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Urteil vom 05.10.2023 · IWW-Abrufnummer 238009

Landesarbeitsgericht Köln - Aktenzeichen 6 Sa 152/22

Steht nach Beweisaufnahme fest, dass der bis zuletzt bestreitende Arbeitnehmer Schmiergeld entgegengenommen hat und muss sodann der eingetretene Schaden geschätzt werden, so ist der zu schätzende Betrag nicht auf einen Mindestschaden begrenzt. Es gibt keinen Grund einen Schädiger auf diese Weise zu privilegieren, insbesondere den pflichtwidrig schweigenden Täter, der entgegen der Wahrheitspflicht aus § 138 Abs. 1 ZPO seine Täterschaft bestreitet.


Tenor: I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 05.01.2022 - 4 Ca 2501/20 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Der Beklagte zu 1 wird auf den Antrag zu 1) verurteilt, an die Klägerin 1.579.844,00 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2014. 2. Der Beklagte zu 1 wird auf den Antrag zu 4 (urspr. Klageantrag zu 6) verurteilt, an Eides statt zu versichern, dass er seine im Schriftsatz vom 09.03.2021 erteilten Auskünfte nach bestem Wissen so vollständig abgegeben hat, wie er dazu im Stande ist. 3. Die weitere Klage gegen den Beklagten zu 1 mit dem Antrag zu 1 (soweit sie den Betrag in Höhe von 1.579.844,00 EUR nebst Zinsen übersteigt), mit dem Antrag zu 2 und mit dem Antrag zu 3 wird abgewiesen. 4. Die Klage gegen den Beklagten zu 2 mit den Anträgen zu 1 bis 4 wird abgewiesen. II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. III. Die Berufung des Beklagten zu 1 wird zurückgewiesen. IV. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung des Arbeitsgerichts vorbehalten auch über die Kosten der Berufungsinstanz. V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Auskunfts-, Herausgabe- und Schadensersatzansprüche. Dabei steht der Vorwurf der Klägerin gegenüber den beiden Beklagten im Raum, sie hätten in der Zeit von Beginn des Jahres 2010 bis zum Jahre 2014 Schmiergeld entgegengenommen.

Wegen des hier streitigen Sachverhalts ist der Beklagte zu 1 wegen Bestechlichkeit zu 1,5 Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Aufgrund der von Seiten der Staatsanwaltschaft und von Seiten des Beklagten zu 1 eingelegten Revision ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig. Rechtskräftig ist demgegenüber das Urteil bezüglich des Beklagten zu 2. Er wurde freigesprochen. Auf den Inhalt des Urteils des Landgerichts Bonn vom 28.12.2022 - 27 KLs-430 Js 1285/16-9/21 - (Bl. 1784 ff d.A.) wird Bezug genommen.

Die Klägerin ist eine Wohnungsgenossenschaft. Sie verwaltet knapp 1.200 Wohnungen und knapp 300 Garagen. Die Genossenschaft hat gut 1.600 Mitglieder.

Der Beklagte zu 1 ist seit dem Jahre 1993 bei der Beklagten beschäftigt. Zunächst wurde er als Hausmeister eingestellt. Seit dem Jahre 2002 und bis zuletzt war er als Leiter des Bereichs Technik tätig. Zu seinen Aufgaben gehörte u.a. die Schadensmeldung, die Modernisierung/Neubau, die Badmodernisierung sowie die laufende Instandhaltung. Dem Kläger standen aus diesem Arbeitsverhältnis und aus einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis seiner Ehefrau insgesamt monatliche Bezüge in Höhe von 2.900,00 EUR zur Verfügung. Die im streitgegenständlichen Zeitraum erfolgten erheblichen Bareinzahlungen auf das Konto des Beklagten zu 1 und auf das Konto seiner Ehegattin lassen sich mit diesen monatlichen Bezügen nicht erklären. Nach dem Wortlaut einer zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung endete das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung der Beklagten vom 20.02.2020 zum 15.05.2020. Die Zahlung einer Abfindung wurde nicht vereinbart. Nach den Feststellungen der 7. Großen Strafkammer im besagten Urteil vom 28.12.2022 hat der Beklagte zu 1 vom Zeugen R in den Jahren 2011 bis 2014 Schmiergelder in Höhe von mindestens 143.298,00 EUR, wahrscheinlich aber deutlich mehr, entgegengenommen.

Der Beklagte zu 2, Herr M H , begann seine Tätigkeit für die Klägerin am 01.04.1992 als Auszubildender. Seit dem 01.09.2001 war er mit der kommissarischen Geschäftsleitung betraut, seit dem 01.10.2001 hatte er gänzlich die Geschäftsleitung inne. Ab dem 01.04.2004 war er Vorstandsmitglied. In dieser Funktion war er also der Vorgesetzte des Beklagten zu 1. Zuletzt erhielt der Beklagte zu 2 monatliche Bezüge in Höhe von 5.171,46 EUR. Dieser Betrag wurde jährlich 14 Mal gezahlt. Daraus errechnet sich ein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen in Höhe von 6.033,37 EUR. Ob der Lebensstil des Beklagten zu 2 und insbesondere der von ihm betriebene Pferdehandel mit diesen Einkünften zu finanzieren ist, ist zwischen den Parteien streitig. Das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin endete am 29.02.2020 durch eine Aufhebungsvereinbarung. Im Rahmen dieser Vereinbarung einigten sich die Parteien auf die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 195.000,00 EUR. Im Text der Vereinbarung findet sich auch eine Ausgleichsklausel. Die Parteien vertreten unterschiedliche Auffassungen über die Frage, ob diese Klausel auf die hier von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche Anwendung findet. Auch der Beklagte zu 2 war wegen des Verdachts der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr angeklagt. Er wurde jedoch mit dem bereits erwähnten Urteil der 7. Großen Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 28.12.2022 rechtskräftig freigesprochen.

Der hier streitgegenständliche Sachverhalt wurde durch ein Geständnis des Zeugen R vom 15.11.2017 (Anlage K 3 Bl. 35 ff d.A.) im Rahmen des gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahrens der StA Bonn - 430 Js 1215/16 - bekannt. Der Zeuge R ist der ehemalige Geschäftsführer einer inzwischen insolventen Firma mit dem Namen XXX GmbH. Er ist unter dem besagten Aktenzeichen mit Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 31.08.2020 (Bl. 26 ff d.A.) wegen Steuerhinterziehung in 13 Fällen (Körperschaftssteuer, Umsatzsteuer, Einkommenssteuer) zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Diese Entscheidung ist rechtskräftig. Hintergrund der abgeurteilten Steuerhinterziehungen waren Barentnahmen aus der Firmenkasse der Firma XXX, die durch gefälschte Subunternehmer- und Lieferanten-Rechnungen verschleiert worden waren. Nach den Feststellungen des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und der Steuerfahndung Bonn ging das Amtsgericht Bonn unter Berücksichtigung der Einlassungen des Zeugen (und dortigen Angeklagten) XXX sowie unter Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen für die Jahre 2011 bis 2014 von Bestechungszahlungen an "die Verantwortlichen" der Klägerin in Höhe von mindestens 1.449.844,00 EUR aus. Dieser Betrag entspricht einem Anteil von 85 % der festgestellten Barentnahmen in Höhe von 1.705.699 EUR. Der Anteil von 85 % ergab sich für die Ermittlungsbehörden und für das Amtsgericht insbesondere aus den Darlegungen des Zeugen (und dortigen Angeklagten) R . In gleicher Weise hat sich der Zeuge R auch im Rahmen eines Erörterungstermins vor dem Finanzgericht Köln (Az.: 12 K 2573/18, Bl. 1574 d.A.) geäußert.

Von diesem Geständnis des Zeugen R hat die Klägerin durch einen Antrag auf Akteneinsicht vom 02.04.2020 Kenntnis erlangt. Vorherige Anträge auf Akteneinsicht blieben ohne Erfolg. Der Zeuge R hat dort im Einzelnen berichtet, er habe in erheblichem Umfang Bestechungsgelder an den Beklagten zu 1 gezahlt, die dieser sodann mit dem Beklagten zu 2 geteilt habe. Die Praxis der Schmiergeldzahlung habe er von seinem Kollegen in der Geschäftsführung, dem Zeugen Z , übernommen. Dieser habe ihn im Jahre 2009, dem Jahr seines Ausscheidens als Gesellschafter, über die Tatsache in Kenntnis gesetzt, dass auf jede Rechnung an die Klägerin "200 - 500 EUR draufgeschrieben" würden. Diese Praxis habe er, R , sodann übernommen. Er habe also auf jede Rechnung 200 - 500 EUR "draufgeschrieben" und diese Beträge an den Beklagten zu 1 in bar übergeben. Die Rechnungsbeträge seien von der Klägerin an die Firma XXX GmbH immer erst dann gezahlt worden, wenn die Barbeträge an den Beklagten zu 1 ausgezahlt gewesen seien. Das habe für jede Rechnung gegolten. Die Höhe der Beträge sei unterschiedlich und abhängig von den Ansagen des Beklagten zu 1 gewesen. Zunächst seien es nur die besagten 200 - 500 EUR pro Rechnung gewesen, später bis zu 2.500,00 EUR. Er, der Zeuge R , sei regelmäßig unter Druck gesetzt worden mit der Ankündigung, er werde im Falle der Nichtzahlung keinen einzigen Auftrag im Bereich der Stadt B mehr bekommen. Denn - so die Ankündigung weiter - der weitere Vorstand der Klägerin, Herr T , sei in der Bonner Politik "ein hohes Tier" und könne in der besagten Weise auf die Auftraggeber der Region einwirken. Weiter berichtete der Zeuge R in seinem Geständnis, auch in den Privathäusern der beiden Beklagten seien kostenlos Arbeiten durchgeführt worden: Für den Beklagten zu 1 seien Malerarbeiten, Arbeiten an Türen, Erstellung von Estrich und die Gestaltung von Badezimmern geleistet worden. Beide Beklagten hätten bei Fliesenarbeiten die Dienste der Firma in Anspruch genommen.

Bei den Beklagten zu 1 und 2 sind daraufhin im März 2017 (Anlage K6, Bl. 48 d.A.) Hausdurchsuchungen durchgeführt worden. Im Rahmen dieser Maßnahmen wurde bei dem Beklagten zu 1 eine Geldkassette gefunden mit einem Inhalt iHv 46.500,00 EUR sowie Unterlagen über kostspielige Möbelkäufe und andere Anschaffungen. Beim Beklagten zu 2 wurden "Belege und Gegebenheiten" vorgefunden, die nach Auffassung der Klägerin und damals nach Auffassung der Staatsanwaltschaft auf eine Lebensführung hingedeutet hätten, die bei weitem nicht aus den bekannten Einkünften hätten bestritten werden können.

In den Jahren 2008 bis 2014 wurden von der Klägerin insgesamt 1756 Rechnungen der Firma XXX GmbH bezahlt. Diese Rechnungen betreffen einen Gesamtbetrag iHv 8.199.204,76 EUR.

Die Klägerin hat in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht zur Begründung ihrer Klage vorgetragen, der Zeuge R habe an die Beklagten in den Jahren 2010 bis 2014 regelmäßig Schmiergeldzahlungen erbracht. Das ergebe sich bereits aus den Berichten der Ermittlungsbehörden und aus dem Urteil des Amtsgerichts Bonn. Die Barzahlungen an die Beklagten seien bei der Firma XXX GmbH buchhalterisch mit erfundenen Subunternehmer-Rechnungen und deren Begleichung durch nur angeblich erfolgte Bar-Zahlung verdeckt worden. Die Erstellung dieser Falsch-Rechnungen und die Barentnahmen aus der Firmenkasse der Firma XXX GmbH seien vom Zeugen R und von der Zeugin F vorgenommen worden. Regelmäßig sei das Schmiergeld dem Beklagten zu 1 in bar übergeben worden, der dann einen Teil hiervon an den Beklagten zu 2 weitergegeben habe.

Soweit sich die Klägerin mit der Klage gegen den Beklagte zu 2 gewendet hat, hat sie ihre Klage weiter mit der Darlegung begründet, der Beklagte zu 2 habe ihre Firma in- und auswendig gekannt. Er habe seine Kenntnisse zu ihrem Nachteil missbraucht. Dass der Beklagte zu 2 von den Schmiergeldzahlungen profitiert habe, ergebe sich insbesondere aus dem Geständnis des Zeugen R , in dem dieser mitgeteilt habe, dass die an den Beklagten zu 1 gezahlten Nettobeträge mit dem Beklagten zu 2 geteilt worden seien. Das sei auch plausibel, denn schon nach den Feststellungen der Ermittlungsbehörden aufgrund der Hausdurchsuchungen stehe fest, dass der Beklagte zu 2 einen Lebensstil pflege, der nicht mit seinen Einkünften aus dem Arbeitsverhältnis mit ihr, der Klägerin, bestritten werden könne.

Zur Höhe der Klageforderung hat die Klägerin unter Bezugnahme auf den steuerstrafrechtlichen Ermittlungsbericht (Anlage K 7, Bl. 51 ff) vorgetragen, der Zeuge R habe in den Jahren 2011 bis 2014 einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.705.699,00 EUR in bar aus der Kasse der XXX herausgezogen. Alleine über die Firma Fliesen Gries habe er eine Summe in Höhe von 159.966,00 EUR für Bestechungszwecke generiert, über die Firma H Malerbetrieb eine Summe in Höhe von 140.690,00 EUR, über das He Baustoffzentrum in Höhe von 173.388,52 EUR, über die Firma Ti K in Höhe von 91.790,58, über die Firma S Ko in Höhe von 133.876,72 EUR und über die Firma So W B in Höhe von 262.500,00 EUR. Die Zeugin F habe der Staatsanwaltschaft Bonn eine handschriftliche Aufstellung übergeben, in der sie für die Jahre 2012 und 2013 die Barbeträge aufgeführt habe, die sie dem Zeugen R übergeben habe. Dabei habe es sich um eine Summe für den erfassten Zeitraum vom 02.04.2012 bis zum 04.11.2013 (also für gut 1,5 Jahre) in Höhe von 869.500,00 EUR gehandelt, den sie dem Zeugen R zum Zwecke der Bestechung übergeben habe. Dieser Betrag korrespondiere ohne Weiteres mit dem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsbericht betreffend die gesamten Jahre 2012 und 2013 in Höhe von 1.089.588,00 EUR. Allein für das Projekt K straße in B sei ein Schmiergeld in Höhe von 280.000,00 EUR geflossen. Das ergebe sich aus den handschriftlichen Rechnungsentwürfen des Beklagten zu 1 (Anlage K 11 ff, Bl. 91 ff). Werde nun für die Jahre 2011 bis 2014 der Barbetrag in Höhe von 1.705.699,00 EUR zugrunde gelegt, der der Kasse der XXX GmbH entnommenen worden sei, und werde dieser Betrag nun unter Berücksichtigung der Angaben des Zeugen R mit 85 % als Schmiergeld berücksichtigt, so ergebe sich für den besagten Zeitraum ein Schmiergeld in Höhe von insgesamt 1.449,844,00 EUR. Die Angabe des Zeugen R , von den Barentnahmen seien ca. 85 % als Schmiergeld für die Beklagten verwandt worden, sei plausibel. Aus der von ihr vorgenommenen Akteneinsicht in die Strafakte sei ohne weiteres erkennbar gewesen, dass nach dem Ende der Geschäftsbeziehung zur Firma XXX GmbH das Geschäftsgebaren der Beklagten ab dem Jahre 2014 mit einer neuen Firma weiterverfolgt worden sei, nämlich mit dem Einzelunternehmen service. Auch dort seien ca. 85 % der Barentnahmen aus der dortigen Firmenkasse als Schmiergeld für die Beklagten eingesetzt worden. Dies sei ausführlich dokumentiert durch handschriftliche Aufzeichnungen der Zeugin Te über Schmiergeldzahlungen an den Beklagten zu 1 (Anlagenkonvolut K19 a bis K19 d, Bl. 316 ff), die in einem Aktenordner der Firma vor die "geschmierten" Rechnungen geheftet gewesen seien. Diesen Ordner hätten die Ermittlungsbehörden bei weiteren Untersuchungen aufgefunden.

