Urteil vom 14.03.2023 · IWW-Abrufnummer 237216
Landesarbeitsgericht Düsseldorf - Aktenzeichen 3 Sa 17/22
1. Den Regelungen des Abschnitts A des Anhangs zu § 9 TVöD-V VKA bzw. des Teils V Nr. 2 § 1 TVöD NRW liegt der Erfahrungssatz und die Grundannahme der Tarifvertragsparteien zugrunde, dass bei Schulhausmeistern typischerweise regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten anfallen (Anschluss an BAG vom 17.12.2009 - 6 AZR 729/08 , Rz. 32 und Abgrenzung zu BAG vom 30.10.2019 - 6 AZR 16/19 , Rz. 36).
2. Macht demgegenüber ein Überstundenvergütung einklagender Schulhausmeister geltend, in seinem Arbeitsverhältnis fielen regelmäßig nur in unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten an, trägt er für diese Behauptung die Darlegungs- und Beweislast.
3. Der nicht unerhebliche Umfang anfallender Bereitschaftszeiten beträgt regelmäßig 25%. In diesem Umfang können mithin in der Regel bei Schulhausmeistern die täglichen Dienstzeiten faktorisiert und damit (nur) zur Hälfte als Arbeitszeit gewertet werden.
4. Legt der Arbeitgeber hingegen darüber hinaus einen Anteil von 33% an regelmäßig anfallenden Bereitschaftszeiten zugrunde und faktorisiert in diesem Umfang die täglich anfallenden Dienstzeiten, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung eines über 25% hinaus zu berücksichtigenden Bereitschaftszeitanteils. Kommt er seiner Darlegungs- und Beweislast insoweit nicht nach, ist die über 25% der täglichen Dienstzeit hinausgehende Arbeitszeit als Vollarbeit zu werten und resultiert daraus ein entsprechender Überstundenvergütungsanspruch des Arbeitnehmers.
Tenor: I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 03.12.2021 - Az.: 4 Ca 1502/21 - teilweise abgeändert und - unter Klageabweisung im Übrigen - die Beklagte verurteilt, 1. an den Kläger für den Monat Februar 2021 den Betrag von 300,68 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2021 zu zahlen; 2. an den Kläger für den Monat März 2021 den Betrag von 271,58 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2021 zu zahlen; 3. an den Kläger für den Monat April 2021 den Betrag von 305,57 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2021 zu zahlen; 4. an den Kläger für den Monat Mai 2021 den Betrag von 305,57 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2021 zu zahlen; 5. an den Kläger für den Monat Juni 2021 den Betrag von 305,57 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2021 zu zahlen; 6. an den Kläger für den Monat Juli 2021 den Betrag von 305,57 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2021 zu zahlen. II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. III. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Beklagte zu 15% und der Kläger zu 85%, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 86% und die Beklagte zu 14%. IV. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug zuletzt noch über Vergütungsansprüche des Klägers für die Monate Februar bis Juli 2021 und dabei über die Frage, ob und in welchem Umfang Beschäftigungszeiten des Klägers wegen darin enthaltener Bereitschaftsdienstzeiten nur faktorisiert mit einem Anteil von 50% als Arbeitszeit zu werten und zu vergüten sind.
Der Kläger ist bei der beklagten Kommune seit 24.05.1993 als Schulhausmeister beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Bereich Verwaltung im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-V VKA) in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung. Der Kläger ist in EG 5, Stufe 6 TVöD VKA eingruppiert und bezieht von der Beklagten ein monatliches Grundentgelt von - im Streitzeitraum - 3.077,85 € brutto bis 31.03.2021 und 3.127,85 € brutto ab 01.04.2021 sowie eine monatliche Zulage.
Die Beklagte beschäftigt den Kläger in einem arbeitstäglichen Arbeitszeitrahmen Montag bis Freitag von 06:30 Uhr bis 16:21 Uhr, in dem jeweils eine halbstündige Pause enthalten ist, wöchentlich 46,75 Stunden, wobei sie 31,25 Stunden als volle Arbeitszeit vergütet und 15,5 Stunden als Bereitschaftszeit faktorisiert zur Hälfte. Dementsprechend rechnete die Beklagte das Entgelt des Klägers wie aus den Abrechnungen der Monate Februar bis Juli 2021 ersichtlich ab, wegen deren Inhalts auf die Anlagen K 1 - 7 (Blatt 7-14 sowie Blatt 26 der Akte) Bezug genommen wird. Die dort ausgewiesenen Steuern und Sozialabgaben hat die Beklagte ordnungsgemäß abgeführt, die ausgewiesenen Nettoleistungen hat der Kläger erhalten.
Dass in die Arbeitszeit des Klägers regelmäßig Bereitschaftszeiten fallen, ist zwischen den Parteien unstreitig. Streitig ist allerdings, in welchem Umfang dies der Fall ist. Vereinbart ist zwischen den Parteien, dass der Kläger sich während der Bereitschaftszeit nur so weit von der Schule entfernen darf, dass er innerhalb von 10 Minuten wieder am Arbeitsplatz sein kann, um selbstständig oder auf Weisung dort anfallende Arbeiten auszuführen. Es existiert für den Kläger kein Schichtplan, aus dem sich ergibt, zu welchen Zeiten er voll und zu welchen Zeiten er in Bereitschaft zu arbeiten hat. Die Beklagte erfasst auch weder Vollarbeitszeiten noch Bereitschaftszeiten des Klägers. Ebenso hat der Kläger jedenfalls für den Streitzeitraum keine Aufzeichnungen über den Anteil der Vollarbeits- und Bereitschaftszeiten geführt.
Die auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findenden Tarifnormen des TVöD-V VKA vom 13.09.2005 in der im Streitzeitraum geltenden Fassung sowie des Tarifvertrages Öffentlicher Dienst NRW in der seit 01.10.2009 geltenden Fassung lauten auszugsweise wie folgt:
TVöD-V VKA
[...]
§ 1 Geltungsbereich
Die nachfolgenden Regelungen gelten fu¨r Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - nachfolgend Bescha¨ftigte genannt - , die in einem Arbeitsverha¨ltnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied eines Mitgliedverbandes der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverba¨nde (VKA) ist, soweit sie nicht unter die Regelungen anderer durchgeschriebener Fassungen der Besonderen Teile fallen.
Protokollerkla¨rung zu Absatz 1:
Fu¨r Bescha¨ftigte[...]i) als Schulhausmeister,
[...]
gilt der TVo¨D-V mit den Sonderregelungen der Anlage D. Die Sonderregelungen sind Bestandteil des TVo¨D-V.
[...]
§ 6 Regelmäßige Arbeitszeit
(1)Die regelma¨ßige Arbeitszeit betra¨gt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 39 Stunden wo¨chentlich. [...]
[...]
§ 9 Bereitschaftszeiten
(1) Bereitschaftszeiten sind die Zeiten, in denen sich die/der Beschäftigte am Arbeitsplatz oder einer anderen vom Arbeitgeber bestimmten Stelle zur Verfügung halten muss, um im Bedarfsfall die Arbeit selbständig, ggf. auch auf Anordnung, aufzunehmen und in denen die Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen. Für Beschäftigte, in deren Tätigkeit regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten fallen, gelten folgende Regelungen:
a) Bereitschaftszeiten werden zur Hälfte als tarifliche Arbeitszeit gewertet (faktorisiert).
b) Sie werden innerhalb von Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit nicht gesondert ausgewiesen.
c) Die Summe aus den faktorisierten Bereitschaftszeiten und der Vollarbeitszeit darf die Arbeitszeit nach § 6 Abs. 1 nicht überschreiten.
d) Die Summe aus Vollarbeits- und Bereitschaftszeiten darf durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich nicht überschreiten.
