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26.03.2002 · IWW-Abrufnummer 020298

Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 08.11.2001 – 6 K 1796/00

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Finanzrechtsstreit

XXX...

gegen

XXX

wegen

Einheitl. und ges. Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1996

Az.: 6 K 1796/00

Der 6. Senat des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz hat am 8. November 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ... der Richter am Finanzgericht ... und ... sowie der ehrenamtlichen Richter ... für Recht erkannt:

I. Der Bescheid für 1996 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 10. August 1999 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2000 dahin geändert, dass Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 158.086,- DM festgesetzt werden.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Strittig ist, ob Zinsen aus einer ausländischen Lebensversicherung der Besteuerung unterliegen.

Die Kläger unterhielten seit 1982 ein Wertpapierdepot bei der Banque ... der Schweiz, an welchem sie zu je 1/3 beteiligt waren und welches überwiegend aus festverzinslichen Anlagen in verschiedenen ausländischen Währungen und zum kleinen Teil aus Aktien bestand. Das Wertpapierdepot wurde durch eine Darlehen bei der gleichen Bank finanziert. Das Darlehen war abgesichert durch Lebensversicherungen der Kläger bei der schweizerischen Versicherungsgesellschaft H... wurde durch die Auszahlung der am 1. September 1996 fälligen Lebensversicherungssummen getilgt. Während der Laufzeit des Darlehens wurde dieses nur verzinst, aus den Wertpapiererträgen des Depots wurden sowohl die Darlehenszinsen getragen, als auch die Beiträge zu den Lebensversicherungen geleistet. Soweit die Wertpapiererträge hierzu nicht ausreichten, wurden ergänzend Wertpapiere verkauft (Bl. 9 ? 16 der Bp-Akte). Bei Fälligkeit der Lebensversicherungen wurden den Klägern rechnungsmäßige und außerrechnungsmäßige Zinsen von insgesamt rd. 2,552 Mio. DM gutgeschrieben (Bl. 9ff der Bp-Akte). Der Helvetia Patria war die Erlaubnis zum Betrieb eines nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG begünstigten Versicherungszweigs im Inland nicht erteilt.

Auf Aufforderung durch den Beklagten reichten die Kläger eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensermittlung für das Jahr 1996 beim Beklagten ein, in der Kapitalerträge von 158.086,- DM und Werbungskosten von 152.613,- DM erklärt waren (Bl. 2ff der Feststellungsakte).

In dem Bescheid für 1996 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 10. August 1999 setzte der Beklagte Einnahmen aus Kapitalvermögen von 2.382.086,- und die Werbungskosten in der erklärten Höhe fest (Bl. 9ff der Feststellungsakte). Als Begründung für die gegenüber der Erklärung um 2.224 Mio DM höhere Festsetzung der Einkünfte aus Kapitalvermögen führte der Beklagte die Feststellungen der letzten Betriebsprüfung für die Jahre 1991 bis 1993 bei den Klägern an (vgl. a. Bl. 32 der Bp-Akte).

Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.

Die Kläger tragen vor, die ihnen von der H... gutgeschriebenen rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen seien steuerfreie Einkünfte. Denn in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG seien Zinsen aus den in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b EStG aufgeführten Versicherungen von der Besteuerung ausgenommen. Die von den Klägern abgeschlossenen Lebensversicherungen seien vom Vertragstyp in der vorgenannten Vorschrift erfasst. Für die Besteuerung der Zinsen sei ohne Bedeutung, dass die Beiträge zu den Lebensversicherungen nicht als Sonderausgaben abgezogen werden könnten. Denn Hintergrund der Steuerfreiheit sei die Absicht des Gesetzgebers, eigenverantwortliche Vorsorgeleistungen nicht durch eine Ertragsbesteuerung zu behindern. Die von den Klägern abgeschlossenen Lebensversicherungen würden in diesem Sinne der Vorsorge dienen. Sowohl die Entstehungsgeschichte der Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG bestätige diese Ansicht, als auch in der Literatur würde überwiegend diese Auffassung der nicht erforderlichen Kongruenz von Besteuerung der Zinsen und Abzugsfähigkeit der Beiträge als Sonderausgaben vertreten. Im ursprünglichen Entwurf des Steueränderungsgesetzes sei nämlich der Sonderausgabenabzug der Beiträge als Voraussetzung für die Steuerfreiheit der Zinsen vorgesehen gewesen, dies habe aber aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses keinen Eingang in das Gesetz gefunden. Zudem seien dem Gesetzgeber die Auffassungen in der Literatur bekannt und dennoch keine entsprechende Änderung der Vorschrift erfolgt.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Bescheid für 1996 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 10. August 1999 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2000 dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 158.086,- festgesetzt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die Frage der Steuerpflicht von rechnungsmäßigen und außerrechnungmäßigen Zinsen aus Lebensversicherungen ausländischer Versicherungsunternehmen ohne Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland würde in den steuerrechtlichen Kommentierungen unterschiedlich beurteilt. Die Meinungen, die die Steuerfreiheit der Zinsen befürworten würden, stünden aber nicht im Einklang mit dem Erlass des Bundesministers der Finanzen vom 18. Dezember 1979 IV B 4 ? S 2252 ? 112/79.

