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Urteil vom 16.08.2023 · IWW-Abrufnummer 237541

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt - Aktenzeichen 5 Sa 715/21

Für Arbeitsverträge, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 01.01.2002 abgeschlossen worden sind (so genannte "Neuverträge") gilt nicht (mehr) die Auslegungsregel der Gleichstellungsabrede.


In dem Rechtsstreit
- Klägerin und Berufungsbeklagte sowie Anschlussberufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigter:
gegen
- Beklagte und Berufungsklägerin sowie Anschlussberufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigter:
wegen statischer/dynamischer Anwendung des TVöD (Bezugnahmeklausel)
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt auf die mündliche Verhandlung vom 16. August 2023 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richterinnen ... und ... als Beisitzerinnen
für Recht erkannt:

Tenor: I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 13.10.2021 - 3 Ca 1049/20 E - wird zurückgewiesen. II. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird die Beklagte des Weiteren verurteilt, der Klägerin einen Betrag zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen: für 01/2021 531,31 Euro brutto ab 01.02.2021 für 02/2021 531,31 Euro brutto ab 01.03.2021 für 03/2021 531,31 Euro brutto ab 01.04.2021 für 04/2021 584,53 Euro brutto ab 01.05.2021 für 05/2021 584,53 Euro brutto ab 01.06.2021 für 06.2021 507,03 Euro brutto ab 01.07.2021 für 07/2021 507,03 Euro brutto ab 01.08.2021 für 08/2021 507,03 Euro brutto ab 01.09.2021 für 09/2021 507,03 Euro brutto ab 01.10.2021 für 10/2021 507,03 Euro brutto ab 01.11.2021 für 11/2021 507,03 Euro brutto ab 01.12.2021 für 12/2021 476,04 Euro brutto ab 01.01.2022 für 01/2022 476,04 Euro brutto ab 01.02.2022 für 02/2022 476,04 Euro brutto ab 01.03.2022 für 04/2022 545,43 Euro brutto ab 01.05.2022 für 05/2022 545,43 Euro brutto ab 01.06.2022 für 06/2022 545,43 Euro brutto ab 01.07.2022 für 07/2022 545,43 Euro brutto ab 01.08.2022 für 08/2022 545,43 Euro brutto ab 01.09.2022 für 09/2022 545,43 Euro brutto ab 01.10.2022 für 10/2022 545,43 Euro brutto ab 01.11.2022 für 11/2022 545,43 Euro brutto ab 01.12.2022 für 12/2022 545,43 Euro brutto ab 01.01.2023 für 01/2023 322,41 Euro brutto ab 01.02.2023 für 02/2023 322,41 Euro brutto ab 01.03.2023. III. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte. IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis die Regelungen des TVöD dynamisch anzuwenden sowie über daraus resultierende Differenzvergütungsansprüche der Klägerin für den Zeitraum von September 2018 bis Februar 2023.

Die am ... geborene Klägerin ist seit 1983 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger zuletzt als Case-Managerin in einem von der Beklagten betriebenen Klinikum in ... beschäftigt. Insgesamt sind in der Klinik etwa 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Die Beklagte betreibt in Sachsen-Anhalt weitere Kliniken in ... und .... Insgesamt sind in den drei Kliniken etwa 1800 Beschäftigte tätig.

In dem Änderungsvertrag vom 09.03.1993 steht u. a.:

"Vergütungsgruppe Kr. 6 BAT-Ost" (Bl. 20 d. A.).

In dem Änderungsvertrag vom 24.05.1994 steht:

"An die Stelle der Vergütungsgruppe Kr. 6 BAT-Ost tritt die Vergütungsgruppe Kr. 7 BAT-Ost" (Bl. 21 d. A.).

In dem Änderungsvertrag vom 20.08.2002 ist folgendes geregelt:

"Kr. VII nach Kr. III des Vergütungstarifvertrages höhergruppiert" (Bl. 22 d. A.);

In der Überleitungsmitteilung in den TVöD vom 11.01.2006 steht u. a.:

"Zuordnung in die Entgeltgruppe 9 c Stufe 3"

In einem Nachtrag vom 31.01.2007 zum Arbeitsvertrag steht:

"Von Entgeltgruppe 9 c nach Entgeltgruppe 10 A Stufe 4" (Bl. 26 d. A.).