Werde nun weiter für das Jahr 2010, das nicht Gegenstand dieser zuletzt genannten Berechnung sei, bei 325 Rechnungen ein durchschnittlicher Bestechungsbetrag in Höhe von 400,00 EUR zugrunde gelegt, so ergebe sich für dieses eine Jahr ein zusätzlicher Betrag in Höhe von 130.000,00 EUR. Die Summe aus diesem Betrag und dem bereits ermittelten Betrag in Höhe von 1.449.844,00 ergebe den Teil der Klageforderung, der sich auf die Herausgabe des durch Schmiergeldzahlung Erlangten richte, nämlich den Teil in Höhe von 1.579.844,00 EUR.

Neben dem Anspruch auf Herausgabe des erlangten Schmiergeldes stehe ihr noch ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 24.132,68 EUR als Ersatz für den Schaden zu, der durch die Kosten der Aufklärung entstanden sei und der sich im Zeitraum vom 02.12.2020 bis zum 06.04.2021 um weitere 20.164,79 EUR erhöht hätte. Beide Beklagten hätten vorsätzlich, sittenwidrig und schuldhaft gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen und seien daher gemäß § 826 BGB zum Ersatz des daraus folgenden Schadens verpflichtet. Der Aufklärungsschaden sei insbesondere durch die notwendige Aufklärungsarbeit durch ihren Prozessbevollmächtigten entstanden, die dieser abgerechnet und den sie bezahlt habe. Diese Aufklärungsarbeit sei notwendig geworden. Der Prozessbevollmächtigte sei ein themenbezogen spezialisierter Anwalt für Fälle wie diesen.

Gegenüber dem Beklagten zu 1 stütze sie ihre Forderung auf Schadensersatz wegen einer positiven Forderungsverletzung aus dem Arbeitsvertrag und gegenüber dem Beklagten zu 2 auf Schadensersatz wegen Verletzungen seiner Organpflichten aus dem Anstellungsvertrag. Darüber hinaus ergebe sich der jeweilige Anspruch aus § 826 BGB, aus § 823 Abs. 1 BGB und aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 266, 299 StGB. Beide Beklagten seien nach § 840 BGB als Gesamtschuldner verpflichtet. Das Vorstehende beziehe sich auf den besagten Teil der Forderung in Höhe von 1.579.844,00 EUR. Außerdem stehe ihr noch aus § 280 Abs. 1 BGB und § 826 BGB der Anspruch auf Ersatz der Kosten zu, die bei der Sachverhaltsaufklärung entstanden seien. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung sei ein Rechnungsbetrag in Höhe von 24.132,68 EUR zu begleichen gewesen, später sei ein weiterer Betrag in Höhe von 20.164,79 EUR hinzugekommen. Die Summe aus diesen beiden Beträgen und dem geltend gemachten Schaden in Höhe von 1.579.844,00 EUR finde sich im Klageantrag zu 1.

Sie gehe davon aus, dass die bisher zu Tage getretenen Schmiergeldzahlungen nur die Spitze des Eisbergs darstellten. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit einer Stufenklage zu möglichen weiteren Geldzahlungen und geldwerten Vorteilen, beginnend mit dem Auskunftsantrag zu 2. Der Anspruch auf Auskunft ergebe sich aus dem Gesichtspunkt der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag aus §§ 666, 667 BGB.

Sie müsse weiter davon ausgehen, dass nicht nur von der Firma XXX GmbH Schmiergelder an die Beklagten geflossen seien, sondern auch von anderen Auftragnehmern. Der Zeuge Re habe mit den Firmen Go und Hen zwei weitere Unternehmen benannt, gegenüber denen die Beklagten Bestechungsgelder gefordert und erhalten hätten. Hieraus ergebe sich die weitere Stufenklage beginnend mit dem Antrag zu 3. Auf ausdrückliche Nachfrage des Vorsitzenden im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht hat die Klägerin klargestellt, dass die von ihr behaupteten Schmiergeldzahlungen der Firma service in der Zeit ab dem Jahre 2015 nicht Gegenstand der Stufenklage-Anträge seien.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.624.141,47 EUR zu zahlen nebst Zinsen aus 1.579.844,00 EUR seit dem 19.11.2014, aus 24.132,68 EUR seit Rechtshängigkeit (24.12.2020), aus 20.164,79 EUR seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung (16.04.2021); 2. die Beklagten zu 1 und 2 zu verurteilen, ihr Auskunft über jede Geldzahlung und jeden geldwerten Vorteil zu erteilen, den sie im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit für sie (die Klägerin) im Zeitraum seit dem 01.01.2010 von der Geschäftsführung oder sonst für die XXX GmbH handelnden Personen erhalten haben; 3. die Beklagten zu 1 und 2 zu verurteilen, ihr Auskunft über jede Geldzahlung und jeden geldwerten Vorteil zu erteilen, den sie im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit für sie (die Klägerin) im Zeitraum seit dem 01.01.2010 von der jeweiligen Geschäftsführung oder sonst für Firmen handelnder Personen, erhalten haben, die in einem Auftragsverhältnis zu ihr (der Klägerin) standen; 4. Die Beklagten zu 1 und 2 zu verurteilen, zu Protokoll des Gerichts an Eides statt zu versichern, dass sie ihre gemäß den Ziffern 2 und 3 erteilten Auskünfte nach bestem Wissen so vollständig angegeben haben, wie sie dazu im Stande sind. Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht nicht ausdrücklich gestellt, wohl aber mit der Klageschrift als Teil einer Stufenklage rechtshängig gemacht und nicht ausdrücklich zurückgenommen, beschieden oder in anderer Weise erledigt sind die folgenden weiteren Anträge: 5. Die Beklagten zu 1 und 2 gesamtschuldnerisch zu verurteilen, im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum seit dem 01.01.2010 von der Geschäftsführung oder sonst für die XXX GmbH handelnden Personen erhaltene Geldzahlungen oder geldwerte Vorteile, an die Klägerin herauszugeben, soweit diese wertmäßig den Betrag von 1.579.844,00 EUR übersteigen. 6. Die Beklagten zu 1 und 2 gesamtschuldnerisch zu verurteilen, im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit für die Klägerin von der jeweiligen Geschäftsführung oder sonst für Firmen handelnden Personen, die in einem Auftragsverhältnis zur Klägerin standen, erhaltene Geldzahlungen an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Verteidigung gegen die Klage hat der Beklagte zu 1 vor dem Arbeitsgericht vorgetragen, er habe die Klägerin nicht geschädigt; er habe sich nicht der Bestechlichkeit oder der Untreue schuldig gemacht; er habe bei der Klägerin keine Schäden verursacht. Insbesondere habe er von der Firma XXX keine Geldzahlungen erhalten. Der Zeuge R habe ihn und den Beklagten zu 2 vorsätzlich falsch beschuldigt. Er können "mit reinem Gewissen" sagen, dass weder das in seinen privaten Räumlichkeiten aufgefundene Bargeld noch das für die Möbelkäufe und das für anderen Anschaffungen verwendete Bargeld aus irgendwelchen unrechtmäßigen Geldzahlungen des Zeugen R oder dessen Firma stammten. Er vermute, dass die Bekundungen des Zeugen R Teil eines Rachefeldzuges seien, nämlich als Rache für den Abbruch der Geschäftsbeziehungen.

Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gebe er auf den Klageantrag zu 2 die folgende Auskunft: Er habe weder vom Zeugen R noch von anderen Personen Gelder oder geldwerte Vorteile erhalten. Tatsächlich erhalten habe er im streitgegenständlichen Zeitraum lediglich die von der Klägerin geleisteten Einkünfte aus dem laufenden Arbeitsverhältnis.

Der Beklagte zu 2 hat zur Verteidigung gegen die Klage vor dem Arbeitsgericht vorgetragen, er gehe schon wegen der vereinbarten Ausgleichsklausel im Aufhebungsvertrag von der Unbegründetheit der Klage aus. Außerdem sei schon dem Grunde nach bei der Klägerin kein Schaden entstanden. Nach den Bekundungen des Zeugen R sei der Klägerin zu keiner Zeit eine Rechnung gestellt worden, die überhöht gewesen sei. Er habe weder Bestechungsgeld erhalten noch gefordert. Die Klägerin behaupte ja selbst nicht, dass er unmittelbar Schmiergeld erhalten habe. Behauptet werde lediglich, der Beklagte zu 1 habe Schmiergeld an ihn weitergeleitet. Der Beklagte zu 1 habe aber kein Schmiergeld erhalten. Wenn aber der Beklagte zu 1 kein Schmiergeld erhalten habe, dann habe dieser auch an ihn nichts weiterleiten können.

Das Arbeitsgericht Köln hat sich mit dem streitgegenständlichen Teil-Urteil vom 05.01.2022 mit den Anträgen zu 1) bis 4) befasst. Diese Anträge zu 1) bis 4) bezogen sich wie dargestellt jeweils auf beide Beklagten. Beim Antrag zu 1) ging es um Schmiergeldzahlungen durch die Firma XXX GmbH sowie um Kosten der Rechtsverfolgung; beim Antrag zu 2) ging es um Auskunft über weitere geldwerte Vorteile durch Leistungen aus dem Bereich der Firma XXX; bei dem Antrag zu 3 ging es um Auskunft über weitere geldwerte Vorteile durch Leistungen aus dem Bereich anderer Firmen (nicht XXX GmbH und nicht service); und mit dem Antrag zu 4) ging es um die begehrte Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung hinsichtlich der Auskünfte nach den Anträgen zu 2) und 3). Vom Arbeitsgericht nicht beschieden sind die jeweils dritten Stufen der Stufenklagen (Zahlung bzw. Herausgabe) zu den weiteren geldwerten Vorteilen, geleistet von der Firma XXX GmbH einerseits und von anderen Firmen andererseits.

Soweit sich die Klage mit den vier beschiedenen Anträgen gegen den Beklagten zu 2 gewandt hatte, ist sie vom Arbeitsgericht abgewiesen worden. Soweit der Beklagte zu 1 betroffen ist, hat das Arbeitsgericht dem Zahlungsantrag zu 1) in Höhe von 534.953,54 EUR stattgeben. Stattgegeben hat es auch dem Antrag zu 4) gegen den Beklagten zu 1 auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage auch gegenüber dem Beklagten zu 1 abgewiesen. Diese Klageabweisung betrifft anteilig den Antrag zu 1 in Höhe von gut 1 Mio EUR sowie die Auskunftsanträge zu 2 und 3.

Diese letztgenannte Klageabweisung der Auskunftsanträge zu 2 und 3 ist rechtskräftig geworden, da die Klägerin mit ihrer Berufungsbegründung (Bl. 1532) ausdrücklich erklärt hat, diesbezüglich keine Berufung einzulegen.

Das Arbeitsgericht wird also im Rahmen einer Schlussentscheidung noch über die jeweils dritten Stufen der beiden Stufenklagen zu entscheiden haben (hier im Tatbestand die Anträge zu 5 und 6).

Zur Begründung seines Teilurteils hat das Arbeitsgericht ausgeführt, es bestehe kein Zweifel, dass der Beklagte zu 1 Schmiergelder vereinbart und empfangen habe. Diese Gewissheit ergebe sich aus den folgenden Indizien: Der Beklagte zu 1 verdiene nur 3.500,00 EUR im Monat; der Zeuge R habe in seinem Geständnis bekundet, dass Rechnungen nur bezahlt worden seien, wenn vorher Schmiergeld geflossen sei; bei Hausdurchsuchung sei eine Geldkassette mit gut 46.000,00 EUR Bargeld gefunden worden; auf dem Konto des Beklagten zu 1 seien Bareinzahlungen iHv 293.748,00 EUR erfolgt; auf das Konto der Ehegattin des Klägers seien Bareinzahlung iHv 91.300,00 EUR erfolgt; im finanzgerichtlichen Verfahren sei zu Tage getreten, dass so gut wie keine Geldabhebungen vorgenommen worden seien. Diesen vorgenannten Indizien sei der Beklagte zu 1 nicht "wahrheitsgemäß und vollständig" im Sinne des § 138 Abs. 2 ZPO entgegengetreten. Insbesondere seien die vom Beklagten zu 1 genannten Geldquellen - reiche Tante, Oldtimerhandel, Schwarzarbeit - unkonkret und nicht einlassungsfähig. Nach alldem halte es die erkennende Kammer für ausgeschlossen, dass die folgenden Beträge aus anderen Quellen als aus Schmiergeldzahlungen stammen könnten: 46.500,00 Bargeld (bei Hausdurchsuchung gefunden); 103.405,54 EUR Sachwerte (in den Jahren 2012 - 2017 angeschafft); 385.048,00 EUR Bareinzahlungen auf das eigene Konto und das der Ehegattin. Diese drei Beträge seien die Grundlage für die Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO für die Schätzung eines Mindestschadens. Ein Anteil in Höhe von 25 %, also in Höhe von 136.000,00 EUR, seien zu Gunsten des Beklagten zu 1 abzuziehen, da nicht ersichtlich sei, dass die Bareinzahlungen aus den Jahren 2016 und 2017 tatsächlich von der Firma R& gekommen seien und nicht von der Firma service oder anderen Quellen. Der gleiche Betrag sei aber wieder hinzuzurechnen, da davon auszugehen sei, dass die Familie auch von den Bareinnahmen gelebt habe. Die Einlassungen des Zeugen R im Strafverfahren seien nicht zu berücksichtigen, weil sie nicht hinreichend konkret seien. So sei nicht ersichtlich, wie der Zeuge R zu der Quotelung 85 % / 15 % komme oder zu der Darlegung "aber 200 bis 300 TEUR kann hinkommen". Dies alles sei jedenfalls keine hinreichend konkrete Grundlage für eine Schätzung. Ebenfalls unberücksichtigt müsse die Berechnung der Klägerin hinsichtlich des Jahres 2010 bleiben. Für die Annahme, der Beklagte zu 1 habe für jede Rechnung durchschnittlich 400 EUR erhalten, gebe es keine Anhaltspunkte. Soweit die Klägerin die Erstattung der Rechtsverfolgungskosten geltend mache, sei die Klage unbegründet gewesen. Das ergebe sich aus § 12 a ArbGG. Der Antrag gegen den Beklagten zu 1 auf Erteilung einer Auskunft sei unbegründet, denn die Auskunft sei schriftsätzlich erteilt worden. Demgegenüber sei der Antrag auf eidesstattliche Versicherung des Beklagten zu 1 begründet.