Ferner ist Voraussetzung, dass eine nicht nur vorübergehend angelegte Organisationsmaßnahme besteht, bei der regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten anfallen.
[...]
§ 37 Ausschlussfrist
(1)Anspru¨che aus dem Arbeitsverha¨ltnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fa¨lligkeit von der/dem Bescha¨ftigten oder vom Arbeitgeber in Textform geltend gemacht werden. Fu¨r denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch fu¨r spa¨ter fa¨llige Leistungen aus.
[...]
Anhang zu § 9
A. Bereitschaftszeiten Hausmeisterinnen / Hausmeister
Fu¨r Hausmeisterinnen/Hausmeister, in deren Ta¨tigkeit regelma¨ßig und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten fallen, gelten folgende besondere Regelungen zu § 6 Abs. 1 Satz 1 TVo¨D:
Die Summe aus den faktorisierten Bereitschaftszeiten und der Vollarbeitszeit darf die Arbeitszeit nach § 6 Abs. 1 nicht u¨berschreiten. Die Summe aus Vollarbeits- und Bereitschaftszeiten darf durchschnittlich 48 Stunden wo¨chentlich nicht u¨berschreiten. Bereitschaftszeiten sind die Zeiten, in denen sich die Hausmeisterin/der Hausmeister am Arbeitsplatz oder einer anderen vom Arbeitgeber bestimmten Stelle zur Verfu¨gung halten muss, um im Bedarfsfall die Arbeit selbsta¨ndig, ggf. auch auf Anordnung, aufzunehmen und in denen die Zeiten ohne Arbeitsleistung u¨berwiegen. Bereitschaftszeiten werden zur Ha¨lfte als Arbeitszeit gewertet (faktorisiert). Bereitschaftszeiten werden innerhalb von Beginn und Ende der regelma¨ßigen ta¨glichen Arbeitszeit nicht gesondert ausgewiesen.
B. Bereitschaftszeiten im Rettungsdienst und in Leitstellen
(1) Fu¨r Beschäftigte im Rettungsdienst und in den Leitstellen, in deren Ta¨tigkeit regelma¨ßig und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten fallen, gelten folgende besondere Regelungen zu § 6 Abs. 1 Satz 1 TVo¨D:
Die Summe aus den faktorisierten Bereitschaftszeiten und der Vollarbeitszeit darf die Arbeitszeit nach § 6 Abs. 1 nicht u¨berschreiten. Die Summe aus Vollarbeits- und Bereitschaftszeiten darf durchschnittlich 48 Stunden wo¨chentlich nicht u¨berschreiten. Bereitschaftszeiten sind die Zeiten, in denen sich die/der Beschäftigte am Arbeitsplatz oder einer anderen vom Arbeitgeber bestimmten Stelle zur Verfu¨gung halten muss, um im Bedarfsfall die Arbeit selbsta¨ndig, ggf. auch auf Anordnung, aufzunehmen und in denen die Zeiten ohne Arbeitsleistung u¨berwiegen. Bereitschaftszeiten werden zur Ha¨lfte als tarifliche Arbeitszeit gewertet (faktorisiert). Bereitschaftszeiten werden innerhalb von Beginn und Ende der regelma¨ßigen ta¨glichen Arbeitszeit nicht gesondert ausgewiesen.
[...]
Anlage D
[...]
D. 9 Beschäftigte als Schulhausmeister
Zu Abschnitt I Allgemeine Vorschriften
Nr. 1 zu § 1 - Geltungsbereich -
Diese Sonderregelungen gelten für Beschäftigte als Schulhausmeister.
Nr. 2
Durch landesbezirklichen Tarifvertrag können nähere Regelungen über die den Schulhausmeistern obliegenden Aufgaben unter Anwendung des Abschnitts A des Anhangs zu § 9 getroffen werden.
[...]
Tarifvertrag Öffentlicher Dienst NRW (TVöD NRW)
Teil A - Allgemeine Regelungen
§ 1 Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt für Beschäftigte, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen (KAV NW) stehen und unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 in seiner jeweils geltenden Fassung fallen, soweit nachfolgend nichts Abweichendes geregelt ist.
Teil V - Verwaltung
Nr. 1 Geltungsbereich
Die Regelungen dieses Teils gelten für die von § 1 dieses Tarifvertrages erfassten Beschäftigten, welche unter den Geltungsbereich des TVöD-V fallen.
Nr. 2 Schulhausmeister (zu Anlage D.9 Nr. 2 TVöD-V)
§ 1 Pflichten des Schulhausmeisters, Besondere Entgelte
(1) Der Schulhausmeister ist verpflichtet, die mit dem Schulbetrieb sowie mit der Benutzung der Räumlichkeiten für nichtschulische Zwecke üblicherweise zusammenhängenden Arbeiten, das sind insbesondere Reinigungsarbeiten, Beaufsichtigung von Hilfskräften, Ordnungsdienst, Schreib- und ähnliche Arbeiten, dienstliche Gänge, etwaige Reparaturen, Bedienung der Heizung und Versorgung von Öfen einschließlich der Nebenarbeiten und andere sich aus dem Schulbetrieb ergebende Arbeiten, zu verrichten nicht eingerechnet. [...]
[...]
(5) In Anwendung des Abschnitts A des Anhangs zu § 9 TVöD-V gelten für Schulhausmeister, in deren Tätigkeit regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten fallen, folgende besondere Regelungen zu § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-V:
Die Summe aus den faktorisierten Bereitschaftszeiten und der Vollarbeitszeit darf die Arbeitszeit nach § 6 Abs. 1 TVöD-V nicht überschreiten. Die Summe aus Vollarbeits- und Bereitschaftszeiten darf durchschnittlich 46,75 Stunden wöchentlich nicht überschreiten. Bereitschaftszeiten sind die Zeiten, in denen sich der Schulhausmeister am Arbeitsplatz oder einer anderen vom Arbeitgeber bestimmten Stelle zur Verfügung halten muss, um im Bedarfsfall die Arbeit selbstständig, ggf. auch auf Anordnung, aufzunehmen und in denen die Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen. Bereitschaftszeiten werden zur Hälfte als Arbeitszeit gewertet (faktorisiert). Bereitschaftszeiten werden innerhalb von Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit nicht gesondert ausgewiesen.
[...]