Mit Schriftsatz vom 26. Juli 2000 hat der Beklagte, mit Schriftsatz vom 25. August haben die Kläger auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Mit Schriftsatz vom 26. Juli 2000 hat der Beklagte, mit Schriftsatz vom 25. August 2000 haben die Kläger auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Ergänzend wird auf die mit Blattzahlen bezeichneten Schriftstücke in den Steuerakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage, über die das Gericht gem. § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist begründet. Der Beklagte hat die Zinsen aus der schweizerischen Lebensversicherung ohne Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland zu Unrecht der Besteuerung unterworfen.

Gem. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG gehören Zinsen aus Versicherungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buschst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet werden oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden, abweichend zu der Grundregel des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Bei den von den Klägern abgeschlossenen Lebensversicherungen handelt es sich um solche nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b Unterbuchst. dd EStG, so dass die bei Fälligkeit des Vertrages an die Kläger ausgezahlten Zinsen keine Einkünfte aus Kapitalvermögen sind und daher nicht der Besteuerung unterliegen.

Dabei ist unerheblich, dass die Beiträge zu den Lebensversicherungen gem. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nicht als Sonderausgaben abgezogen werden können. Der Senat folgt insoweit nicht der Auffassung der Finanzverwaltung in dem BMF-Schreiben vom 18. Dezember 1979 ? IV B 4 ? S 2252 ? 126/79 (DB 1980, 232), welche auch von Teilen der Literatur geteilt wird (vgl. die Nachweise bei Dötsch in Kirchhoff/Söhn, EStG § 20, Rn. H 33 Fußn. 27). Diese Auffassung findet im Gesetz keine Stütze. Denn § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG verweist auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, und nicht auch auf § 10 Abs. 2 Satz 1 EStG. Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG stellt daher lediglich darauf ab, ob eine nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG grundsätzlich begünstigte Art der Versicherung vorliegt (Dötsch in Kirchhoff/Söhn, EStG § 20 Rn. H 33 m. w. N.; Bordewin in Lademan/Söffing, EStG § 20 Rn. 496 m. w. N.). Dabei ist die weitergehende Einschränkung gem. §§ 21 Abs. 1 Nr- 6 Satz 3 i. V. m. 10 Abs. 2 Satz 2 EStG im Streitfall ohne Bedeutung, da § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG gem. § 52 Abs. 24 S. 3 EStG für die von den Klägern abgeschlossenen Versicherungsverträge nicht zur Anwendung kommt.

Zudem zeigt die Steuerfreiheit der Erträge aus fondsgebundenen Lebensversicherungen unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG im Zusammenhang mit der Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 EStG, wonach fondsgebundene Lebensversicherungen vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen sind, dass das Gesetz nicht von einer Kongruenz von Steuerfreiheit der Erträge und Sonderausgabenabzug der geleisteten Beiträge ausgeht (Dötsch in Kirchhoff/Söhn, EStG § 20 Rn. H 33).

Schließlich steht diese Auslegung der Vorschrift auch im Einklang mit dem gesetzgeberischen Ziel, eigenverantwortliche Vorsorgeleistungen nicht durch eine Ertragsbesteuerung zu behindern (Horlemann, Ertragsteuerliche Behandlung von Lebensversicherungsverträgen unter dem Eindruck des Europäischen Binnenmarktes, DStZ 1994, 481). Insoweit mag es zwar gerechtfertigt sein, den Sonderausgabenabzug der Beiträge zu einer Lebensversicherung nur unter der Bedingung zuzulassen, dass die Versicherungsgesellschaft eine Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland innehat bzw. in der Europäischen Union ansässig ist. Denn es mag dann nach der Vorstellung des Gesetzgebers eine gewisse Gewähr dafür gegeben sein, dass die sofort steuerwirksamen Vorsorgeleistungen auch ihren Zweck erreichen. Eine Rechtfertigung, an diese Bedingung eine unterschiedliche steuerliche Behandlung der Erträge aus einer Lebensversicherung zu knüpfen, ergibt sich daraus aber nicht. Denn soweit die Erträge aus der Lebensversicherung ausgezahlt werden, hat diese den Zweck der Altersvorsorge erfüllt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.

Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Sie muss ferner die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich eine Rechtsverletzung durch das Urteil ergibt; soweit Verfahrensmängel gerügt werden, muss sie auch die Tatsachen angeben, aus denen sich der Mangel ergibt.

Bei der Einlegung und Begründung der Revision sowie in dem weiteren Verfahren vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

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RechtsgebietEinkommensteuerVorschriften§ 20, § 10 EStG

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