Weiter führt das Arbeitsgericht aus, die Klage gegen den Beklagten zu 2 sei zwar zulässig aber sie sei nicht begründet. Es gebe keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Behauptung der Klägerin, der Beklagte zu 2 sei an den Schmiergeldgeschäften des Beklagten zu 1 beteiligt gewesen. Die Aussage des Zeugen R sei eine Aussage "vom Hörensagen". Die Feststellung der Staatsanwaltschaft, der Lebensstil des Beklagten zu 2 sei nicht mit einem Jahresgehalt in Höhe von 100.000,00 EUR bestreitbar, sei nicht belastbar. Die Frage, ob der Anspruch schon wegen der Ausschlussklausel im Aufhebungsvertrag ausgeschlossen sei, könne daher offenbleiben. Die Anträge auf Auskunft und eidesstattliche Versicherung kämen nicht in Betracht, da wie gezeigt ein Zahlungsanspruch schon dem Grunde nach nicht gegeben sei.

Gegen dieses dem Beklagten zu 1 am 09.02.2022 zugestellte Urteil hat der Beklagte zu 1 am 09.03.2022 Berufung eingelegt und er hat diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 09.06.2022 begründet. Der Klägerin ist das Urteil am 10.02.2022 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 10.03.2022 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 10.05.2022 begründet.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung ausdrücklich nicht gegen die erfolgte Abweisung der Auskunftsanträge zu 2 und 3. Sie begehrt aber die Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils, soweit die Klage bezüglich des Zahlungsantrags zu 1) gegen beide Beklagten abgewiesen worden ist und soweit der Antrag zu 4 (urspr. Klageantrag zu 6) auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gegen den Beklagten zu 2 erfolglos geblieben ist.

Das Arbeitsgericht habe den Schaden zu niedrig geschätzt. Es sei schon fehlerhaft, nur einen Mindestschaden zu tenorieren. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht einen Abschlag vorgenommen. Der Vortrag zur Firma service sei nicht nur ein Besinnungsaufsatz gewesen, sondern eine Darstellung des weiteren rechtswidrigen Handelns des global bestreitenden Beklagten zu 1. Die hier möglichen illegalen Einkünfte als Abschlag zu berücksichtigen, bedeute den Vortrag der Klägerin ins Gegenteil zu verkehren. Gleichfalls rechtsfehlerhaft sei das Arbeitsgericht nicht der Aussage des Zeugen R gefolgt, dieser habe 85 % des vom Firmenkonto abgehobenen Geldes für Schmiergeldzahlungen verwandt.

Der Hinweis, die Darstellung des Zeugen R sei eine Darstellung "vom Hörensagen", trage nicht die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 2. Der Hinweis des Zeugen XXX auf sein "Gefühl" müsse nach aktueller Rechtsprechung des BAG als Grundlage für eine Tatsachenfeststellung beim Vorliegen weiterer Indizien ausreichen. Inzwischen - hier in zweiter Instanz - kämen die Erkenntnisse aus der Vernehmung der Zeugin Te (Firma service) hinzu. Da diese die gleiche Masche beschreibe, erhärte sich das Indiz, dass tatsächlich Schmiergeld geflossen sei. Der Verdacht werde auch bestätigt durch die Tatsache, dass der Beklagte zu 2 den Aufsichtsrat der Klägerin belogen habe, als es um die Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft Bonn in den Geschäftsräumen der Klägerin gegangen sei; er habe damals nämlich die Tatsache unerwähnt gelassen, dass gegen ihn selbst ein Steuerstrafverfahren anhängig gewesen sei. Weiteres Indiz für rechtswidriges Handeln sei die Tatsache, dass der Beklagte zu 2 insgesamt 22 Bank-Konten habe. Der vertiefte Blick auf seinen Pferdehandel zeige auch, dass der Beklagte zu 2 seinen Lebensstil unmöglich allein mit seinen Einkünften aus dem Arbeitsverhältnis habe bestreiten können.

Auch dass das Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung von außergerichtlichen Kosten abgewiesen habe, überzeuge sie nicht. Die Regelung in § 12 a ArbGG müsse für Fälle wie den vorliegenden teleologisch reduziert werden. In Anwendung der jüngeren Rechtsprechung des 8. Senats des Bundesarbeitsgerichts sei es unzutreffend, einen Anspruch aus § 826 BGB auf Erstattung der aufgewendeten Rechtsanwaltskosten nur auf die Fälle zu beschränken, bei denen es um einen drohenden Schaden gehe. Doch selbst wenn man dies täte, wären die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Voraussetzungen erfüllt. Ohne die Beauftragung eines spezialisierten Rechtsbeistandes habe nämlich Verjährung gedroht. Allein die Akteneinsicht, die hier notwendig gewesen sei, um das Geständnis des Zeugen R lesen zu können, erfordere die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts sei erst recht im Hinblick auf die sodann durchzuführende Aufarbeitung des Sachverhalts gegeben. Die Klägerin sei nicht in der Lage gewesen, diese Arbeit mit eigenem Personal zu erledigen. Dass die Ermittlungsleistung erbracht worden seien, dass die der Klägerin gestellten Rechnungen angemessen seien und dass die Rechnungen von der Klägerin bereits bezahlt worden seien, betrachte sie als unstreitig und müsse daher nicht weiter vertieft werden.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 05.01.2022 - 4 Ca 2501/20 - teilweise abzuändern und a. statt des Tenors zu 1 beide Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.624.141,47 EUR zu zahlen nebst Zinsen aus 1.579.844,00 EUR seit dem 16.12.2014, aus 24.132,68 EUR seit Rechtshängigkeit (24.12.2020), aus 20.164,79 EUR seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung (16.04.2021); b. auch den Beklagten zu 2 zu verurteilen, zu Protokoll des Gerichts an Eides statt zu versichern, dass er seine gemäß den erstinstanzlichen Anträgen zu 2 und 3 erteilten Auskünfte nach bestem Wissen so vollständig angegeben hat, wie er dazu im Stande ist. 2. Die Berufung des Beklagten zu 1 zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 1 beantragt,

1. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, 2. auf seine Berufung das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 05.01.2022 - 4 Ca 2501/20 - abzuändern und soweit er mit dem Tenor des Teilurteils zur Zahlung und zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verurteilt worden ist, die Klage gegen ihn abzuweisen.

Der Beklagte zu 2 beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 1 trägt nunmehr zur Begründung seiner Berufungsanträge vor, er bleibe dabei: Es habe keine Schmiergeldabrede gegeben. Für eine solche Abrede spreche nur die Aussage eines Kriminellen, nämlich des Zeugen R , und "ein Lebensstil", der nach der Auffassung der Klägerin nicht zu seinem Einkommen aus dem Arbeitsverhältnis passe. Es gebe durchaus Indizien, die gegen eine Schmiergeldabrede sprächen, wie zum Beispiel die Tatsache, dass keine der fraglichen Rechnungen überhöht gewesen sei. Es sei auch nicht in Ordnung, dass das Arbeitsgericht den gesamten bei ihm im Hause vorgefundenen Barbetrag bei der Schadensschätzung berücksichtigt habe, denn zumindest iHv 20.000,00 EUR habe er schon erstinstanzlich vorgetragen, dass dies ein Geschenk seines Vaters gewesen sei. Im Übrigen könne er nun zu seinen Bareinkünften und zum Vortrag der Klägerin, es hätten auf seinem Konto nur Bareinzahlungen, aber keine Abhebungen stattgefunden, weiter vortragen:

Datum Geldgeber Grund Summe bar 06.2009 Mar Sc /I W Sanierungsarbeiten am Haus, M Straße, B 4.500,00 01.2010 C Sch Geburtstagsgeld Familie 3.500,00 02.2010 C Sch Schenkung wegen Hilfe 2.000,00 02.2010 Mar Sc / I W Schenkung wegen Hilfe 3.000,00 05.2010 C Sch Schenkung wegen Hilfe 3.500,00 05.2010 Mar Sc / I W Schenkung wegen Hilfe 2.500,00 06.2010 Mar Sc / Schenkung wegen Hilfe, Einkaufen 3.500,00 06.2010 Mar Sc / I W Schenkung wegen Hilfe, Einkaufen 2.000,00 07.2010 C Sch Schenkung wegen Hilfe 2.500,00 08.2010 C Sch Schenkung wegen Hilfe 2.500,00 08.2010 Wa Me Schenkung wegen Hilfe, Einkaufen 1.000,00 09.2010 C Sch Schenkung wegen Hilfe 2.500,00 10.2010 C Sch Schenkung wegen Hilfe 2.000,00 11.2010 Mari Sc / I W Schenkung wegen Hilfe, Einkaufen 1,500,00 11.2010 C Sch Schenkung wegen Hilfe, Einkaufen 2.000,00 12.2010 C Sch und Wa Me Schenkung wegen Hilfe u. Instandhaltung Haus 3.000,00 01.2011 C Sch Geburtstag Familie 2.500,00 02.2011 Wa Me Schenkung wegen Hilfe 2.000,00 03.2011 C Sch Schenkung wegen Hilfe 3.000,00 04.2011 I W Beratung Am Haus 1.000,00 04.2011 C Sch Schenkung wegen Hilfe, Garten Haus 2.000,00 05.2011 C Sch Schenkung wegen Hilfe, Garten Haus 2.600,00 06.2011 I W Schenkung wegen Hilfe 2.500,00 06.2011 C Sch Schenkung wegen Hilfe 1.500,00 07.2011 C Sch Unterstützung Haushalt, Garten Einkauf 2.000,00 07.2011 C Sch Unterstützung Haushalt Garten Einkauf 1.200,00 08.2011 Wa Me Hilfe Garten Haus, Schenkung wegen Hilfe 3.000,00 09.2011 C Sch Schenkung wegen Hilfe 2.200,00 09.2011 I W Schenkung wegen Hilfe, Garten Haus 1.500,00 10.2011 C Sch Unterstützung Haushalt, Garten, Einkauf 3.500,00 11.2011 Gü Sc Schenkung wegen Hilfe, Garten, Haus 1.500,00 12.2011 C Sch Schenkung wegen Hilfe, Garten, Haus 2.500,00 01.2012 C Sch Geburtstage Familie 3.500,00 02.2012 I W Schenkung wegen Hilfe 5.000,00 03.2012 C Sch Unterstützung Haushalt 2.000,00 04.2012 C Sch Unterstützung Haushalt 2.000,00 04.2012 Gü Sc Beratung Hilfe Haussanierung 1.000,00 05.2012 G Sc Hilfe Garten, Zaunbau 1.000,00 06.2012 C Sch Unterstützung Haushalt 2.500,00 06.2012 Gü Sc Beratung Hilfe Badumbau 600,00 07.2012 Wa Me Schenkung wegen Hilfe 1.500,00 07.2012 C Sch Schenkung wegen Hilfe 3.000,00 08.2012 I W Schenkung wegen Hilfe 4.000,00 09.2012 C Sch Schenkung wegen Hilfe 2.500,00 10.2012 Wa Me Schenkung wegen Hilfe 1.000,00 11.2012 I W Schenkung wegen Hilfe 5.000,00 11.2012 C Sch Unterstützung Haushalt 2.500,00 12.2012 C Sch Unterstützung Haushalt 3.500,00 01.2013 C Sch Geburtstage Familie 4.500,00 01.2013 I W Schenkung Hilfe 2.000,00 01.2013 Wa Me Schenkung Hilfe 2.400,00 02.2013 C Sch Unterstützung Haus Garten 3.500,00 03.2013 Wa Me Schenkung Hilfe 1.800,00 03.2012 I W Schenkung Hilfe 1.400,00 04.2013 C Sch Unterstützung Haus Garten 3.000,00 04.2013 Wa Me Hilfe Haus Garten 1.500,00 05.2013 C Sch Unterstützung Haus Garten 3.000,00 05.2013 I W Schenkung Hilfe 2.000,00 06.2013 C Sch Hilfe Keller Trockenlegung 3.000,00 07.2013 C Sch Unterstützung Haus Garten 5.000,00 07.2013 Wa Me Schenkung Hilfe 2.000,00 08.2013 C Sch Unterstützung Haus Garten 10.000,00 09.2013 Ha E / R Hilfe Keller Abdichtung 1.500,00 09.2013 C Sch Sanierung Haus Garten 7.500,00 10.2013 Wa Me Unterstützung Haus Garten 1.000,00 10.2013 C Sch Unterstützung Haus Garten 4.000,00 11.2013 C Sch Schenkung Hilfe 2.500,00 12.2012 I W Schenkung Hilfe 2.000,00 12.2013 C Sch Unterstützung Haus Garten 3.500,00 01.2014 C Sch Geburtstag Familie 3.500,00 01.2014 I W Schenkung 2.000,00 02.2014 C Sch Unterstützung Haus und Garten, Einkauf 3.500,00 03.2014 Wa Me Schenkung 1.200,00 03.2014 C Sch Unterstützung Haus und Garten, Einkauf 3.000,00 04.2014 C Sch Unterstützung Haus und Garten, Einkauf 2.500,00 05.2014 C Sch Unterstützung Haus und Garten, Einkauf 2.500,00 06.2014 C Sch Unterstützung Haus und Garten, Einkauf 2.500,00 06.2014 Kl W Hilfe Badumbau 800,00 07.2014 C Sch Unterstützung Haus und Garten, Einkauf 2.800,00 08.2014 C Sch Unterstützung Haus und Garten, Einkauf 3.000,00 09.2014 C Sch Unterstützung Haus und Garten, Einkauf 2.500,00 10.2014 C Sch Unterstützung Haus und Garten, Einkauf 2.500,00 11.2014 Wa Me Schenkung 1.000,00 12.2014 I W Schenkung 1.500,00 02.2015 C Sch Wa Me Geburtstag Familie 2.000,00 03.2015 Gr Me Diverse Möbel 3.000,00 04.2015 L Hü Rückzahlung für geliehenes Geld 10.000,00 EUR für Autokauf Renault Wind 10.000,00 05.2015 C Sch Hochzeitsgeschenk für Ga und Be Me 4.500,00 05.2015 Gesamte Familie Ga und Be Me 4.500,00 08.2015 Wa Me Schenkung wegen Hilfe 20.000,00 09.2015 Wa Me Schenkung wegen Hilfe 5.000,00 10.2015 Wa Me Schenkung wegen Hilfe 5.000,00 12.2015 Wa Me Schenkung wegen Hilfe 5.000,00 01.2016 Wa Me Geburtstag Familie 4.000,00 03.2016 Wa Me Schenkung wegen Hilfe 7.000,00 04.2016 Wa r Me Schenkung wegen Hilfe 5.000,00 07.2016 Wa Me Schenkung wegen Hilfe 3.500,00 08.2016 Wa Me Schenkung wegen Hilfe 18.000,00 09.2016 Wa Me Schenkung wegen Hilfe 3.500,00 10.2016 Wa Me Schenkung wegen Hilfe 3.500,00 11.2016 Wa Me Schenkung wegen Hilfe 3.500,00 12.2016 Wa Me Schenkung wegen Hilfe 4.000,00 01.2017 Wa Me Geburtstag Familie 4.000,00 01.2017 Wa Me Geld zur Aufbewahrung für Mutter A Me im Pflegeheim C 20.000,00

