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Urteil vom 23.11.2022 · IWW-Abrufnummer 237404

Landesarbeitsgericht Düsseldorf - Aktenzeichen 12 Sa 462/22

1. Zur Leistungskondiktion überzahlter Versorgungsbezüge, wenn sich der Ersatzschulträger für die Zahlung der Versorgungsbezüge des Landesamtes für Besoldung und Versorgung NRW im sog. Prüfmodell bedient.

2. Zur Anwendung von § 814 BGB in einem solchen Fall.

3. Die von der Kenntnis unabhängige Verjährungsfrist des § 65 LBeamtVG NRW findet in einem privatrechtlichen Versorgungsverhältnis des Ersatzschuldiensts keine Anwendung. Es bleibt bei § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB.

4. Ein Rückforderungsanspruch überzahlter Versorgungsbezüge kann auch im privatrechtlichen Versorgungsverhältnis einer ehemaligen Ersatzschullehrerin in entsprechender Anwendung von § 64 Abs. 2 Satz 3 LBeamtVG NRW aus Billigkeitsgründen herabgesetzt werden.


Tenor: I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.05.2022 - 8 Ca 674/22 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.095,52 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.02.2022 zu zahlen. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 25 % und der Beklagten zu 75 % auferlegt, ausgenommen die durch die Anrufung des Landgerichts Düsseldorfs erwachsenen Kosten. Diese werden alleine der Klägerin auferlegt. II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. III. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden Klägerin zu 40 % und der Beklagten zu 60 % auferlegt. IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückzahlung zu viel gezahlter Versorgungsbezüge.

Die am 05.07.1937 geborene Beklagte stand seit dem 01.08.1980 bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand am 01.12.1998 auf der Grundlage des Anstellungsvertrages vom 11.01.1980 in der Fassung des Änderungsvertrages vom 16.12.1991 als hauptberufliche Lehrerin für die Fächer Methodik und Didaktik, Körperbildung, Bewegungsbildung, pflegerische Gymnastik im Ersatzschuldienst der Klägerin. In dem Anstellungsvertrag hieß es u.a.:

"... wird auf Grund des § 41 Abs. 3 des Ersten Gesetzes zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen vom 8. April 1952 - SchOG - (GS. NW S. 430), des § 8 der Dritten Verordnung zur Ausführung des SchOG vom 10. Juli 1959 - 3. AVOzSchOG - (GV. NW. S. 125), des § 8 des Gesetzes zur Finanzierung der Ersatzschulen (Ersatzschulfinanzgesetz - EFG) vom 27. Juni 1961 (GV. NW. S.230) und der Ziffer 8.2 der Verwaltungsverordnung zur Durchführung dieses Gesetzes vom 25. November 1961 - VVOzEFG - (ABl. KM. NW. S. 191) folgender Anstellungsvertrag geschlossen:

...

§ 2

...

Frau C.-C. hat alle die den entsprechenden Lehrern an vergleichbaren öffentlichen Schulen obliegenden Pflichten zu übernehmen und wird seine (ihre) Tätigkeit nach den Weisungen der Schulleitung und in kollegialer Zusammenarbeit mit den anderen Lehrern der Schule ausüben.

Im Übrigen gelten für die Rechte und Pflichten des (der) Herrn/Frau/Fräulein C.-C. sinngemäß die Grundsätze, die allgemein für entsprechende hauptamtliche Lehrer an vergleichbaren öffentlichen Schulen maßgebend sind, soweit diese Grundsätze nicht auf der Eigenart des öffentlichen Dienstes beruhen.

§ 3

...

Die Dienstbezüge werden spätestens am letzten Werktag eines jeden Monats für den folgenden Monat gezahlt.

...

§ 5

Herr/Frau C.-C. hat Anwartschaft auf beamtenmäßige Versorgung. Bei der Berechnung der Versorgungsbezüge werden die für vergleichbare Landesbeamte geltenden Bestimmungen entsprechend angewandt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung des Anstellungsvertrages vom 11.01.1980 nebst ,Änderungsvereinbarung vom 16.12.1991 (Anlage zum Protokoll vom 16.03.2022) Bezug genommen.

Die Beklagte war mit einem Lehrer, der als Beamter im Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen stand, verheiratet. Seit dessen Tod erhielt sie aus dessen Versorgung aufgrund des Bescheides des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: LBV) vom 02.05.2013 (Anlage B 1 zum Schriftsatz der Klägerin vom 11.03.2022) ab dem 01.04.2013 ein Witwengeld in Höhe von monatlich 2.416,03 Euro brutto.

Seit ihrer Zur-Ruhesetzung erhielt die Beklagte von der Klägerin ein Ruhegehalt in Höhe von monatlich 3.969,75 Euro ausgezahlt. Auf diese Zahlung wurde das Witwengeld nicht gemäß § 67 LBeamtVG angerechnet.

Mit Schreiben vom 02.05.2013 teilte das LBV unter dem Az. R 00000000 der Schulabteilung der Bezirksregierung Düsseldorf, dort eingegangen am 03.05.2013, unter anderem Folgendes mit:

"hiermit übersende ich Ihnen 1 Berechnung der Versorgungsbezüge (Witwengeld) der K. V. C.-C. mit der Bitte um Bearbeitung (Regelung des Ruhegehalts nach § 54 BeamtVG). Außerdem hat mir Frau C.-C. die Steuerbescheinigung nach Steuerklasse 3 vorgelegt. Die Versteuerung bei Ihnen soll daher, wie in der anliegenden Bescheinigung ab 1.4.13 nach Steuerklasse 6 erfolgen. Außerdem wurde mir eine Bescheinigung über Vorsorgeaufwendungen ab 1.5.13 vorgelegt, so dass diese bei Ihnen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in Abzug gebracht werden dürfen."

Auf dem Schreiben ist vermerkt: "Eingabe erl. 27/05/13" und "Lst. 6 ab 04/2013".

Mit Schreiben vom 01.09.2020 (Anlage K2) teilte das LBV unter dem Az. T 00000000 der Schulabteilung der Bezirksregierung Düsseldorf "im Auftrag für X. Schule gGmbH" unter dem Betreff "Übernahme eines Zahlfalles aus dem Prüfmodell in das Einkaufsmodell" unter anderem Folgendes mit:

"von dem Schulträger X. Schule gGmbH wird der Zahlfall K. C.-C. ab dem 01.10.2020 unter der Personalnummer T 0000000000 vom Prüfmodell in das Einkaufsmodell übernommen. Bei der Aufnahme des Zahlfalls ins Einkaufsmodell ist aufgefallen, dass die Versorgungsempfängerin weitere Versorgungsbezüge (Witwenbezüge) erhält. Eine Änderungsmitteilung/Berechnung über die Regelung nach § 54 bzw. 67 LBeamtVG ist im Prüfmodell nicht eingegangen und somit keine Kürzung erfolgt. Frau C.-C. hat seit 01.04.2013 zu hohe Versorgungsbezüge erhalten."

Nach der Berechnung der Klägerin, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage K1 Bezug genommen wird, erhielt die Beklagte im Jahr 2017 eine monatliche Überzahlung in Höhe von 1.884,96 Euro. Der Rückforderungsanspruch für 2017 belief sich nach dieser Berechnung auf 22.619,54 Euro. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 16.12.2020 (Anlage K3) wies die Klägerin die Beklagte auf die Überzahlung für den Zeitraum 2017 bis 2020 in Höhe von insgesamt 79.403,37 Euro hin und forderte sie auf, hinsichtlich der Rückforderungsbeträge für das Jahr 2017 in Höhe von 22.619,54 Euro vorsorglich eine Verzichtserklärung auf die Einrede der Verjährung gegenzuzeichnen und kündigte für den Fall, dass eine derartige Erklärung nicht abgegeben werden sollte, die Beantragung eines Mahnbescheides an.

Am 23.12.2020 beantragte die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheides über eine Hauptforderung in Höhe von 22.619,54 Euro zuzüglich Verfahrenskosten, der am 28.12.2020 vom Amtsgericht Hagen erlassen und der Beklagten am 30.12.2020 zugestellt wurde. Gegen diesen Mahnbescheid legte die Beklagte am 06.01.2022 Widerspruch ein. Im Anschluss an das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 16.12.2020 befanden sich die Parteien in Vergleichsverhandlungen, wobei beide Seiten vergleichsbereit waren. Letztlich verständigte man sich - wie beide Prozessbevollmächtigten im Termin vor der erkennenden Kammer am 23.11.2022 bestätigt haben - darauf, die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten auf Basis des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs für das Jahr 2017 zu klären. Mit Schreiben vom 07.10.2021 (Anlage K4) erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten sich mit der Vorgehensweise abschließend einverstanden und teilte mit, dass sich seine Mandantin dazu entschieden habe, zur weiteren Reduzierung des Gerichtsstreitwerts auf die geltend gemachte Forderung 11.309.77 Euro zu zahlen. Das Amtsgericht Hagen hat auf den am 30.10.2021 eingegangenen Antrag der Klägerin nach Zahlung der am 06.01.2021 angeforderten Kosten für das streitige Verfahren von 927,50 Euro am 03.11.2021 das Verfahren insgesamt am 04.11.2021 an das Landgericht Düsseldorf abgegeben. Das Abgabeschreiben der Klägerin mit darin enthaltener Anspruchsbegründung ist der Beklagten am 02.12.2021 zugestellt worden. Das Landgericht Düsseldorf hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 20.12.2021 zuständigkeitshalber an das Arbeitsgericht Düsseldorf verwiesen.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, die Beklagte müsse den Rückforderungsbetrag in vollem Umfang erstatten. Gemäß § 2 des Anstellungsvertrages würden im Verhältnis der Parteien alle Regelungen gelten, die auch im Verhältnis eines Beamten zu seinem Dienstherrn gelten würden. Somit seien auch die Regelung des LBeamtVG NRW und des LBG NRW in den Vertrag einbezogen worden. Darüber hinaus träfen die angestellte Lehrkraft die gleichen Treuepflichten wie eine verbeamtete Lehrkraft. Sie könne daher die zu viel gezahlten Bezüge zurückfordern. Diese habe die Beklagte ohne rechtlichen Grund erhalten. Gemäß § 67 LBeamtVG seien neben den Versorgungsbezügen geleistete weitere Leistungen anzurechnen, sofern diese den Höchstbetrag gemäß § 67 LBeamtVG überstiegen. So liege der vorliegende Fall, denn die Beklagte erhalte neben eigenen Versorgungsbezügen eine Witwenrente.