Die Beklagte war ursprünglich Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Sachsen-Anhalt e. V. (im Folgenden: KAV) und wurde von dem Geltungsbereich des § 14 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst - besonderer Teil Krankenhäuser - TVöD-BT-K erfasst.

Die Beklagte kündigte ihre Mitgliedschaft im KAV zum 31.12.2012.

Mit dem Austritt der Beklagten aus dem KAV endete deren unmittelbare Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1 TVG. Die Nachwirkung des TVöD (§ 3 Abs. 3 TVG) endete für die Beklagte am 31.03.2014 mit Abschluss des Änderungstarifvertrages Nr. 6 zum TVöD-BT-K, der zum 01.04.2014 in Kraft trat.

Im Jahr 2012 war die Beklagte in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Nachdem Verhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di über den Abschluss eines Sanierungstarifvertrages scheiterten und eine Einigung nicht zustande kam, schlossen die Beklagte und der bei ihr gebildete Betriebsrat am 29.12.2012 eine Regelungsabrede ("Bündnis für Arbeit"), um "betriebsbedingte Kündigungen nach Möglichkeiten zu vermeiden, die Gesellschaft zu sanieren und den Standort nachhaltig zu sichern". Die individualrechtliche Umsetzung erfolgte anschließend durch den Abschluss von Änderungsverträgen, die ihrem Wortlaut einem in der Abrede vereinbarten Mustertext entsprachen.

Unter dem 15.01.2013 schlossen die Parteien dementsprechend einen Änderungsvertrag mit folgendem Wortlaut:

" Änderungsvertrag für Beschäftigte nach dem TVöD 2.1 Der Beschäftigte verzichtet auf die Leistungen gem. § 18 und § 20 TVöD. 2.2 Die Gesellschaft gewährt dem Beschäftigten als Anerkennung für die o.g. und erbrachten Sanierungsbeiträge - Sonderkündigungsschutz mit der Maßgabe, dass betriebsbedingte Beendigungskündigungen ausgeschlossen sind; ebenfalls ausgeschlossen sind solche betriebsbedingten Änderungskündigungen, die auf eine weitere Absenkung der Arbeitszeit gerichtet oder mit finanziellen Nachteilen verbunden sind; - drei freie Tage pro Kalenderjahr zum Zwecke des Gesundheitsschutzes, von denen zwei Tage nur gegen Nachweis der Teilnahme an gesundheitsschützenden Maßnahmen gewährt werden. Vorstehende Regelungen sind befristet bis zum 31.12.2017. 2.3. Im Übrigen bleiben die Regelungen des Arbeitsvertrages unberührt. 2.4. Dieser Änderungsvertrag endet, sobald ein entsprechender neuer mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossener Haustarifvertrag, der eine Absenkung der Arbeitszeit vorsieht, in Kraft tritt, der auf das Arbeitsfeldes Anwendung findet. Datum, Unterschriften"

Die Beklagte wandte nach ihrem Austritt aus dem KAV die Bestimmungen des TVöD in der jeweiligen geltenden Fassung (einschließlich der entsprechenden Entgeltreglungen) zunächst noch bis 31.03.2014 auf sämtliche Mitarbeiter des Krankenhauses an, unabhängig von deren Gewerkschaftsmitgliedschaft.

Seit dem 01.04.2014 wendet die Beklagte den TVöD nur noch statisch an, also ohne Berücksichtigung von Tarifänderungen, Entgeltsteigerungen und insbesondere auch ohne Berücksichtigung der Einführung der neuen Entgeltordnung zum TVöD (ab 01.01.2017).

Mit Schreiben vom 18.02.2019 (Bl. 32, 33 d. A.) machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Zahlung von Tariflohndifferenzen geltend. Dabei berief sich die Klägerin auf die ihrer Auffassung nach vereinbarte dynamische Anwendung des TVöD.

Während des laufenden Rechtsstreits und zahlreicher weiterer ähnlich gelagerter Rechtsstreite schloss die Beklagte (ebenso wie die A... GmbH und die A. GmbH) mit der Gewerkschaft ver.di unter dem 16.07.2020 eine "Prozessvereinbarung" ab, um zu regeln, wie vorübergehend (bis zum etwaigen Abschluss eines Haustarifvertrages) angesichts der ungeklärten Rechtslage in Bezug auf die Anwendung des TVöD verfahren werden sollte.