Mit der am 06.08.2021 bei dem Arbeitsgericht Essen eingegangenen und der Beklagten am 11.08.2021 zugestellten Klage und der den Monat Juli 2021 betreffenden Klageerweiterung vom 13.08.2021, zugestellt am 23.08.2021, hat der Kläger gegenüber der Beklagten für die Monate Februar bis Juli 2021 eine Vergütung der 46,75 Wochenstunden als Vollarbeitszeit geltend gemacht. Er hat behauptet, er leiste tatsächlich nicht 15,5 Stunden Bereitschaftsdienst pro Woche, sondern 46,75 Stunden Vollarbeitszeit. Es komme vor, dass zwischenzeitlich weniger zu tun sei. Es gebe aber nicht drei Stunden pro Tag, in denen er weniger als 50 % arbeite. Die Bereitschaftszeit mache daher weniger als 25 % der gesamten Arbeitszeit aus. Insbesondere sei er während der Ferienzeiten nicht weitgehend ohne Beschäftigung, sondern müsse Reparaturarbeiten ausführen, die im laufenden Schulbetrieb nicht ausgeführt werden könnten, sowie urlaubsabwesende Kollegen an anderen Schulen vertreten. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Regelungen des § 1 Abs. 5 der Nr. 2 des Teils V des landesbezirklichen Tarifvertrages zum TVöD (TVöD NRW) schon aus diesem Grunde nicht anwendbar seien, weshalb seine gesamte Arbeitszeit voll zu vergüten sei. § 1 Abs. 5 S. 1 TVöD NRW setze Bereitschaftszeiten in "nicht unerheblichem Umfang" voraus. Die tarifvertraglichen Regelungen über die Bereitschaftszeit seien auch deshalb nicht anwendbar, weil es für ihn keine klare Trennung zwischen Bereitschaftszeiten und Arbeitszeiten gebe und die Beklagte nicht erfasse, zu welchen Zeiten er tatsächlich in Bereitschaft arbeite. Darüber hinaus seien Bereitschaftszeiten aufgrund der Rechtsprechung des EuGH zur RL 2003/88 ohnehin als volle Arbeitszeit zu betrachten und deshalb auch voll zu vergüten.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Februar 2021 3.735,47 € brutto abzgl. 1.990,94 € netto und zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2021 zu bezahlen; 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat März 2021 3.735,47 € brutto abzgl. 1.830,20 € netto und zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2021 zu bezahlen; 3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat April 2021 4.979,67 € brutto abzgl. 2.625,97 € netto und zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2021 zu bezahlen; 4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Mai 2021 3.795,41 € brutto abzgl. 2.027,38 € netto und zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2021 zu bezahlen; 5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Juni 2021 3.795,41 € brutto abzgl. 2.016,28 € netto und zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2021 zu bezahlen; 6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Juli 2021 3.795,00 € brutto abzgl. 2.016,28 € netto und zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2021 zu bezahlen.Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.Sie hat behauptet, der Kläger arbeite 15,5 Stunden pro Woche in Bereitschaft. Für eine abweichende, höhere Vollarbeitsleistung obliege ihm jedenfalls die Darlegungs- und Beweislast, der sein Vorbringen nicht genüge. Zudem hat sie die Ansicht vertreten, dass die Rechtsprechung des EuGH sich nicht auf die Vergütung von Arbeitsleistungen erstrecke. Der Klage fehle im Übrigen das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger ihr vor Klageerhebung keine Gelegenheit zur außergerichtlichen Überprüfung gegeben habe.
Das Arbeitsgericht Essen hat die Klage mit Urteil vom 03.12.2021 abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klage zulässig sei. Die unterbliebene außergerichtliche Geltendmachung negiere nicht das Rechtsschutzbedürfnis der Zahlungsklage. Die Klage sei jedoch nicht begründet, denn der Kläger habe keinen Anspruch auf die geltend gemachten Vergütungsansprüche, weil die Beklagte ihm die für die streitgegenständlichen Monate geschuldete Vergütung vollständig gezahlt habe. Sie schulde keine darüber hinausgehende volle Vergütung für die bislang nur zur Hälfte vergütete Bereitschaftszeit. Ein solcher Anspruch lasse sich zunächst nicht aus der EuGH-Rechtsprechung zur Richtlinie 2003/88 der Europäischen Union herleiten. Die Richtlinie beschränke sich mit Ausnahme des besonders geregelten Falles des bezahlten Jahresurlaubs darauf, bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zu regeln, um den Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten, so dass sie grundsätzlich keine Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer finde. Der zusätzliche Vergütungsanspruch lasse sich zudem nicht aus dem einschlägigen Tarifwerk herleiten. Die von der Beklagten als Bereitschaftszeit festgelegten 15,5 Wochenstunden seien gemäß Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 S. 5 TVöD NRW nur faktorisiert und zwar hälftig zu vergüten. Die Norm finde Anwendung, denn der Kläger sei Schulhausmeister und in seine Tätigkeit fielen unstreitig regelmäßige Bereitschaftszeiten. Lediglich über deren Umfang und Ausgestaltung bestehe zwischen den Parteien Streit. Die Beklagte sei berechtigt, die Bereitschaftszeiten des Klägers zu faktorisieren. Dies folge aus der Tarifnorm des Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 TVöD NRW, dessen Voraussetzungen er erfülle. Unstreitig fielen in die Arbeitszeit des Klägers Bereitschaftszeiten. Die Beklagte habe sich darauf ausdrücklich berufen, der Kläger habe angegeben, es gebe Zeiten, in denen weniger zu tun sei. Die von der Beklagten dargestellte und vom Kläger nicht wesentlich bestrittene Tätigkeit eines Schulhausmeisters führe im Regelfall und offenkundig in Annahme der Tarifvertragsparteien zu "Leerlaufzeiten", in denen der Schulhausmeister ansprechbar sein müsse, aber nicht zwingend mit Aufgaben belegt sei. Insbesondere die Ferienzeiten, aber auch Nachmittags- oder Abendstunden beinhalteten Zeiten, in denen der Kläger nicht durchgehend arbeite. Wenn er in den Ferien Kollegen an anderen Schulen vertrete sei zu berücksichtigen, dass auch an diesen Schulen infolge der Ferien kein Schulbetrieb stattfinde. Es sei davon auszugehen, dass Bereitschaftszeiten regelmäßig in nicht unerheblichem Umfang anfielen. Die Beklagte habe den Umfang mit 15,5 Stunden wöchentlich angegeben. Bei 46,75 Stunden pro Woche insgesamt mache dies einen Anteil von (15,5 : 46,75 =) gut 33 % aus, was als erheblich einzustufen sei. Der pauschale Einwand des Klägers, der Anteil der Bereitschaftszeiten an seiner Gesamtarbeitszeit liege tatsächlich unter 25 %, könne nicht berücksichtigt werden, weil er mit keinem konkreten Vortrag unterlegt worden und damit nicht ansatzweise nachvollziehbar sei. Es sei aber Sache des Klägers, zu den aus seiner Sicht bestehenden Bereitschaftszeiten oder ihrem Anteil konkret vorzutragen. Soweit der Kläger sich darauf berufen wolle, es gebe gar keine Bereitschaftszeiten und er arbeite 46,75 Stunden pro Woche durch, widerspreche er sich selbst, wenn er an anderer Stelle angebe, es gebe Zeiten, in denen weniger zu tun sei. Auch die Beklagte hätte zwar konkret zu den Tätigkeiten des Klägers vortragen können und den von ihr angenommenen Umfang begründen können. Für die Beklagte spreche aber, dass die pauschale Verteilung von aktiver Arbeitszeit und Bereitschaftszeit für alle ihre Schulhausmeister gleichermaßen gelte. Das widerspreche zwar nicht einer abweichenden Verteilung im konkreten Fall des Klägers. Es wäre dann aber zunächst seine Sache gewesen, im Einzelnen zu seinen Tätigkeiten und der Verteilung über den Tag vorzutragen oder aber wenigstens Anhaltspunkte zu benennen, warum die für alle anderen Schulhausmeister geltende