Frau W sei die Mutter seiner Exfrau. Frau Sc sei deren 99 Jahre alte demente Mutter. Herr Sc sei der inzwischen verstorbene Bruder der Zeugin XXX. Frau C. Sch sei seine inzwischen verstorbene Tante gewesen. Seine Tochter habe ihn damals auf den Fahrten zu seiner Tante begleitet und habe mitbekommen, dass ihm regelmäßig ein Umschlag mit Geld zugesteckt worden sei; das sei allerdings alles schon sehr lang her. Herr XXX Me sei sein Vater.

Nach Auffassung des Beklagten zu 1 komme den Bekundungen des Zeugen R schon deshalb keine Bedeutung zu, weil die Klägerin mit dem Zeugen R eine rechtswidrige Vereinbarung getroffen habe. Denn dort heiße es wörtlich:

§ 1 Umfassende Aufklärung durch den Zeugen

Der Zeuge verpflichtet sich, gegenüber der GW sein gesamtes vorhandenes Wissen über die Vergabe von (Bau-)Aufträgen, deren Abwicklung und insbesondere auch deren Abrechnung bei der GW wahrheitsgemäß zu offenbaren. Zu diesem Zweck wird der Zeuge der GW zu persönlichen Gesprächen zur Verfügung stehen [...]

Der Zeuge wird alle ihm insoweit bekannten Sachverhalte mit unmittelbarem oder mittelbarem Bezug zur GW vollständig nach bestem Wissen und ohne Vorbehalte mitteilen. Er wird Insbesondere auch alle an diesen Sachverhalten beteiligten Personen auf Seiten der GW , der XXX und weiterer Auftragnehmer der GW namentlich benennen, soweit ihm diese bekannt sind. [...]

§ 2 Verzicht auf zivilrechtliche Inanspruchnahme des Zeugen durch die GW

Die GW verpflichtet sich gegenüber dem Zeugen umfassend und unwiderruflich, diesen im Zusammenhang mit den vereinbarungsgegenständlichen Sachverhalten in keiner Weise zivilrechtlich in Anspruch zu nehmen, namentlich auf jedwede Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen ihm gegenüber zu verzichten. Dies gilt Insbesondere für jeden Sachverhalt, den der Zeuge gegenüber der GW in Erfüllung seiner Verpflichtung aus vorstehendem § 1 offenbart. Es besteht seitens der GW bei Erfüllung der Verpflichtung aus vorstehendem § 1 kein Strafverfolgungsinteresse hinsichtlich des Zeugen. Diese Vereinbarung darf den Strafverfolgungsbehörden vorgelegt werden. Auf Anfrage der Strafverfolgungsbehörden verpflichtet sich die GW , diese über die Erfüllung der Verpflichtung gemäß § 1 durch den Zeugen zu informieren.

Der Beklagte zu 2 trägt nunmehr zur Begründung seines Antrages auf Zurückweisung der Berufung der Klägerin vor, auch er bleibe dabei: Er habe weder Schmiergeld erhalten, noch die Zahlung eines Schmiergelds vereinbart, noch habe er überhaupt von Schmiergeldzahlungen gewusst. Er sei der Auffassung, dass die Zeugen R und Te nur Vermutungen geäußert hätten oder Berichte vom Hörensagen. Entgegen der Darstellung der Beklagten habe er keine Pferdezucht betrieben, sondern allenfalls einen Pferdehandel. Im Übrigen verteidigt der Beklagte zu 2 das Urteil des Arbeitsgerichts und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Beide Beklagten sind der Auffassung, dass ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht in Betracht komme. Die neuere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sehe einen solchen Anspruch nur für den Fall des drohenden Schadens vor. Drohende Verjährung sei aber kein drohender Schaden in diesem Sinne.

Die Berufungskammer hat Beweis erhoben zur Behauptung der Klägerin, es habe eine Schmiergeldabsprache zwischen dem Zeugen R und dem Beklagten zu 1 gegeben und es seien im Zeitraum von 2010 bis 2014 vom Zeugen R an den Beklagten zu 1 Bargeldzahlungen erfolgt durch Vernehmung der Zeugen R , Fr , N und Ka . Auf das Protokoll der Beweisaufnahme wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die ebenfalls zulässige Berufung des Beklagten zu 1 bleibt in der Sache ohne Erfolg.

A. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet.

I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Das Rechtsmittel der Klägerin hat in der Sache teilweise Erfolg.

Die Klage gegen den Beklagten zu 1 war mit dem Klageantrag zu 1, soweit er die Schmiergeldzahlungen betraf, in voller Höhe also in Höhe von 1.579.844,00 EUR begründet (nicht nur in Höhe von 534.953,54 EUR). Dieser Betrag ist ab dem 16.12.2014 zu verzinsen (nicht erst seit dem 28.12.2020). In diesem Umfang ist die Berufung der Klägerin begründet (1).

Im Übrigen hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht die Klage gegen den Beklagten zu 2 insgesamt abgewiesen und ebenfalls zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht in Betracht kommt (2.).

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 1 einen Anspruch auf Herausgabe von Schmiergeldzahlung in der beantragten Höhe (a.). Dieser Betrag ist seit dem 16.12.2014 zu verzinsen (b.).

a. Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 1 auf Herausgabe der erhaltenen Schmiergeldleistungen in Höhe von 1.579.844,00 EUR folgt aus § 667, § 687 Abs. 2 Satz 1, § 681 Satz 2 BGB sowie gleichfalls aus § 826 BGB.

Soweit die Herausgabe von Schmiergeldzahlungen in Frage steht, ist von den Grundsätzen der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auszugehen (BAG v. 25.02.2021 - 8 AZR 171/19 - m.w.N.). Danach gilt das Folgende: Wenn der Arbeitnehmer im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Aufgaben eine Geschäftsanmaßung begeht, indem er Schmiergeldzahlungen annimmt, dann steht der Arbeitgeberin grundsätzlich in Höhe der Schmiergeldzahlungen ein Herausgabeanspruch zu. Vereinbarungen über die Zahlung eines Schmiergelds für die künftige Bevorzugung bei der Vergabe von Aufträgen, die Beschäftigte einer Partei heimlich mit dem anderen Vertragsteil treffen, verstoßen gegen die guten Sitten, sind im Sinne des § 687 BGB "unerlaubt" und gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig (BGH v. 16.01.2001 - XI ZR 113/00 -; BGH v. 08.05.2014 - I ZR 217/12 -; BGH v. 18.01.2018 - I ZR 150/15 -). Für die Annahme der Sittenwidrigkeit einer Schmiergeldzahlung ist es regelmäßig gleichgültig, ob Nachteile für die Arbeitgeberin entstanden sind oder beabsichtigt waren, da bereits die Verheimlichung der Zuwendung den Sittenverstoß begründet (BGH v. 18.01.2018 - I ZR 150/15 -; Palandt/Ellenberger, BGB, § 138 Rn. 63 mwN). Nach § 667 BGB umfasst die Herausgabepflicht "alle" für den Beauftragten persönlich bestimmten Vorteile. Der Nachweis eines Schadens ist nicht erforderlich. Vielmehr ist der Geschäftsherr des Bestochenen der Verletzte der Bestechlichkeit, denn die Entgegennahme von Sondervorteilen von einem bestimmten Wettbewerber lässt regelmäßig eine Willensbeeinflussung zum Nachteil des Geschäftsherrn besorgen. Der Anspruch auf Herausgabe der Schmiergelder dient der Kompensation für eine solche Beeinträchtigung der Interessen des Geschäftsherrn. "Schmiergelder" werden als solche bezeichnet, weil sie erfahrungsgemäß den "Geschmierten" in einer meist nicht mehr näher aufklärbaren Form daran hindern, die Interessen seines Auftraggebers mit der gebotenen Gründlichkeit und Zuverlässigkeit wahrzunehmen, und damit dazu führen, dass der Geschmierte auch der Interessenvertreter desjenigen wird, der die Sonderprovisionen zahlt (BAG v. 15.04.1970 - 3 AZR 259/69 -). Es spricht dabei ein den Anscheinsbeweis tragender Erfahrungssatz dafür, dass der Arbeitgeber ohne die Bestechung die dem unredlichen Angestellten zugeflossenen Mittel als zusätzliche Gegenleistung von seinem Vertragspartner vereinnahmt hätte (BGH v. 07.01.1963 - VII ZR 149/61 -; LAG Köln v. 16.11.1995 - 6 Sa 713/95 -; LAG Köln v. 31.10.2018 - 6 Sa 652/18 -; s. auch schon RG v. 20.09.1939 - II 17/39 - RGZ 161, 229-234).

Des Weiteren gibt der vorliegende Fall Anlass, insbesondere den kategorisch bestreitenden Beklagten zu 1 wie bereits in beiden Berufungsverhandlungen an die Regelung in § 138 ZPO zu erinnern, die die Feststellung der zivilrechtlichen prozessualen Wahrheit betrifft und die den Unterschied zum Ermittlungsgrundsatz in der Strafjustiz markiert:

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Die aus Absatz 1 folgende Wahrheitspflicht obliegt den Parteien und ihren Bevollmächtigten im Interesse einer geordneten Rechtspflege dem Gericht und dem Gegner gegenüber. Sie ist Pflicht zur subjektiven Wahrhaftigkeit im Sinne eines Verbots der wissentlichen Falschaussage und erstreckt sich auf Behauptung und Bestreiten tatsächlicher Umstände. Ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht ist die bewusste Behauptung unwahrer Tatsachen, ebenso das Verschweigen bekannter Tatsachen, deren Vortrag für die begehrte Entscheidung erforderlich ist, sowie das eigener Überzeugung widersprechende Bestreiten. Erkennbar unwahres Vorbringen bleibt im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO unberücksichtigt. Die Pflicht zum vollständigen Vortrag im Sinne des § 138 Abs. 1 ZPO besagt, dass die darlegungspflichtige Partei keine relevanten Tatsachen unterdrücken darf, was im Grunde schon aus der Wahrheitspflicht folgt, sich aber insbesondere auf die Frage auswirkt, wie umfangreich der Gegner nach § 138 Abs. 2 ZPO zu erwidern hat. Diese Erklärungslast des Gegners nach Abs. 2 ist in Bestehen und Umfang im Übrigen davon abhängig, wie die darlegungspflichtige Partei zuvor vorgetragen hat und welche Tatsachen unstreitig sind. Die Erklärungen müssen gleichermaßen den Anforderungen des Abs. 1 folgen, sie müssen also wahr und vollständig sein. Die Verteilung der Darlegungslast zwischen der klagenden und der beklagten Partei folgt im Übrigen grundsätzlich aus der allgemeinen Beweislastregelung, der zufolge jeder, der sich auf eine ihm günstige Norm beruft, deren Voraussetzungen darlegen und beweisen muss. Dieser Grundsatz ist in den letzten Jahren zunehmend durch die Rechtsprechung des BGH zur sogenannten "sekundären Darlegungslast" geprägt und teilweise aufgehoben worden. Ihr zufolge darf sich der Gegner der primär darlegungspflichtigen Partei nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind (BGH v. 01.12. 1982 - VIII ZR 279/81 -, BGH v. 14.06.2005 - VI ZR 179/04 -). In diesen Fällen kann vom Prozessgegner im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (BGH v. 17.01.2008 - III ZR 239/06 -). Genügt er dem nicht, ist der gegnerische Vortrag gemäß Abs. 3 als zugestanden anzusehen (hierzu und mit weiteren Nachweisen: Greger in Zöller, Zivilprozessordnung, § 138 ZPO, Rn. 7 ff). Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 138 Abs. 4 ZPO nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Nicht nur ist dieses Bestreiten mit Nichtwissen für einen Schmiergeldempfänger ausgeschlossen. Aus der Regelung ergibt sich vielmehr eine gesteigerte Darlegungspflicht. Sie bringt nämlich das Prinzip der Sachkenntnis und Tatsachennähe zum Ausdruck: je näher eine Partei einem streitigen Sachverhalt ist und je eher der Sachverhalt zwar in der Wahrnehmung der Partei, nicht aber in der des Gegner steht, umso höher ist der Anspruch an die Darlegung der sachnäheren Partei.