Die Klägerin hat behauptet, sie selbst habe erstmals aufgrund des Schreibens des LBV an die Bezirksregierung vom 01.09.2020 Kenntnis von der Überzahlung gehabt. Die Klägerin hat gemeint, auf das Wissen des LBV oder der Bezirksregierung könne die Beklagte nicht abstellen, weil sie zu dem Witwengeldanspruch in keiner rechtlichen Beziehung stehe. Allein die Beklagte habe hinsichtlich dieses Anspruches in einer rechtlichen Beziehung zu dem LBV gestanden. Sie sei darauf angewiesen gewesen, dass die Beklagte auf der Grundlage ihrer beamtenrechtlichen Verpflichtung, ihr diese Auskunft erteile, damit sie in die Lage versetzt werde, die Anrechnung auf die von ihr gezahlten Versorgungsbezüge vorzunehmen. Der Beklagten sei nach der insoweit übereinstimmenden Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zuzurechnen, dass sie gewusst habe oder zumindest hätte wissen müssen, dass sie nicht ihre eigenen Pensionsansprüche ungekürzt neben der vollen Witwenpension beziehen könne. Nach dieser Rechtsprechung reiche es aus, dass der Beklagten Zweifel hätten kommen müssen, wodurch sie eine Verpflichtung zu einer Nachfrage und Klärung gehabt habe. Es handele sich bei der Überzahlung nicht nur um einen Berechnungsfehler. Für ein Mitverschulden ihrerseits sei unter Berücksichtigung des streitgegenständlichen Sachverhalts kein Raum. Sie habe mit der Festsetzung der Witwenpension nichts zu tun. Deshalb unterscheide sich der hier vorliegende Fall von den Normalfällen, bei denen das LBV sowohl für die Festsetzung der Pensionsansprüche als auch der Witwenpension zuständig sei und somit alle Informationen in einer Behörde gebündelt seien. Sie sei aufgrund des Arbeitsvertrages nur für die Zahlung der eigenen Pensionsansprüche zuständig und verantwortlich. Ihre Bezügemitteilungen seien richtig gewesen, es habe lediglich die Auskunft der Beklagten, dass eine Witwenpension angerechnet werden müsse, gefehlt.

Die Klägerin ist der Auffassung gewesen, die Frist des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG NRW sei auf das hier streitige arbeitsrechtliche Versorgungsverhältnis nicht anzuwenden. Darüber hinaus wäre die Frist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch gewahrt. Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte schulde ihr die Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten als Schadenersatz.

Im Gütetermin hat der Klägervertreter darauf hingewiesen, dass weder bei ihm noch beim Schulträger ein Zahlungseingang in Höhe von 11.309,77 Euro aufgefunden werden konnte. Im Kammertermin hat der Beklagtenvertreter ausgeführt, dass die Beklagte diesen Betrag angewiesen habe. Allerdings sei der Auftrag von der Bank nicht ausgeführt worden. Ob diese Zahlung inzwischen erfolgt sei, könne er nicht sicher sagen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 22.619,54 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, 2. die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.242,84 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung gewesen, der Klägerin stehe allenfalls ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 11.309,77 Euro zu. Die Beklagte hat weiter behauptet, dem LBV, der Bezirksregierung Düsseldorf sowie der Klägerin sei bekannt gewesen, dass sie mit einem verbeamteten Lehrer verheiratet gewesen sei und dass dieser bereits vor geraumer Zeit verstorben sei. Die Kenntnis des LBV darüber, dass sie neben ihren eigenen Versorgungsbezügen auch Einkünfte aus der Pension ihres verstorbenen Ehemannes habe, ergebe sich daraus, dass es den entsprechenden Bewilligungsbescheid, datierend vom 02.05.2013, selbst erlassen habe. Für die Bezirksregierung Düsseldorf folge die Kenntnis darüber, dass sie neben ihren eigenen Versorgungsbezügen auch Einkünfte aus der Pension ihres verstorbenen Ehemannes habe, aus dem Erhalt des Schreibens des LBV vom 02.05.2013 am 03.05.2013. Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin sei entsprechend informiert gewesen, weil sowohl das LBV als auch die Bezirksregierung Düsseldorf die entsprechende Information an die Klägerin weitergeleitet hätten. Die Beklagte hat ausdrücklich bestritten, dass die Klägerin erst im September 2020 davon Kenntnis erlangt habe, dass sie als Witwe ihres verstorbenen Ehemannes weitere Versorgungsbezüge erhalten habe. Die Beklagte hat vorsorglich mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin über den Umstand, dass sie eine Witwenpension bezogen habe, nicht vom LBV und/oder der Bezirksregierung in Kenntnis gesetzt worden sei. Sie hat behauptet, ihr sei es zu keiner Zeit in den Sinn gekommen, dass die Pension ihres verstorbenen Ehemannes auf ihren eigenen Pensionsanspruch anzurechnen sein könnte. Der Berechnungsfehler sei für sie nicht erkennbar gewesen. Sie sei zeitlebens als Lehrerin tätig gewesen und sowohl in juristischer als auch in versorgungsmathematischer Hinsicht Laie.

Die Beklagte hat gemeint, wäre die Angelegenheit nach allgemeinem Verwaltungsrecht zu bewerten, so hätte eine Rückforderung unter dem Aspekt des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG NRW nur binnen eines Jahres nach Kenntniserlangung erfolgen dürfen. Auch wenn es sich bei dem hier streitgegenständlichen Rechtsverhältnis vordergründig um eine dem Zivilrecht zuzuordnende Streitigkeit handele, dürften grundlegende beamtenrechtliche Bestimmungen, zu denen nach ihrem Dafürhalten auch § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG NRW zu rechnen sei, analog anwendbar sein. Die Beklagte hat behauptet, innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG NRW sei keine Rückforderung durch die Klägerin erfolgt. Sie ist der Ansicht, wenn man eine entsprechende Ausschlussfrist nicht auf § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG NRW stützen wolle, kämen alternativ tarifliche Ausschlussfristen oder der Grundsatz der Verwirkung in Betracht.

Ferner entspreche es der Gesetzeslage sowie der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, dass aufgrund der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ein Rückforderungsbetrag abhängig vom Mitverursachungsbeitrag des Dienstherrn im Rahmen einer Ermessensentscheidung regelmäßig angemessen zu reduzieren sei. Die Klägerin als Arbeitgeberin dürfte eine vergleichbare Fürsorgepflicht treffen. Aufgrund des erheblichen Mitverschuldens der Klägerin sowie des Umstandes, dass sie auf die Richtigkeit der Bezügemitteilungen vertraut und ihr Ausgabeverhalten hieran orientiert habe, dürfte allenfalls die Rückforderung der hälftigen überzahlten Bezüge in Betracht kommen.

Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe die Festsetzung und Abrechnung der Bezüge während der gesamten Beschäftigungsdauer und nun auch im Pensionsalter vollständig dem LBV überlassen. Sie gehe davon aus, dass zwischen dem LBV und der Klägerin ein entsprechendes Auftragsverhältnis bestehe. Wenn die Klägerin die gesamte Festsetzung und Abrechnung der Bezüge auf einen Dritten auslagere und diesen Dritten als maßgeblichen Ansprechpartner benenne, wie dies hier der Fall gewesen sei, müsse sie sich Informationen, die dem Dritten in dieser Funktion bekannt geworden seien, als eigenes Wissen zurechnen lassen, und zwar auch dann, wenn der Dritte seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfülle und ihm bekannte Informationen nicht an die Klägerin weiterleite. Ein Mitverschulden der Klägerin liege hier mehr als auf der Hand, denn sowohl das LBV als auch die Bezirksregierung als Genehmigungsbehörde hätten nachweislich von Beginn an Kenntnis davon gehabt, dass sie eine Witwenpension bezogen habe. Es sei für sie unverändert schwer vorstellbar, dass weder das LBV noch die Bezirksregierung die Klägerin hierüber informiert haben sollten. Zudem habe die Klägerin ihre persönlichen Verhältnisse gekannt und daher gewusst, dass sie mit einem verbeamteten Lehrer verheiratet gewesen sei. Auch über dessen Tod sei die Klägerin informiert worden. Dies hätte ausreichend Anlass geboten, nachzufragen, ob sie nicht neben ihren eigenen Bezügen auch eine Witwenpension bezogen habe.

Schließlich sei sie, die Beklagte, zwischenzeitlich in höchstem Maße pflegebedürftig und stehe unter amtlicher Betreuung. Ihr sei in Anbetracht ihres Zustands und der laufend anfallenden Pflegeaufwendungen der Rückforderungsanspruch nicht mehr verständlich zu machen.