Verteilung zwischen den beiden Arbeitszeittypen gerade für ihn nicht gelten solle. Hierzu verhalte sich der Vortrag des Klägers aber nicht. Auch der Einwand des Klägers verfange nicht, wonach Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 TVöD NRW deshalb nicht anwendbar sei, weil für ihn Bereitschaftsarbeit und Vollarbeit hinsichtlich der Zeitfenster nicht konkret festgelegt und schon deshalb die Bereitschaftszeiten rein fiktiv seien. Denn eine (Vorab) Festlegung von Voll- und Bereitschaftsarbeit sei für die Anwendung der Tarifnorm keine Voraussetzung. Im Gegenteil regle Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 S. 6 TVöD NRW explizit, dass Bereitschaftszeiten innerhalb von Beginn und Ende der regelmäßigen Arbeitszeit nicht gesondert ausgewiesen würden. Zudem sei in Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 TVöD NRW von "Bereitschaftszeiten" im Plural die Rede, so dass die Tarifvertragsparteien offenkundig davon ausgingen, dass es sich um mehrere Zeiten im Verlauf eines Arbeitstages handele. Dies spreche gegen ein Erfordernis der Festlegung vorab. Darüber hinaus befinde sich der hier in Rede stehende § 1 in der Nr. 2 des Teils V des TVöD NRW. Dieser Abschnitt sei explizit mit "Schulhausmeister" überschrieben und befasse sich ausschließlich mit den Rechten und Pflichten der Schulhausmeister, zu denen der Kläger unstreitig gehöre. Daraus könne nur der Schluss gezogen werden, dass die Tarifvertragsparteien bei Abschluss der Vereinbarung explizit die Tätigkeit des Schulhausmeisters vor Augen gehabt hätten. Dass Schulhausmeister ihre Arbeit selbst organisierten und ihre Arbeitszeit selbst einteilen müssten, liege in der Natur ihrer Tätigkeit. Wenn die Tarifvertragsparteien also mit diesem Berufsbild vor Augen die Vereinbarung von (niedriger vergüteten) Bereitschaftszeiten ermöglichten, so hätten sie davon ausgehen müssen, dass eben nicht die Schule, sondern der Hausmeister selbst den Zeitpunkt seiner Vollarbeit und seiner Bereitschaftsarbeit je nach Erfordernissen vor Ort festlege und dass deshalb keine Festschreibung der jeweiligen Arbeitszeitformen durch den Arbeitgeber erfolgen müsse. Eine fehlende Festlegung von Voll- und Bereitschaftsarbeit durch den Arbeitgeber stehe somit der Anwendung von Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 TVöD NRW nicht entgegen.
Daraus folge, dass anzunehmen sei, dass der Kläger regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten verrichtet habe und die Beklagte berechtigt gewesen sei, diese zu faktorisieren. Der Kläger wende sich auch erfolglos gegen den Umfang der von der Beklagten angesetzten Bereitschaftszeit. Hinsichtlich des von der Beklagten pauschal für alle Hausmeister mit 15,5 Stunden pro Woche angegebenen Umfangs gelte das zuvor Gesagte. Sofern der Kläger mehr Arbeit vergütet haben wolle, sei es seine Sache, hierzu konkret und detailliert vorzutragen. Er hätte daher angeben müssen, in welchem Umfang er Vollarbeit geleistet haben wolle und welche Tätigkeiten er auf wessen Weisung wann erbracht haben wolle. Zu all dem verhalte sich der Vortrag des Klägers indes nicht. Sofern der Kläger sich schließlich darauf berufen wolle, er habe während der Bereitschaftszeit tatsächlich mehr als die Hälfte als Arbeitszeit arbeitend verbracht, sei er auch hierfür darlegungs- und beweisbelastet. Ein weitgehend selbstbestimmt tätiger Schulhausmeister habe selbst dafür Sorge zu tragen, dass er die tarifvertraglich vereinbarten Höchstarbeitszeiten einhalte. Der Kläger hätte deshalb darlegen müssen, welche Aufgaben ihm von der Beklagten übertragen worden seien und weshalb sich diese Aufgaben nicht in der vertraglich vorgesehenen und von der Beklagten vergüteten Arbeitszeit ausführen ließen. Zumindest aber hätte er darlegen müssen, zu welchen Zeiten er bei der Beklagten tatsächlich mit Arbeit beschäftigt gewesen sein wolle. Entsprechende Darlegungen habe der Kläger nicht beigebracht. Beweis habe er nicht angeboten.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Essen ist dem Kläger über seine Prozessbevollmächtigten am 28.12.2021 zugestellt worden. Er hat mit am 06.01.2022 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenem Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt, die er - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 27.03.2022 - mit am 15.03.2022 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz begründet hat.
Der Kläger verfolgt sein Klageziel unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Der Sachverhalt sei im Wesentlichen unstreitig und im Urteil auch korrekt wiedergegeben worden. Auf dessen Grundlage sei allerdings festzuhalten, dass er behauptet habe und behaupte, dass nur in unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten anfielen. Überwiegend arbeite er während seiner täglichen Einsatzzeit. Nur hin und wieder gebe es am Tag Zeiten ohne Arbeitsleistung. Festgehalten habe er diese für den Streitzeitraum nicht. Diese Zeiten seien auch sehr unterschiedlich. An vielen Tagen gebe es überhaupt keine Freizeit, an anderen etwas mehr. Aufgeklärt werden könne dies nur für die Zukunft, nicht mehr für den hier streitigen, zurückliegenden Zeitraum. Das gelte gleichermaßen aber auch für die Beklagte. Diese habe die von ihr angenommene Aufteilung in Arbeitszeit und angebliche Bereitschaftszeiten weder beim Kläger noch bei anderen Hausmeistern überprüft. Sie habe auch keine Festlegungen dazu getroffen, wann konkret Bereitschaftsdienst zu leisten sei. Sie habe vielmehr einfach die im Tarifvertrag festgelegte Maximalregelung angewendet und einen Bereitschaftsdienstanteil von 3,1 Stunden täglich ohne entsprechenden tatsächlichen Hintergrund angenommen. Hierfür obliege jedoch nach Ansicht des Klägers der Beklagten die Darlegungs- und Beweislast. Hierzu beruft er sich auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 30.10.2019 - 6 AZR 16/19. Die ältere Entscheidung vom 17.12.2009 - 6 AZR 729/08 - könne nicht mehr übertragen werden, da sich die Sachverhalte unterschieden und sich die tatsächliche Situation bei den Arbeitszeiten von Schulhausmeistern seither auch grundlegend geändert habe. Neben dem häufigen Wegfall der Dienstwohnung an der Schule habe sich auch der Schulalltag gravierend geändert. Habe früher der normale Schulbetrieb gegen Mittag geendet und am Nachmittag überwiegend nur noch Sportunterricht stattgefunden, finde heute durch die Über-Mittag-Betreuung und die Beaufsichtigung der Kinder an der Schule bis üblicherweise 16 Uhr ein Schulalltag statt. Dies führe auch dazu, dass ein Schulhausmeister nachmittags nicht mehr überwiegend frei habe und nur kleinere Tätigkeiten ausführen müsse, sondern ein Betrieb an der Schule bis durchgehend 16 Uhr stattfinde. Daher sei die Beklagte nicht berechtigt, einen Teil der an der Schule verbrachten Zeit des Klägers als Bereitschaftsdienst zu vergüten. Auf die Schulferienzeit könne sich die Beklagte gleichfalls nicht erfolgreich berufen, denn zum einen sei insoweit bei ihm der zusätzliche Urlaub als - unstreitig - Schwerbehinderter zu berücksichtigen. Zum anderen sei er in Ferienzeiten nicht nur für seine Schule verantwortlich, sondern müsse immer auch noch eine andere Schule für den dortigen, im Urlaub befindlichen Hausmeister vertreten. Darüber hinaus müssten alle Arbeiten, die im regulären Schulbetrieb nicht erledigt werden könnten, in der Ferienzeit wahrgenommen werden. Das betreffe Beaufsichtigungsarbeiten bei Reparaturen durch Fremdbetriebe und selbst vorzunehmende kleinere Reparaturen, hinzu komme die Überwachung und Koordination der Grundreinigung und das tägliche Abholen der Schulpost.
