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  • · Fachbeitrag · Insolvenz

    Reform der Restschuldbefreiung: Reform der Versagungsgründe

    | Der Bundestag hat am 16.5.13 das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte beschlossen. Dies sind die geänderten und zugleich in ihrer zeitlichen Bedeutung erweiterten Versagungsgründe. |

    1. Unzulässigkeit statt Versagung

    Für die Versagung der Restschuldbefreiung ist zwischen den Versagungsgründen die das eröffnete Verfahren betreffen, § 290 InsO, und denen im 
eigentlichen Restschuldbefreiungsverfahren nach §§ 295 ff. InsO zu unterscheiden.

     

    War bisher in § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO vorgesehen, dass die Restschuldbefreiung zu versagen ist, wenn dies im Schlusstermin von einem Insolvenzgläubiger beantragt wurde und in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf 
Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt oder nach den §§ 296, 297 InsO versagt worden ist, bedarf es nun keiner Antragstellung des Gläubigers mehr, um die Versagung der Restschuldbefreiung zu erlangen. Vielmehr ist der Antrag auf Restschuldbefreiung unter den vorgenannten Voraussetzungen nach dem neu geschaffenen § 287a InsO bereits unzulässig.

     

    MERKE | Ein Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung ist nach § 287a 
Abs. 2 Nr. 2 InsO künftig auch unzulässig, wenn dem Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 5, 6 oder 7 oder nach § 296 InsO versagt worden ist. Das gilt auch für die nachträgliche Versagung nach 
§ 297a InsO.

     

    Nach § 287 Abs. 1 S. 3 InsO muss der Schuldner sich über die vorbezeichneten Voraussetzungen erklären und die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner 
Erklärung an Eides statt versichern.

    2. Versagungsgründe im Eröffnungsverfahren

    Es bleibt zunächst dabei, dass der Schuldner, der wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c StGB rechtskräftig verurteilt wurde, mit der Versagung der Restschuldbefreiung rechnen muss, § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Allerdings wird der Versagungsgrund insoweit eingeschränkt, als das Mindest-Strafmaß eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen oder eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten erreicht haben muss. Auch darf die rechtskräftige Verurteilung nicht mehr als fünf Jahre zurückgerechnet ab dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückliegen.

     

    MERKE | Damit gleicht der Gesetzgeber die Regelung dem § 32 Abs. 2 Nr. 5 und § 34 BZRG an, wonach die entsprechenden Straftaten unterhalb der Mindeststrafen nicht ins Führungszeugnis aufgenommen werden bzw. nach Ablauf von fünf Jahren aus dem Führungszeugnis getilgt werden und der Schuldner damit nicht mehr als vorbestraft gilt.

     

     

    Den Anwendungsbereich der Versagung der Restschuldbefreiung wegen der genannten Straftaten erweitert ein neuer § 297 InsO, nach dem unter den gleichen Voraussetzungen die Restschuldbefreiung zu versagen ist, wenn die rechtskräftige Verurteilung in den Zeitraum zwischen dem Schlusstermin und der Aufhebung des Insolvenzverfahrens oder in den Zeitraum zwischen der Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist fällt.

     

    MERKE | Durch § 297a InsO wird klargestellt, dass der Gläubiger den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung wegen nachträglich bekannt gewordener Versagungsgründe binnen sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, in dem er von dem Versagungsgrund Kenntnis hat, gestellt sein muss. Zulässigkeitsvoraussetzung des Antrags ist, dass die Versagungsgründe und die spätere Kenntnis des Gläubigers glaubhaft gemacht werden.

     

    Ergibt sich nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO eine Einschränkung der Möglichkeiten die Versagung der Restschuldbefreiung zu erreichen, erweitern sich die Möglichkeiten in § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO. Danach kann dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt werden, wenn er vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahr-lässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, dass er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat. Mussten diese Unterlassungen oder Handlungen nach der bisherigen Gesetzeslage in Jahresfrist erfolgt sein, wird die Frist künftig drei Jahre betragen.

     

    MERKE | Es kann insoweit lohnend sein, aufgrund älterer Vollstreckungsunterlagen festzustellen, wie viele Gläubiger der Schuldner mit welchem Forderungsvolumen hatte. Hieraus kann sich das Bild der Vermögensverschwendung oder der Insolvenzverschleppung ergeben.