Für die hier zu beantwortende Frage, ob Schmiergeldabreden vorliegen oder nicht, ob also eine unerlaubte Fremdgeschäftsführung oder erlaubte Eigengeschäfte angenommen werden können oder nicht, gilt nach dem Vorgesagten das Folgende: Die Klägerin, die die Existenz einer sie in sittenwidriger Weise schädigenden Schmiergeldabrede behauptet und deshalb einen Herausgabeanspruch aus § 667 BGB geltend macht, trägt grundsätzlich die volle Darlegungs- und Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen (Luckey in Baumgärtel/Laumen/Prütting, HdB der Beweislast, Schuldrecht BT III, § 826 Rn. 1; MüKoBGB/Wagner, BGB, § 826 Rn. 51 mwN; Staudinger in HK-BGB, § 826 Rn. 12). Dabei ist wie hier zu berücksichtigen, dass sich in Fällen dieser Art nur ausnahmsweise eine ausdrückliche Verabredung der Beteiligten oder eine ausdrückliche Zusage zur Zahlung von Schmiergeldern feststellen lassen wird. Schmiergeldzahlungen können ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie geheim bleiben. Die an einer Schmiergeldabrede Beteiligten machen sich strafbar und riskieren im Falle ihrer Offenlegung eine Strafverfolgung. Eine Klägerin, die Ansprüche wegen einer behaupteten Schmiergeldabrede geltend macht, genügt ihrer Darlegungslast daher, wenn sie ausreichende Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass eine derartige Vereinbarung getroffen worden ist (vgl. BGH v. 13.07.2004 - VI ZR 136/03 -). Der Beklagte seinerseits muss mit seinem Vortrag diese Anhaltspunkte erschüttern und - seiner Sachnähe gemäß - vollständig und umfassend zu den Gründen der an ihn geflossenen Beträge vortragen.

Nach den vorgenannten Grundsätzen ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin, aus den vorgelegten Dokumenten und aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, dass der Beklagte zu 1 mit dem Zeugen XXX eine Schmiergeldvereinbarung getroffen hatte und dass er auf der Grundlage dieser Abrede in den Jahren 2010 bis 2014 Schmiergelder erhalten hat. Er ist daher dem Grunde nach zur Herausgabe der erhaltenen Schmiergelder an die Klägerin verpflichtet (1.). Zur beantragten Höhe des Herausgabeanspruchs war der Beklagte zu 1 verpflichtet, sich wahrheitsgemäß und vollständig einzulassen. Das hat er nicht getan. Die von der Klägerin ihrer Schätzung zugrunde gelegten konkreten Anhaltspunkte gelten somit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als wahr (2.).

(1.) Dass eine sittenwidrige Schmiergeldabsprache zwischen dem Beklagten zu 1 und dem Zeugen R dem Grunde nach vorlag und dass auf Absprache hin Schmiergeld geflossen ist, ergibt sich vor allem aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme.

Zu Beginn der Beweisaufnahme wurde der Zeuge R zur Frage vernommen, ob es zwischen ihm bzw. seiner Firma einerseits und den Beklagten andererseits eine Schmiergeldvereinbarung gegeben habe.

Der Zeuge R hat auf die Aufforderung hin, zum Thema Schmiergeldzahlungen zusammenfassend vorzutragen, bekundet, am Anfang sei alles vom Zeugen Z ausgegangen. Da habe er noch gar nicht Bescheid gewusst, dass das so laufe. Herr Z habe ihm dann gesagt, pro Auftrag bekomme die Klägerin Geld und das müsse man vom Konto runternehmen. Mit dem Beklagten zu 1 habe es in diesem Sinne eine Schmiergeldvereinbarung gegeben. Der Zeuge Z sei damals noch Teilhaber der Firma gewesen, später sei er dann wegen persönlicher finanzieller Probleme als Gesellschafter ausgeschieden; ansonsten sei er weiterhin für die Gesellschaft tätig geworden.

Manchmal habe er schon schlucken müssen, aber die Firma habe ja acht Angestellte gehabt und irgendwie habe das alles ja funktionieren müssen. An den konkreten Umfang, also die Höhe der Zahlungen könne er sich jetzt nicht mehr erinnern, auch wenn er ausdrücklich auf die Behauptung der Klägerin angesprochen werde, im Rahmen des Bauprojekts K straße im Dezember 2013 sei ein Betrag in der Größenordnung zwischen 280.000,00 € und 290.000,00 € als Bestechungsgeld an den Beklagten zu 1) geflossen. Er habe damals erhebliche Probleme mit Scheidung und Familie gehabt. Er könne sich jedenfalls daran erinnern, dass eine hohe Summe geflossen sei. Er wisse im Übrigen nur, dass es zweimal im Monat einen Rechnungslauf gegeben habe und dass dann entsprechend Geld ausgezahlt worden sei.

Es habe Listen gegeben, wo in der ersten Spalte die echten Preise aufgeführt worden seien, also die Preise, die seine Firma habe fordern wollen; in der zweiten Spalte habe sich dann ein höherer Preis gefunden und das sei der Preis gewesen, den er und seine Firma der Klägerin in Rechnung gestellt hätten. Die Differenz zwischen den beiden Spalten stelle dann den Betrag dar, der als Schmiergeld geflossen sei.

Das Ganze habe dann buchhalterisch glattgezogen werden müssen, um eine Barentnahme zu rechtfertigen. Dafür seien Fake-Rechnungen von Kunden- und Partnerunternehmen erstellt worden. Dazu müsse er aber sagen, dass er reiner Handwerker sei und dass er sich mit den buchhalterischen Angelegenheiten damals nicht befasst habe.

Auf den Hinweis des Gerichts, dass die Glaubhaftigkeit seiner Bekundungen eingeschränkt sei, weil er steuerrechtlich besser dastehe, wenn er weniger Geld von den Barbeträgen als für sich behalten darstelle, als tatsächlich geschehen, bekundete der Zeuge, man möge ihm glauben: er sei am Existenzminimum; er säße nicht hier sondern auf Hawaii, wenn er tatsächlich mehr Geld für sich behalten hätte.

Wenn ihm seine damalige Erklärung (Bl. 47 d.A.) vorgehalten werde, der zufolge er im Zusammenhang mit den Schmiergeldzahlungen mit dem Beklagten zu 2 gesprochen habe, könne er sich jetzt an solche Gespräche nicht mehr erinnern.

Mit der Zeit sei ihm das alles zu viel geworden, das ständige Telefonieren, das Geldabgeben etc. Er habe sich dann gesagt, "ich mach das nicht mehr". Und dann sei es zu einem Treffen gekommen, nach seiner Erinnerung in der Sudetenstraße, da habe es einen Streit gegeben und dann habe ihm der Beklage zu 1 gedroht, man werde ihn fertigmachen; und so sei es ja dann auch gekommen. Kurze Zeit später sei er mit der Firma in der Insolvenz gelandet. Für einen "Rachefeldzug" habe er keinen Anlass gesehen; das alles sei halt kacke gelaufen.

Wenn er nun gefragt werde, an wen denn nun die insgesamt vom Firmenkonto abgehobenen 1,7 Mio. EUR geflossen seien, könne er sagen, dass das Geld von der Zeugin F abgehoben worden sei, manchmal auch von ihm selbst. Das Geld sei dann an die Klägerin gegangen oder an die Nachunternehmen, die die Fake-Rechnungen geschrieben hätten, auch an die Mitarbeiter draußen und ein bisschen habe er auch für sich behalten. Wenn er nach der Größenordnung gefragt werde, könne er nur sagen, dass er ja für die 15 % verurteilt worden sei und dass er das damals auch so behauptet habe. Aus heutiger Perspektive würde er sagen, dass das ein geringerer Betrag gewesen sein müsse, den er für sich behalten habe. Er habe ja dann auch wie gesagt noch Geld rausgegeben an die Nachunternehmer und die Mitarbeiter draußen. Von den Nettoabhebungen seien auch sonstige Anschaffungen finanziert worden, z. B. der Sohn von Frau F habe ein Motorrad bezahlt bekommen. Der größte Teil des Geldes sei an die Klägerin geflossen. Die anderen soeben erwähnten Zahlungen seien ja kleine Beträge gewesen. Zweimal im Monat habe es einen Rechnungslauf gegeben und da seien große Beträge geflossen und von diesen Beträgen mal hier hundert, mal da hundert und mal hier für ihn zweihundert - das seien eher die kleineren Anteile gewesen. Damals habe er im Strafprozess 15 % gesagt, dafür sei er verurteilt worden; dann sei das wohl so gewesen.

Ob schon im Zeitraum vor 2010 Schmiergelder geflossen seien, wisse er nicht so genau. Die Praxis habe aber schon existiert, als er selber noch nicht Teilhaber gewesen sei. Da habe der Zeuge Z schon gezahlt.

In seiner Firma habe es ein Büro mit vier Schreibtischen gegeben. Diejenigen, die dort gesessen hätten, hätten alle von den Schmiergeldzahlungen gewusst. Der Zeuge N habe es auch von Anfang an mitbekommen. Mit Sicherheit habe es auch Telefonate über Schmiergeldzahlungen gegeben, an Konkretes könne er sich aber nicht erinnern. Dass die Zeugin F Beträge in ein Buch geschrieben habe, wisse er aus dem Prozess, vorher sei ihm das nicht präsent gewesen. Er habe sich dann aber wieder erinnern können, als er die Liste im Rahmen des Strafprozesses gesehen habe.

Ob bei einer Geldübergabe der Zeuge N dabei gewesen sei, wisse er nicht mehr. Es habe auch andere Firmen gegeben, die hier prozentual was hätten abgeben müssen. Das seien kleinere Handwerksfirmen gewesen; das sei so untereinander erzählt worden. Von konkreten Prozenten sei da nicht die Rede gewesen.

An ein Gespräch mit dem Beklagten zu 2 im Zusammenhang mit dem Projekt K straße könne er sich nicht erinnern.

In der Zeit der Firma Z + habe er nichts über eine Arbeit für die Klägerin erfahren; damals noch nicht, erst als die Firma als GmbH gegründet worden sei, ging das mit der Zusammenarbeit los. Er habe die Schmiergeldpraxis vom Zeugen Z erfahren. Das sei irgendwann auf einer Baustelle gewesen, aber Genaueres wisse er jetzt nicht mehr. Wenn der Zeuge Z im Rahmen einer Vernehmung behauptet habe, er habe kein Schmiergeld gezahlt, dann sei das gelogen.

Zur Frage, ob die Rechnungen seiner Firma an die Klägerin überhöht gewesen seien, müsse er das Vorgehen wohl noch einmal zusammenfassen: Es sei tatsächlich so gewesen, dass seine Firma der Klägerin Rechnungen für Leistungen geschrieben habe, die tatsächlich erbracht worden seien, z.B. für die Beseitigung eines Schadens am Dach. Dann habe seine Firma eine Rechnung gestellt über etwas, was nicht von ihr geleistet worden sei, z.B. für die Beseitigung eines Stromschadens. Und dann sei der Nettobetrag aus dieser zweiten Rechnung vollständig an die Klägerin gegangen und dort an den Beklagten zu 1. Das sei beim Zeugen Me zuhause geschehen. Das Geld sei ihm dort in den Briefkasten geworfen worden. Diese Arbeit habe auch die Zeugin F mal gemacht oder eben auf der Baustelle sei mal ein Umschlag übergeben worden. Der Zeuge Ka habe das auch ein-, zwei-, dreimal gemacht, weil er da immer vorbeigekommen sei, wenn er nachhause gefahren sei.

Auf den Baustellen habe es für die Leute vor Ort, auch für Mitarbeiter von Subunternehmen natürlich Handgeld gegeben. So sei das auf dem Bau. Mehrarbeit sei ausgezahlt worden. Und natürlich sei auch Bargeld an Nachunternehmer geflossen. Die hätten auch für die gefaketen Rechnungen Geld haben wollen.

Zusammenfassend wolle er nochmal folgendes klarstellen: Die Firma habe zu Hochzeiten bis zu 25 Mitarbeiter gehabt. Er selbst habe nicht im Büro gesessen, er sei draußen gewesen. Er habe 14 bis 16 Stunden am Tag gearbeitet. Er habe Fliesen gelegt; er habe Estrich gezogen; er habe immer dafür gesorgt, dass die Leute ihr Geld kriegten und dass der Laden laufe. Er habe sich nicht um die Buchhaltung gekümmert und habe auch nicht aufs Konto geschaut. Er habe einfach von morgens bis abends gearbeitet. Das sei der Grund, warum er hier zu Größenordnungen oder einzelnen Beträgen nichts sagen könne.

Beim Zeugen Ka sei er sich ganz sicher, dass dieser mal auf seine Anweisung Geld überreicht habe. Bei der Zeugin F sei er sich ausnahmsweise auch ganz sicher. Aber wenn Frau F jetzt sage, dass das nicht so gewesen sei, dann wisse er es auch nicht mehr.

Nach dem Wortlaut seiner Bekundungen hat der Zeuge R also eine Schmiergeldvereinbarung mit dem Beklagten zu 1 bestätigt und die Tatsache, dass es diese bereits im Jahre 2010 gegeben habe. Bestätigt hat er vor allem, dass die Behauptung der Klägerin, er habe hohe Beträge an den Beklagten zu 1 als Schmiergeld gezahlt, richtig sei. Zur Frage nach der Höhe der gezahlten Beträge hat er wenig beitragen können. Jedenfalls hat er aber bekundet, dass der vor dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und vor dem Amtsgericht angegebene Anteil von 15 % der Barabhebungen, die nicht an den Beklagten zu 1 geflossen seien, eher zu hoch angesetzt gewesen sei. Er hat des Weiteren mitgeteilt, dass er die Praxis der Schmiergeldzahlungen vom Zeugen Z übernommen habe, dass also schon vor dem Jahre 2011 Schmiergelder an den Beklagten zu 1 geflossen seien.

Der Zeuge war weitgehend glaubwürdig und seine Bekundungen waren glaubhaft. Zwar handelt es sich beim Zeugen R um einen verurteilten Straftäter, dessen Verurteilung gerade im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt erfolgt ist; zwar hat der Zeuge R aus steuerrechtlicher Sicht ein Motiv, den Anteil des durch Falschrechnungen generierten Bargeldes, den er nicht als Schmiergeld geleistet haben will, möglichst gering zu halten. Auch tragen die Geschichten, die er offensichtlich Dritten erzählt hat, er sei früher als Zuhälter tätig gewesen und er habe längere Zeiten "im Knast" verbracht nicht zu seiner Glaubwürdigkeit bei. Für die Beweisfrage (sinngemäß: wurde Schmiergeld gezahlt und wenn ja, wieviel?) waren diese vorgenannte Tatsachen aber nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Frage zu stellen. Die strafrechtliche Verurteilung als solche hat diesbezüglich wenig Aussagekraft; relevant ist vielmehr, dass der Zeuge vor dem Finanzamt und dem Amtsgericht geständig war und sich nicht - wie der Beklagte zu 1 im vorliegenden Berufungsverfahren - auf kategorisches Bestreiten beschränkt hat. Die ihm drohende Steuerlast im Zusammenhang mit seinem Geständnis, insbesondere in Abhängigkeit der mitgeteilten Höhe des nicht als Schmiergeld geleisteten Anteils der Bargeldzahlungen hat ebenfalls keine Auswirkungen auf seine Glaubwürdigkeit. Die sich aus den Steuerermittlungen und dem amtsgerichtlichen Urteil ergebenden Zahlungsverpflichtungen reichen ohnehin an eine wirtschaftliche Existenzvernichtung heran. Die Angabe von zwanzig Prozentpunkten mehr oder weniger, hätten für den Zeugen qualitativ keine Auswirkungen gehabt. Die Bemerkungen "ich säße nicht hier, sondern auf Hawaii, wenn ich mehr Geld genommen hätte" oder "damals konnte ich mir noch einen Anwalt leisten" kamen spontan und authentisch. Sie wirkten nicht vorbereitet oder eingeübt, genauso wie die lakonische Bemerkung "ist halt kacke gelaufen". Schließlich sprechen auch die vom Zeugen R Dritten gegenüber erzählten - offensichtlich unzutreffenden - Geschichten über Erfahrungen aus dem "Milieu" und aus dem Strafvollzug nicht gegen seine Glaubwürdigkeit. Solche Geschichten mögen für eine Neigung sprechen, sich wichtig zu machen oder um sich herum eine interessante oder schillernde Aura zu schaffen. Diese Neigung zum Ausschmücken und zum Geschichtenerzählen mögen bei der Prüfung der Glaubhaftigkeit einzelner Bekundungen berücksichtigt werden, sind aber kein Anlass, an der grundsätzlichen Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln.