Da bereits die Hauptforderung nicht bestehe, habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf einen Ausgleich vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Ein derartiger Anspruch dürfte im Bereich des Arbeitsrechts ohnehin nicht in Betracht kommt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 25.05.2022 weitgehend stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 22.619,40 Euro nebst Zinsen seit dem 19.02.2022 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Gegen das ihr am 02.06.2022 zugestellte Urteil hat nur die Beklagte am Montag, den 04.07.2022 Berufung eingelegt und in der Berufungsschrift ausgeführt, dass diese wegen eines Betrags von 11.309,70 Euro eingelegt werde. Die Beklagte hat ihre Berufung am 01.08.2022 begründet.

Sie ist der Ansicht, dass das Urteil des Arbeitsgerichts jedenfalls im Umfang der Anfechtung unzutreffend sei. Eine Vernehmung der von ihr benannten Zeuginnen und Zeugen hätte ergeben, dass die Klägerin bereits seit 2013 davon Kenntnis gehabt habe, dass sie neben ihren eigenen Versorgungsbezügen auch Witwengeld erhielt. Gleiches gelte für die Beiziehung der Verwaltungsakten des LBV und der Bezirksregierung. Diese Kenntnis führe zur Verwirkung des Rückforderungsanspruchs und sei zudem unter dem Aspekt von § 814 BGB und § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW sowie des Mitverschuldens der Klägerin zu berücksichtigen.

Sie halte außerdem ihre Rechtsansicht aufrecht, dass die Klägerin sich das Wissen von Bezirksregierung und LBV zurechnen lassen müsse. Immerhin erfolge die Zahlung der Bezüge weit überwiegend aus Landesmitteln. Nicht die Klägerin, sondern das Land Nordrhein-Westfalen finanziere ihre Altersbezüge weit überwiegend. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass das Land Nordrhein-Westfalen überhaupt Rückforderungsansprüche gegen die Klägerin erhebe. Jedenfalls habe die Klägerin keine Rückzahlungen an das Land Nordrhein-Westfalen geleistet. Die Klage sei deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt weit überwiegend unbegründet. Die Klägerin sei verpflichtet, den Einwand des Mitverschuldens gegenüber dem Land Nordrhein-Westfalen vorzubringen, um den ihr gegenüber bestehenden Rückzahlungsanspruch möglichst gering zu halten. Im Verhältnis der Klägerin zur Bezirksregierung dürfte die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zum Mitverschulden des Dienstherrn voll durchschlagen. Verurteile man sie zur Rückzahlung, ohne Kenntnis einer Rückzahlung durch die Klägerin an das Land Nordrhein-Westfalen, würde die Klägerin durch die Rückzahlung der Bezüge faktisch einen Gewinn machen. Das Gegenteil zu beweisen, obliege der Klägerin.

Das Arbeitsgericht habe zudem den Anstellungsvertrag unzutreffend ausgelegt. Aus § 5 des Anstellungsvertrages folge, dass die beamtenrechtlichen Bestimmungen in vollem Umfang zur Anwendung kämen, d.h. auch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zum Mitverschulden des Dienstherrn im Rahmen eines Rückforderungsanspruchs. Dies habe der Klägervertreter auch gegenüber der Bezirksregierung mit einer Reduzierung um 30% geltend gemacht. Hiermit könne sie ggfs. leben, halte aber nach wie vor eine Mitverschuldensquote von 50% für zutreffend. Aus § 2 Abs. 3 des Anstellungsvertrags folge kein anderes Ergebnis. Die Berücksichtigung der Mitverschuldensquote sei keine Eigenart des öffentlichen Dienstes.

Die Beklagte meint, es liege ein Organisationsverschulden der Klägerin vor. Sie hätte ausreichend dafür Rechnung tragen müssen, dass sie durch das LBV über ihre bezügerechtlichen Veränderungen informiert werde.

Die Beklagte beruft sich auf die Einrede der Verjährung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.05.2022 - 8 Ca 674/22 - teilweise abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, als sie zur Zahlung eines Betrags verurteilt worden ist, der 11.309,70 Euro übersteigt.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Auf ihrer Seite sei keinerlei Mitverschulden zu berücksichtigen. Soweit sie gegenüber der Bezirksregierung versucht habe, eine Reduzierung des Rückzahlungsanspruchs zu erreichen, sei dies ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt.

Eine Zurechnung von Wissen des LBV oder der Bezirksregierung erfolge nicht. Maßgebend sei alleine ihre Kenntnis, die gefehlt habe. Daran ändere der unsubstantiierte Vortrag der Beklagten zu ihrer angeblichen Kenntnis seit 2013 nichts.

Das Vertragsverhältnis der Parteien habe auch nicht vollständig dem Beamtenrecht unterlegen. § 5 des Anstellungsvertrags beziehe sich nur auf die Versorgung. Für die übrigen Vertragsbestandteile gelte gemäß § 2 des Anstellungsvertrags das Privatrecht. Für den Rückforderungsanspruch gelte nicht das öffentliche Recht. Sie könne die Beklagte auch gar nicht "besolden", weil sie keine Behörde sei. Die Besonderheit der Besoldung sei das Alimentationsprinzip und daraus begründe sich auch die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Reduzierung von Rückforderungen gegenüber Beamtinnen und Beamten. Das Alimentationsprinzip finde aber im privaten Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten keine Anwendung.

Auf einen Vermögensschaden komme es nicht an, weil es um einen Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gehe. Hierfür sei kein Schaden erforderlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle in beiden Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig.

1. Der Zulässigkeit der Berufung steht zunächst nicht entgegen, dass die Beklagte weder mit der Berufungsschrift noch mit der Berufungsbegründung einen ausdrücklichen Berufungsantrag angekündigt hat.

a) Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO muss die Berufungsbegründung die Erklärung beinhalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge). Der Zweck des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO gebietet nicht zwingend einen förmlichen Sachantrag. Durch die Vorschrift soll der Berufungskläger im Interesse der Beschleunigung des Berufungsverfahrens dazu angehalten werden, sich eindeutig über Umfang und Ziel seines Rechtsmittels zu erklären und Berufungsgericht sowie Prozessgegner über Umfang und Inhalt seiner Angriffe möglichst schnell und zuverlässig ins Bild setzen. Daher reicht es aus, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze des Berufungsklägers ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig ergeben, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil angefochten werden soll (BGH 01.04.2015 - XII ZB 503/14, juris Rn. 11; BGH 20.08.2019 - VIII ZB 29/19, juris Rn. 14; BeckOKZPO/Wulf, 44. Edition Stand 01.03.2022, § 540 Rn. 15).

b) Diese Anforderungen sind hier erfüllt, auch wenn weder die Berufungsschrift vom 04.07.2022 noch die Berufungsbegründungsschrift vom 04.10.2022 einen ausdrücklichen Berufungsantrag enthalten. Aus diesen beiden Schriftsätzen ergibt sich auch ohne förmlichen Berufungsantrag innerhalb der bis zum 05.10.2022 verlängerten Berufungsbegründungsfrist, in welchem Umfang und mit welchem Ziel die Beklagte das Urteil des Arbeitsgerichts anfechten möchte. Mit dem Urteil des Arbeitsgerichts ist die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 22.619,40 Euro verurteilt worden. Dabei handelte es sich um überzahlte Versorgung für die Zeit von Januar 2017 bis Dezember 2017 in Höhe von monatlich 1.884,95 Euro, d.h. von 12 x 1.884,95 Euro. Bereits mit der Berufungsschrift vom 04.07.2022 hat die Beklagte angegeben, dass sie nur beschränkt in einem Umfang von 11.309,70 Euro Berufung einlegt. Dabei handelt es sich um die Hälfte des von dem Arbeitsgericht zugesprochenen Betrages. Worauf genau diese Hälfte sich bezog - hälftiger monatlicher Anteil des gesamten Jahres 2017 oder aber sechs volle Monate des Jahres 2017 - war daraus noch nicht erkennbar. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer eindeutig und für Prozessgegnerin und Gericht erkennbar aus der Berufungsbegründung. Auf Seite fünf im vorletzten Absatz führt die Beklagte aus, dass sie weiterhin von einer Mitverschuldensquote von 50 % ausgehe, auch wenn sie ggfs. mit einer Quote von 30 % leben könnte. Daraus wird deutlich, dass sie in dem Umfang der von ihr selbst angenommenen Mitverschuldensquote von jedenfalls 50% keine Berufung einlegen möchte. Die Mitverschuldensquote bezieht sich ihrer Natur nach auf die einzelnen monatlichen Zahlungen, die jeweils um diesen Prozentsatz reduziert werden, weil sich die Quote jeden Monat gleich auswirkt. Die Klägerin hat die monatlichen Rückzahlungsforderungen für das Jahr 2017 lediglich im Wege einer zulässigen Gesamtklage zu einem Betrag zusammengefasst (vgl. dazu BAG 24.09.2014 - 5 AZR 593/12, juris Rn. 21). Diesem Ergebnis entspricht, dass der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, das Gegenstand des Berufungsverfahrens nur noch der hälftige Zahlbetrag in der Gestalt sei, dass monatlich nur noch eine 50%-Zahlung angegriffen wird, d. h. die Beklagte wendet sich nur noch gegen 50 % der Zahlung, zu der sie verurteilt worden ist, d. h. 1.884,95 Euro : 2 = 942,475 x 12 = 11.309,70 Euro. Die Klägerin hat hierzu keine Einwände erhoben.

