11.03.2005 · IWW-Abrufnummer 050667
Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 30.12.2004 – 4 Ss 438/04
Maßgeblich für die Feststellung der Ungeeignetheit i.S.d. § 69 StGB ist der Zeitpunkt der Urteilsfindung. Der Tatrichter muss sich daher damit auseinander setzen, ob der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt noch ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeuges ist.
Beschluss
Strafsache
wegen Trunkenheit im Verkehr
Auf die Sprungrevision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Münster vom 15. Juli 2004 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 30. 12. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgerichts und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Angeklagten bzw. seines Verteidigers gem. § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird unter Verwerfung der Revision im übrigen im Ausspruch über die Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Münster zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Beklagten am 15. Juli 2004 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 40,00 ¤ verurteilt. Dem Angeklagten ist ferner die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist gem. § 69 a StGB von 10 Monaten festgesetzt worden.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und mit der allgemeinen Sachrüge in zulässiger Weise begründeten Revision.
II.
Dem Rechtsmittel ist lediglich ein Teilerfolg beschieden.
Soweit sich die Revision mit der allgemeinen Sachrüge gegen den Schuldspruch richtet, war sie gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen, da die Nachprüfung des Urteils insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Die getroffenen Feststellungen tragen die Annahme des Amtsgerichts einer drogenbedingten Fahruntüchtigkeit des Angeklagten i.S.d. § 316 StGB.
Gegen die verhängte Geldstrafe ist ebenfalls nichts zu erinnern.
Der Rechtsfolgenausspruch begegnet jedoch Bedenken, soweit das Amtsgericht festgestellt hat, dass der Angeklagte zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei.
Das Amtsgericht hat insoweit Folgendes ausgeführt:
"Da sich der Angeklagte als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erwiesen hat, war ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen und sein Führerschein einzuziehen. Eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis war bis zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung nicht erfolgt. Vor diesem Hintergrund hielt das Gericht die Anordnung einer Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis von zehn Monaten für ausreichend, aber auch erforderlich."
Maßgeblich für die Feststellung der Ungeeignetheit i.S.d. § 69 StGB ist der Zeitpunkt der Urteilsfindung (vgl. BGH StV 1992, 64). Die sehr knappen Ausführungen des Amtsgerichts lassen Erwägungen dazu, ob die Ungeeignetheit des Angeklagten, der zwar in der Zeit zwischen der Tatbegehung und dem Hauptverhandlungstermin offenbar beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen hat, dessen nach der Tat festgestellten Blutwerte ausweislich der Urteilsgründe aber für einen längeren, wiederholten Betäubungsmittelkonsum sprechen, zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung noch bestanden hat (vgl. BGH a.a.O.; Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., § 69 Rdnr. 46), vermissen.
Der aufgezeigte Darlegungsmangel führt zur Aufhebung des Urteils im tenorierten Umfang und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Münster.