17.01.2007 · IWW-Abrufnummer 063605
Oberlandesgericht Brandenburg: Urteil vom 22.11.2006 – 4 U 84/06
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht
Im Namen des Volkes
Urteil
4 U 84/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Anlage zum Protokoll vom 22.11.2006
Verkündet am 22.11.2006
In dem Rechtsstreit
hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 1. November 2006 durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Chwolik-Lanfermann,
die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schäfer und
den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 9. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch.
Wegen der Feststellungen wird auf das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 9.5.2006 Bezug genommen (§ 540 I Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat nach Vernehmung des Zeugen D... D... den Beklagten durch das angefochtene Urteil antragsgemäß - bis auf die Zinsen hinsichtlich eines Betrages von 93,24 ¤ - zur Zahlung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe einen Darlehensrückzahlungsanspruch aus §§ 488 I 2, III 1, 490 I BGB i.V.m. den in den Vertrag einbezogenen Darlehensbedingungen der Bank. Die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung des Darlehensvertrages durch die Bank hätten vorgelegen.
Der Beklagte habe den Darlehensantrag vom 30.10.2002 nicht wirksam widerrufen. Die Bank und der Beklagte hätten keinen Verbraucherdarlehensvertrag gemäß §§ 491 ff. BGB abgeschlossen. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Zeuge D... D... beim Abschluss der finanzierten Kaufverträge für beide Fahrzeuge davon ausgegangen sei und hätte ausgehen müssen, dass die Fahrzeuge für den Gewerbebetrieb des Beklagten angeschafft werden sollten. Der Anspruch sei auch der Höhe nach begründet. Die Einwendungen des Beklagten griffen nicht durch.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er die - vollständige - Klageabweisung begehrt. Der Beklagte meint, das Landgericht habe die Aussage des Zeugen D... fehlerhaft gewürdigt und macht geltend, der Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug sei nicht unternehmensbezogen gewesen. Das Landgericht habe dazu auch den Zeugen W... vernehmen müssen.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 9.5.2006 verkündeten Urteil des Landgerichts Neuruppin, Az. 5 O 113/05, die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht der Klägerin den Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens aus §§ 488 I 2, 490 I BGB zuerkannt.
1. Die Klägerin ist auf Grund wirksamer Abtretung des Anspruches auf Darlehensrückzahlung aus dem Darlehensvertrag vom 30.10.2002 von der ...-Bank aktivlegitimiert. Das ist nicht im Streit.
2. Der Darlehensvertrag vom 30.10.2002 ist wirksam zustande gekommen. Insbesondere hat der Beklagte den Darlehensantrag nicht wirksam widerrufen.
Dem Beklagten steht kein Widerrufsrecht aus § 495 I BGB zu. Die Bestimmungen über den Verbraucherdarlehensvertrag (§§ 491 ff. BGB) sind nicht auf den Darlehensvertrag vom 30.10.2002 anwendbar. Das gilt jedenfalls deshalb, weil der Beklagte in von ihm zu vertretender Weise bei Abschluss des Darlehensvertrages objektiv wahrheitswidrig als Unternehmer aufgetreten ist und damit aus Sicht der Zedentin einen gewerblichen Geschäftszweck des Darlehensvertrages sowie einen gewerblichen Verwendungszweck des finanzierten Fahrzeuges vorgegeben hat, sofern das Fahrzeug tatsächlich entsprechend der Behauptung des Beklagten ausschließlich privat genutzt worden sein sollte.
a) Ist der Vertragspartner des Unternehmers bei Abschluss des Vertrages wahrheitswidrig als Gewerbetreibender aufgetreten und hat dadurch einen gewerblichen Geschäftszweck vorgetäuscht, finden die den Verbraucher schützenden Vorschriften keine Anwendung. Die Rechtfertigung für die Beschränkung des Verbraucherschutzes auf den redlichen Vertragspartner liegt in dem auch im Verbraucherschutzrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben. Dafür sprechen auch die Gesetzesmaterialien zum Verbraucherbegriff (BGH, Urteil vom 22.12.2004, VIII ZR 91/04). Unredlich handelt auch, wer in von ihm zu verantwortender Weise auf Grund eigener schuldhaft falscher Angaben objektiv wahrheitswidrig als Gewerbetreibender auftritt und dadurch einen gewerblichen Geschäftszweck das Darlehensvertrages vorgibt.