2. Die Beklagte hat die Berufung ordnungsgemäß i.S.v. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO begründet. Sie setzt sich in ausreichendem Maße mit der Begründung des Arbeitsgerichts auseinander. So führt sie im Einzelnen aus, warum sie aufgrund der Refinanzierung ihrer Bezüge und ihrer Versorgung durch das Land Nordrhein-Westfalen der Meinung ist, dass ohne Nachweis der Klägerin, in welchem Umfang diese die überzahlten Versorgungsbezüge tatsächlich an das Land zurückerstatten muss, dieser kein Rückforderungsanspruch zustehe. Damit bringt sie die Begründung des Arbeitsgerichts für den Klagezuspruch zu Fall. Ob diese Argumentation zutreffend ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Berufung.

II. Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet, weil der Klägerin nur ein um 20% gekürzter Rückzahlungsanspruch zusteht. Dies ergibt insgesamt einen Rückzahlungsanspruch von 18.095,52 Euro für das Jahr 2017 aus 12 x 1.507,96 Euro (1.884,95 Euro x 0,8). Auch wenn - wie ausgeführt - 11.309,70 Euro für das Jahr 2017 kein Gegenstand der Berufung mehr waren, hat das Gericht den Urteilsausspruch des Arbeitsgerichts in der Hauptsache aus Gründen der Klarstellung insgesamt neu gefasst. In dem Umfang, der monatlich den Betrag von 1.507,09 Euro und für 2017 insgesamt den Betrag von 18.095,52 Euro übersteigt, ist die Berufung begründet. In dieser Höhe steht der Klägerin kein Rückzahlungsanspruch zu.

1. Der Klägerin kann die für das Jahr 2017 in Höhe von monatlich 1.884,95 Euro überzahlten Versorgungsbezüge gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB in Höhe von monatlich 1.507,09 Euro von der Beklagten zurückverlangen.

2. Die Vorschrift des § 812 BGB findet Anwendung. Entweder gilt diese als Vorschrift des Privatrechts unmittelbar für das aus dem Anstellungsvertrag der Parteien folgende Versorgungsverhältnis (vgl. dazu für einen Ersatzschullehrer: "Betriebsrentenansprüche aus dem Arbeitsverhältnis", BAG 19.12.2000 - 3 AZR 456/99, juris Rn. 15) oder die Vorschrift kommt gemäß § 2 Abs. 2 des Anstellungsvertrags i.V.m. § 5 des Anstellungsvertrags i.V.m. § 64 Abs. 2 Satz 1 LBeamtVG zur Anwendung. Danach richtet sich die Rückforderung zu viel gezahlter Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

3. Die Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB sind gegeben, weil die Beklagte durch Leistung der Klägerin im Jahr 2017 ohne Rechtsgrund monatlich 1.884,95 Euro zu viel an Versorgung erlangt hat.

a) Nach dem Tod ihres Ehemanns erhielt die Klägerin neben ihren eigenen Versorgungsbezügen von monatlich 4.017,62 Euro brutto eine monatliche Witwenrente von 2.416,03 Euro brutto. In diesem Fall sind gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBeamtVG NRW i.V.m. § 5 des Anstellungsvertrags neben dem neuen Versorgungsbezug die früheren Versorgungsbezüge nur bis zum Erreichen der in § 67 Abs. 2 LBeamtVG NRW bezeichneten Höchstgrenze, hier dem Witwengeld, zu zahlen (zur Anwendung des § 54 BeamtVG Bund im Ersatzschuldienst BAG 19.12.2000 - 3 AZR 456/99, juris Rn. 21). Die Gesamtversorgung darf dabei nicht hinter der früheren Versorgung zurückbleiben (§ 67 Abs. 1 Satz 2 LBeamtVG). Zugleich dürfen die Gesamtbezüge gemäß § 67 Abs. 4 Satz 4 LBeamtVG NRW nicht hinter dem Ruhegehalt zuzüglich eines Betrages in Höhe von 20% des Witwengeldes zurückbleiben. Danach gilt hier Folgendes: Die eigene Versorgung der Klägerin betrug monatlich 4.017,62 Euro brutto. Das Witwengeld belief sich auf monatlich 2.416,03 Euro brutto. 20 % davon sind 483,21 Euro brutto. Daraus ergibt sich ein Mindestgesamtbetrag i.S.v. § 67 Abs. 4 Satz 4 LBeamtVG NRW von 4.500,83 Euro brutto. Zieht man hiervon das Witwengeld von 2.416,03 Euro brutto ab, verbleibt eine eigene monatliche Versorgung der Klägerin von 2.084,80 Euro brutto. Bei den der Klägerin monatlich für das Jahr 2017 gezahlten Versorgungsbezügen von 3.696,75 Euro brutto ergibt sich eine monatliche Überzahlung von 1.884,95 Euro brutto. Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.

b) Die Beklagte hat die monatliche Überzahlung durch Leistung der Klägerin erlangt, die damit Gläubigerin des Bereicherungsanspruchs ist.

aa) Die Klägerin hat die Versorgungsbezüge im Jahr 2017 selbst an die Beklagte gezahlt, mithin geleistet. Dies ergibt sich aus dem Schreiben des LBV vom 01.09.2020. Danach wurde der "Zahlfall" der Versorgungsbezüge der Klägerin bis zum 31.12.2019 im sog. Prüfmodell abgewickelt. Dies bedeutet, dass die Zahlung der Versorgungsbezüge durch die Klägerin selbst erfolgte. Die Nachprüfung der getroffenen Versorgungsfestsetzungen im Rahmen der Ersatzschulfinanzierung ist dem LBV im Rahmen des sog. Prüfmodells gemäß § 114 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW als Bestandteil der Rechnungsprüfung - insoweit letztlich für die Bezirksregierung als obere Schulaufsichtsbehörde - übertragen (§ 11 Abs. 3 Nr. 2 Ersatzschulfinanzierungsverordnung NRW - FESchVO). Erst ab dem 01.01.2020 wurde der "Zahlfall" der Versorgungsbezüge der Klägerin in das sog. Einkaufsmodell übertragen. In diesem übernimmt das LBV auf Antrag und gegen Entgelt gemäß § 114 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SchulG NRW i.V.m. § 11 Abs. 4 Nr. 2 FESchVO die Versorgungsbearbeitung, -festsetzung und -auszahlung. Es kam deshalb nicht darauf an, das auch im Einkaufsmodell ab dem 01.01.2020 der Bereicherungsausgleich im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten abzuwickeln gewesen wäre, weil hier im Valutaverhältnis, dem Versorgungsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagter, der Rechtsgrund fehlte (vgl. dazu z.B. BGH 29.04.2008 - XI ZR 371/07, juris Rn. 9 m.w.N.). Hier geht es um die Rückzahlung im Jahr 2017 bzw. Dezember 2016 (Bezüge für Januar 2017 - vgl. § 3 des Anstellungsvertrags) gezahlter Versorgungsbezüge.

bb) Soweit die Beklagte in anderem Zusammenhang eingewandt hat, dass - was zutrifft (vgl. §§ 2, 3 FESchVO und zuvor §§ 5, 8 Ersatzschulfinanzierungsgesetz NRW a.F.) - ihre Versorgungsbezüge jedenfalls teilweise aus Zuschüssen des Landes Nordrhein-Westfalen refinanziert wurden, ändert dies an der Stellung der Klägerin als Gläubigerin des Bereicherungsanspruchs nichts. Selbst wenn man davon ausgeht, dass für die Identifizierung der Leistenden die Herkunft des Vorteils aus deren Vermögen entscheidend sei (vgl. dazu BGH 04.02.1999 - III ZR 56/98, juris Rn. 24; BeckOKBGB/Wendehorst, 64. Ed. 01.11.2022, § 812 BGB Rn. 45; abl. MüKoBGB/Schwab, 8. Aufl. 2020, § 812 BGB Rn. 48 f.), ändert dies nichts. Der Umstand, dass eine Refinanzierung durch Zuschüsse erfolgt, ändert nichts daran, dass die Versorgungsbezüge der Beklagten aus eigenen Mitteln der Klägerin bezahlt wurden. Leistende ist sie als ehemalige Arbeitgeberin und nicht das Land Nordrhein-Westfalen. Die Klägerin ist nicht bloße Zahlstelle der Versorgungsbezüge, sondern selbst Versorgungsschuldnerin (vgl. so für den Träger einer Haushaltsersatzschule BAG 19.12.2000 - 3 AZR 456/99, juris Rn. 15).

