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10.11.2005 · IWW-Abrufnummer 053168

Landgericht Bochum: Urteil vom 09.09.2005 – 5 S 79/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Bochum

5 S 79/05

Datum: 09.09.2005

Urteil
Vorinstanz:
Amtsgericht Herne, 20 C 481/04

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 09.02.2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts Herne wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Entscheidungsgründe

I.

Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 11.06.2004 in 12 auf dem Parkplatz der Firma I ereignet hat und unstreitig vom Versicherungsnehmer der Beklagten allein verschuldet wurde, die Haftung dem Grunde nach ist unstreitig.

Auf die vom Kläger geltend gemachten Reparaturkosten in Höhe von 6.300,56 ? erstattete die Beklagte einen anteiligen Betrag von 851,26 ? nicht und berief sich auf eine vermeintlich günstigere Reparaturmöglichkeit in dem Fachbetrieb der Firma H, I-Straße, ####1 C.

Mit der Klage hat der Kläger Erstattung des einbehaltenen Betrages begehrt mit dem Vortrag, bei der zulässigen Abrechnung auf Gutachtenbasis könne er die Kosten für die Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt ersetzt verlangen. Insoweit sei er nicht verpflichtet gewesen, seinen Wagen bei einer ihm unbekannten Werkstatt -gegebenenfalls bei einer Vertrauenswerkstatt der Beklagten- reparieren zu lassen.

Die Beklagte ihrerseits hat geltend gemacht, nach der Rechtsprechung des BGH müsse sich der Kläger auf eine mühelos und ohne weiteres zugängliche günstigere Reparaturmöglichkeit verweisen lassen. Die Firma H sei auch keineswegs eine Billigwerkstatt, so dass auch dort eine sach- und fachgerechte Reparatur gewährleistet gewesen sei. Insoweit verlange die Firma H jedoch deutlich geringere Stundenverrechnungssätze, als sie im Schadensgutachten angesetzt worden seien. Auf diese günstigere Reparaturmöglichkeit müsse sich der Kläger verweisen lassen. Zu dem könnten die Reparaturkosten bei einem acht Jahre alten Fahrzeug nicht nach den Stundenverrechnungssätzen einer markengebundenen Werkstatt verlangt werden. Letztlich sei insgesamt die Position DVN 53112 aus dem Gutachten nicht erstattungsfähig, da die Seitenwand nicht habe erneuert werden müssen.

Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 851,26 ? und damit in vollem Umfang stattgegeben.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte und verfolgt ihr Klageabweisungsbegehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres Sachvortrages sowie ihrer Einwände weiter.

II.

Die Berufung der Beklagte ist nicht begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten restlichen Schadensersatz in Höhe von 851,26 ? gem. § 3 Nr. 1 PflichtVersG i. V. m. d. §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 BGB verlangen. Der Kläger hat nämlich Anspruch auf volle Erstattung der im Schadensgutachten ausgewiesenen Nettoreparaturkosten, so dass hier der ausgeurteilte Restbetrag verbleibt.

Insoweit bedarf es in diesem Verfahren keiner Klärung, ob die von der Beklagten genannte Firma H die behaupteten Stundenverrechnungssätze nur dann berechnet, wenn die Reparatur tatsächlich bei ihr durchgeführt wird und die Abrechnung bei der Beklagten erfolgt, ansonsten die Firma H jedoch andere Stundenverrechnungssätze berechnet, wie dies z. B. in einem anderen Verfahren, welches ebenfalls bei der Kammer anhängig war, bezüglich der dort ebenfalls von der Beklagten benannten, günstigeren (anderen) Werkstatt der Fall war (vgl. zu diesem Fall AG Herne-Wanne -Az. 13 C 198/04- = LG Bochum -Az. 5 S 139/04). Selbst wenn die Firma H tatsächlich für alle Kunden die von der Beklagten genannten Stundenverrechnungssätze berechnen würde, kann die Beklagte den Kläger aus grundsätzlichen Erwägungen im Rahmen der fiktiven Abrechnung auf Reparaturkostenbasis nicht auf diese Stundenverrechnungssätze bzw. diese Werkstatt verweisen.