b) Der Beklagte ist, sein Vorbringen zum ausschließlich privaten Gebrauch des finanzierten Fahrzeuges als richtig unterstellt, in von ihm zu vertretender Weise als Gewerbetreibender aufgetreten und hat dadurch einen gewerblichen Geschäftszweck des Darlehensvertrages vorgegeben. Der Beklagte hat den Darlehensantrag vom 30.10.2002 unterzeichnet, in dem deutlich mit "Ja" vermerkt ist, dass das Darlehen für die ausgeübte gewerbliche oder selbständige Tätigkeit des Darlehensnehmers bestimmt ist. Selbst wenn das vermerkte "Ja" entsprechend der Behauptung des Beklagten voreingetragen worden sein sollte und ihm der Antrag "nur" zur Unterschriftsleistung vorgelegt worden ist, ändert dies nichts. Denn mit seiner Unterschrift hat sich der Beklagte sämtliche Angaben im Darlehensantrag zu Eigen gemacht. Mithin sind dies mit der Unterschriftsleistung Angaben des Beklagten. Sind diese falsch gewesen, hat der Beklagte das zu vertreten.
c) Im Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ist jedenfalls nicht bewiesen, dass der Zeuge D... nach den Umständen trotz der ausdrücklichen Bejahung des gewerblichen Verwendungszwecks des Darlehens durch den Beklagten selbst vom Auftreten des Beklagten als Verbraucher beim Abschluss des Darlehensvertrages ausgegangen ist bzw. hätte ausgehen müssen. Vielmehr wird das Auftreten des Beklagten als Gewerbetreibender auch bei diesem Darlehensvertrag und dem durch das Darlehen finanzierten Autokauf durch die Aussage des Zeugen D... bestätigt. Der Senat verweist auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil. Gestützt wird dies durch die an das Unternehmen des Beklagten gerichtete Rechnung für das gekaufte Fahrzeug, die der Beklagte nicht zum Anlass für eine Richtigstellung genommen hat.
d) Der Zeuge W... war nicht zu hören. Der Beklagte hat zwar diesen Zeugen zum Beweis dafür angeboten, der Zeuge D... habe davon ausgehen müssen, er, der Beklagte, sei als Verbraucher aufgetreten. Der Beklagte hat jedoch keine einem Beweis zugängliche Tatsachen behauptet. Erstinstanzlich hat er lediglich vorgetragen, dass das Autohaus in Person des Zeugen D... gesicherte Kenntnis davon gehabt habe, dass nur das Fahrzeug Nissan mit dem amtlichen Kennzeichen ... 868 für seinen Gewerbebetrieb bestimmt gewesen sei. Worauf diese Erkenntnis hätte beruhen sollen, insbesondere, woraus die - zumal nur angedeutete - gesicherte Kenntnis des Autohauses in Person des Zeugen D... vom Auftreten des Beklagten als Verbraucher beim zweiten Neuwagenkauf hätte herrühren sollen, hat er nicht dargelegt. Der Beweisantritt des Beklagten in der Berufung, gerichtet auf die Ermittlung des Sachverhalts, insbesondere zur Feststellung der objektiven Begleitumstände anlässlich des Erwerbs des gegenständlichen Fahrzeugs, zielt mangels Tatsachenbehauptung nur auf Ausforschung.
e) Nach alledem ist die von dem Beklagten unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 24.2.2005 (Beschluss vom 24.5.205, III ZB 36/04) aufgeworfene Frage, ob der Geschäftszweck des Darlehensvertrages vom 30.10.2002 tatsächlich nicht unternehmensbezogen war, nicht entscheidungserheblich.
3. Die wirksame Kündigung des Darlehensvertrages, die Höhe des Anspruches auf Darlehensrückzahlung und der Zinsanspruch sind nicht im Streit.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 II Nr. 1 und 2 ZPO).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.624,74 ¤ festgesetzt.