4. Der Rückforderungsanspruch ist nicht gemäß § 814 Alt. 1 BGB ausgeschlossen. Von der Anwendbarkeit dieser Vorschrift kann ausgegangen werden (vgl. zu dieser Frage für öffentliche-rechtliche Rückforderungen gemäß § 12 Abs. 2 BBesG und i.E. bejahend OVG Münster 02.08.2001 - 1 A 3262/99, juris Rn. 45 ff.). Die Voraussetzungen des § 814 Alt. 1 BGB sind nicht gegeben.

a) Gemäß § 814 Alt. 1 BGB kann das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Erforderlich ist die positive Kenntnis der Rechtslage im Zeitpunkt der Leistung (BAG 31.03.2021 - 5 AZR 197/20, juris Rn. 14). Für die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 814 BGB ist der Leistungsempfänger darlegungs- und beweispflichtig (BAG 26.06.2019 - 5 AZR 178/18, juris Rn. 35).

b) Hier ist zu berücksichtigen, dass die tatsächliche Zahlung im Jahr 2017 von der Beklagten erfolgte, zugleich aber über das Prüfmodell eine gewisse externe Kontrolle durch das LBV für die Bezirksregierung als obere Schulaufsichtsbehörde erfolgte. Für die positive Kenntnis ist darauf abzustellen, dass der Leistende wusste, dass er nach der Rechtslage nichts schuldete (BAG 13.10.2010 - 5 AZR 648/09, juris Rn. 14). Dabei findet eine Zurechnung von Wissen gemäß § 166 Abs. 1 BGB analog nicht statt. Das Erfordernis der positiven Kenntnis des Leistenden von der Nichtschuld i.S.v. § 814 BGB kann nicht durch die Zurechnung des Wissens anderer entsprechend § 166 Abs. 1 BGB ersetzt werden, weil dann kein widersprüchliches Verhalten, dessen Ausprägung § 814 BGB ist, gegeben ist. So findet z.B. eine Zusammenführung des Wissens von Beschäftigungsbehörde und Bezügestelle nicht statt (BAG 13.10.2010 a.a.O. Rn. 16; krit. hierzu MüKoBGB/Schwab, 8. Aufl. 2020 § 814 BGB Rn. 21). Dies gilt auch für juristische Personen. Die insoweit zu fordernde Kenntnis kann bei einer juristischen Person nicht durch Zurechnung des Wissens einzelner Mitarbeiter, die mit dem Vorgang in Berührung gekommen sind, festgestellt werden, sondern es kann nur abgestellt werden auf die Kenntnis desjenigen, der die Leistung entweder tatsächlich bewirkt oder zumindest angeordnet hat (OLG Köln - 20 U 168/08, juris Rn. 5; s.a. BAG 13.10.2010 a.a.O. Rn. 14 abstellend auf die fehlende Kenntnis der "leistenden Bezügestelle"). Und auch unter dem Aspekt des Organisationsverschuldens erfolgt im Rahmen von § 814 BGB keine Zurechnung z.B. des Wissens der Mitarbeiter der Vertragsabteilung zu denjenigen der Leistungsabteilung, weil ein Organisationsmangel kein Fall widersprüchlichen und für § 814 BGB maßgeblichen, sondern vorwerfbaren Verhaltens ist. Dieser Argumentation folgt die erkennende Kammer, weil sie zutreffend auf den § 814 BGB tragenden Rechtsgedanken abstellt. Die Frage eines Organisationsverschuldens spielt vielmehr z.B. im Rahmen des Haftungsrechts eine Rolle (OLG Köln 10.01.2012 - 20 W 57/11, juris Rn. 5). Diese Frage ist im Rahmen der später noch vorzunehmenden Billigkeitsentscheidung zu würdigen. Dort ist sie sachgerecht verortet, weil es dabei um eine Verteilung von Verursachungsbeiträgen gehen kann, während § 814 BGB (nur) zu dem vollständigen Ausschluss des Bereicherungsanspruchs führen kann. Im Rahmen von § 814 Alt. 1 BGB kommt die Frage eines Organisationsverschuldens mithin nicht zum Tragen. Entscheidend ist alleine die positive Kenntnis des Leistenden.

c) Die Voraussetzungen der erforderlichen positiven Kenntnis des Leistenden i.S.v. § 814 Alt. 1 BGB sind nicht gegeben.

aa) Dass der oder die bei der Klägerin tatsächlich Leistende keine positive Kenntnis von der hier in Rede stehenden Nichtschuld, d.h. der konkreten teilweisen monatlichen Überzahlung der Versorgungsbezüge aufgrund der Anrechnung des Witwengeldes hatte, hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt. Auf das LBV oder die Bezirksregierung ist an dieser Stelle nicht abzustellen, weil zunächst maßgeblich die positive Kenntnis der leistenden Person bei der Klägerin ist. Einen entsprechenden Sachvortrag hat die Beklagte als darlegungs- und beweisbelastete Leistungsempfängerin nicht gehalten. Der Sachvortrag, dass sowohl das LBV als auch die Bezirksregierung die Information von den Einkünften der Klägerin aus der Witwenpension ihres verstorbenen Ehemanns an die Klägerin weitergeleitet hätten, genügte nicht. Bereits das Arbeitsgericht hat ausgeführt, dass Sachvortrag dazu fehle, wer wann in welcher Weise die entsprechenden Schreiben an die Klägerin weitergeleitet hätte. Dies wird tatsächlich aus dem erstinstanzlichen Sachvortrag auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 11.03.2022 nicht deutlich. Daran ändert auch der Sachvortrag der Beklagten im Berufungsrechtszug nichts. Sie führt lediglich aus, dass die Vernehmung der von ihr benannten Zeuginnen und Zeugen aus dem LBV und der Bezirksregierung ergeben hätte, dass die Klägerin von ihrem Witwengeld bereits seit 2013 Kenntnis gehabt habe. Auch dieser Sachvortrag genügte - wie in der mündlichen Verhandlung am 23.11.2022 erörtert - nicht. Zunächst belegt der Sachvortrag einer behaupteten Weiterleitung des Schreibens des LBV vom 02.05.2013, welches die Bezirksregierung am 03.05.2013 erhielt, durch LBV oder Bezirksregierung an die Klägerin lediglich dessen Absendung. Zu einem Empfang bei der Klägerin ist damit keine Aussage gemacht. Es bliebt nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung weiter offen, wer eigentlich bei der Klägerin Kenntnis von den Schreiben erlangt haben soll. So ist schon keine Prüfung möglich, ob eine positive Kenntnis des tatsächlich Leistenden gegeben war. Und unabhängig davon änderte selbst der Empfang des Schreibens vom 02.05.2013 durch den Leistenden bei der Klägerin nichts, denn damit ist nicht gesagt, dass dieser eine eigene tatsächliche Prüfung gemäß § 54 LBeamtVG a.F. (jetzt § 67 LBeamtVG NRW) vorgenommen hatte (vgl insoweit auch OLG Köln 10.01.2012 - 20 W 57/11, juris Rn. 6) und positiv bei der Leistung wusste, dass aufgrund des Bezugs von Witwengeld seitens der Klägerin eine teilweise Überzahlung des eigenen Ruhegehalts gegeben war. Zutreffend hat das Arbeitsgericht insoweit ebenfalls ausgeführt, dass eine etwaige Kenntnis des Leistenden bei der Klägerin von dem Tod des Ehemanns der Beklagten nicht die erforderliche positive Kenntnis von der Nichtschuld begründet. Eine Beiziehung der Verwaltungsakten des LBV und der Bezirksregierung kam vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht in Betracht. Es fehlte aus den oben dargelegten Gründen schon an dem erforderlichen und für § 814 Alt. 1 BGB erforderlichen Sachvortrag der Beklagten, der damit belegt werden soll.

bb) Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass die Klägerin sich das Wissen von Bezirksregierung und LBV zurechnen lassen müsse, ändert dies nichts. Darauf kommt es nach dem oben Gesagten nicht an, weil diese die hier in Rede stehenden überzahlten Versorgungsbezüge nicht geleistet haben. Es handelte sich im sog. Prüfmodell letztlich nur um eine Nachprüfung der von der Klägerin vorgenommenen Versorgungsfestsetzung. Eine positive Kenntnis des bei der Klägerin Leistenden vermag dies - wie ausgeführt - nach dem oben Gesagten nicht zu begründen. Daran ändert sich entgegen der Ansicht der Beklagten nicht dadurch etwas, dass ihre Versorgungsbezüge jedenfalls teilweise aus Landesmitteln durch Zuschüsse finanziert werden. Dies ist kein Aspekt, der eine positive Kenntnis von der Nichtschuld begründet. An der Stellung der Klägerin als Bereicherungsgläubigerin ändert sich dadurch - wie bereits ausgeführt - nichts.

5. Der Anspruch der Klägerin ist nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Dies hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt. Auf I.7. der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Im Berufungsrechtszug ist keine andere Bewertung geboten.

6. Der Anspruch der Klägerin ist nicht aufgrund einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Eine solche findet nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien im Anstellungsvertrag auf das Versorgungsverhältnis keine Anwendung.

7. Der Anspruch der Klägerin ist nicht gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW ausgeschlossen. Ausweislich dieser Vorschrift ist die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig, zu dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen. Dies gilt hier aus drei Gründen nicht.

a) Erstens findet die Vorschrift auf das Vertragsverhältnis der Parteien schon keine Anwendung. Zwar hat die Beklagte gemäß § 5 des Anstellungsvertrags Anspruch auf eine beamtenmäßige Versorgung. Dies entspricht § 8 Abs. 3 EFG NRW a.F.. Eine Grenze für die sinngemäße Anwendbarkeit der Grundsätze für die Rechte und Pflichten für die entsprechenden hauptamtlichen Lehrer an vergleichbaren öffentlichen Schulen ergibt sich aus § 2 Abs. 2 des Anstellungsvertrags. Vorschriften des öffentlichen Beamten- und Versorgungsrechts kommen dann nicht zur Anwendung, wenn sie auf der Eigenart des öffentlichen Dienstes beruhen. Auf der Eigenart des "öffentlichen Dienstes" beruhen die für entsprechende Lehrer maßgeblichen Bestimmungen dann, wenn ihre Anwendung außerhalb des öffentlichen Dienstes sinnwidrig wäre oder aus praktischen Gründen nicht in Betracht kommt (BAG 14.07.1970 - 3 AZR 410/69, AP BGB § 242 Ruhegehalt-Beamtenversorgung Nr. 1 zu 2. der Gründe; BAG 29.01.1992 - 5 AZR 266/90, juris Rn. 39; BAG 06.12.2001 - 2 AZR 496/00, juris Rn. 53). So liegt es hier. Zwar werden für die Beamtinnen und Beamten die Versorgungsbezüge durch Dauerverwaltungsakt festgesetzt (vgl. dazu BVerwG 28.06.2012 - 2 C 13/11, juris Rn. 15; OVG NRW 07.04.2022 - 1 A 800/19, juris Rn. 24). Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Versorgungsbezüge der Klägerin, die auf der Grundlage eines privatrechtlichen Versorgungsverhältnisses gezahlt werden, nicht durch einen entsprechenden Dauerverwaltungsakt festgesetzt worden. Sie werden letztlich seitens der Klägerin schlicht berechnet und gezahlt. Daran ändern weder das sog. Prüf- noch das sog. Einkaufsmodell etwas. Wenn aber die Festsetzung der Versorgungsbezüge der Klägerin nicht durch Dauerverwaltungsakt erfolgt, dann ist es sinnwidrig, für die Rückforderung die Vorschriften über die Rücknahme von Verwaltungsakten entsprechend anzuwenden. Nichts Anderes gilt für eine entsprechende Anwendung der Frist aus § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW. Diese Vorschrift ist letztlich Gegenstand des Regelungssystems durch öffentlich-rechtliche Verwaltungsakte mit entsprechender Bestandskraft und den Voraussetzungen für deren Durchbrechung. Die Anwendung dieser Grundsätze ist im Arbeitsverhältnis sinnwidrig. Es geht hier gerade nicht darum, dass die Klägerin als juristische Person des Privatrechts durch Gesetz ermächtigt ist, Dienstherrenbefugnisse auszuüben (anders z.B. für die Deutsche Telekom gemäß Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG und dazu BVerwG 28.06.2012 - 2 C 13/11, juris)