1.
Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist der Geschädigte, der es nach einem Sachschaden selbst in die Hand nimmt, den früheren Zustand wieder herzustellen, berechtigt, vom Schädiger den dazu erforderlichen Geldbetrag zu verlangen. Erst die Unverhältnismäßigkeit bildet dann bei einer möglichen Naturalrestitution die Grenze, ab welcher der Ersatzanspruch des Geschädigten sich nicht mehr auf Herstellung (Naturalrestitution), sondern allein noch auf Wertausgleich des Verlustes in der Vermögensbilanz (Kompensation) richtet. Insoweit hat die Naturalrestitution jedoch eindeutig Vorrang vor der Kompensation (vgl. dazu z. B. BGHZ 115, 364 (367) = NJW 1992, 305).

a)
Richtschnur für den dann gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu leistenden Schadensersatz sind grundsätzlich nicht die tatsächlich aufgewendeten Kosten, sondern nur der zur Herstellung objektiv erforderliche Geldbetrag.

Dabei ist aber gerade auf die spezielle Situation des Geschädigten Rücksicht zu nehmen, also insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflußmöglichkeiten (vgl. dazu BGHZ 115, 364 ff. = BGH NJW 192, 302 ff.; BGHZ 115, 376 ff = BGH NJW 1992, 305 ff.). Der erforderliche Betrag im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist allerdings unbeschadet dieser auf die individuellen Möglichkeiten und Belange des Geschädigten Rücksicht nehmenden subjektbezogenen Schadensbetrachtung nach objektiven Kriterien, d. h. losgelöst von den für die Schadensbeseitigung tatsächlich aufgewendeten Beträgen zu bestimmen (vgl. dazu BGH NJW 1992,1618 ff. = VersR 1992, 710; BGH NJW 1989,3009 ff. = VersR 1989, 1056 ff.).

Demnach ergibt sich der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag nach. objektiven Kriterien als der Betrag, der für eine vollständige. vollwertige und fachgerechte Reparatur in einer anerkannten und vollautorisierten Fachwerkstatt, mithin einer markengebundenen Werkstatt erforderlich ist. Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. u. a. nur: BGHZ 155, 1 ff. = BGH NJW 2003,2086 ff. und BGHZ 154, 395 ff. = BGH NJW 2003,2085 ff.) hat der Geschädigte im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon, ob voll-, minderwertig oder überhaupt nicht repariert wird.

b)
Es ist grundsätzlich auch anerkannt, dass der Geschädigte diese Reparaturkosten auf dieser Grundlage und damit seinen Schaden nach einem Verkehrsunfall auf der Basis eines Schadensgutachtens ermitteln und abrechnen kann (vgl. dazu BGH NJW 1989,3009 ff. = VersR 1989,1056 ff.; BGH NJW 1992,1618 ff. = VersR 1992, 710 ff.; von Gerlach DAR 1993,202).

Ziel des Schadensersatzes ist die Totalreparation, dabei ist der Geschädigte dann nach schadensrechtlichen Grundsätzen sowohl in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei. Dies gilt im Grundsatz auch bei der Abrechnung auf der Basis fiktiver Reparaturkosten, und zwar über die Grenze des reinen Wiederbeschaffungsaufwandes hinaus bis zur Grenze des Wiederbeschaffungswertes auch dann, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug nur tatsächlich repariert und weiter nutzt (vgl. dazu BGHZ 154, 395 (397 ff.) = BGH NJW 2003,2085 ff.; BGH NJW 2005,1108 (1109) und NJW 2005,1110 (1111).

Der Geschädigte ist zwar unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Er genügt diesem jedoch im allgemeinen dadurch, dass er den Schaden auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständiggutachtens berechnet, sofern das Gutachten hinreichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen lässt, dem konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden. Dabei muss im Rahmen des § 249 AM. 2 S. 1 BGB immer das Grundanliegen dieser Vorschrift beachtet werden, dass dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll.

2.)
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Kläger grundsätzlich die im Gutachten ausgewiesenen Reparaturkosten auch bei Abrechnung auf fiktiver Reparaturkostenbasis in vollem Umfang erstattet verlangen, ohne dass sich der Kläger auf die Reparaturmöglichkeit bei einer Firma H bzw. auf deren Stundenverrechnungssätze verweisen lassen muss.

a)
Der Kläger hat zur konkreten Feststellung des ihm durch das Unfallereignis entstandenen Schadens einen Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragt, der die Reparaturkosten offensichtlich auf der Grundlage kalkuliert hat, dass die Reparatur in einer markengebundenen Vertragswerkstatt durchgeführt wird.

Insoweit kann die Beklagte zunächst nicht einwenden, dass die Reparaturkosten bei diesem acht Jahre alten Fahrzeug nicht mehr auf der Grundlage der in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Kosten kalkuliert werden können.

