Haushalte in der Vorschrift des § 9 Abs. 5 S.2 EigZulG stelle insbesondere für sog. Grenzpendler i.S.v. § 1 Abs. 3 EStG eine Diskriminierung dar, die gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht verstoße. Berührt sei vor allem der Grundsatz der Niederlassungsfreiheit.

Die Klägerin regt hilfsweise an, den Europäischen Gerichtshof -EuGH- gem. Art. 177
EG-Vertrag zu ersuchen, im Wege der Vorabentscheidung darüber zu befinden, ob § 9 Abs. 5 EigZulG mit dem EG-Recht vereinbar ist.

Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Bescheides jährlich zusätzlich zwei Kinderzulagen von je 766,94 Euro (1.500 DM) seit 1998 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Ansicht, der Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 5 EigZulG, der auf einen inländischen Haushalt der Eltern abstelle, stehe der Gewährung der Kinderzulagen entgegen.

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtswidrig, als der Beklagte die Eigenheimzulage ohne die beiden geltend gemachten Kinderzulagen festgesetzt hat. Gemäß § 9 Abs. 5 S.2 EigZulG setzt die Gewährung einer Eigenheimzulage voraus, dass das Kind im Förderzeitraum zum inländischen Haushalt des Anspruchsberechtigten gehört oder gehört hat.

Diese Voraussetzung erfüllen hier beide Kinder der Klägerin; sie gehören zum inländischen Haushalt der i.S.v. §§ 1, 2 Abs. 1 S.1 EigZulG als (fiktiv) unbeschränkt steuerpflichtige Wohnungseigentümerin anspruchsberechtigten Klägerin.

Zwar stellt der Haushalt der Klägerin im Ausland keinen inländischen Haushalt dar. Jedoch führt die Auslegung des Tatbestandsmerkmals ?Haushalt? i.S.v. § 9 Abs. 5 S.2 Eig-ZulG dazu, dass auch das begünstigte Objekt selbst, die Wohnung in A, einen (weiteren) Haushalt der Klägerin i.S.d. EigZulG darstellt.

Das ergibt sich insbesondere aus der Vorschrift des § 4 S. 2 EigZulG. Dort ist bestimmt, dass die Anspruchsvoraussetzung der ?Nutzung zu eigenen Wohnzwecken? auch vorliegt, soweit eine Wohnung unentgeltlich an einen Angehörigen i.S.d. § 15 der Abgabenordnung überlassen wird. Eine derartige unentgeltliche Überlassung der A- Wohnung hat die Klägerin gegenüber ihrer Tochter Y vorgenommen. Folglich nutzt (auch) die Klägerin selbst, so die Regelung des EigZulG, die A- Wohnung zu eigenen Wohnzwecken. Eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung stellt zugleich einen Haushalt des Steuerpflichtigen dar. Mit der gesetzlich bestimmten Selbstnutzung der Wohnung in A führt die Klägerin dort einen Haushalt i.S.d. EigZulG. Zu dem inländischen Haushalt i.S.v. § 9 Abs. 5 S.2 EigZulG der Klägerin in A gehört nicht nur die Tochter Y, die dort lebt, sondern auch die Tochter M. Die Zugehörigkeit der Tochter M ergibt sich aus ihrer Haushaltsgemeinschaft mit der Klägerin; da letztere nach obigen Ausführungen einen Haushalt auch in A führt, gilt dies zugleich für ihre jüngere Tochter. Die Gewährung der beiden Kinderzulagen entspricht auch der Systematik und dem Sinn des EigZulG. Das Gesetz erstreckt in § 1 EigZulG die Anspruchsberechtigung auf ?unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne des Einkommensteuergesetzes?, somit ohne Differenzierung auf alle unbeschränkt Steuerpflichtigen i.S.v. § 1 EStG - einschließlich der sog. fiktiv unbeschränkt Steuerpflichtigen (Grenzpendler) gemäß § 1 Abs. 3 EStG. Ziel der im EigZulG festgelegten Kinderzulage ist es, Familien mit Kindern die Bildung von Wohneigentum zu ermöglichen (vgl. schon Urteile des Bundesfinanzhofs vom 31.10.1991 X R 9/91, BFH E 166, 85, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1992, 241 und vom 18.10.2000 X R 19/96, BFH E 193, 349, BStBl II 2001, 383 zur Vorgängervorschrift des § 34 f EStG).

Gründe dafür, dass der Gesetzgeber den Grenzpendlern zwar die Eigenheimzulage habe gewähren wollen, im Gegensatz zu Inländern jedoch nicht die Kinderzulage für die in ihrem Haushalt lebenden Kinder, sind nicht erkennbar.

Ungeachtet dessen, dass hier ohnehin ein inländischer Haushalt der Klägerin gegeben und damit der Tatbestand des § 9 Abs. 5 S.2 EiGZulG erfüllt ist, erscheint die Gewährung der Kinderzulagen für die Klägerin als sog. Grenzpendlerin auch nach dem Europäischen Gemeinschaftsrecht gerechtfertigt, an das die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gebunden sind und das u.a. bei der Auslegung und Anwendung von Steuergesetzen zu beachten ist (vgl. etwa Urteil des BFH vom 13.06.2002 VI R 168/00, Der Betrieb 2002, 2087). Wie der Europäische Gerichtshof mehrfach entschieden hat - u.a. bereits mit Urteil vom 14.02.1995 Rs. C-279/93, Betriebsberater 1995, 438 -, darf die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union nicht durch steuerliche Benachteiligung anderer Unionsbürger beschränkt werden und ist eine Diskriminierung Staatsangehöriger anderer EU-Staaten nicht zulässig.

Die Eigenheimzulage erhöht sich seit Beginn des Begünstigungszeitraums 1998 von jährlich bisher 2.500 DM um 2 x 1.500 DM auf nunmehr 5.500 DM, d.s. 2.812,11 Euro.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.

RechtsgebietEigenheimzulageVorschriften§ 9 Abs. 5 EigZulG

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