b) Zweitens findet § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW - selbst wenn die Vorschrift auf das Vertragsverhältnis der Parteien anzuwenden wäre - auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt keine Anwendung. § 67 LBeamtVG NRW betrifft im Bereich der Versorgung einen sog. Ruhenstatbestand. Ein solcher vermindert die Versorgungsbezüge unmittelbar. Eines "Ruhensbescheids" bedarf es nicht (BVerwG 15.11.2016 - 2 C 9/15, juris Rn. 20), so dass auch § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW keine Anwendung finden kann. Eine entsprechende Anwendung im Betriebsrentenverhältnis der Parteien kommt dann nicht in Betracht.

c) Und Drittens gilt: Selbst wenn man § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW entsprechend anwenden wollte, änderte sich am Ergebnis nichts. Die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG beginnt erst, wenn die Behörde auf der Grundlage aller entscheidungserheblichen Tatsachen den zutreffenden rechtlichen Schluss gezogen hat, dass ihr die Rücknahmebefugnis zusteht. Dann muss sie innerhalb eines Jahres entscheiden, ob sie davon Gebrauch macht (BVerwG 28.06.2012 - 2 C 13/11, juris, Rn. 27). Daher setzt der Fristbeginn zum einen voraus, dass sich die zuständige Behörde über die Rechtswidrigkeit des begünstigenden Verwaltungsakts im Klaren ist. Sie muss zu der Erkenntnis gelangt sein, dass sie den Verwaltungsakt bislang zu Unrecht für rechtmäßig gehalten hat. Es ist unerheblich, ob sie sich zuvor in einem Irrtum über den entscheidungserheblichen Sachverhalt (Tatsachenirrtum) oder über dessen rechtliche Beurteilung (Rechtsirrtum) befunden hat (BVerwG a.a.O. Rn. 28). Wollte man die Vorschrift des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG hier entsprechend anwenden, dann müsste für den Fristbeginn auf die Kenntnis der Klägerin abgestellt werden. Aus den Ausführungen zu § 814 Alt. 1 BGB ergibt sich, dass diese nicht bereits vor dem Schreiben vom 01.09.2020 die für den Beginn der Frist des 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erforderliche Kenntnis hatte. Sie genügte dann der Rückforderung jedenfalls mit der Beantragung des Mahnbescheids am 23.12.2020, welcher der Beklagten am 30.12.2020 zugestellt wurde. Darin wäre eine entsprechende und rechtzeitige Rücknahmeentscheidung zu sehen.

8. Der Rückforderungsanspruch der Klägerin in Höhe von monatlich 1.884,95 Euro brutto für das Jahr 2017 ist nicht verjährt.

a) Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gemäß § 195 BGB i.V.m. § 18a Satz 2 BetrAVG drei Jahre. Sie beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger die gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderlichen Kenntnisse erlangte oder aber ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt hätte.

b) Diese Frist ist für die überzahlten Versorgungansprüche für die Monate Februar 2017 bis Dezember 2017 ohne weiteres und kenntnisunabhängig eingehalten.

aa) Der Rückforderungsanspruch entsteht jeweils monatlich in dem Zeitraum der Überzahlung. Gemäß § 3 des Anstellungsvertrags werden die Dienstbezüge der Klägerin spätestens am letzten Werktag eines jeden Monats für den folgenden Monat gezahlt. Nichts Anderes gilt gemäß § 5 Satz 1 des Anstellungsvertrages für die Versorgungsbezüge der Klägerin, denn Ziffer 2 i.v.m. Ziffer 1.1 des RdErl. d. Finanzministers NRW v. 6.7.1961 -B 2100-1804 IV 61 sieht vor, dass die Versorgungsbezüge am letzten Werktag ausgezahlt werden, der dem Zeitabschnitt vorangeht, für den die Auszahlung bestimmt ist. Fällt der letzte Werktag auf einen Sonnabend, so tritt an seine Stelle der vorhergehende Freitag. Die Rückzahlungsansprüche für die Versorgungsbezüge Februar 2017 bis Dezember 2017 entstanden damit sämtlich im Jahr 2017, nämlich von Januar 2017 bis November 2017. Die regelmäßige Verjährungsfrist lief am Schluss des Kalenderjahres 2020 ab.

bb) Die Verjährung wurde zunächst gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB durch die am 30.12.2020 erfolgte Zustellung des am 23.12.2020 beantragten Mahnbescheids an die Beklagte gehemmt. Allerdings ist die Abgabe an das Landgericht Düsseldorf nicht alsbald i.S.v. § 696 Abs. 3 ZPO, sondern verzögert erfolgt, nämlich erst am 04.11.2021 auf den am 30.10.2021 bei dem Amtsgericht eingegangenen Abgabeantrag und nach Zahlung der Kosten am 03.11.2021. Ein solcher Fall des Nichtbetreibens würde grundsätzlich nach sechs Monaten zum Ende der Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 2 Satz 3 BGB i.V.m. § 204 Abs. 3 Satz 1 BGB führen (Zöller/Seibel, ZPO 34. Aufl. 2022, § 696 ZPO Rn. 9 a.E.). Im Anschluss an die Hemmung der Verjährung durch die Zustellung des Mahnbescheids ist hier jedoch die Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen gemäß § 203 Satz 1 BGB eingetreten. Unter Vergleichsverhandlungen i.S.v. § 203 Satz 1 BGB ist grundsätzlich jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen zu verstehen, sofern der Schuldner dies nicht sofort und erkennbar ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein (BAG 20.06.2018 - 5 AZR 262/17, juris Rn. 32). Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die Parteien befanden sich im Anschluss an das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 16.12.2020 in Vergleichsverhandlungen, wobei beide Parteien vergleichsbereit waren. Ergebnis dieser Verhandlungen war die Verständigung dahingehend, die Höhe des Rückzahlungsanspruchs durch ein Verfahren über die Rückforderungsansprüche des Jahres 2017 zu klären. Die Beklagte erklärte sich damit mit Schreiben vom 07.10.2021 abschließend einverstanden. Dadurch waren die bis dahin andauernden Vergleichsverhandlungen beendet. Da die Verjährung frühestens drei Monate danach endete (§ 203 Satz 2 BGB), genügte die Abgabe des streitigen Verfahrens an das Landgerichts Düsseldorf am 04.11.2021 mit entsprechender Zustellung an die Beklagte am 02.12.2021.

c) Für den Rückforderungsanspruch für den Monat Januar 2017 gilt dies nicht ohne weiteres. Dieser ist nämlich nach den obigen Ausführungen nicht im Januar 2017, sondern bereits im Dezember 2016 entstanden. Die dreijährige Verjährungsfrist endete damit ausgehend von dem Zeitpunkt des Entstehens des Rückzahlungsanspruchs mit Ablauf des 31.12.2019. Die Kammer ist davon ausgegangen, dass der Anspruch in Anwendung von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht verjährt ist. Die Klägerin selbst hatte nach den obigen Ausführungen zu § 814 Alt. 1 BGB vor dem Schreiben vom 01.09.2020 keine Kenntnis von der Überzahlung. Eine etwaige Zurechnung von Wissen der Bezirksregierung oder des LBV als Dritter scheidet auch hier aus, weil maßgeblich die Kenntnis der Anspruchsinhaberin selbst (vgl. dazu BeckOGK-BGB/Piekenbrock, Stand 01.11.2022, § 199 BGB Rn. 121) ist. Dies ist hier die Klägerin. Mangels konkreter Anhaltspunkte bei der Klägerin für eine Überzahlung hat die Kammer auch eine grob fahrlässige Unkenntnis verneint. Insbesondere fehlte auch nach der Rüge des Arbeitsgerichts in diesem Punkt (Seite 14 unten der Entscheidungsgründe) jeder konkrete Vortrag dazu, wie denn die Klägerin viele Jahre nach dem Ausscheiden der Beklagten aus dem Schuldienst von dem Tod des Ehemanns der Beklagten erfahren haben soll. Es bedurfte deshalb ohne entsprechende konkrete Anhaltspunkte keiner eigeninitiativen Nachfrage der Klägerin bei der Bezirksregierung oder dem LBV.

d) Die Kammer geht davon aus, dass sich das Ergebnis nicht ändert, wenn die Regelung des § 65 LBeamtVG NRW berücksichtigt wird. Der Rückforderungsanspruch ist auch dann nicht verjährt.