Es entspricht nämlich der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass Grundlage der Kostenschätzung stets die in einer markengebundenen Kundendienstwerkstatt anfallenden Kosten sind. Eine Begrenzung dieser Ermittlung der Reparaturkosten auf Fahrzeuge einer bestimmten Klasse oder bis zu einem bestimmten Alter läßt sich dem gerade nicht entnehmen und widerspricht diesen vom BGH aufgestellten Grundsätzen zur Ermittlung des erforderlichen Betrages i. S. v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB.

Das Alter des Fahrzeuges ist als Begrenzung nur insoweit relevant, dass sich in bestimmten Fällen Grenzen für die Abrechnung auf Reparaturkostenbasis oder bei einer tatsächlichen Reparatur aus dem Wert des Fahrzeuges bzw. dem Wiederbeschaffungsaufwand ergeben können. Zudem sind vom Sachverständigen dann, wenn die (kalkulierte) Reparatur im Vergleich zum bisherigen Zustand und Wert des Fahrzeuges zu einer Wertverbesserung führt, an sich etwaige Abzüge für Wertverbesserungen zu berücksichtigen und einzukalkulieren. Dadurch ist diesem Aspekt der Begrenzung ausreichend Rechnung getragen.

So hat der BGH im sogenannten Porsche-Urteil ausdrücklich klargestellt, daß der Geschädigte auch bei älteren Fahrzeugen nicht gehalten ist, zum Vorleben oder zu wartungstechnischen Fragen ergänzend vorzutragen, weil dann, wenn der vom Geschädigten unter Berücksichtigung der so gezogenen Grenzen gewählte Weg dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht, das Alter des Fahrzeuges keine weiteren Schranken begründet, wenn der erforderliche Reparaturaufwand durch ein Sachverständigengutachten belegt ist (vgl. dazu BGH NJW 2003, 2086, (2087).

b.
Der Kläger muss sich auch nicht auf die von der Beklagten angegebene Reparaturwerkstatt der Firma H bzw. deren Stundenverrechnungssätze verweisen lassen, die gegebenenfalls unter den vom Schadensgutachter für eine anerkannte Vertragswerkstatt angesetzten Stundenverrechnungssätzen liegen.

Nach einem Unfall ist der Geschädigte nach dem gesetzlichen Bild des Schadensersatzes Herr des Restitutionsgeschehens. Er bleibt es auch in dem Spannungsverhältnis, das durch den Interessensgegensatz zwischen ihm und dem Schädiger. bzw. dessen Haftpflichtversicherung besteht (vgl. dazu BGHZ 143, 189 (194». Diese Stellung findet Ausdruck In der sich aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ergebenden Ersetzungsbefugnis und der freien Wahl der Mittel zur Schadensbehebung. So ist der Geschädigte nämlich in den durch das Wirtschaftlichkeitsgebot und das Verbot der Bereicherung durch Schadensersatz gezogenen Grenzen grundsätzlich frei in der Wahl und in der Verwendung der Mittel zur Schadensbehebung (vgl. dazu BGH NJW 2005, 1108 (1109); BGHZ 154 (395(397 ff) = BGH NJW 2003, 2085; BGH NJW 1989,3009 = VersR 1989,1056 ff.).

Der Geschädigte ist demnach weder dazu verpflichtet, sein Fahrzeug zu reparieren noch es zur Reparatur in eine bestimmte Kundendienstwerkstatt zu geben, deren Preise allerdings Grundlage der Kostenschätzung sind. Es bleibt vielmehr ihm überlassen, ob und aufweiche Weise er sein Fahrzeug tatsächlich instand setzt (vgl. dazu BGH NJW 2005,1108 (1109); BGHZ 155,1 (3) = BGH NJW 2003,2086 (2087); BGHZ 154, 395 (398) = BGH NJW 2003,2085 ff.; BGH NJW 1992,1618 ff.).

Diesen Grundsätzen würde es allerdings eklatant widersprechen, wenn der Kläger als Geschädigter bei der (zulässigen) fiktiven Abrechnung auf bestimmte Stundenverrechnungssätze einer bestimmten Werkstatt beschränkt wäre, weil dies im Rahmen der fiktiven Abrechnung dann in die freie Dispositionsbefugnis des Geschädigten eingreifen würde; denn der Geschädigte wäre trotz einer möglichen fiktiven Abrechnung auf Gutachtenbasis quasi auf die Abrechnung der möglichen Kosten in einer bestimmten Werkstatt beschränkt, auch wenn er sein Fahrzeug, wie hier, gar nicht repariert, sondern veräußert.