Diese Bekundungen des Zeugen waren jedoch in ihrem Kern auch glaubhaft. Dies trifft zunächst für die Bestätigung der Behauptung zu, es habe dem Grunde nach eine Schmiergeldabrede gegeben. Die Glaubhaftigkeit ergibt sich hier vor allem aus der Tatsache, dass die Berichte über die Zahlungen im Kern mit den Bekundungen der anderen Zeugen übereinstimmen. Dies ist ein entscheidendes Realkennzeichen für die Annahme, dass die Bekundung erlebnisbasiert war. Aber auch zur Höhe der geflossenen Beträge ergibt sich Glaubhaftes aus den Bekundung. Auch wenn der Zeuge keine konkreten Zahlen genannt hat, handelte sich nach seiner Darstellung um sehr hohe Beträge. Zweimal im Monat habe es einen Rechnungslauf gegeben und von den dort abgehobenen Beträgen seien nur "ein paar hundert Euro" abgezweigt worden, während der Rest an den Beklagten zu 1 gegangen sei. Zwar waren die gezeigten Erinnerungslücken auffällig und die Gesten, mit denen er diese Lücken illustrierte, aufgesetzt theatralisch (Arme heben, Handinnenflächen nach vorne). Die Kernaussage war aber gerade durch ihre Lückenhaftigkeit glaubhaft. Die Mitteilung von konkreten Zahlen nach so langer Zeit wären umgekehrt ein Zeichen für auswendig gelernte oder gar gelogene Bekundungen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten berührt die Vereinbarung, die die Klägerin mit dem Zeugen R geschlossen hat, nicht dessen Glaubwürdigkeit oder die Glaubhaftigkeit seiner Bekundungen. Denn mit dieser Vereinbarung hat sich der Zeuge zu nichts weiter als zur Mitteilung der Wahrheit verpflichtet. Die von Seiten der Beklagten zitierte Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 03.08.2017 - 327 O 61/16 - hat mit dem vorliegenden Fall wenig zu tun. In der dortigen Entscheidung ging es vor allem um die gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen eines Verzichts auf Schadensersatzansprüche gegen den ehemaligen Geschäftsführer und damit ersichtlich um einen anderen Sachverhalt mit anderen anwendbaren Vorschriften. Doch selbst wenn von der Unwirksamkeit der Vereinbarung ausgegangen werden müsste, dann wäre der Verzicht der Klägerin auf ihre Schadensersatzansprüche unwirksam, ohne dass dies eine Auswirkung auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen hätte.

Nach dem Zeugen R ist die Zeugin F vernommen worden. Der Zeugin wurden ihre Bekundungen vor dem Finanzamt für Steuerstrafsachen vom 18.11.2016 vorgehalten (Bl. 76 d.A.) und dass sie dort das folgende mitgeteilt habe: "Hauptauftraggeber der XXX GmbH war die Firma GW aus B . Ansprechpartner war dort Herr XXX Me . Im Rahmen meiner Tätigkeit habe ich mitbekommen, dass zwischen U (R ) und Be Me vereinbart worden war, dass Rechnungen an die GW überhöht ausgestellt wurden. Das zu viel erhaltene Geld wurde dann zwischen U und Be Me geteilt. Dafür musste dann auch das Kassenbuch der GmbH "frisiert" werden. Meine Notizen zu den abgehobenen Geldern stelle ich nach Aufforderung in Kopie zur Verfügung. Diese Informationen dazu habe ich, weil ich Telefonate zwischen U (R ) und Be Me häufiger mitbekommen habe."

Hierzu hat die Zeugin bekundet, dem habe sie nichts hinzuzufügen. Eine ausdrückliche Schmiergeldabrede habe sie nicht unmittelbar mitbekommen, sondern nur vom Hörensagen. Die Umsetzung einer solchen Vereinbarung habe sie aber gesehen. Sie habe vorher in anderen Firmen gearbeitet und deshalb könne sie sagen, dass diese Bargeldabheberei ungewöhnlich gewesen sei, dass ihr das aufgefallen sei und dass sie das gestört habe. Auf Anweisung des Zeugen R habe sie regelmäßig große Beträge bei der Bank abgehoben. Weiter habe sie auf Anweisung diese Beträge in der Buchhaltung bearbeiten müssen, dafür habe der Zeuge R dann Rechnungen gefälscht und darüber sei dann die Barkasse reduziert worden. Die von ihr erstellten Listen und hier insbesondere die Liste für das Jahr 2013 seien richtig. Allein in diesem Jahr habe sie ca. 300.000,00 EUR in bar abgehoben und dieses Geld dem Zeugen XXX gegeben. Die Liste habe sie eigentlich für den Zeugen R geschrieben, dann habe sie die Liste aber für sich selbst zur Sicherheit kopiert. Das sei ja eine Riesenstraftat gewesen und sie habe einfach Sicherheit haben wollen. Am Ende habe sie zwar eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben, aber hier vor Gericht gelte die ja nicht. Sie habe viele Telefonate zwischen dem Zeugen R und dem Beklagten zu 1 mitbekommen, natürlich nur teilweise und einseitig; aber sie sei ja nun in der Buchhaltung beschäftigt gewesen und dann habe sie sich irgendwann mal eins und eins zusammengerechnet. Es sei ihr daher klar gewesen, dass das Geld, das sie dem Zeugen R gegeben habe, von diesem weiter an den Beklagten zu 1 gegeben worden sei. Aber das sei ja alles solange her, Beträge und einzelne Daten könne sie jetzt sicherlich nicht mehr benennen. So könne sie auch nicht mehr sicher bestätigen, ob die Angaben in der Klageschrift richtig seien, denen zufolge in den Jahren 2012 und 2013 knapp 1.090.000,00 € in bar abgehoben worden seien. Bei den Telefongesprächen habe sie mitbekommen, wie cholerisch beide, also der Zeuge R und der Beklagte zu 1, gewesen seien. Da sei immer Druck ausgeübt auch auf sie, weil sie die Rechnung geschrieben habe. Teilweise seien diese Rechnungen dann auch noch geändert worden, manchmal hätten sie neu geschrieben werden müssen. Im Gespräch habe der Zeuge R immer so einen Konzeptbogen vor sich gehabt, auf dem einzelne Beträge den einzelnen Baustellen zugeordnet worden seien. Zu den Kernfragen ob nämlich Schmiergeld gezahlt worden sei und wenn ja wieviel, müsse sie sagen, dass sie bei der eigentlichen Übergabe nicht dabei gewesen sei und daher zu diesen Fragen auch nichts Konkretes sagen könne. Das Geld habe sie immer dem Zeugen R gegeben. Auf den Vorhalt, der Zeuge R habe bekundet, sie selbst sei mindestens einmal bei dem Beklagten zu 1 zu Hause vorbeigefahren und habe dort Geld übergeben, könne sie sagen, dass sie definitiv nicht an einer Geldübergabe beteiligt gewesen sei. Obwohl, wenn sie jetzt genauer nachdenke, ob da ein Umschlag war, dann könne sie das nicht mehr so genau sagen. Möglich sei, dass sie Post irgendwo eingeworfen habe. Hier und da habe sie mal einen Brief eingeworfen. Für sie sei die Arbeit für den Zeugen R tatsächlich ungewöhnlich gewesen. Sie sei einmal pro Woche zur Bank gelaufen und dann sei sie mit großen Geldbeträgen, sowas wie 20.000,00 €, durch Hennef wieder zurückgelaufen. Die Bank habe dann extra noch die Barbestände aufgestockt, denn die Leute dort hätten gemerkt, dass das so üblich werde. Der Zeuge R habe immer gesagt "Hol mir 10.000,00 € für den Me " oder Ähnliches. Für sie sei jedenfalls vollkommen klar gewesen, dass das Geld für den Beklagten zu 1 gewesen sei.

Sie habe Rechnungen geschrieben, für Leistungen die wohl so nicht erbracht worden seien. Sie habe nicht gewusst, ob die Leute tatsächlich draußen gewesen seien, aber es seien Rechnungen gewesen, die auf Anweisung des Zeugen R habe erstellen müssen, der ihr seinerseits aber davon berichtet habe, dass die Leute nicht draußen gewesen seien, dass also die Leistung tatsächlich nicht erbracht worden sei. Das sei auch so flapsig formuliert gewesen wie "Wir waren da zwar nicht, aber wir müssen halt ne Rechnung schreiben". Die Firma habe eine "Barkasse" mit einem hohen Bestand gehabt. Dieser hohe Bestand habe irgendwo untergebracht werden müssen und dafür habe der Zeuge R z.B. einen ganzen Stoß von Briefpapier von der Fima He gehabt und dort habe er dann Rechnungen draufgeschrieben für Leistungen, die nicht erbracht worden seien und sie selbst habe dann unter die Rechnung geschrieben "bar erhalten". Auf diese Art und Weise sei das Kassenbuch "heruntergeschrieben" worden. Tatsächlich habe die Firma He gar nichts bekommen. Das Buch mit den einzelnen Zahlungseinträgen, das in der Gerichtsakte sei, folge in der Formulierung den Formulierungsvorschlägen vom Zeugen R . Bei der Liste für die Jahre 2012 und 2013 handele es sich um Eintragungen, die von ihr so vorgenommen worden seien, wie der Zeuge R das von mir verlangt habe. Das bedeute, dass nicht ohne Weiteres alle Beträge exakt mit den Beträgen übereinstimmen müssten, die sie bei der Bank abgehoben habe. Sie meine aus der Differenz könnte man dann möglicherweise sehen, was der Zeuge R für sich behalten habe, wenn es eine Differenz gegeben habe. Aber das ist nur so eine Idee. Zusammenfassend könne sie sagen, dass sie im Zeitraum von 2011 bis 2013 in der Firma tätig gewesen sei und dass in dieser Zeit tatsächlich Schmiergeldzahlungen an den Beklagten zu 1 Thema in der Firma gewesen seien.

Dem Wortlaut ihrer Bekundungen nach hat die Zeugin F zwar nicht von einer Geldübergabe an den Beklagten zu 1 berichten können. Ihre Bekundungen zum Verhalten des Zeuge R decken sich aber im Kerngeschehen mit den Bekundungen des Zeugen R selbst. Sie hat auch über Telefongespräche berichtet, die sie auf Seiten des Zeugen R miterlebt habe und deren Inhalt die Auseinandersetzung zwischen einem Geschmierten und einem Schmierenden annehmen lassen. Die Zeugin hat bestätigt, dass der Zeuge R offen über Geld für den Beklagten zu 1 gesprochen habe und sie hat detailreich beschrieben, wie in der Firma das Bargeld durch falsche Rechnungen generiert wurde. Weiter hat sie über Rechnungen berichtet, die sie der Klägerin über Leistungen gestellt habe, die - so sei ihr das jedenfalls mitgeteilt worden - nie erbracht worden seien. Sie hat von regelmäßigen Barabhebungen in beträchtlicher Höhe gesprochen in der Größenordnung von 20.000,00 EUR pro Woche. Bei 42 Arbeitswochen im Jahr entspräche dies einem Betrag in Höhe von 840.000,00 EUR. Sie hat berichtet, dass sogar die Bank hat reagieren müssen, weil die Höhe der Barabhebungen den normalen Rahmen überschritten habe.

Die Zeugin war glaubwürdig und ihre Bekundungen waren glaubhaft. Sie hat facettenreich und ohne Widersprüche ihre Wahrnehmungen mitgeteilt. Sie hat die Tatsachen bezeichnet, an die sie sich nicht mehr erinnern konnte, war aber nachvollziehbar konkret, bei der Beschreibung ihrer Erinnerungen.

Nach der Zeugin F wurde der Zeuge N vernommen. Der Zeuge N hat das folgende bekundet:

Das Thema "Schmiergeldzahlungen" sei von der Firma Z + übernommen worden. Er wisse dazu nur das, was ihm der Zeuge R gesagt habe. Einmal sei er bei einer Geldübergabe in Ni dabei gewesen. Er habe aber im Auto sitzen bleiben müssen. Der Zeuge R habe ihm damals gesagt, der Beklagte zu 1 sei cholerisch und übervorsichtig. Das sei damals für ihn nicht überraschend gewesen. Der Zeuge R habe sich ihm gegenüber während der gesamten Zeit über die Schmiergeldzahlungen geäußert. Er habe ständig von irgendwelchen Zahlungen an die Klägerin erzählt und er habe sich auch einmal aufgeregt, weil die immer mehr hätten haben wollen. Der Zeuge R habe insgesamt viel erzählt. Er habe ihm dann auch berichtet, dass das Geld immer aufgeteilt werde an drei Leute bei der Klägerin und auf ihn. Das seien die beiden Beklagten und ein Dritter gewesen, dessen Namen er jetzt nicht mehr präsent habe. Er sei damals mit dem Zeugen R befreundet gewesen, aber wegen seines Status als Angestellter habe ihn das so richtig nicht interessiert. Natürlich sei das alles ungewöhnlich. Zahlen könne er aber nicht nennen. Am Anfang sei von 1.000,00 € pro Person die Rede gewesen. Das sei später dann aber viel mehr geworden. Bei dem Projekt in der K straße sei, nach dem was ihm gesagt worden sei, viel mehr Geld geflossen. Er sei die letzte Zeit eigentlich draußen auf den Baustellen gewesen und er habe mit dem Büroalltag nichts zu tun gehabt. Er sei auch nie für die Firma in einer Bank gewesen. Zwar habe er eine Bankvollmacht gehabt, er habe dort aber nichts veranlasst.