Der Kläger beantragt, nachdem er eine Klageerweiterung vom 12.08.2022 im Umfang von 1.402,- € brutto wegen einer nicht gezahlten sog. "Streupauschale" im Kammertermin am 15.11.2022 mit Zustimmung der Beklagten wieder zurückgenommen hat, zuletzt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 03.12.2021 - 4 Ca 1502/21 - abzuändern und 1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Februar 2021 3.735,47 € brutto abzgl. 1.990,94 € netto und zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2021 zu bezahlen; 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat März 2021 3.735,47 € brutto abzgl. 1.830,20 € netto und zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2021 zu bezahlen; 3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat April 2021 4.979,67 € brutto abzgl. 2.625,97 € netto und zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2021 zu bezahlen; 4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Mai 2021 3.795,41 € brutto abzgl. 2.027,38 € netto und zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2021 zu bezahlen; 5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Juni 2021 3.795,41 € brutto abzgl. 2.016,28 € netto und zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2021 zu bezahlen; 6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Juli 2021 3.795,41 € brutto abzgl. 2.016,28 € netto und zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2021 zu bezahlen.Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Dabei beruft auch sie sich auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils und rügt diesen nicht als fehlerhaft oder unvollständig. Damit stehe aus ihrer Sicht fest, dass in die Arbeitszeit des Klägers Bereitschaftszeiten fielen. Es entspreche der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in beiden zitierten Entscheidungen, sowohl aus 2009 als auch aus 2019, dass für den Bereich der Hausmeister erfahrungsgemäß davon auszugehen sei, dass regelmäßig in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten anfielen. Das Bundesarbeitsgericht habe grundsätzlich festgestellt, dass Schulhausmeister regelmäßig und in erheblichem Umfang Bereitschaftszeiten hätten. Im gesamten Arbeitsalltag von Schulhausmeistern fielen bereits naturgemäß Bereitschaftszeiten durch geringe Arbeitsleistungen in den Schulferien, die Beaufsichtigung von Reinigungspersonal, Schließdienste bei Abendveranstaltungen sowie während der Unterrichtszeit bei geringem Arbeitsanfall an. Die Tarifvertragsparteien hätten die Möglichkeit, für Sonderformen der Arbeit abweichende Vergütungsregelungen zu treffen. Auf den insoweit zugrunde gelegten Erfahrungswerten beruhten die tariflichen Sonderregelungen für Hausmeister. Bei diesen fielen erfahrungsgemäß regelmäßig und in erheblichem Umfang Bereitschaftszeiten an. Da dies der Natur der Sache nach der Fall sei und die Bereitschaftszeiten deshalb nach dem Tarifvertrag auch nicht gesondert ausgewiesen werden müssten, würde es einen Widerspruch darstellen, wenn das Gericht sich über die Tarifregelung hinwegsetzen und gesonderte Darlegungen zum Umfang der Bereitschaftszeiten fordern würde. Es sei im Rahmen eines Arbeitstages, an dem abhängig vom konkreten Geschehen in erheblichem Maße unplanbar Vollarbeitszeiten und Bereitschaftszeiten anfielen, unmöglich, diese im Vorfeld jeweils festzusetzen oder zu bestimmen. Auch im Nachgang jeden Arbeitstag minutiös danach aufzugliedern, zu welcher Minute Vollarbeit und wann Bereitschaftszeit angefallen sei, sei organisatorisch nicht umsetzbar und von den Tarifvertragsparteien bewusst und ausdrücklich nicht vorgesehen worden. Nach dem Tarifwortlaut, wonach die Bereitschaftszeiten bei Schulhausmeistern weder vereinbart noch angeordnet würden, sondern anfielen, ergebe sich, dass sich diese Zeiten aus der Art der Tätigkeit bereits ergäben. Da Schulhausmeister grundsätzlich flexibel und in freier Einteilung Bereitschaftszeiten ableisteten, bestehe kein Anspruch darauf, dass diese in einem zeitlich zusammenhängenden Abschnitt zu leisten seien. Der von dem Kläger angegebene, geänderte Schulalltag besage zudem für sich genommen nichts dazu, in welchem Maße der Kläger hier konkret wann tatsächlich gearbeitet habe, welche der Arbeitsphasen in die Vollarbeit gefallen seien und welche seinen Bereitschaftszeiten zuzuordnen seien. Hierfür obliege dem Kläger die Darlegungs- und Beweislast, der sein Vorbringen nicht genüge, obwohl der Kläger seine Arbeitszeiten ohne Weiteres für den Streitzeitraum hätte erfassen können, um sie im Prozess vorzutragen. Das von der Beklagten zugrunde gelegte regelhafte tarifliche Arbeitszeitmodell bei Schulhausmeistern komme immer dann und insoweit zum Tragen, wie der Beschäftigte durchschnittlich mindestens 1,55 Stunden innerhalb eines Arbeitstages von 9,35 Stunden keine Arbeit leiste - da er dann im Bereitschaftszeitraum von 3,1 Stunden arbeitstäglich zu mehr als der Hälfte der Zeit keine Arbeit leiste -, und dies nicht auf den einzelnen konkreten Arbeitstag bezogen, sondern bezogen auf sämtliche solcher Arbeitstage im tariflichen Ausgleichszeitraum von einem Jahr gemäß § 6 Abs. 2 TVöD-V VKA. Es sei ferner nicht Aufgabe der Beklagten, ein bestimmtes Maß des Anfalls an Bereitschaftszeiten darzulegen und zu beweisen, auch nicht, soweit dieses über 25% der täglichen Gesamtbeschäftigungszeit hinausreiche. Eine solche Anforderung folge auch nicht aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 30.10.2019 - 6 AZR 16/19. Diese betreffe im Übrigen mit einer Rettungsleitstelle gerade einen anderen als den vorliegenden Fall des Schulhausmeisters. Dieser sei 2009 entschieden worden, daran sei festzuhalten. Die Entscheidung und der dort zugrunde gelegte Erfahrungssatz seien keineswegs überholt. Auch hierzu fehle entsprechend konkreter Vortrag des Klägers, wie auch insgesamt dazu, dass er mehr arbeite als nach dem tarifvertraglichen Faktorisierungsmodell vorgesehen und daher mehr als die (rechnerische) Regelarbeitszeit leiste und deswegen Anspruch auf die begehrte Mehrvergütung habe. Der bei Schulhausmeistern zugrunde gelegte erhebliche Umfang von Bereitschaftszeiten müsse höher ausfallen als 25%, nämlich 33% betragen, anderenfalls resultiere daraus eine die Regelarbeitszeit übersteigende Arbeitszeit. Erst ein Anteil von 33% sei also im tariflichen Sachzusammenhang erheblich. Dass die Beklagte mithin 33% Bereitschaftsanteil zugrunde gelegt habe, folge aus der Berechnung von 46,75 Anwesenheitsstunden, von denen ca 33% und damit 15,5 Stunden faktorisiert werden müssten, um zu einer tariflichen Gesamtarbeitszeit von 39 Stunden zu gelangen. Wende der Kläger ein, der Anteil seiner Bereitschaftszeiten sei niedriger als 33% und daher die tarifliche Arbeitszeit im Ergebnis der Faktorisierung höher, treffe ihn hierfür die volle Darlegungs- und Beweislast.