aa) Maßgeblich ist § 65 LBeamtVG NRW, weil es um Versorgungsbezüge nach dem 01.06.2016 geht (§ 93 LBeamtVG NRW). Die Verjährungsfrist beträgt danach ebenfalls drei Jahre. Diese beginnt mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Ansprüche entstanden sind (§ 65 Satz 2 LBeamtVG NRW). Im Übrigen gelten die §§ 194 bis 218 BGB entsprechend (§ 65 Satz 3 LBeamtVG NRW). Der Beginn der Verjährungsfrist ist hier eigenständig geregelt und stellt nur auf die Entstehung des Anspruchs ab. Durch diese Regelung soll der Beginn der Verjährung aus Gründen der Praktikabilität und Rechtssicherheit kenntnisunabhängig ausgestaltet sein (LT-Drs. NRW 16/10380 S. 413 zum damaligen Satz 3 des Entwurfs zu § 65 LBeamtVG NRW, geändert in Satz 2 in der Ausschussfassung LT-Drs. 16/12136 S. 351).

bb) Für die Rückzahlungsansprüche der Monate Februar 2017 bis Dezember 2017 ergibt sich ohne weiteres und gerade kenntnisunabhängig, dass auch bei Anwendung von § 65 LBeamtVG NRW keine Verjährung eingetreten ist. Die Rückzahlungsansprüche sind - wie ausgeführt - frühestens von Januar 2017 bis November 2017 entstanden, weil die Rückzahlungsansprüche monatlich im Voraus zu zahlen sind und zwar am letzten Werktag des Vormonats.

cc) Für die Rückzahlung der überzahlten Versorgungsbezüge für den Monat Januar 2017 gilt dies nicht. Hier kommt aber die Vorschrift des § 65 LBeamtVG NRW nicht zur Anwendung. Dem steht § 2 Abs. 2 des Anstellungsvertrags entgegen. Der von der Kenntnis unabhängige Verjährungsbeginn ist in das System der öffentlich-rechtlichen Versorgung eingebunden und dessen Eigenart. Er steht in engem Zusammenhang damit, dass Versorgungsbezüge grundsätzlich nur dann zu viel gezahlt sind, wenn die Zahlungen nicht von den Festsetzungen des Versorgungsfestsetzungsbescheids gedeckt sind. Eine Rückforderung kommt damit grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn der Dienstherr den Versorgungsfestsetzungsbescheid gemäß § 48 VwVfG NRW mit Wirkung für den Zeitraum der Zahlungen aufgehoben hat (vgl. BVerwG 28.06.2012 - 2 C 13/11, juris Rn. 12 ff.). Richtig ist, dass dies - wie vorliegend - bei gesetzlichen Ruhenstatbeständen der Versorgung anders ist. Diese vermindern die Versorgungsbezüge kraft Gesetzes. Einen Ruhensbescheid gibt es nicht. Für den Fall einer Rückforderung laufen die dem Schuldnerschutz dienenden gesetzlichen Verjährungsfristen in einem solchen Fall bereits ab dem Zeitpunkt des gesetzlichen Ruhenseintritts und nicht erst ab der Bekanntgabe eines Ruhensbescheids (BVerwG 15.11.2016 - 2 C 9/15, juris Rn. 20). Dies ändert nichts daran, dass insgesamt der kenntnisunabhängige Verjährungsbeginn in § 65 Satz 2 LBeamtVG NRW in das System der durch Bescheid geregelten Versorgungsbezüge eingebettet und deshalb eine Eigenart des öffentlichen Dienstes ist. Für das betriebsrentenrechtliche Versorgungsverhältnis verbleibt es originär bei den Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches. Andernfalls käme es nicht nur zu einer entsprechenden Anwendung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften. So würde die Beklagte z.B. dann bessergestellt, wenn ihr Arbeitgeber zwar grob fahrlässige Unkenntnis von einer Überzahlung hatte und nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in drei Jahren Verjährung eintritt. Dies ist in den Fällen, in denen es der Aufhebung der Versorgungsfestsetzung bedarf, im öffentlichen Dienst anders. Hier kommt in der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW, die - wie oben ausgeführt - mehr an Kenntnis verlangt, deutlich länger die Aufhebung des Versorgungsfestsetzungsbescheids in Betracht, ab dem dann die Verjährung zu laufen beginnt. Diese Situation mit der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW ist hingegen, wie ebenfalls bereits ausgeführt, nicht auf das Arbeitsverhältnis übertragbar, was daran liegt, dass hier die Versorgungsbezüge gerade nicht durch entsprechenden Bescheid festgesetzt werden. Auch dies spricht dafür, es für die betriebsrentenrechtlichen Rückforderungen der Klägerin einheitlich bei den Verjährungsvorschriften des Privatrechts zu belassen.

9. Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin ist nicht gemäß § 242 BGB verwirkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zu I.4. der Entscheidungsgründe wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Im Berufungsrechtszug ist keine andere Würdigung geboten.

10. Die erkennende Kammer hat den Rückforderungsanspruch der Klägerin in entsprechender Anwendung des § 64 Abs. 2 Satz 3 LBeamtVG NRW um 20 % gemindert.

a) Gemäß dieser Vorschrift kann von der Rückforderung zu viel gezahlter Versorgungsbezüge aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr beauftragten Stelle aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise abgesehen werden.

aa) Diese Billigkeitsentscheidung bezweckt, eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie ist Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stellt eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, sodass sie vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung ist. Dabei ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Beamten abzustellen (BVerwG 21.09.2019 - 2 C 24/17, juris Rn. 18 m.w.N.).

bb) Bei der Billigkeitsentscheidung ist von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung ist in die Ermessensentscheidung einzubeziehen (BVerwG 21.09.2019 - 2 C 24/17, juris Rn. 19 m.w.N.). Deshalb ist aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. In diesen Fällen, in denen der Beamte zwar entreichert ist, sich aber auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen kann, muss sich die überwiegende behördliche Verantwortung für die Überzahlung in der Billigkeitsentscheidung niederschlagen. Das ist auch unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten. Ein Beamter, der nur einen untergeordneten Verursachungsbeitrag für die Überzahlung gesetzt hat, muss besser stehen als ein Beamter, der die Überzahlung allein zu verantworten hat. Angesichts dessen erscheint ein Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30 % des überzahlten Betrags im Regelfall angemessen. Bei Hinzutreten weiterer Umstände, etwa besonderer wirtschaftlicher Probleme des Beamten, kann auch eine darüberhinausgehende Ermäßigung des Rückforderungsbetrags in Betracht kommen (BVerwG 21.09.2019 a.a.O. Rn. 20; OVG NRW 10.12.2020 - 1 A 1729/19, juris Rn. 19). Liegt kein überwiegendes behördliches Mitverschulden für die Überzahlung von Besoldungs- oder Versorgungsbezügen vor, genügt die Einräumung von angemessenen Ratenzahlungsmöglichkeiten regelmäßig den Erfordernissen einer im Rahmen des Rückforderungsbescheids zu treffenden Billigkeitsentscheidung (BVerwG 21.09.2019 a.a.O. Rn. 21, OVG NRW 10.12.2020 a.a.O. Rn. 21).

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist eine entsprechende Anwendung einer solchen Billigkeitskontrolle auch für den hier aus dem Betriebsrentenverhältnis zwischen Klägerin und Beklagter folgenden Rückforderungsanspruch vorzunehmen.

aa) Die Vorschrift kommt gemäß § 2 Abs. 2 des Anstellungsvertrags i.V.m. § 5 Satz 1 des Anstellungsvertrags zur Anwendung. Richtig ist, dass der Anspruch auf beamtenmäßige Versorgung in § 5 des Anstellungsvertrags geregelt ist. Der Umstand, dass § 5 Satz 2 des Anstellungsvertrags konkret für die Berechnung der Versorgungsbezüge auf die für vergleichbare Landesbeamte geltende Bestimmungen verweist, bedeutet nicht, dass nur die Berechnungsvorschriften der Versorgung in Bezug genommen sind. Bereits § 5 Satz 1 des Anstellungsvertrags geht weiter und sagt insgesamt eine "beamtenmäßige Versorgung" zu, d.h. eine solche, die insgesamt einer beamtenmäßigen Versorgung entspricht. Wenn dann noch § 2 Abs. 2 des Anstellungsvertrags ausführt, dass für die Beklagte im Übrigen die Rechte und Pflichten gelten, die für hauptamtliche Lehrer an vergleichbaren Schulen maßgebend sind, zeigt dies, dass eine umfassende Entsprechung der beamtenrechtlichen Vorschriften gewollt ist. Die Grenze der Bezugnahme ist dabei lediglich die Eigenart des öffentlichen Dienstes.