Zudem widerspricht dies auch den Grundsätzen zur Ermittlung des erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, weil dieser eben nicht durch bestimmte, gegebenenfalls besonders günstige Stundenverrechnungssätze einer bestimmten, nicht einmal markengebundenen Werkstatt bestimmt wird oder darauf beschränkt ist.

Der Einwand der Beklagten ist im Ergebnis auch nicht anders zu beurteilen, als der Versuch, gegenüber einer fiktiven Abrechnung auf Reparaturkostenbasis mit den Stundenverrechnungssätzen von markengebundenen Fachwerkstätten den Geschädigten auf den Mittelwert der Stundenverrechnungssätze aller Werkstätten einer Region verweisen zu wollen; dies hat der BGH im sogenannten Porscheurteil als unzulässig und mit der Möglichkeit der fiktiven Abrechnung sowie der Dispositionsbefugnis des Geschädigten nicht vereinbar erklärt (vgl. dazu BGH NJW 2003, 2086 (2087ff). Nach diesen Grundsätzen muss sich der Geschädigte bei der zulässigen (abstrakten) Abrechnung auf Gutachtenbasis nicht auf eine Reparatur bzw. eine Reparaturrechnung in einer konkreten anderen Werkstatt verweisen lassen.

c)
Insoweit kann die Beklagte bezüglich eines Verweises des Klägers auf die günstigere Reparaturmöglichkeit bei der Firma H auch nichts aus einem bestimmten, einzelnen Eingangssatz des BGH im sogenannten Porsche-Urteil vom 29.04.2003 herleiten. Dieser Eingangssatz des BGH muss nämlich zum einen mit den folgenden Sätzen und zum anderen mit den sonstigen Ausführungen des BGH und seinen Grundsätzen im Zusammenhang gesehen werden. Insoweit hat der BGH folgendes ausgeführt [BGH NJW 2003, 2086 (2087) unter 11 2 b.aa.]:

"Zwar kann dem Berufungsgericht vom Ansatz her in der Auffassung beigetreten werden, daß der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche, günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, sich auf diese verweisen lassen muss. Doch hat das Berufungsgericht die tatsächlichen Voraussetzungen dafür nicht festgestellt. Nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil haben die Beklagten weder bestritten, dass die vom Sachverständigen angesetzten Stundenverrechnungssätze bei einer Reparatur in einer Porsche-Werkstatt tatsächlich anfielen noch haben sie gravierende Mängel des Sachverständigengutachtens gerügt. Unter diesen Umständen muss sich der Kläger auf die abstrakte Möglichkeit der technisch ordnungsgemäßen Reparatur in irgendeiner kostengünstigeren Fremdwerkstatt auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nicht verweisen lassen."

Im Rahmen der möglichen abstrakten Berechnung müssen deshalb immer das Gutachten des Schadensgutachters und/oder die dortigen Berechnungsgrundlagen insbesondere hinsichtlich der angesetzten Stundenverrechnungssätze konkret angegriffen oder sonstige gravierende Mängel aufgezeigt werden, denn nur "unter diesen Umständen" muss, wie sich aus dem Urteil eindeutig ergibt, der Geschädigte sich gegebenenfalls auf die abstrakte Möglichkeit einer kostengünstigeren Reparatur verweisen lassen.

Hier sind keine Anhaltspunkte ersichtlich oder dargetan, aufgrund derer sich die getroffenen Ansätze des Schadensgutachters bezüglich der (durchschnittlichen) Stundenverrechnungssätze in einer markengebundenen Kundendienstwerkstatt als unrichtig erweisen würden. Insoweit ist das Gutachten seinem Inhalt nach durch die Beklagten nicht konkret angegriffen worden, was z. B. dadurch hätte geschehen können, dass aufgezeigt worden wäre, welche geringeren Stundenverrechnungssätze von markengebundenen Kundendienstwerkstätten vor Ort in Rechnung und in Ansatz gebracht werden. Dazu fehlt jedoch jeglicher Sachvortrag.