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen in erster und zweiter Instanz sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen. Zu den den Parteien erteilten rechtlichen Hinweisen wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 15.11.2022 und die gerichtliche Verfügung vom 17.12.2022.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b) ArbGG. Ferner ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufung ist teilweise begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte eine Überstundenvergütung für Februar bis Juli 2021 im tenorierten Umfang zu. Denn seine regelmäßige Wochenarbeitszeit lag - auch unter Berücksichtigung von Bereitschaftszeiten und deren tariflicher Faktorisierung - nicht bei 39 Stunden gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 des unstreitig auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren TVöD-V VKA, sondern um jeweils 3,81 Wochenstunden höher, da zwar ein regelmäßig anfallender, nicht unerheblicher Bereitschaftszeitanteil von 25%, nicht jedoch wie von der Beklagten gehandhabt von 33% zugrunde zu legen ist. Die Differenz macht 3,81 Wochenstunden aus. Diese Stunden sind, da sie im unstreitig arbeitstäglich dem Kläger vorgegebenen Beschäftigungszeitraum von 6:30 Uhr bis 16:21 Uhr angefallen und damit auf arbeitgeberseitige Anordnung hin geleistet worden sind, zudem der tarifliche Ausgleich weder behauptet wird noch nach dem hier praktizierten Beschäftigungsmodell überhaupt erkennbar möglich war, Überstunden im Sinne von § 7 Abs. 7 TVöD-V VKA. Für diese steht dem Kläger nach § 8 Abs. 1.1 TVöD-V VKA mangels behaupteten und nach dem Arbeitszeitmodell überhaupt vorgesehenen Freizeitausgleichs die anteilige Grundvergütung zu.
Im Einzelnen:
1. Die Zahlungsklage ist unproblematisch zulässig. Insoweit nimmt die Berufungskammer auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe unter I des Urteils des Arbeitsgerichts Essen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug und macht sich diese zu eigen. Eine unterbliebene außergerichtliche Geltendmachung vor Klageerhebung nimmt der Klage nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Beklagte bestreitet die Ansprüche des Klägers vollumfänglich, so dass auch eine vorherige außergerichtliche Geltendmachung an der Erforderlichkeit der Klageerhebung erkennbar nichts geändert hätte.
2. Die Klage - und mit ihr die Berufung - ist im tenorierten Umfang aus den vorstehend genannten, tariflichen Anspruchsgrundlagen begründet, nicht jedoch darüber hinaus. Der Kläger hat im Streitzeitraum unstreitig als Schulhausmeister arbeitstäglich an fünf Arbeitstagen pro Woche von 6:30 Uhr bis 16:21 Uhr seinen Dienst bei angefallener Vollarbeit sowie regelmäßig angefallenen Bereitschaftszeiten versehen. Unter Berücksichtigung der unstreitig in Anspruch genommenen gesetzlichen Pausenzeiten ergibt sich damit eine tägliche Dienstzeit von 9,35 Stunden und wöchentlich von 46,75 Stunden.
Streitig ist allein der Umfang der regelmäßig angefallenen Bereitschaftszeiten und in diesem Zusammenhang - da weder Kläger noch Beklagte insoweit konkreten Sachvortrag leisten und hierfür Beweis erbieten können - die Frage der Darlegungs- und Beweislast. Aus Sicht der Berufungskammer ist in Anwendung der einschlägigen tariflichen Sonderregelungen für Schulhausmeister bei dieser Berufsgruppe von regelmäßig in nicht unerheblichem Umfang von 25% anfallenden Bereitschaftszeiten auszugehen. Dass diese Regelannahme in seinem Fall unzutreffend wäre, hat der Kläger nicht darzulegen vermocht. Damit ist eine Bereitschaftszeit von 11,69 Stunden zugrunde zu legen und zu faktorisieren. Soweit die Beklagte darüber hinaus eine Faktorisierung im Umfang von 15,5 Wochenstunden vornimmt und damit die tariflichen Möglichkeiten bis zur Maximalgrenze ausschöpft, obliegt hingegen ihr die Darlegungs- und Beweislast für einen regelmäßig noch über 25% hinausgehenden Anfall von Bereitschaftszeiten. Dem ist sie ihrerseits nicht nachgekommen, so dass die verbleibende Differenz von 3,81 Wochenstunden (15,5 - 11,69 = 3,81) als Vollarbeitszeit zu werten und nicht zu faktorisieren ist. In diesem Umfang steht dem Kläger mangels erhaltenen Freizeitausgleichs ein Überstundenvergütungsanspruch gegen die Beklagte zu.
a. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden unstreitig, da der Kläger bei der beklagten Kommune als Schulhausmeister beschäftigt war und ist, gemäß Protokollerklärung i) zu § 1 Abs. 1 TVöD-V VKA die Sonderregelungen der Anlage D Anwendung. Über Nr. 2 der Anlage D.9 TVöD-V VKA findet wiederum der TVöD NRW Anwendung, der unter Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 TVöD NRW eine mit Abschnitt A des Anhangs zu § 9 TVöD-V VKA im hier interessierenden Bereich wortgleiche Regelung enthält. Danach gelten für Schulhausmeister in NRW, in deren Tätigkeit regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten fallen, besondere Regelungen zu § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-V VKA insoweit, als die Summe von faktorisierten Bereitschaftszeiten und Vollarbeitszeit die Arbeitszeit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-V VKA (39 Wochenstunden) nicht überschreiten darf. Die Faktorisierung wird mit 1/2 vorgenommen und die Summe von Vollarbeitszeit und - nicht faktorisierten - Bereitschaftszeiten darf durchschnittlich 46,75 Stunden wöchentlich nicht überschreiten. Weiter wird geregelt, dass Bereitschaftszeiten innerhalb von Beginn und Ende der regelmäßigen Arbeitszeit nicht gesondert ausgewiesen werden.
aa. Diese landesbezirkliche Tarifregelung ist in Anwendung der zur - ausdrücklich von ihr auch in Bezug genommenen - Parallelregelung in Abschnitt A des Anhangs zu § 9 TVöD-V VKA ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auszulegen. Danach gilt, dass bei Hausmeistern erfahrungsgemäß regelmäßig und in erheblichem Umfang Bereitschaftszeiten anfallen und davon auch die Tarifvertragsparteien bei Abschluss des TVöD ausgegangen sind (BAG vom 17.12.2009 - 6 AZR 729/08, juris, Rz. 32 unter Verweis auf Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Januar 2006 § 9 - Bereitschaftszeiten Rn. 31). Diese Grundannahme hat sie dazu bewogen, die Arbeitszeit dieses Personenkreises gesondert im Anhang zu § 9 TVöD zu regeln. Liegen die Voraussetzungen des Anhangs zu § 9 TVöD vor, wird die Arbeitszeit durch die Bereitschaftszeiten im Wege der Tarifautomatik, also unabhängig von einem gesonderten Tätigwerden der Arbeitsvertragsparteien, verlängert. Im Unterschied zu § 9 Abs. 2 TVöD ist im Anwendungsbereich des Abschn. A des Anhangs zu § 9 TVöD der vorherige Abschluss einer Dienst- bzw. Betriebsvereinbarung zur Verlängerung der Arbeitszeit nicht erforderlich. Die Regelung des Abschn. A des Anhangs zu § 9 TVöD ist vielmehr unmittelbar geltendes Tarifrecht (BAG vom 17.12.2009 - 6 AZR 729/08, juris, Rz. 32).