Vom persönlichen Geltungsbereich dieser Vereinbarung waren u. a. Beschäftigte ausgenommen, die aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme oder kraft Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an das Tarifwerk der VKA in der jeweils geltenden Fassung gebunden waren (sog. "dynamische Beschäftigte"). Für die anderen Beschäftigten wurde das Tabellenentgelt zum 01.05.2020 zunächst auf 3 Prozent, zum 01.01.2021 um weitere 2,5 Prozent und zum 01.06.2021 um weitere 2,5 Prozent erhöht. Weiterhin sollten die Beschäftigten mit einer Entgeltzahlung in den Monaten nach Unterzeichnung der Prozessvereinbarung und im Dezember 2020 jeweils eine Einmalzahlung in Höhe von jeweils 350,00 Euro brutto erhalten.

Am 22.12.2021/29.03.2022 haben die Beklagte und die A... GmbH und die A... GmbH mit der Gewerkschaft ver.di einen Haustarifvertrag abgeschlossen. Dieser trat am 01.07.2021 in Kraft (Wegen des Inhalts des Haustarifvertrages vom 22.12.2021/29.03.2022 wird auf Bl. 302 bis 311 d. A. Bezug genommen).

Am 16.04.2020 hat die Klägerin beim Arbeitsgericht die vorliegende Klage erhoben, im Rahmen derer sie die Zahlung von Vergütungsdifferenzen ab September 2018 verlangt sowie die gerichtliche Feststellung begehrt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der TVöD in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung findet. Mit Klageerweiterungen vom 26.01.2021 und vom 14.09.2021 hat die Klägerin weitere Zahlungen von Vergütungsdifferenzen und u. a. auch eine Corona-Sonderzahlung nach dem Tarifvertrag Corona-Sonderzahlung 2020 begehrt.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, auf ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten seien die Bestimmungen des TVöD zeitdynamisch anzuwenden. Dies ergebe sich bereits unzweideutig aus den Bestimmungen der Änderungsverträge und der Überleitungsmitteilung in den TVöD vom 11.01.2006. Zudem handele es sich bei dem Änderungsvertrag vom 15.01.2013 nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede um einen sog. "Neuvertrag" (Vertragsabschluss nach dem 01.01.2002), der deutlich zum Ausdruck gebracht habe, dass die früheren Bezugnahmeklauseln zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Parteien geworden sei. Hierfür spreche insbesondere die Aufnahme der "Unberührtheitsklausel" in dem Vertrag.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Bestimmungen des TVöD-VKA seit dem Monat September 2018, mit Ausnahme der Leistungen gemäß der §§ 18 und 20 TVöD-VKA aufgrund des Änderungsvertrags vom 14./15. Januar 2013, in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung finden, soweit sie günstiger sind als die tarifvertraglichen Reglungen der Beklagten. 2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für September 2018 einen Betrag in Höhe von 467,05 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.10.2018 über den jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Oktober 2018 einen Betrag in Höhe von 467,05 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.11.2018 über den jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 4. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für November 2018 einen Betrag in Höhe von 467,05 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.12.2018 über den jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 5. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Dezember 2018 einen Betrag in Höhe von 467,05 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.01.2019 über den jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 6. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Januar 2019 einen Betrag in Höhe von 467,05 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.02.2019 über den jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 7. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Februar 2019 einen Betrag in Höhe von 467,05 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.03.2019 über den jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 8. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für März 2019 einen Betrag in Höhe von 584,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.04.2019 über den jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 9. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für April 2019 einen Betrag in Höhe von 584,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.05.2019 über den jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 10. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Mai 2019 einen Betrag in Höhe von 584,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.06.2019 über den jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 11. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Juni 2019 einen Betrag in Höhe von 584,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.07.2019 über den jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 12. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Juli 2019 einen Betrag in Höhe von 584,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.08.2019 über den jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 13. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für August 2019 einen Betrag in Höhe von 584,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.09.2019 über den jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 14. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für September 2019 einen Betrag in Höhe von 584,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.10.2019 über den jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 15. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Oktober 2019 einen Betrag in Höhe von 584,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.11.2019 über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 16. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für November 2019 einen Betrag in Höhe von 584,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.12.2019 über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 17. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Dezember 2019 einen Betrag in Höhe von 584,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.01.2020 über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 18. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Januar 2020 einen Betrag in Höhe von 584,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.02.2020 über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 19. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Februar 2020 einen Betrag in Höhe von 584,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.03.2020 über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 20. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für März 2020 einen Betrag in Höhe von 623,01 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 01.04.2020 über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 21. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für April 2020 einen Betrag in Höhe von 623,01 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.05.2020 zu verzinsen. 22. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Mai 2020 einen Betrag in Höhe von 530,02 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 06.06.2020 zu verzinsen. 23. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Juni 2020 einen Betrag in Höhe von 530,02 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.07.2020 zu verzinsen. 24. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Juli 2020 einen Betrag in Höhe von 530,02 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.08.2020 zu verzinsen. 25. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für August 2020 einen Betrag in Höhe von 530,02 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.09.2020 zu verzinsen. 26. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für September 2020 einen Betrag in Höhe von 530,02 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.10.2020 zu verzinsen. 27. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Oktober 2020 einen Betrag in Höhe von 530,02 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.11.2020 zu verzinsen. 28. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für November 2020 einen Betrag in Höhe von 530,02 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.12.2020 zu verzinsen. 29. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Dezember 2020 einen Betrag in Höhe von 530,02 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.01.2021 zu verzinsen. 30. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Januar 2021 einen Betrag in Höhe von 452,51 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.02.2021 zu verzinsen. 31. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Februar 2021 einen Betrag in Höhe von 452,51 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.03.2021 zu verzinsen. 32. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für März 2021 einen Betrag in Höhe von 452,51 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.04.2021 zu verzinsen. 33. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für April 2021 einen Betrag in Höhe von 504,63 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.05.2021 zu verzinsen. 34. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Mai 2021 einen Betrag in Höhe von 504,63 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.06.2021 zu verzinsen. 35. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Juni 2021 einen Betrag in Höhe von 427,13 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.07.2021 zu verzinsen. 36. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für Juli 2021 einen Betrag in Höhe von 427,13 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.08.2021 zu verzinsen. 37. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 400,-- € netto (TV Corona-Sonderzahlung 2020) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der TVöD sei nur noch statisch anzuwenden. Sie könne nicht dauerhaft an einen Tarifvertrag gebunden sein, über dessen Inhalt sie nicht mehr mitbestimme. Dies sei nach Tarifrecht gesicherte Rechtsprechung und könne arbeitsvertraglich nicht unterlaufen werden. Schon gar nicht, wenn dies wie hier später Jahre lang anders gelebt worden ist. Vielmehr sei in diesem Fall, soweit die streitgegenständliche arbeitsvertragliche Regelung überhaupt als zeitdynamisch ausgelegt werden könne, davon auszugehen, dass inzwischen eine Vertragsänderung stattgefunden habe, hin zu einer statischen Anwendung.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 13.10.2021 der Klage vollumfänglich stattgegeben.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der schriftliche Arbeitsvertrag der Klägerin enthalte letztlich eine zeitdynamische Inbezugnahme des TVöD. Jedenfalls der Änderungsvertrag vom 09.03.1993 enthalte bereits eine Anknüpfung des Gehaltes der Klägerin an eine Vergütungsgruppe des Tarifwerkes des öffentlichen Dienstes. Gleichermaßen würden aber auch Änderungsverträge und Niederschriften ab dem 01.01.2002 konkrete Bezugnahmen auf die jeweiligen tarifvertraglichen Entgeltgruppen als Anknüpfungspunkt für das der Klägerin zustehende Arbeitsentgelt enthalten. Der Änderungsvertrag vom Januar 2013 enthalte keine Bestimmung, die hieran etwas geändert haben könnte. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beklagte den Tarifvertrag über einige Zeit hinweg lediglich statisch angewendet hat, ohne dass dies offenbar sogleich beanstandet worden war. Ein "Überschreiben" der arbeitsvertraglichen Grundlage liege damit noch nicht vor. Es fehle insbesondere an einem deutlichen Zeichen der Zustimmung von Seiten der nachteilig beteiligten Partei; deren bloßes Schweigen reiche dagegen regelmäßig nicht aus.

Die Klägerin habe auch die jeweiligen Vergütungsdifferenzen schlüssig dargelegt. Der Anspruch auf die geforderte Corona-Sonderzahlung ergebe sich aus dem diesbezüglichen Tarifvertrag.

Gegen das der Beklagten am 25.10.2021 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.10.2021 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25.01.2022 - am 25.01.2022 begründet.

Die Berufungsbegründung ist der Klägerin am 26.01.2022 zugestellt worden. Nachdem das Gericht antragsgemäß die Frist zur Einreichung der Berufungserwiderung bis zum 28.03.2022 verlängert hat, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 28.03.2022, beim Landesarbeitsgericht am 28.03.2022 eingegangen, auf die Berufungsbegründung der Beklagten erwidert und dabei auch die Klage erweitert.