Zudem muss sich der Geschädigte danach unter bestimmten Voraussetzungen auch nur auf eine andere günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen. Nach den übrigen Grundsätzen des BGH zur Abrechnung nach Unfällen ist eine gleichwertige Reparaturmöglichkeit jedoch in der Regel nur eine solche in einer markengebundenen Fachwerkstatt, weil auf deren Grundlage auch die Kosten zu berechnen sind. Dass die Firma H eine markengebundene Fachwerkstatt ist, ist offensichtlich nicht der Fall, so dass es als zweifelhaft erscheint, ob der Hinweis auf die Firma H schon ein objektiv geeigneter Hinweis auf eine zugängliche gleichwertige Reparaturmöglichkeit ist.

Letztlich würde die von der Beklagten gewollte Auslegung und der Verweis auf die Firma H und deren Stundenverrechnungssätze im Rahmen einer zulässigen abstrakten und fiktiven Abrechnung dazu führen, dass sich der Geschädigte stets auf eine konkrete Werkstatt - nicht einmal eine markengebundene Fachwerkstatt- verweisen lassen müsste, was jedoch die Grenzen zwischen einer zulässig fiktiven Abrechnung und deren Grundlage sowie einer konkreten Abrechnung verwischen würde. Dies muss der Geschädigte im Rahmen einer zulässig abstrakten Berechnungsmöglichkeit so nicht hinnehmen, da damit der zulässig abstrakten Berechnungsmöglichkeit durch Einwände aus einer konkreten Abrechnung der Boden entzogen würde.

d.
Ein Grund, von dem Bestreben nach möglichst vollständigem Schadensausgleich hier abzuweichen und die von der Beklagten mitgeteilten Werkstatt und deren Stundenverrechnungssätze zur Grundlage der Bestimmung des Umfangs ihrer Zahlungsverpflichtung zu machen, ist demnach aus rechtlichen Gründen nicht ersichtlich. Im Ergebnis greift demnach der Einwand geringerer Stundenverrechnungssätze bei der Firma H nicht durch.

3.)
Auch der weitere Einwand, daß die Position DVN 53112 nicht erstattungsfähig sei, greift im Ergebnis nicht durch.

Zwar ist anerkannt, daß das Schätzungsgutachten eines Sachverständigen den erforderlichen Schadensumfang i. S. v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht verbindlich festlegt, insbesondere bleibt es dem Schädiger und seiner Haftpflichtversicherung unbenommen, durch substanziierte Einwände die Annahmen und Schätzungen des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen (vgl. dazu BGH NJW 1989, 3009 ff. = VersR 1989, 1056 ff.).

Hier hat die Beklagte geltend gemacht, daß die Position DVN 53112 insgesamt nicht erstattungsfähig sei, da die Seitenwand nicht habe erneuert werden müssen. Aus dem vorgelegten Originalgutachten mit den Originalfotos ist jedoch ersichtlich, dass die hintere Seitenwand tatsächlich beschädigt war. Insoweit hat der Geschädigte jedoch grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass beschädigte Teile erneuert und durch Neuteile ersetzt werden.

Ausgehend von diesem Grundsatz reicht der Hinweis, dass die Erneuerung der Seitenwand nicht notwendig gewesen sei, in dieser pauschalen Form ohne jegliche weitere Begründung nicht aus, da der Einwand insoweit unsubstanziiert ist, weil das Gutachten mit diesem pauschalen Hinweis nicht in der erforderlichen substanziierten Form angegriffen worden ist. Hier hätte die Beklagte schon dartun müssen, warum hier ausnahmsweise eine Erneuerung nicht notwendig war und eine Reparatur der beschädigten Seitenwand eine gleichwertige Art der Naturalrestitution darstellt, auf die der Kläger sich zwingend hätte einlassen müssen. Dazu wäre die Beklagte, die als Haftpflichtversicherung mit spezialisierten Fachkräften zusammenarbeitet oder selbst Gutachter beschäftigt, auch ohne weiteres in der Lage gewesen bzw. hatte sie dazu in der Lage sein müssen.

Mangels hinreichend konkreter Einwände konnte demnach auch bezüglich dieser Position ein Abzug nicht Betracht
kommen.

4.)
Demnach verbleibt es dabei, daß der Kläger auf der Grundlage des von ihm eingeholten Schadensgutachtens noch weitere Reparaturkosten in Höhe von 851,26 ? ersetzt verlangen kann.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Kammer hat die Revision nicht zugelassen, da die diesbezüglichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2. Ziff. 1 ZPO nicht gegeben sind, die Kammer vielmehr die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH zur Frage der fiktiven Abrechnung ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat und auch die Beklagte keine Gründe dargelegt hat, die Veranlassung zur Zulassung der Revision gegeben hätten.

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