In der Tätigkeit des Klägers als Schulhausmeister fallen regelmäßig Bereitschaftszeiten an. Das ist unstreitig. Es handelt sich um Zeiten geringerer Auslastung in den Schulferien, um Beaufsichtigungstätigkeiten gegenüber Reinigungskräften und Reparaturdienstleistern und Zeiten ohne Arbeitsanfall während der Unterrichtszeit. Solche Bereitschaftszeiten gehören zu den typischerweise bei Schulhausmeistern anfallenden Bereitschaftszeiten (vgl. BAG vom 17.12.2009 - 6 AZR 729/08, juris, Rz. 36).
Das Bundesarbeitsgericht hat für die in Abschnitt A des Anhangs zu § 9 TVöD-V VKA geregelten Fälle der Hausmeister - den Fall der Schulhausmeister einschließend -, auf die die hier anwendbare landesbezirkliche Regelung erkennbar unter wortidentischer Übernahme des Regelungsinhalts für die Schulhausmeister in NRW Bezug nimmt, den der Tarifregelung zugrundeliegenden Erfahrungssatz aufgestellt, dass bei deren Tätigkeit, wenn regelmäßig Bereitschaftszeiten anfallen, solches jedenfalls in nicht unerheblichem Umfang der Fall ist (vgl. BAG vom 17.12.2009 - 6 AZR 729/08, juris, Rz. 32, 37).
Dem folgt die erkennende Berufungskammer auch für den hiesigen Anwendungsfall. Damit ist der Kläger auch des vorliegenden Verfahrens gehalten, im Einzelnen darzulegen und zu beweisen, inwiefern bei ihm eine Ausnahme vom typischen Regelfall einer Schulhausmeistertätigkeit anzunehmen sein soll (vgl. BAG vom 17.12.2009 - 6 AZR 729/08, juris, Rz. 37). Denn er macht ebenso wie in dem 2009 vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall geltend, die tariflichen Voraussetzungen der Bereitschaftszeit, die als solche als regelmäßig anfallend unstreitig ist, fehlten auch bei Arbeitsaufgaben, wie sie zuvor dargestellt worden sind und unstreitig auch beim Kläger regelmäßig anfallen, in denen typischerweise Bereitschaftszeiten enthalten sind. In seinem Fall lägen auch bei derartigen Aufgaben Bereitschaftszeiten nur in unerheblichem Umfang vor. Diese Ausnahme hat er darzulegen, was ihm ohnehin aufgrund der weitgehend selbstbestimmten Tätigkeit, die für Schulhausmeister typisch ist (vgl. BAG vom 17.12.2009 - 6 AZR 729/08, juris, Rz. 35), deutlich einfacher möglich wäre als der Beklagten. Selbst wenn man also hier kein Regel-Ausnahme-Verhältnis annähme, wäre der Kläger jedenfalls im Wege der gestuften Darlegungslast gehalten, konkret vorzutragen. Das ist nicht geschehen. Im Gegenteil bringt er selbst mehrfach zum Ausdruck, dass ihm konkrete Aufzeichnungen für den Streitzeitraum und überhaupt für die Vergangenheit nicht vorliegen. Wenn er gleichwohl für diesen Zeitraum geltend macht, entgegen der ihm bekannten, jahrelangen Abrechnungsweise der Beklagten falle nur in unerheblichem Umfang Bereitschaftszeit an, ist er gehalten, dieses Vorbringen konkret zu untermauern und Beweis hierfür anzubieten. Alles das ist nicht erfolgt. Das muss zu Lasten des Klägers gehen. Die Beklagte brauchte - hier spielt dann sehr wohl eine Rolle, dass der Kläger seine Ansprüche nicht einmal außergerichtlich angemeldet hat - mit einem diesbezüglichen Infragestellen der tariflichen Annahmen, ihrer tariflichen Anwendungspraxis und den dieser zugrundeliegenden tatsächlichen Annahmen durch den Kläger nicht zu rechnen.
Die pauschalen Hinweise auf geänderte Unterrichtszeiten und eine geänderte Tätigkeit von Schulhausmeistern im Vergleich zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Jahr 2009 vermögen an der Annahme einer nicht unerheblichen Bereitschaftszeit im Streitzeitraum nichts zu ändern. Zum einen ist das Vorbringen in der Tat - wie die Beklagte zu Recht rügt - unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig. Da der Kläger seit 1993 als Schulhausmeister bei der Beklagten arbeitet, hätte er die Erheblichkeit von eingetretenen Änderungen im Berufsbild zumindest für seine Tätigkeit durchaus konkret darlegen können und dann auch müssen. Unabhängig hiervon ist er für seine Behauptung aber auch beweisfällig geblieben. Nur am Rande sei zudem angemerkt, dass auch schon in dem 2009 entschiedenen Fall eine Schule mit Unterrichtzeiten bis 16 Uhr in Rede stand und das Bundesarbeitsgericht nicht veranlasste, seinen Erfahrungssatz in Zweifel zu ziehen (siehe BAG vom 17.12.2009 - 6 AZR 729/08, juris, Rz. 36).
Im Übrigen hat das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2019 für den Bereich der Leitstellen zwar die Annahme abgelehnt, dass die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen seien, dass dort ebenso wie bei Hausmeistern erfahrungsgemäß und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten anfallen (BAG vom 30.10.2019 - 6 AZR 16/19, juris, Rz. 36). Es hat an selber Stelle jedoch ausgeführt, es möge sein, dass diese Annahme bei Hausmeistern zutreffe und dabei die Entscheidung aus 2009 desselben Senats ausdrücklich zitiert, ohne sich davon beispielsweise dadurch zu distanzieren, dass ausgeführt wird, es bleibe offen, ob hieran festzuhalten ist (siehe BAG vom 30.10.2019 - 6 AZR 16/19, juris, Rz. 36). Das kann aus Sicht der Berufungskammer nur als Bestätigung der eigenen früheren Entscheidung zu den Hausmeistern verstanden werden.