Die Beklagte ist weiterhin der Auffassung, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts finde auf das Arbeitsverhältnis der TVöD in der Fassung vom 01.03.2020 statisch Anwendung, modifiziert durch die Tarifeinigungen der Beklagten mit ver.di ab 2022, insbesondere durch Inkrafttreten des Tarifvertrages mit Mantel- und Entgeltregelungen ab dem 01.07.2021. Die Benennung einer konkreten Vergütungsgruppe in Änderungsverträgen stelle keine Bezugnahmeklausel dar; hierdurch werde vielmehr lediglich (deklaratorisch) die rechtliche Bewertung zum Ausdruck gebracht, in welche Vergütungsgruppe des vom tarifgebundenen Arbeitgeber herangezogenen Entgeltsystems ein Mitarbeiter automatisch (per Eingruppierungsautomatik) eingruppiert ist. Es läge eine Bezugnahmeklausel in einem "Altvertrag" vor, die gerade keine Dynamik beinhalte und auch den TVöD nicht als Verweisungsziel vorsieht. Zudem würden die Änderungsverträge deutliche Hinweise dafür enthalten, dass keine konstitutive zeitdynamische Bezugnahme begründet werden soll. Aufgrund des Verhaltens der Klägerin durfte die Beklagte davon ausgehen, dass Vertragsinhalt eine statische Geltung des TVöD in der Fassung vom 01.03.2020 ist. Aufgrund der jahrelangen Umsetzung einer statistischen Tarifgeltung lägen sehr wohl "besondere Anzeichen" dafür vor, dass der ursprüngliche Vertragsinhalt überschrieben worden sei. Von einem bloßen Schweigen der Klägerin kann entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts keine Rede sein.

Auch bei Annahme einer unterstellten dynamischen Geltung sei durch die Tarifeinigung zwischen der Gewerkschaft ver.di und der Beklagten vom 16.07.2020 mit Wirkung zum 01.05.2020 respektive 01.07.2021 abgelöst worden. Das nunmehr maßgebliche Entgelt bestimme sich gemäß § 13 des Tarifvertrages nach Maßgabe einer Anlage.

Hinsichtlich der Corona-Sonderzahlung 2020 verweist die Beklagte darauf, dass die Klägerin für Mai 2021 605,85 Euro netto und für Juni 2021 500,00 Euro netto Corona-Sonderzahlung erhalten habe.

Schließlich hätten die Parteien durch den Abschluss des Änderungsvertrages im Januar 2013 den Arbeitsvertrag mit der Klägerin für die Geltung von Haustarifverträgen geöffnet. Der Haustarifvertrag sei zum Verweisungsziel erklärt worden. Dieses Verständnis von Ziffer 2.4 des Änderungsvertrages vom Januar 2013 habe auch das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt mit Urteil vom 10.05.2023 (5 Sa 367/21, juris) bestätigt.

Die von der Klägerin begehrte Feststellung könne offenkundig nicht erfolgen. Durch die in Rede stehende Feststellung wäre einer entsprechenden Änderungskündigung indes per se und unabhängig von der Prüfung der sozialen Rechtfertigung die Grundlage entzogen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 13. Oktober 2021 (3 Ca 1049/20 E) abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen. Die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