Die Geldübergabe in Niederkassel könne er konkretisieren. Der Zeuge R und er seien von einer Baustelle in Kö gekommen. Sie seien mit dem Auto losgefahren und der Zeuge R habe gesagt: "Ja, ich muss noch Geld beim Me vorbeibringen." Mann sei dann nach Ni gefahren und dort habe der Zeuge R das Auto vor dem Friedhof angehalten. Da habe auch der blaue Golf 5 von der Beklagten gestanden. Er habe dann sitzenbleiben müssen und dann sei der Zeuge R ausgestiegen und sei danach wiedergekommen. Den Zeugen Me habe er, der Zeuge N , bei dieser Gelegenheit nicht gesehen.

In der Firma seien tatsächlich falsche Rechnungen gestellt worden, also Rechnungen über Leistungen, die nicht erbracht worden seien. Es habe also durchaus passieren können, dass die Firma eine Wohnung der Klägerin renoviert habe und dann die Leistungen in Rechnung gestellt habe, die nicht erbracht worden seien.

Er habe dem Herrn R geglaubt. Das sei alles plausibel gewesen. Der Zeuge R habe auch gar keinen Anlass gehabt, ihm all das zu erzählen, wenn es sich nicht tatsächlich so zugetragen habe.

Rund um ein privates Darlehen habe es eine Störung der persönlichen Beziehung zwischen dem Zeugen R und ihm gegeben. Der Zeuge R habe ihm mal Geld geliehen. Damals sei es um einen Unterhaltstitel gegangen, aufgrund dessen dann eine Gehaltspfändung eingeleitet worden sei und sei insgesamt um einen Betrag in Höhe von 6.500,00 € gegangen. Der Zeuge R habe darauf gesagt, er werde das übernehmen; tatsächlich habe der Zeuge R auch tatsächlich gezahlt. Auf dessen Bitte sei er dann zu ihm gekommen, um einen Darlehensvertrag zu unterschreiben. Nach dem Wortlaut des Vertrages sei er aber nicht etwa über einen Kredit iHv 6.000,00 EUR geschlossen worden; vielmehr ging es dort um einen Betrag in Höhe von 40.000,00 €. Das sei also auch wieder ein Fake-Vertrag gewesen und der Zeuge R habe dazu gesagt: "Eine Hand wäscht die andere." Er, der Zeuge N , habe mit diesem Vertrag dann in der Insolvenz der Firma noch erhebliche Probleme gehabt. Der Insolvenzverwalter habe diese 30.000,00 EUR von ihm verlangt. Erst nach einem langen Rechtsstreit habe festgestanden, dass er die restlichen 30.000,00 € nicht habe zahlen müssen.

Nach dem Wortlaut seiner Bekundungen hat der Zeuge N bestätigt, dass es Schmiergeldzahlungen gab, und dass erhebliche Beträge vereinbarungsmäßig vom Zeugen R an den Beklagten zu 1 geflossen sind. Der Zeuge N berichtet datailreich über eine Begebenheit am Ni Friedhof, die sich im Gesamtzusammenhang als eine tatsächlich erfolgte Geldübergabe darstellt. Wie die beiden anderen Zeugen berichtet auch der Zeuge N , dass an die Klägerin Rechnungen für Leistungen gestellt worden seien, die nicht erbracht worden seien.

Auch der Zeuge N stellte sich der Kammer als glaubwürdig dar und seine Bekundungen als glaubhaft. Er reagierte auf die Fragen des Gerichts und der Prozessbevollmächtigten flüssig und widerspruchsfrei. Der Inhalt seiner Bekundungen deckte sich im Kern mit den Beschreibungen der anderen Zeugen. Es gab keinen Anlass an der Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen zu zweifeln.

Sodann ist der Zeuge Ka vernommen worden. Der Zeuge Ka hat zum Thema Schmiergeld das folgende bekundet:

Er selbst habe das Schmiergeld häufig übergeben. Er habe in diesen Fällen ein Kuvert im Büro bekommen und damit sei er dann abends bei dem Beklagten zu 1 vorbeigefahren und dort habe er das Kuvert dann in den Briefkasten geworfen. Er habe also mitbekommen, dass er Geld überbracht habe, ob das Schmiergeld gewesen sei, habe er nicht gewusst. Wenn er allerdings gefragt werde, was es denn anderes sein könne als Schmiergeld, dann müsse er sich wohl selbst fragen: was solle es wohl anderes gewesen sein? Er habe mitbekommen, dass von den Rechnungen an die Klägerin immer erst habe Geld gezahlt werden müssen, bevor die Firma von der Klägerin überhaupt erst mal Geld bekommen habe - dann sei das wohl Schmiergeld gewesen. Explizit über "Schmiergeld" sei in der Firma nicht gesprochen worden. Aber man habe das alles halt mitbekommen. Er habe im Büro gesessen, gegenüber habe der Zeuge R gesessen und rechts von ihm habe die Zeugin F ihren Arbeitsplatz gehabt. An dieser Stelle seien auch mal Dinge besprochen worden, die vielleicht nicht alle haben hören sollen. Er könne sich an eine Gelegenheit erinnern, bei der der Zeuge R mit einem Kuvert in der Hand zur Klägerin reingegangen und ohne Kuvert wieder herausgekommen sei. Er habe sich gedacht, der werde das Kuvert wohl nicht verloren haben. Wenn er eins und eins zusammenzähle, dann sei ja wohl klar, was da gelaufen sei. Bei der Sache mit dem Kuvert habe der Zeuge R ihn auf der Baustelle angerufen und auf dessen Bitte habe er ihn dann abgeholt. Gemeinsam seien sie zur Bank gefahren. Von dort habe der Zeuge R dann das besagte Kuvert mitgenommen. Mit diesem Kuvert seien sie beide dann zur Klägerin gefahren. Dort habe der Zeuge R die Geschäftsräume der Klägerin betreten und er habe diese - ohne Kuvert - wieder verlassen. An diese beiden Geschehnisse könne er sich sehr genau erinnern. Diese eine Tour über die Bank zur Klägerin und die andere Sache, wo er selbst den Umschlag in den Briefkasten des Beklagten zu 1 eingeworfen habe. Es habe aber noch viele andere Gelegenheiten gegeben, an die er sich jetzt aber nicht mehr konkret erinnern könne; erinnern könne er sich aber daran, dass es diese weiteren Geldübergabe-Gelegenheiten gegeben habe. Der Zeuge R habe ständig über das Schmiergeld gesprochen und er habe auch häufig gesagt: "Ich geh jetzt zur GW und bringe dem Me das Geld." Er habe immer nur den einen Namen gehört, nämlich den des Beklagten zu 1.

Zur Größenordnung der geflossenen Beträge könne er nichts Konkretes sagen. Aber er neige zur Schätzung, dass es um einen Anteil von 10% bis 15 % des Rechnungswertes gegangen sei, den der Zeuge R an den Beklagten zu 1 gezahlt habe. Es sei hier nicht um Geldkoffer gegangen, aber schon um regelmäßige Umschläge mindestens einmal im Monat.

Der Name des Beklagten zu 2 sei in den Äußerungen des Zeugen R durchaus gefallen denn der Beklagte zu 2 habe ja auch für die Klägerin gearbeitet; aber im Zusammenhang mit dem Geld sei der Name nicht ausgesprochen worden.

Auf intensives Befragen des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1 hat der der Zeuge Ka bekundet, er könne sich erinnern, dass er in einem normalen Fensterumschlag Geld bekommen habe, also dem normalen Umschlag der einem Drittel einer DIN A4-Seite entspreche und durch das Fenster habe man sehen können, dass da Geld drin gewesen sei. Er könne sich aber nicht mehr daran erinnern, welcher Geldschein vorne drin gelegen habe und er könne sich auch nicht mehr daran erinnern, wieviel Geld das insgesamt ungefähr gewesen sei. Er könne sich auch nicht daran erinnern, ob es hell oder dunkel, kalt oder warm gewesen sei. Das sei alles sehr, sehr lange her. Er wisse nur, dass es auf seinem Weg nachhause gewesen sei. Es müsse also nach Feierabend gewesen sein. Er wisse noch, dass da ein Briefkasten gewesen sei und dass es dort eine Garage gegeben habe. Mit der Garage habe später auch noch irgendwas passieren sollen, deshalb habe er die Garage noch in Erinnerung; aber ob da ein Vorgarten gewesen sei oder kein Vorgarten, ob das ein Einfamilienhaus oder ein Mehrfamilienhaus gewesen sei, das weiß ich nicht. Er habe den Brief in den Briefkasten geworfen, auf dem der Name des Beklagten zu 1 gestanden habe. Er könne lesen. Wenn sei Chef ihm sage, dass er einen Brief in einen Briefkasten einwerfen solle, dann mache er das.

Er habe das alles als schlimm empfunden und habe das dem Zeugen R auch gesagt. Da habe er vor allem das Bargeld angesprochen und dass er es vor allem als schlimm empfunden habe, dass erstmal das Geld an den Beklagten zu 1 habe gezahlt wurde müssen, bevor die Leute in der Firma ihr Geld hätten bekommen können.

Das Arbeitsverhältnis habe letztlich als Folge eines Arbeitsunfalls sein Ende gefunden. Er sei nämlich von der Leiter gefallen und habe sich ganz erheblich die Schulter verletzt. Er sei 17 Monate aus dem Job raus gewesen. Danach habe er sich dann was Anderes gesucht.

Bei den Telefongesprächen, die der Zeuge R in seiner Gegenwart geführt habe, sei ihm durchaus klar gewesen, dass es sich hier um Telefongespräche mit Herrn Me gehandelt habe, zum einen, weil der Zeuge R manchmal gesagt habe "Ach, jetzt ruft der Metz an!" und zum anderen, weil er ja gewusst habe, um welche Baustellen es sich gehandelt habe, wenn dort am Telefon über Baustellen gestritten worden sei oder über die Bezahlung dazu. Daraus habe ohne weiteres geschlossen werden könne, welcher Gesprächspartner auf der anderen Seite gesprochen habe. Es habe viele solcher Telefongespräche gegeben.

Nach dem Wortlaut der Bekundungen des Zeugen Ka hat er selbst Geld an den Beklagten zu 1 übergeben. Er bestätigt die Bekundungen der anderen Zeugen zu den Barabhebungen, den Fake-Rechnungen, den überhöhten Abrechnungen an die Klägerin und den Kommentaren des Zeugen R . Der Zeuge Kaiser berichtet - wie die Zeugin F - auch über mitgehörte Telefongespräche, die Geldzahlungen an den Beklagten zu 1 im Hinblick auf konkrete Baustellen der Klägerin zum Gegenstand gehabt hätten. Der Zeuge Ka teilt eine von ihm geschätzte Größenordnung der Schmiergeldzahlungen mit, die deutlich in den siebenstelligen Bereich geht.

Der Zeuge Ka war glaubwürdig und seine Bekundungen waren glaubhaft. Die Glaubhaftigkeit auch seiner Bekundungen ergibt sich insbesondere aus der Übereinstimmung mit dem Inhalt der Bekundungen der anderen Zeugen.

Auch dem Beklagten zu 1 persönlich ist Gelegenheit gegeben worden zum streitigen Sachverhalt Stellung zu nehmen. Auf die an den Beklagten zu 1 persönlich gerichtete Nachfrage im Kammertermin vor der Berufungskammer äußerte sich sein Prozessbevollmächtigter, er bestreite weiterhin die behauptete Täterschaft; es bleibe dabei: der Beklagte zu 1 habe keine Schmiergelder entgegengenommen und es habe auch keine Schmiergeldvereinbarung gegeben. Die Parteien und ihre Prozessbevollmächtigten insbesondere aber der Beklagte zu 1 mit Blick auf dessen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung sind sodann auf § 138 Abs. 1 ZPO hingewiesen worden und damit auf die Tatsache, dass auch (bloß) wahrheitswidriges Bestreiten strafrechtliche Relevanz haben kann. Im Rahmen von Vergleichsverhandlungen vor der Berufungskammer im Termin vom 17.08.2023 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 1 erklärt, er könne sich wohl eine provokante Regelung vorstellen, nämlich, dass die Klägerin auf all ihre Ansprüche verzichte und im Gegenzug werde sein Mandant die Wahrheit sagen (er wolle aber darauf hinweisen, dass hier zweifellos eine strafrechtlich relevante Untreue vorliege, indem nämlich die Klägerin eine Vereinbarung mit dem Zeugen R getroffen habe. Im Hinblick darauf habe er diesen etwas provokanten Vorschlag gemacht). Auf Nachfrage des Vorsitzenden der Berufungskammer an den Beklagten zu 1 persönlich, ob er an den Beklagten zu 2 Geld weitergegeben habe, hat der Beklagte zu 1 erklärt: "Nein."

Nach alldem ist bewiesen, dass der Beklagte zu 1 mit dem Zeugen R eine Schmiergeldabrede geschlossen hat und dass aus der Hand des Zeugen R in die des Beklagten zu 1 Schmiergeld geflossen ist. Der Beklagte zu 1 ist daher dem Grunde nach gemäß § 667 BGB zur Herausgabe der erhaltenen Schmiergeldzahlungen an die Klägerin verpflichtet. Wegen der hiermit verbundenen sittenwidrigen Schädigung ergibt sich der Anspruch gleichfalls aus § 826 BGB. Dass bei der Klägerin ein stoffgleicher Schaden eingetreten ist, folgt nicht nur aus dem Grundsatz des Anscheinsbeweises (siehe oben Seite 22) und der Tatsache, dass der Beklagte zu 1 nichts Substantielles zur Erschütterung dieses Anscheins vorgetragen hat. Der Schaden ergibt sich vielmehr auch und erst recht aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, nämlich der Erkenntnis, dass die Schmiergeldbeträge tatsächlich auf den eigentlich zutreffenden Rechnungsbetrag "draufgerechnet" wurden und dass Rechnungen an die Klägerin für Leistungen gestellt wurden, die nicht erbracht worden sind.

Es ist daher auch bewiesen, dass der Beklagte zu 1 im vorliegenden Rechtsstreit die Unwahrheit gesagt hat. Er hat damit entgegen seiner Wahrheitspflicht aus § 138 Abs. 1 ZPO versucht, das Gericht zu täuschen, auf dass dieses sich über die Berechtigung der geltend gemachten Ansprüche irre, auf dass es weiter auf diesem Irrtum beruhend mit einem Urteil über das Vermögen der Klägerin verfüge, um dort einen stoffgleichen Schaden entstehen zu lassen. Welche Auswirkungen dies auf die Aussetzung seiner Strafe auf Bewährung haben kann, hat die Arbeitsgerichtsbarkeit nicht zu entscheiden.

