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  • 20.08.2008 | Forderungsanmeldung

    Forderungsgrund kann im Feststellungsprozess nicht mehr nachträglich geändert werden

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass der Insolvenzverwalter nicht titulierte Insolvenzforderungen wegen fehlerhafter Anmeldung bestreitet, der betreffende Gläubiger sodann Feststellungsklage erhebt und im Klageverfahren den Anspruchsgrund ändert. Dies kann für mit einer Forderungsanmeldung mandatierte Anwälte zu einem Regress führen, wenn die Klage abgewiesen wird und eine Neuanmeldung scheitert. Ersichtlich hat sich das OLG Brandenburg durch Beschluss vom 4.12.07 (6 U 109/06, Abruf-Nr. 082246) erstmals mit dieser Problematik befasst. Der folgende Beitrag erläutert, was im Rahmen einer Forderungsanmeldung und einem anschließenden Feststellungsklageverfahren unbedingt zu beachten ist.  

     

    Klägerin K. erhob Klage auf Feststellung einer Forderung von ca. 2.000 EUR. Während des Verfahrens hat K. ihren Klagegrund „Anspruch aus Warenlieferung“ mit dem „Anspruch aus Forderung aus Wechsel“ ausgetauscht. Das OLG hat die Klage aus folgenden Gründen als unbegründet und unzulässig zurückgewiesen:  

     

    1. Es fehlt insgesamt an einer wirksamen Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle. Eine ordnungsgemäße Anmeldung nach § 174 InsO setzt vielmehr voraus, dass zu benennen sind
    • Forderungsgrund,
    • Entstehungszeitpunkt der Forderung (Fälligkeit) sowie
    • Forderungsbetrag.

     

    Die Angabe des Grundes ist unverzichtbar, weil es nicht nur dem Insolvenzverwalter, sondern im Rahmen des Prüfungsverfahrens auch sonstigen Verfahrensbeteiligten möglich sein muss, zu prüfen, ob die angemeldete Forderung überhaupt besteht. Die Angabe des Grundes bedeutet die Angabe derjenigen Tatsachen, aus denen die Forderung resultiert, also die Darstellung des konkreten Sachverhalts, aus dem sich die Berechtigung des Gläubigers ergibt.

     

    Die K. hatte hier nur Debitorenrechnungen beigefügt, nicht jedoch Einzelrechnungen. Dies allein reicht nicht aus, wenn sie nicht im Einzelnen die Umstände und den Grund für ihre Ausstellung erkennen lassen. Ebenso war hieraus auch nicht die Fälligkeit des Anspruchs zu erkennen. Denn die Debitorabrechnungen stellen lediglich eine Zusammenfassung von Rechnungen dar, wobei vorliegend zwar Rechnungsaussteller, -datum und -betrag ersichtlich ist, nicht jedoch, an wen wann Lieferungen erfolgt sind. Weder der Beklagte noch ein evtl. Insolvenzgläubiger kann auf diese Weise eine notwendige Forderungsprüfung vornehmen.

     

    2. Der Austausch der zunächst zur Tabelle angemeldeten Forderungen aus Warenlieferung mit Forderungen aus Wechsel ist unzulässig. Denn der Übergang von einer Forderung auf eine andere stellt einen Wechsel des Streitgegenstands und damit eine Klageänderung dar (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 263 Rn. 7). Da es vorliegend an einer wirksamen Anmeldung einer Wechselforderung zur Insolvenztabelle fehlte, war die Klage unzulässig.

     

    Das bedeutet die Entscheidung für Gläubiger und ihre Anwälte

    Gläubigeranwälte sollten bei Anmeldung von Gläubigeransprüchen aus dieser Entscheidung folgende Konsequenzen ziehen:  

     

    • Grund der Forderung muss eindeutig erkennbar sein: Dies erfordert die Darstellung des genauen Lebenssachverhalts, aus dem sich die Forderung ergibt und zwar so, dass für den Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder und andere Gläubiger die Möglichkeit besteht, die Berechtigung bzw. Nichtberechtigung der Forderung zu überprüfen. Insbesondere bei den hier behandelten Sammelanmeldungen müssen die Forderungen hinreichend spezifiziert sein (Hess, Großkommentar zur InsO, 2007, § 174 Rn. 59). Hierzu müssen einzelne Rechnungen oder Lieferscheine der Anmeldung beigefügt werden. Aus diesen muss klar erkennbar sein, welche Leistung wann und an wen erbracht wurde.

     

    Praxishinweis: Dies zu beachten ist wichtig, da bei einer eventuellen Feststellungsklage der Rechtsstreit nur über Forderungsgründe geführt werden kann, die bereits Gegenstand der Forderungsprüfung waren. Maßgebend für diese Prüfung ist allerdings der Sachverhalt, der in der zuvor vorgenommenen Anmeldung angegeben worden ist (§ 174 Abs. 3 InsO). Dieser Sachverhalt („Grund“ des Anspruchs) bestimmt, soweit die Forderung als anerkannt in die Tabelle eingetragen wird, daher den Umfang der Rechtskraft der Eintragung gegenüber den Gläubigern (§ 178 Abs. 3 InsO) und, soweit die Forderung bestritten wird, den Umfang der Rechtskraft des im Feststellungsprozess ergehenden Urteils. Wird daher der in der Anmeldung angegebene Anspruchsgrund in die Tabelle nicht eingetragen, ist diese gegebenenfalls zu berichtigen. Wird der Grund des Anspruchs im Laufe des Verfahrens – wie vorliegend geschehen – geändert, bedarf es einer neuen Anmeldung. Ohne sie ist eine auf den anderen Anspruchsgrund gestützte Feststellungsklage ebenso unzulässig wie eine Klage ohne jegliche Anmeldung (BGH WM 01, 2190 zu § 11 Abs. 3 GesO; WM 00, 891 zu § 146 Abs. 1 KO).