1. Die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 13.10.2021(Az.: 3 Ca 1049/20 E) wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. 39. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Januar 2021 einen Betrag i. H. v. 531,31 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.02.2021 zu verzinsen. 39. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Februar 2021 einen Betrag i. H. v. 531,31 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.03.2021 zu verzinsen. 39. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für März 2021 einen Betrag i. H. v. 531,31 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.04.2021 zu verzinsen. 39. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für April 2021 einen Betrag i. H. v. 584,53 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.05.2021 zu verzinsen. 39. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Mai 2021 einen Betrag i. H. v. 584,53 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.06.2021 zu verzinsen. 39. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Juni 2021 einen Betrag i. H. v. 507,03 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.07.2021 zu verzinsen. 39. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Juli 2021 einen Betrag i. H. v. 507,03 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.08.2021 zu verzinsen. 39. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für August 2021 einen Betrag i. H. v. 507,03 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.09.2021 zu verzinsen. 40. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für September 2021 einen Betrag i. H. v. 507,03 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.10.2021 zu verzinsen. 41. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Oktober 2021 einen Betrag i. H. v. 507,03 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.11.2021 zu verzinsen. 42. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für November 2021 einen Betrag i. H. v. 507,03 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.12.2021 zu verzinsen. 43. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Dezember 2021 einen Betrag i. H. v. 476,04 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.01.2022 zu verzinsen. 44. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Januar 2022 einen Betrag i. H. v. 476,04 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz EZB ab dem 01.02.2022 zu verzinsen. 45. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Februar 2022 einen Betrag i. H. v. 476,04 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz EZB ab dem 01.03.2022 zu verzinsen. 46. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für April 2022 einen Betrag i. H. v. 545,43 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.05.2021 zu verzinsen. 47. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Mai 2022 einen Betrag i. H. v. 545,43 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.06.2021 zu verzinsen. 48. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Juni 2022 einen Betrag i. H. v. 545,43 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.07.2021 zu verzinsen. 49. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Juli 2022 einen Betrag i. H. v. 545,43 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.08.2021 zu verzinsen. 50. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für August 2022 einen Betrag i. H. v. 545,43 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.09.2021 zu verzinsen. 51. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für September 2022 einen Betrag i. H. v. 545,43 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.10.2021 zu verzinsen. 52. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Oktober 2022 einen Betrag i. H. v. 545,43 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.11.2021 zu verzinsen. 53. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für November 2022 einen Betrag i. H. v. 545,43 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.12.2021 zu verzinsen. 54. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Dezember 2022 einen Betrag i. H. v. 545,43 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.01.2023 zu verzinsen. 55. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Januar 2023 einen Betrag i. H. v. 322,41 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.02.2023 zu verzinsen. 56. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Februar 2023 einen Betrag i. H. v. 322,41 € brutto zu zahlen und mit 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.03.2023 zu verzinsen.

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil. Die jahrelange beanstandungsfreie hingenommene statische Geltung des TVöD habe entgegen der Ansicht der Beklagten die zeitdynamische arbeitsvertragliche Bezugnahme nicht abgeändert. Insbesondere sei keine Verwirkung der klägerischen Ansprüche eingetreten. Der TVöD sei auch weder durch die Prozessvereinbarung vom 16.07.2020 noch durch den Haustarifvertrag zum 01.07.2021 abgelöst worden. Der Haustarifvertrag sei kein den BAT-O ergänzender, ändernder oder ersetzender Tarifvertrag. Die Prozessvereinbarung vom 16.07.2020 sei schon kein Tarifvertrag. Zudem sei die Klägerin offensichtlich vom persönlichen Geltungsbereich der Prozessvereinbarung ausgeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Auf die zulässige Anschlussberufung der Klägerin ist die Beklagte verpflichtet, weitere monatlichen Vergütungsdifferenzbeträge an die Klägerin zu zahlen.

I.

Die statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1 ArbGG; § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist jedoch unbegründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG. Auch das Vorbringen der Beklagten in der Berufung rechtfertigt keine Abänderung des angegriffenen Urteils.

1.

Die Klage ist (auch) - bezogen auf den Feststellungsantrag - zulässig.

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Arbeitsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Die Feststellungsklage kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder auf Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken.

Insbesondere kann auch die Frage der Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerkes auf ein Arbeitsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BAG 21.04.2010 - 4 AZR 755/08 - juris, Rn. 19). Eine entsprechende gerichtliche Feststellung ist geeignet, in der Folge diverse Einzelfragen zu klären, die sich an die Anwendbarkeit des Tarifvertrages knüpfen (BAG 26.08.2015 - 4 AZR 719/13, juris, Rn. 10).

Das erforderliche Feststellungsinteresse ist vorliegend gegeben. Durch die Entscheidung über die begehrte Feststellung wird jedenfalls die wesentliche Streitfrage der Parteien abschließend geklärt, ob die Bestimmungen des TVöD statisch oder dynamisch auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. (vgl. BAG 10.12.20214 - 4 AZR 991/12 - juris, Rn. 12).

Durch den zeitlich nicht begrenzten Antrag wird auch die Rechtslage nicht für "immer" manifestiert. Die vertraglich geregelte dynamische Bezugnahmeklausel kann durch vertragliche Regelungen wie einen Änderungsvertrag oder einer wirksamen Änderungskündigung abgeändert werden.

2.

Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, ist sowohl die Feststellungsklage als auch die Leistungsklage begründet.

2.1

Der Arbeitsvertrag der Klägerin enthält eine zeitdynamische Inbezugnahme eines TVöD.

In der Regelung des Änderungsvertrages vom 09.03.1993 "Vergütungsgruppe Kr. 6 BAT-Ost" liegt eine dynamische Bezugnahmeklausel. Vereinbaren die Vertragsparteien die Anwendung des BAT-O ohne konkrete Nennung einer bestimmten Fassung, so ist in der Regel eine dynamische Verweisung gewollt (BAG 30.08.2017 - 4 AZR 443/15 - juris, Rn. 20).

Unschädlich ist dabei, dass im Vertrag vom 09.03.1993 noch der "BAT-Ost" und nicht der TVöD benannt ist, weil hier kein Tarifwechsel, sondern eine Tarifsukzession innerhalb des Anwendungsbereiches des bisherigen Tarifvertrages vorliegt (BAG 19.05.2010 - 4 AZR 796/08 - juris, Rn. 37; BAG 18.04.2012 - 4 AZR 392/10 - juris, Rn. 21). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wäre diese allerdings damals noch als Gleichstellungsabrede anzusehen gewesen. Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, enthalten die Änderungsverträge und Niederschriften ab dem 01.01.2002 konkrete Bezugnahmen auf die jeweiligen tarifvertraglichen Entgeltgruppen als Anknüpfungspunkt für das der Klägerin zustehende Arbeitsentgelt. In dem Änderungsvertrag vom 20.08.2002 wurde die Klägerin von Kr. VII nach Kr. VIII des Vergütungstarifvertrages höhergruppiert. In der Überleitungsmitteilung in den TVöD vom 11.01.2006 erfolgte die Zuordnung in die Entgeltgruppe 9 c Stufe 3. Der Nachtrag vom 31.01.2007 zum Arbeitsvertrag enthält eine Höhergruppierung von der Entgeltgruppe 9 c nach der Entgeltgruppe 10 A Stufe 4. Anhaltspunkte für eine vertraglich vereinbarte auflösende Bedingung "Verbandsaustritt" waren dabei für die Klägerin weder aus dem Wortlaut noch aus eindeutigen anderen Umständen heraus erkennbar.

Für Arbeitsverträge, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 01.01.2002 abgeschlossen worden sind (sog. "Neuverträge"), wendet das Bundesarbeitsgericht die Auslegungsregelung der Gleichstellungsabrede nicht mehr an. Die Auslegung von Verweisungsklauseln in diesen Arbeitsverträgen hat sich in erster Linie an deren Wortlaut zu orientieren. Soweit ein Vertragspartner vom Wortlaut abweichende Regelungsziele verfolgt, können diese danach nur in die Auslegung eingehen, wenn sie für den anderen Vertragspartner mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommen.

Eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf einen bestimmten Tarifvertrag ist jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist, eine konstitutive Verweisungsklausel, die durch einen Verbandsaustritt des Arbeitgebers oder einen sonstigen Wegfall seiner Tarifgebundenheit nicht berührt wird.

2.2

Die Einwendungen der Beklagten gegen die Fortgeltung der dynamischen Verweisungsklausel greifen nicht durch.

a)

Entgegen der Ansicht der Beklagten liegen aufgrund einer jahrelangen Umsetzung einer statischen Tarifgeltung keine "besonderen Anzeichen" dafür vor, dass der ursprüngliche Vertragsinhalt überschrieben worden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch das Abwarten der Geltendmachung von Ansprüchen einer Vertragsänderung dahin, dass der TVöD nur statisch gilt, zugestimmt hat. Es ist davon auszugehen, dass weder der Beklagten noch der Klägerin für die für die Zeit ab 01.01.2002 geänderte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Regelung einer Bezugnahmeklausel in Formulararbeitsverträgen bekannt war. Die Klägerin hat lediglich geschwiegen und nicht etwa durch ihr Verhalten Anlass gegeben, bei der Beklagten ein Vertrauen zu erzeugen, dass sie trotz Kenntnis bestehender Rechte von deren Geltendmachung absehen werde. Ein rechtsgeschäftlich relevantes Verhalten der Klägerin, dass den Anschein bei der Beklagten hätte erwecken oder unterhalten können, dass die Klägerin auf die Geltendmachung bestehender Ansprüche verzichten wolle, ergibt sich aus keinen Umständen. Aus diesem Grund trat auch keine Verwirkung der klägerischen Ansprüche ein. Es fehlt erkennbar an dem erforderlichen Umstandsmoment.