     

    § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO regelt die Versagung der Restschuldbefreiung, wenn der Schuldner seinen Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach der InsO vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachkommt. Künftig entfällt die Beschränkung „während des Insolvenzverfahrens“, sodass sich eine zeitliche Erweiterung ergibt. Zugleich ergibt sich aus der Gesamt Systematik die Erweiterung des Versagungsgrundes auf die Erklärungspflicht nach §§ 287, 287a InsO.

     

    Von erheblicher Bedeutung ist der in § 290 Abs. 1 Nr. 7 InsO neu geschaffene Versagungsgrund des Verstoßes gegen die Erwerbsobliegenheit. Bisher galt die Erwerbsobliegenheit nur in der Wohlverhaltensphase. Nun ist eine eigenständige Erwerbsobliegenheit in § 287b InsO für das Insolvenzverfahren 
geschaffen worden. Sie gilt damit für das gesamte Verfahren. Eine Versagung kommt nicht in Betracht, wenn der Schuldner ohne Verschulden seiner 
Erwerbsobliegenheit nicht nachkommen konnte oder die Möglichkeiten seines Erwerbs die Gläubigerinteressen nicht beeinträchtigen, da er nicht in der Lage ist, ein Einkommen zu erzielen, dass die Pfändungsfreigrenze übersteigt.

     

    MERKE | Für den Gläubiger wird es in besonderer Weise darauf ankommen, zu kontrollieren, welche Möglichkeiten des Erwerbs der Schuldner aufgrund seiner Ausbildung oder zuletzt ausgeübten Tätigkeit hat. Dann ist festzustellen, ob diese Tätigkeiten prinzipiell ein Einkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenze erlauben. Für diesen Fall ist zu untersuchen, ob der Schuldner seiner Erwerbsobliegenheit nachgekommen ist, sich also vor allem in ausreichendem Umfang auf offene Stellen beworben hat. Dazu kann der Gläubiger seinerseits dokumentieren, welche offenen Stellen ihm im maßgeblichen Zeitraum zur Kenntnis gelangt sind.

     

    3. Versagungsgründe in der Restschuldbefreiung

    Die Obliegenheiten des Schuldners in der Wohlverhaltensphase bleiben weiterhin in § 295 InsO geregelt. Ein Verstoß führt nach § 296 InsO zur Versagung der Restschuldbefreiung. Veränderungen ergeben sich hier nicht. Ausnahme: Die zeitliche Dimension wurde an die Erweiterung der Versagungsgründe vor dem Beginn der Wohlverhaltensphase angepasst.

    4. Nutzen Sie die neuen Möglichkeiten der Antragstellung

    Erhebliche Erleichterungen verschafft der Gesetzgeber dem Gläubiger bei dem Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung. Bisher war es zwingend, dass der Versagungsantrag persönlich im Schlusstermin gestellt wurde. Der Schuldner konnte dem ebenfalls lediglich im Schlusstermin entgegentreten. Künftig kann ein Versagungsantrag jedoch bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Abs. 1 InsO schriftlich gestellt werden. Dabei muss der Versagungsgrund - wie bisher - glaubhaft gemacht werden. Den Versagungsantrag kann wie bisher nur ein Gläubiger stellen, der seine Forderung auch zur Insolvenztabelle angemeldet hat. Damit wird es für viele Gläubiger erstmals denkbar, Versagungsanträge zu stellen. Soweit eine Teilnahme am Schlusstermin bisher in keinem Verhältnis zum Nutzen stand, kann jetzt vermehrt im schriftlichen Verfahren vorgegangen werden.

    5. Fazit

    Aufgrund der Reform gewinnt der Schuldner neue Möglichkeiten, die Restschuldbefreiungsfrist deutlich abzusenken. In welchem Umfang ihm das gelingt, wird auch davon abhängen, wie viele Gläubiger künftig ihre Forderungen im Insolvenzverfahren anmelden. Denn nur angemeldete Forderungen werden bei der Berechnung der Befriedigungsquote berücksichtigt. Es sollten daher mehr denn je alle Forderungen angemeldet werden. Dann sollte der Schuldner mit vertretbaren Mitteln überwacht werden. Gerade die ausgeweitete Erwerbsobliegenheit bietet sich dafür an. Ausbildung und aktueller oder letzter Beruf sind meist bekannt. Die weiteren Tatsachen lassen sich leicht ermitteln.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 142 | ID 42216973