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  • 10.09.2010 | Pfändungsschutzkonto

    Keine erweiterte Prüfungspflicht der Banken

    von RiOLG Frank-Michael Goebel, Koblenz

    Hat der Schuldner seinen Freibetrag im laufenden Monat ausgeschöpft und geht dann auf einem P-Konto im laufenden Monat noch eine Zahlung ein, die für den Folgemonat bestimmt ist, ist fraglich, ob das Kreditinstitut als Drittschuldner von sich aus Pfändungsschutz gewähren muss. Dies wäre mit erheblichem Aufwand für die Banken verbunden. Das LG Essen hat nun in der soweit ersichtlich ersten Entscheidung zum neuen P-Konto eine solche Prüfpflicht verneint (16.8.10, 7 T 404/10, Abruf-Nr. 102604). Den Schuldner hat es insoweit auf einen Antrag nach § 765a ZPO verwiesen.  

     

    Der Sachverhalt des LG Essen 16.8.10, 7 T 404/10

    Gläubigerin G. betreibt gegen Schuldnerin S. die Zwangsvollstreckung aus einem VB. Das AG Essen erließ am 22.9.09 einen PfÜB, der u.a. die Ansprüche der S. gegen ihre kontoführende Bank B. erfasst. Nach Einführung des § 850k ZPO n.F. zum 1.7.10 wurde das Konto der S. in ein P-Konto umgewandelt. In 7/10 schöpfte die S. ihren Pfändungsfreibetrag voll aus. Am 30.7.10 gingen auf dem bei der Drittschuldnerin geführten Pfändungsschutzkonto Sozialleistungen nach SGB I für das Bestreiten des Lebensunterhalts in 8/10 ein. Die B. verweigert eine Auszahlung von Kontoguthaben an die S. mit dem Hinweis auf den ausgeschöpften Pfändungsfreibetrag in 7/10.  

     

    Die S., die diesen Geldbetrag unstreitig für ihren Lebensunterhalt im August 2010 benötigt, beantragte am 10.8.10 die Aufhebung der Pfändung unter Hinweis auf § 765a ZPO. Mit Beschluss vom 11.8.10 wies das AG diesen Antrag zurück. Für die S. könne nämlich die Pfändung schon keine sittenwidrige Härte darstellen, weil sie aufgrund der gesetzlichen Neuregelung in § 850k Abs. 1 ZPO ohnehin bereits seit Monatsbeginn wieder zur Verfügung über den monatlichen Freibetrag berechtigt sei. Dass das zugrunde liegende Kontoguthaben aus Zahlungseingängen in 7/10 resultiere, stünde dem nicht entgegen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der S. Die G. hat der B. den Streit verkündet. Die B. ist dem Zwangsvollstreckungsverfahren auf Seiten der S. beigetreten. Deren Beschwerde hatte vor dem LG Erfolg.  

     

    Interessenabwägung

    Das AG - so das LG - habe den Antrag der Schuldnerin auf Gewährung von Vollstreckungsschutz zu Unrecht zurückgewiesen, denn die Voraussetzungen des § 765a ZPO für die Gewährung von Vollstreckungsschutz lägen vor. Dass die Schuldnerin allein wegen der vorlaufenden Gewährung von Sozialleistungen am Ende des Vormonats nun für August keine genügenden Geldmittel zur Verfügung hat, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, stelle eine mit den guten Sitten nicht zu vereinbarende Härte dar. Gleichzeitig würden schutzwürdige Interessen der Gläubigerin nur unwesentlich beeinträchtigt, da nach der im gesamten Zwangsvollstreckungsrecht erkennbaren gesetzgeberischen Grundwertung Sozialleistungen zum Bestreiten des Lebensunterhalts dem Gläubigerzugriff im Regelfall entzogen sein sollen. Dabei seien entgegen der Rechtsauffassung des AG eine grobe Härte für die Schuldnerin nicht schon zu verneinen, weil diese trotz der im Juli 2010 erfolgten Pfändung und Überweisung in 8/10 im Rahmen des Pfändungsfreibetrags wieder über das auf Eingängen des Vormonats basierende Guthaben frei verfügen könnte. Dies folge vor allem nicht aus § 850k Abs. 1 ZPO n.F. Hiernach könne ein Schuldner bis zum Ende eines Kalendermonats in Höhe des monatlichen Freibetrags über sein Kontoguthaben frei verfügen. Insoweit werde es von der Pfändung nicht erfasst. Dass einmal gepfändete und durch gerichtlichen Beschluss bereits zur Einziehung überwiesene Forderungen also auch Zahlungen des Sozialhilfeträgers auf das Konto, die zur Sicherung des Lebensunterhalts für den nächsten Monat bestimmt sind, nach Beginn eines neuen Kalendermonats wieder an den Schuldner zurückfallen, sodass dieser in die Lage versetzt wird, seinen monatlichen Freibetrag aus diesem ursprünglich vorhandenen Guthabenanteil zu befriedigen, ergebe sich aus der Formulierung des Gesetzes nicht. § 55 Abs. 1 bis 4 SGB I seien nach dessen Abs. 5 nicht anwendbar.  

     

    Auch die Gesetzesbegründung lasse insofern keine eindeutigen Rückschlüsse zu. Zwar finde sich dort etwa der Hinweis, dass das durch einen Zahlungseingang entstandene Guthaben den Grundstock für den Freibetrag des Folgemonats bilden kann (BT-Drucksache 16/7615, S. 13). Dieser Hinweis steht jedoch im Zusammenhang mit Ausführungen zu einer fehlenden Ausschöpfung des Freibetrags, sodass naheliege, dass der Gesetzgeber lediglich die Berücksichtigungsfähigkeit solcher Eingänge herausstellen wollte, die im Vormonat gerade nicht bereits der Pfändung unterfallen sind.