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  • 12.01.2011 | Insolvenzanfechtung

    Nachträgliche Bestellung einer Sicherung

    1. Die nachträgliche Bestellung einer Sicherung durch den Schuldner für eine Verbindlichkeit aus einer von ihm begangenen unerlaubten Handlung stellt eine entgeltliche Leistung dar; gleiches gilt für die Verstärkung des Anspruchs durch Schuldanerkenntnis.  
    2. Das Beweisanzeichen der Inkongruenz ist gegeben, wenn der Schuldner nach Vornahme einer unerlaubten Handlung dem Gläubiger für die dadurch begründete Schadenersatzforderung eine Sicherung gewährt. Es bedarf der tatrichterlichen Gesamtwürdigung, ob das Beweisanzeichen der Inkongruenz im konkreten Fall geeignet ist, den Nachweis eines Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners und seiner Kenntnis bei dem Anfechtungsgegner zu erbringen.  
    (BGH 18.3.10, IX ZR 57/09, Abruf-Nr. 101333)

     

    Sachverhalt

    Der Schuldner transferierte in seiner Eigenschaft als Systemkoordinator durch Computermanipulationen Honorarbeträge für nicht existierende Volkshochschuldozenten in Höhe von rund 540.000 EUR zu Lasten der Beklagten auf ein seiner Verfügungsbefugnis unterstehendes Bankkonto. Mit notarieller Urkunde erkannte der Schuldner - unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Beklagten - an, ihr aus Computerbetrug einen Betrag von 400.000 EUR zu schulden. Zugleich unterwarf er sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Ferner bewilligte er zugunsten der Beklagten die Eintragung einer brieflosen Gesamtsicherungshypothek über 400.000 EUR an mehreren in seinem Allein- bzw. Miteigentum stehenden Grundstücken. Aus der Verwertung der Grundstücke erhielt die Beklagte einen Betrag von 11.286,73 EUR. Der Insolvenzverwalter verlangt im Wege der Anfechtung Erstattung dieses Betrags. Das OLG hat der Klage nach Abweisung durch das LG stattgegeben.  

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Die nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, entgeltlich begründete Verbindlichkeit ist nicht als unentgeltliche Leistung anfechtbar (BGHZ 112, 136; 137, 267; BGH WM 04, 1837). Diese rechtliche Würdigung verhindert, dass Sicherungen, die in den letzten vier Jahren vor Antragstellung für eine bereits bestehende Forderung gewährt wurden, auch angefochten werden können, wenn die Vermögensverhältnisse des Schuldners zurzeit der Bestellung unverdächtig waren. Damit wird zugleich vermieden, dass die Gleichbehandlung der Gläubiger entgegen der Intention des Gesetzgebers über den von §§ 130, 131 InsO geschützten Zeitraum hinaus auf vier Jahre ausgedehnt wird. Die Gleichbehandlung soll nur auf die „kritische“ Zeit, die materielle Insolvenz des Schuldners, vorgezogen werden. Nur in diesem Zeitraum wird im Rahmen der besonderen Insolvenzanfechtung den Gläubigern die Pflicht zur wechselseitigen Rücksichtnahme auferlegt. Deshalb hat der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der §§ 130, 131 InsO auf den Zeitraum bis zu drei Monaten vor dem Eingang des Eröffnungsantrags beschränkt (BGHZ 162, 143).  

     

    Ebenso wie § 133 InsO steht § 134 InsO nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der materiellen Insolvenz. Der Umstand allein, dass aus dem Vermögen des Schuldners in den letzten vier Jahren vor dem Eröffnungsantrag ein Gegenstand weggegeben worden ist, kann die Anfechtung daher nicht rechtfertigen. In Übereinstimmung mit diesen Erwägungen ist auch ein Schuldanerkenntnis als entgeltlich zu bewerten, sofern die anerkannte Verbindlichkeit entgeltlicher Art ist. Die nur formelle Belastung mit einer weiteren Verbindlichkeit bedeutet wirtschaftlich betrachtet keine doppelte Inanspruchnahme des Schuldners.