b)

Die Prozessvereinbarung vom 16.07.2020 hat die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel vom 27.06.2002 nicht abgeändert. Unabhängig von der Frage, ob die Prozessvereinbarung vom 16.07.2020 einen Tarifvertrag darstellt, unterliegt die Klägerin nicht dem persönlichen Geltungsbereich der Vereinbarung. Nach I. 2. g werden vom persönlichen Geltungsbereich dieser Vereinbarung ausgenommen die Beschäftigten, die aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme - kraft Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - an das Tarifwerk der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) in der jeweils geltenden Fassung gebunden sind (sog. "dynamische Beschäftigte").

c)

Der TVöD-VKA ist auch nicht durch den Haustarifvertrag vom 01.07.2021 abgelöst worden. Der Haustarifvertrag ist kein dem BAT-O ergänzender, ändernder oder ersetzender Tarifvertrag. Dies ist (nur) der TVöD. Die Beklagte fällt nicht in den persönlichen Geltungsbereich auf Arbeitgeberseite, den Bereich der Vereinigten Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Es kommt dabei nicht darauf an, dass die Beklagte den Abschluss eines anderen, ergänzenden oder ersetzenden Tarifvertrages nicht beeinflussen kann, da sie nicht zum VKA gehört. Die schuldrechtliche Bezugnahme auf Tarifverträge gehört zum vertraglich vereinbarten Inhalt des Arbeitsvertrages und ist als solche nur durch die Arbeitsvertragsparteien selbst abänderbar.

d)

Entgegen der Ansicht der Beklagten haben die Parteien durch den Abschluss des Änderungsvertrages im Januar 2013 den Arbeitsvertrag vom 27.06.2002 für die Geltung von Haustarifverträgen nicht geöffnet. Ziffer 2.4 des Änderungsvertrages bezieht sich eindeutig auf die zeitliche Geltung der Regelungen in dem Änderungsvertrag in Ziffer 2.1 bis 2.3. Zudem verweist 2.4 des Änderungsvertrages vom 15.01.2013 auf einen Haustarifvertrag, der eine Absenkung der Arbeitszeit vorsieht. Dem stehen auch nicht die Ausführungen des Urteils des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 10.05.2023 (5 Sa 367/21) entgegen. In dem Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 10.05.2023 ging es maßgebend und streitentscheidend um die Frage, ob eine Verweisungsklausel Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Parteien war. Dabei hat das Landesarbeitsgericht eine dahingehende Auslegung des Änderungsvertrages von Januar 2013 unter Berücksichtigung mehrerer Aspekte verneint.

2.3

Die Klägerin hat die Höhe der einzelnen monatlichen Ansprüche auf Vergütungsdifferenz schlüssig dargelegt. Die Beklagte hat die von der Klägerin vorgebrachten Tatsachen nicht ausdrücklich bestritten, so dass diese gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen sind.

2.4

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Corona Sonderzahlung ergibt sich aus dem Tarifvertrag Corona Sonderzahlung aus 2020. Der Anspruch ist auch nicht wegen Erfüllung erloschen. Die Beklagte hat nicht behauptet, dass die im Jahr 2021 erfolgten Zahlungen auf den Anspruch der Klägerin auf die Corona Sonderzahlung aus dem Tarifvertrag 2020 erfolgt sind.

2.5

Der Anspruch auf die Zinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 247 BGB.

III.

Die zulässige Anschlussberufung der Klägerin führt zur weiteren Verurteilung der Beklagten. Die Klägerin hat als Berufungsbeklagte rechtzeitig Anschlussberufung eingelegt und in der Berufungsbeantwortung die Klage in zulässiger Weise erweitert. Da dies geschehen ist, konnte die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung von § 264 Nr. 2 ZPO Gebrauch machen (MüKoZPO/Rimmelspacher, 6. Auflage, 2020, ZPO § 524 Rn. 23).

Die Klägerin hat die jeweiligen Vergütungsdifferenzansprüche auch in der Höhe schlüssig dargelegt. Der Anspruch auf die Zinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 247 BGB.

Einen Vergütungsdifferenzanspruch für März 2022 hat die Klägerin nicht beantragt.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

V.

Gegen dieses Urteil ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

Verkündet am: 16. August 2023

Vorschriften