(2.) Der Höhe nach war der nach § 667 BGB herauszugebende bzw. nach § 826 BGB als Schadensersatz zu leistende Betrag gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Das Berufungsgericht schätzt den Betrag der Klägerin folgend auf 1.579.844,00 EUR.

Ist unter den Parteien wie hier streitig, wie hoch sich der dem Grunde nach festgestellte Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse beläuft, so entscheidet hierüber gemäß § 287 ZPO das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Die besagte Vorschrift verzichtet für bestimmte Anspruchsvoraussetzungen, die nicht den Grund, sondern den Umfang der Haftung betreffen, auf das Erfordernis des Wahrheitsbeweises nach § 286 ZPO. Bei der Bemessung der Schadenshöhe (die ohnehin oft nicht exakt vorgenommen werden kann), kann das Gericht auch zu einer Schätzung greifen (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Auflage 2022, § 287 ZPO, Rn. 2a).

aa. Zunächst steht die Einziehung im Strafurteil dem hier geltend gemachten Anspruch nicht entgegen. Das ergibt sich aus § 75 Abs. 2 StGB (Wirkung der Einziehung).

bb. Der Schätzung, der zufolge der Beklagte zu 1 in den Jahren 2010 bis 2014 insgesamt vom Zeugen R einen Betrag in Höhe von 1.579.844,00 EUR als Schmiergeld erhalten hat, den er nun herausgeben muss, liegen die folgenden Erwägungen zugrunde:

Es geht nicht darum einen "Mindestschaden" zu schätzen. Es gibt keinen Grund einen Schädiger auf diese Weise zu privilegieren, insbesondere den pflichtwidrig schweigenden. Gleichfalls ist kein Grund ersichtlich, diejenigen Barbeträge von dem herauszugebenden Betrag abzuziehen, die erst in den Jahren 2015 und 2016 vom Beklagten zu 1 auf sein Konto eingezahlt worden sind, denn nichts spricht für die Annahme, dass die vom Beklagten zu 1 eingenommenen Barbeträge nicht - zur Vermeidung von Auffälligkeiten im Zusammenhang mit verbotener Geldwäsche - Stück für Stück über längere Zeiträume eingezahlt werden. Der im Hause des Beklagten zu 1 deponierte Barbetrag spricht eher dafür, dass die eingenommenen Gelder gestreckt eingezahlt worden sind. Soweit die Klägerin Bezug nimmt auf die Rechtsprechung des BGH zur Verwertung von strafrechtlichen Geständnissen im Zivilverfahren, trägt diese Bezugnahme allerdings nicht ohne weiteres. Es geht hier nicht um ein Geständnis des Beklagten zu 1, sondern um ein Geständnis des Zeugen R .

Im Übrigen ergibt sich die Höhe des geschätzten Betrages aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Wie gezeigt sind bei der Schätzung alle Parameter zu berücksichtigen. Deshalb ist es nicht ausreichend, die Schätzung ausschließlich mit Blick auf die Vermögensverhältnisse und Kontostände des Beklagten zu 1 vorzunehmen. Im vorliegenden Fall ist die Betrachtung der Vermögensverhältnisse (und dort insbesondere die Barentnahmen und die Anzahl der Rechnungen) auf Seiten des schmierenden Zeugen R und der Firma XXX GmbH mindestens ebenso erkenntnisreich: In den Jahren 2011 bis 2014 erfolgten aus der Kasse der Firma XXX GmbH Barentnahmen in Höhe von 1.705.699,00 EUR. Der Zeuge R hat im Kern glaubhaft bekundet, er habe von diesem Betrag 85 % als Schmiergeld verwandt, also einen Betrag in Höhe von 1.449,844,00 EUR.

Die gleiche Schadensschätzung "85 % der Barabhebungen" liegt nicht nur dem Urteil des Amtsgerichts Köln (Az.: 651 Ls-430 Js 21215/16-25/20) zugrunde, sondern auch dem Urteil des Finanzgerichts Köln (Az.: 12 K 2573/18).

Mit der vom Zeugen R mitgeteilten ursprünglichen Handhabung "200 - 500 EUR pro Rechnung draufgeschrieben" und später "bis zu 2.500,00 EUR pro Rechnung" berechnet sich eine ähnlich hohe Größenordnung. Wird die unstreitige Tatsache berücksichtigt, dass in den Jahren 2008 bis 2014 (7 Jahre) von der Klägerin insgesamt 1.756 Rechnungen an die Firma XXX GmbH gestellt worden sind und wird diese Zahl grob auf den Zeitraum von 2011 bis 2014 (also 5 Jahre) hochgerechnet, so ist von 1.254 Rechnungen auszugehen - wahrscheinlich sogar von weitaus mehr Rechnungen, weil die Zusammenarbeit der Klägerin mit der XXX GmbH im Laufe der Jahre an Intensität zugenommen hat. Wird diese Anzahl an Rechnungen multipliziert mit dem Mittel aus "200 bis 500", also mit 350,00 EUR pro Rechnung, ermittelt sich zwar nur ein Betrag in Höhe von 1.254 x 350 = 438.900,00. Wird die Anzahl der Rechnungen aber multipliziert mit dem Mittel aus "200 bis 2.500,00 EUR", also multipliziert mit 1.350,00 errechnet sich ein Betrag in Höhe von 1.254 x 1.350,00 = 1.692.900,00 EUR, also einem Betrag, der der Größenordnung nach dem Klageantrag entspricht.

Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Beklagte zu 1 lügt, wenn er behauptet, keine Schmiergeldzahlungen entgegen genommen zu haben. Ohne Erfolg macht er daher geltend, die Schadensschätzung erfolge auf der Grundlage der Bekundungen eines Kriminellen. Der besagte Kriminelle, nämlich der Zeuge R , hat im Gegensatz zum Beklagten zu 1 ein Geständnis abgelegt und sich selbst mit diesem Geständnis massiv selbst belastet. Im Rahmen des § 138 Abs. 2 und Abs. 1 ZPO wäre es der prozessualen Situation des Beklagten zu 1 möglicherweise förderlich gewesen, wenn er sich zu den Darlegungen zur Schadenshöhe - ebenfalls in Gestalt eines Geständnisses - eingelassen hätte. Da er das nicht getan hat, da er vielmehr die Entgegennahme von Schmiergeld schon dem Grunde nach wahrheitswidrig bestritten hat, gelten die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig und damit auch der geschätzte Betrag. Bestätigt wird dies durch die Darlegung des Beklagten zu 1, die Bareinzahlungen auf seinem Konto seien auf Gönner zurückzuführen, die - offensichtlich abgesehen von seinem Vater - entweder tot oder dement sein sollen. Diese Liste erkennt die Berufungskammer als weitere Lüge des Beklagten zu 1. Einer Beweisaufnahme bedurfte es hierzu nicht. Zu einer solchen Beweisaufnahme wäre es erst gekommen, wenn vom Beklagten zu 1 Tatsachen vorgetragen worden wären, die die vorgelegte Liste andeutungsweise als plausibel hätten erscheinen lassen. Das Gegenteil ist der Fall: Allein im Jahre 2015 soll der Beklagte zu 1 nach dessen Vortrag von seinem Vater einen Betrag in Höhe von 111.000,00 EUR erhalten haben - in bar; die Mutter seiner Ex-Frau soll ihm knapp 50.000 EUR zugewandt haben - in bar; seine Tante soll ihm für die Unterstützung im Haus und Garten knapp 150.000,00 EUR gegeben haben - in bar; zwei der angeblichen Geldgeber sind verstorben, eine ist dement zwei sind alt und auf ausdrückliche Ansprache des Klägers, ob er denn wirklich wolle, dass die Kammer seine Tochter vernehme, relativiert dieser, dass das alles ja schon lange her sei. Der vorgelegten Liste fehlt jede Konkretisierung, insbesondere zu den folgenden Fragen: Wieso zahlen die angeblichen Gönner alle in bar? Woher haben die angeblichen Gönner das Bargeld? Wieso sind die meisten angeblichen Gönner tot oder dement? Wie kommt die Schwiegermutter (Mutter der Exfrau) auf den Gedanken, ihm die finanziellen Zuwendungen zu gewähren und nicht ihrer eigenen Tochter? Woher hat der Vater die finanziellen Mittel, binnen eines Jahres einen Betrag von über 100.000,00 EUR an den Sohn zu zahlen?

Schließlich bestätigt auch die Bekundung des Zeugen Ka die Größenordnung der hier geschätzten Schmiergeldzahlungen. Der Zeuge spricht nämlich nicht von einem Rechnungs-Verhältnis der aus der Barkasse entnommenen Beträge zu den Beträgen, die als Schmiergeld weitergereicht worden sein sollen. Er spricht von einer anderen Grundlage, nämlich von den Rechnungen an die Klägerin, wenn er bekundet, es sei um einen Anteil von 10 % bis 15 % des Rechnungsbetrages gegangen. In den Jahren 2008 bis 2014 sind Rechnungen in Höhe von 8.199.204,76 bezahlt worden. Wird dieser Betrag mit 15 % multipliziert so ergibt sich ein vom Zeugen geschätzter Schmiergeldanteil in Höhe von 1.230.000,00 EUR.

Nicht zuletzt spricht die Datenlage hinsichtlich der Firma service für die besagte Größenordnung. Auch dort wurde ein Anteil von ca. 80 % bis 85 % der Barentnahmen als Schmiergelder verwandt.

Soweit die Klägerin für das Jahr 2010 einen Schmiergeld-Betrag in Höhe von 130.000,00 EUR annimmt, geschieht auch dies faktenbasiert und rechnerisch vorsichtig. Die Berufungskammer schließt sich dem an. Vieles spricht dafür, dass der Kläger im Jahre 2010 einen deutlichen höheren Betrag erhalten hat. Wenn der Zeuge R für 325 Rechnungen im Jahre 2010 dem Beklagten zu 1 jeweils 400,00 EUR an Schmiergeld gezahlt hat, so ergibt sich für dieses eine Jahr der besagte zusätzliche Betrag in Höhe von 130.000,00 EUR. Wird aber der in vier Jahren von 2011 bis 2014 geflossene Betrag in Höhe von 1.449,844,00 EUR schlicht durch vier dividiert, so würde sich für jedes Jahr, also auch für das Jahr 2010, ein Durchschnitts-Schmiergeld in Höhe von 362.461,00 EUR errechnen.

Wie gezeigt bedarf es für den Herausgabeanspruch aus § 667 BGB nicht einmal eines konkreten Schadens. Ein solcher Schaden ist aber als stoffgleich - ebenfalls gemäß § 138 Abs. 3 ZPO - als eingetreten zu unterstellen, denn "draufgeschrieben" bedeutet, dass die Klägerin in Höhe der "draufgeschriebenen" Beträge zu viel bezahlt hat, dass also tatsächlich in dieser Höhe ein Schaden eingetreten ist. Die Behauptung des Beklagten zu 1, die Rechnungen seien nicht überhöht gewesen, hat sich im Rahmen der Beweisaufnahme als unrichtig herausgestellt. Auch hier hat der Beklagte zu 1, der neben dem Zeugen R der sachnächste Beteiligte in dem fraglichen Sachverhalt war, entgegen seiner prozessualen Obliegenheit aus § 138 ZPO geschwiegen.

b) Der Anspruch auf Zahlung i.H.v. von 1.579.844,00 EUR ist gemäß § 849 BGB ab dem 16.12.2014 zu verzinsen. Ausweislich der als Anlage K 16 vorgelegten tabellarischen Aufstellung über die streitgegenständlichen Rechnungen im Zeitraum 2010 bis 2014 datiert der letzte an die XXX GmbH täuschungs- und betrugsbedingt bewirkte Rechnungsausgleich der Rechnung vom 26.07.2014 (Belegnr. 3283) und 10.06.2014 (Belegnr. 3182) auf den 15.12.2014.

2. Im Übrigen hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg. Das gilt mit Blick auf die von der Klägerin begehrte Zahlung der Rechtsanwaltskosten (a.) und das gilt ebenfalls für die richtigerweise abgewiesene Klage gegen den Beklagten zu 2 (b.).

a. Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 1 keinen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten. Die von der Klägerin herangezogene neuere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 29.04.2021 - 8 AZR 276/20 -) zum Ersatz von Anwaltskosten betrifft einen Kündigungsfall und ist auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Erstattungsfähig sind nur die Kosten zur Vorbereitung einer Kündigung, nicht jedoch zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen (vgl. Maschmann, ZFA 2022, 589, 601 mwN.). Hier gilt weiter § 12 a ArbGG, dem zufolge jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat.

b. Zurecht hat das Arbeitsgericht die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen. Nach wie vor fehlt es an Tatsachen, aus denen ein Tatbeitrag des Beklagten zu 2 geschlossen werden könnte. Der Pferdehandel und der Lebenswandel des Beklagten zu 2 sprechen zwar für die Annahme einer bisher nicht bekannten Geldquelle. Ob diese Quelle aber die Klägerin war, ergibt sich weder aus hinreichenden Indizien noch aus der Beweisaufnahme.

Nach alledem war das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Klägerin hinsichtlich der Höhe des Schadensersatzanspruchs und hinsichtlich des Zinsdatums (Tenor zu 1) teilweise stattzugeben und im Übrigen zurückzuweisen.

B. Die Berufung des Beklagten zu 1 ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

I. Die Berufung des Beklagten zu 1 ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Das Rechtsmittel hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Wie unter A II 1 a ausgeführt, schuldet der Beklagte zu 1 der Klägerin im Zusammenhang mit den erhaltenen Schmiergeldzahlungen nicht etwa einen geringeren Betrag, als den vom Arbeitsgericht geschätzten, sondern einen höheren.

Im Ergebnis und in der Begründung zutreffend hat das Arbeitsgericht den Beklagten zu 1 auch verurteilt, eine eidesstattliche Versicherung abzugeben. Diese cVerpflichtung ist nicht durch Erfüllung gemäß § 362 BGB untergegangen, denn der Beklagte zu 1 hat die Erklärung im Wege der Zwangsvollstreckung abgegeben.

III. Nach allem bleibt es somit - abgesehen von dem höheren Betrag im Tenor zu 1 - weitgehend bei der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Das Urteil ist aber abgeändert worden. Es wäre daher notwendig, über die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu entscheiden. Da das Arbeitsgericht aber ein Teilurteil verkündet hat und dies offensichtlich mit Blick auf eine im Rahmen einer Stufenklage noch zu bescheidende - wenn auch nicht beantragte - Zahlungsforderung geschah, konnte nicht abschließend über die Kosten entschieden werden. Die Kostenentscheidung bleibt daher, auch hinsichtlich der Kosten zweiter Instanz, dem Arbeitsgericht im Schlussurteil vorbehalten.

Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.

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