bb) Diese steht der entsprechenden Anwendung des § 64 Abs. 2 Satz 3 LBeamtVG NRW nicht entgegen. Es ergeben sich anders als im Bereich des Verjährungsrechts auch keine Wertungswidersprüche. Der Umstand, dass die entsprechende Billigkeitsentscheidung auch bei Dienstordnungsangestellten zur Anwendung kommt (LAG Hamm 18.10.2007 - 17 Sa 975/07, juris Rn. 84; LAG Niedersachsen 09.01.2020 - 4 Sa 339/19 B, juris Rn. 32 ff.), belegt dies zwar noch nicht. Dienstordnungsangestellte sind Arbeitnehmer. Allerdings wird ihr Versorgungsverhältnis durch die jeweilige Dienstordnung normativ geregelt (§§ 351, 352, 358 RVO, vgl. dazu BAG 16.10.2018 - 3 AZR 314/17, juris Rn. 21). So liegt es hier nicht. Es handelt sich um ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis, auf das kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme in weiten Teilen die beamtenrechtlichen Vorschriften Anwendung finden (vgl. dazu BAG 19.12.2000 - 3 AZR 456/99, juris Rn. 16 f.). Immerhin zeigt die Rechtslage der Dienstordnungsangestellten auf, dass eine Anwendung der Billigkeitskontrolle gemäß § 64 Abs. 2 Satz 3 LBeamtVG NRW in einem Arbeitsverhältnis möglich ist. Der Umstand, dass die Billigkeitsentscheidung aus dem Alimentationsprinzip abgeleitet ist, ändert im konkreten Fall ebenfalls nichts. Eine Billigkeitskontrolle ist dem Betriebsrentenrecht nicht fremd. So ist es anerkannt, dass es Härtefallklauseln in Versorgungsregeln gibt. Diese sollen verhindern, dass die Anwendung der Ruhegeldregelungen in besonders gelagerten und nicht vorhersehbaren Einzelfällen zu Ergebnissen führt, die unangemessen erscheinen und nicht dem Sinn der Regelung entsprechen (BAG 23.02.2021 - 3 AZR 53/20, juris Rn. 41; vgl. umfassend Reinecke, Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein, Festschrift zum 25-jährigen Bestehen 2006, S. 1059 ff.). Die Kammer verkennt nicht, dass es hier nicht um den Regelungsplan der der Beklagten zugesagten beamtenmäßigen Versorgung geht, sondern um eine im Rahmen der Rückforderung überzahlter Versorgung vorzunehmenden Billigkeitskontrolle. Die Existenz von Härtefallklauseln im Betriebsrentenrecht belegt indes, dass diese nicht alleine durch die Eigenart des öffentlichen Dienstes begründet sind, sondern ebenfalls im Betriebsrentenverhältnis zur Anwendung kommen können. Dann kommt eine entsprechende Anwendung von § 64 Abs. 2 Satz 3 LBeamtVG NRW in Betracht. Dies begegnet auch keinen praktischen Schwierigkeiten. Insbesondere kann - wie in der Verhandlung erörtert - auch im Zivilprozess eine Ratenzahlung abgebildet werden, indem eine Verurteilung statt auf den Gesamtbetrag als Minus nur auf zeitlich gestaffelte Raten erfolgt.

c) Die Billigkeitsentscheidung obliegt grundsätzlich dem nach der Regelung Verpflichteten. Nach § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BGB wird die Bestimmung aber durch Urteil getroffen, wenn die Bestimmung vom Verpflichteten verzögert wird (BAG 23.02.2021 - 3 AZR 53/20, juris Rn. 43). Die Klägerin hat sich hier durchgehend geweigert, den Rückforderungsanspruch trotz entsprechender Rüge der Beklagten einer entsprechenden Billigkeitskontrolle zu unterziehen. Diese hat deshalb durch Urteil zu erfolgen.

d) In Anwendung der o.g. Grundsätze ist die Kammer der Überzeugung, dass der Rückforderungsanspruch um 20% zu reduzieren ist.

aa) Zunächst ist es zutreffend, dass der Beklagten fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist. Sie war zunächst in entsprechender Anwendung von § 76 Abs. 2 Nr. 2 LBeamtVG NRW i.V.m. § 2 Abs. 2 und § 5 Satz1 des Anstellungsvertrags verpflichtet, ihrer Arbeitgeberin den Bezug von Witwengeld mitzuteilen. Hinzu kommt, dass sich gerade bei der Veränderung der persönlichen und familiären Situation insoweit erhöhte Sorgfaltspflichten ergeben (vgl. z.B. LAG Hamm - 17 Sa 975/07, juris Rn. 82 a.E.). Diesen ist die Beklagte nicht nachgekommen. Sie hat der Klägerin keine Anzeige von dem Witwengeld gemacht.

bb) Richtig ist, dass die Klägerin selbst keinen eigenen Verursachungsbeitrag für die Überzahlung der Versorgung an die Beklagte aufgrund fehlender Anrechnung des Witwengeldes trifft. Ihr ist aber das erhebliche Verschulden der Bezirksregierung bei wertender Betrachtung zuzurechnen. Dies ist hier anders als im Rahmen der Kenntnis von § 814 Alt. 1 BGB und von § 199 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen. Es kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin für die Lehrergehälter - wie ausgeführt - weitgehend aus öffentlichen Mitteln finanziert wird und dass im hier im Jahr 2017 maßgeblichen Prüfmodell die Klägerin der Prüfung durch öffentliche Stellen bei der Zahlung der Versorgungsbezüge unterlag. Die Nachprüfung der getroffenen Versorgungsfestsetzungen im Rahmen der Ersatzschulfinanzierung ist dem LBV im Rahmen des sog. Prüfmodells gemäß § 114 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW als Bestandteil der Rechnungsprüfung - insoweit letztlich für die Bezirksregierung als obere Schulaufsichtsbehörde - übertragen (§ 11 Abs. 3 Nr. 2 Ersatzschulfinanzierungsverordnung NRW - FESchVO). Es ist zu berücksichtigen, dass das LBV die Bezirksregierung bereits mit Schreiben vom 02.05.2013, das dort am 03.05.2013 eingegangen ist, über das Witwengeld informiert hat. Es ist sogar ausdrücklich im Betreff auf den damals noch maßgeblichen § 54 BeamtVG Bund, der jetzt § 67 LBeamtVG NRW entspricht, mit der Bitte um Bearbeitung hingewiesen worden. Es sollte mithin das Witwengeld angerechnet werden. Hinzu kommt, dass das LBV mitgeteilt hat, dass ihm nunmehr die Bescheinigung für die Steuerklasse 3 vorgelegen hat und die Besteuerung "bei Ihnen" ab 01.04.2013, d.h. ab Bezug des Witwengeldes, gemäß Steuerklasse 6 erfolgen soll. Und auch der Abzug der Vorsorgeaufwendungen soll ab dem 01.05.2013 nicht mehr bei der Bezirksregierung erfolgen. Dies ist sogar bearbeitet worden und ausweislich des Bearbeitungsvermerks ist ab dem 01.04.2013 Steuerklasse 6 vermerkt worden. Umgesetzt worden ist dies alles indes nicht.

cc) Dies führt insgesamt bei Würdigung aller Umstände zu einer Reduzierung des Rückzahlungsanspruchs um 20%. Die erkennende Kammer sieht hier auf Seiten der Klägerin und der Bezirksregierung eine überwiegende "behördliche" Verantwortung, d.h. eine solche der Klägerin bei wertender Zurechnung des Verhaltens der Bezirksregierung. Richtig ist, dass die Beklagte ihre eigene Anzeigepflicht verletzt hat. Darüber gehen die Mitteilungen in dem Anschreiben zu dem Bescheid betreffend das Witwengeld vom 02.05.2013 nicht hinaus. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Versorgung des Ehemanns von dem LBV berechnet und ausgezahlt und diejenige der Klägerin von dem LBV geprüft wurde. Auch wenn dies aufgrund des Einkaufsmodells im Auftrag der Klägerin erfolgte, so lag die Berechnung bzw. Prüfung des Witwengeldes und der Versorgung der Beklagten doch in der Hand einer Behörde, dem LBV. Hinzu kommt, dass auf der Ebene des LBV die entsprechende Prüfung und Mitteilung aus Anlass des Bezugs des Witwengeldes erfolgt ist. Die Bezirksregierung wusste aufgrund des Schreibens des LBV ganz konkret, dass die Beklagte Witwengeld bezog und hatte außerdem einen ganz konkreten Arbeitsauftrag dazu und dies noch unter Hinweis auf § 54 BeamtVG Bund. Wenn dieser dann schlicht nicht umgesetzt wurde und der Beklagten gleichwohl ihre eigene Versorgung ungekürzt ausgezahlt wurde, ist dies ein ganz erhebliches Verschulden auf Seiten der Bezirksregierung. Dies muss sich die Klägerin aufgrund der Refinanzierung zurechnen lassen. Aufgrund des konkret erkannten und auch beauftragten Anrechnungsbedarfs wegen des Bezugs des Witwengeldes liegt der überwiegende Beitrag dazu, dass die eigene Versorgung der Beklagten ungekürzt ausgezahlt wurde auf Seiten der Klägerin. Da anderseits die Verletzung der Anzeigepflicht durch die Beklagte nicht unberücksichtigt bleiben konnte, hat die Kammer auch unter Würdigung des Alters der Beklagten nicht auf eine Kürzung von 30 %, sondern nur von 20 % erkannt. Etwaige wirtschaftliche Schwierigkeiten ändern daran nichts. Diese ließen sich hier letztlich nur mittelbar daraus ableiten, dass die Beklagte den zugestandenen Anteil der Rückforderung für 2017 von 50% zunächst nicht gezahlt hat, die Bank die Überweisung nicht ausführte und die Beklagte aus Kostengründen nur beschränkt Berufung eingelegt hat. Selbst wenn man einmal unterstellte, dass dies in wirtschaftlichen Schwierigkeiten begründet ist, ändert dies an dem Prozentsatz von 20 % nichts.

III. Der Zinsanspruch ab dem 19.02.2022 beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Die Klage ist durch das Landgericht Düsseldorf am 02.12.2021 an die Beklagte zugestellt worden. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zinszahlung ab dem 19.02.2022 verurteilt. Gegen die Abweisung der Klage im Übrigen hat die Klägerin keine Berufung eingelegt.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

C. Das Gericht hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Dr. GotthardtFlötgenHirr

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