Dementsprechend hat derjenige klagende Schulhausmeister, der abweichend lediglich in unerheblichem Umfang anfallende Bereitschaftszeiten behauptet, dies konkret zu begründen und Beweis hierfür anzutreten (so auch Seel, öAT 2010, 19; Cerff in Bredemeier/Neffke, TVöD/TV-L, 6. Auflage, § 9 TVöD Rn. 20). Dem genügt das Vorbringen des Klägers erkennbar nicht.
bb. Damit steht entgegen der Rechtsansicht der Beklagten zwar immerhin, aber auch nur fest, dass in der Tätigkeit des Klägers im Streitzeitraum regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten angefallen sind.
Nicht steht damit hingegen fest, dass der - zwischen den Parteien hier streitige - Umfang ca. 33% der wöchentlichen Gesamteinsatzzeit des Klägers betrug, die hier durchgehend aufgrund der unstreitigen Dienstzeiten am nach Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 Satz 3 TVöD NRW zulässigen Limit von 46,75 Wochenstunden lag.
Ein Erfahrungssatz dahingehend, dass regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang anfallende Bereitschaftszeiten bei Schulhausmeistern typischerweise im Umfang von ca. 33% anfallen, kann nicht festgestellt werden. Insbesondere trägt hierzu nun die Beklagte nichts Konkretes vor.
Wenn die Tarifvertragsparteien in Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 Satz 3 TVöD NRW regeln, dass die Summe aus Vollarbeits- und Bereitschaftszeiten durchschnittlich 46,75 Wochenstunden nicht überschreiten darf, wird damit ein Maximal- und kein Regelwert tariflich festgelegt. Die Summe darf mithin ohne Weiteres unter diesem Wert liegen. Damit vermag dann aber die Argumentation der Beklagten nicht zu überzeugen, dass der "nicht unerhebliche" Umfang der Bereitschaftszeiten, von dem der Tarifvertrag spricht, regelhaft 33% betragen müsse.
Im Gegenteil geht das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 30.10.2019 zur insoweit wortidentisch gefassten Regelung zu den Leitstellen unter Anhang B zu § 9 TVöD-V VKA ebenso wie zu § 9 Abs. 1 TV-L davon aus, dass ein nicht unerheblicher Anteil bei etwa 25% gegeben ist (BAG vom 30.10.2019 - 6 AZR 16/19, juris, Rz. 38; BAG vom 06.09.2018 - 6 AZR 204/17, juris, Rz. 37). Dem ist auch für die hier streitgegenständlich relevante Regelung unter Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 Satz 1 TVöD NRW zu folgen. Es ist nicht anzunehmen, dass den landesbezirklichen Tarifvertragsparteien bei erkennbarer Übernahme der TVöD-Regelungen ein abweichendes Verständnis zugrunde gelegen hätte.
Soweit die Beklagte darauf verweist, dass das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung von 2009 einen Erfahrungssatz zu in erheblichem Umfang anfallenden Bereitschaftszeiten bei Hausmeistern angenommen habe und dies ein höherer Wert als der des nicht unerheblichen Umfangs sein müsse, nämlich 33%, ist daran zweierlei zutreffend: Das Bundesarbeitsgericht spricht an einer Stelle seiner Entscheidung aus 2009 in der Tat von dem Erfahrungssatz "in erheblichem Umfang" anfallender Bereitschaftszeiten (BAG vom 17.12.2009 - 6 AZR 729/08, juris, Rz. 32). Zudem hat das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 06.09.2018 zum TV-L ausgeführt, es bestehe ein Unterschied zwischen "nicht unerheblichem" und "erheblichem" Umfang dahingehend, dass ersterer 25% ausmache und letzterer hingegen mindestens ein Drittel erfordere (BAG vom 06.09.2018 - 6 AZR 204/17, juris, Rz. 37).
Es kann dahingestellt bleiben, ob dem zu folgen ist und ob sich diese Auslegung auf den TVöD-V VKA und den TVöD NRW übertragen lässt. Denn offensichtlich liegt der Zitatstelle der Entscheidung vom 17.12.2009 ein in dieser Weise differenzierendes Verständnis nicht zugrunde. Das Bundesarbeitsgericht hat sich zu dem tariflichen Merkmal der "in nicht unerheblichem Umfang" anfallenden Bereitschaftszeiten und zu dem diesbezüglichen Verständnis der Tarifvertragsparteien geäußert. Dementsprechend wird in der die Zitatstelle ausdrücklich in Bezug nehmenden Entscheidung vom 30.10.2019 dann auch zutreffend von dem Verständnis der Tarifvertragsparteien zu bei Hausmeistern erfahrungsgemäß "regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang" anfallenden Bereitschaftszeiten und einer diesbezüglichen "Annahme", die bei Hausmeistern zutreffen möge, gesprochen (BAG vom 30.10.2019 - 6 AZR 16/19, juris, Rz. 36).
Wenn die Beklagte wie hier einen Erfahrungssatz begründen will, dass bei Schulhausmeistern typischerweise im - erheblichen - Umfang von 33% Bereitschaftszeiten anfallen, muss sie hierzu konkreten Vortrag und angesichts des Bestreitens des Klägers Beweis anbieten. Beides ist nicht erfolgt. Ein solchermaßen über das tariflich geregelte Merkmal hinausgehendes Verständnis der Tarifvertragsparteien ist gleichfalls durch die Berufungskammer nicht feststellbar. Es erschließt sich im Gegenteil nicht, warum die Tarifvertragsparteien in Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 Satz 3 TVöD NRW eine Maximalsumme regeln sollten, wenn diese bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzungen in Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 Satz 1 TVöD NRW bei Schulhausmeistern angeblich ohnehin bereits dem erfahrungsgemäß anzunehmenden Regelwert entspricht. Anders formuliert: Hätten die Tarifvertragsparteien ihrer Regelung das Verständnis erfahrungsgemäß im "erheblichen" Umfang von 33% anfallender Bereitschaftszeiten bei Schulhausmeistern zugrunde gelegt, hätten sie kaum in Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 Satz 1 TVöD NRW lediglich Bereitschaftszeiten "in nicht unerheblichem Umfang" zur Anwendung der Sonderregelung ausreichen lassen und damit den atypischen Fall zur Eingangsvoraussetzung gemacht.
Da "in nicht unerheblichem Umfang" anfallende Bereitschaftszeiten somit solche im Umfang von 25% sind, die Beklagte ihrer Abrechnung jedoch 33% zugrunde legt, liegt insoweit die Darlegungs- und Beweislast bei ihr. Denn nunmehr wendet sie einen über das regelhafte Verständnis der Tarifregelung hinausgehenden Umfang der Bereitschaftszeiten im Fall des Klägers ein (vgl. hierzu auch BAG vom 30.10.2019 - 6 AZR 16/19, juris, Rz. 39). Entsprechendes Vorbringen fehlt bei der Beklagten, so dass weiterhin lediglich von Bereitschaftszeiten in nicht unerheblichem Umfang, also 25% auszugehen ist und nicht von solchen in - erhebliche(re)m - Umfang von 33%.
b. Folge der mangels näheren Parteivorbringens auf beiden Seiten zum genauen Umfang der Bereitschaftszeiten an der Darlegungs- und Beweislast zu orientierenden Feststellungen ist, dass hinsichtlich der unstreitig vom Kläger regelmäßig geleisteten 46,75 Wochenstunden bei einem Bereitschaftszeitanteil von 25% lediglich 11,69 Stunden zu faktorisieren sind. Die Differenz von 3,81 Stunden ist dem Kläger als Vollarbeit und Überstunden zu vergüten.
Die in den vom Kläger vorgelegten Abrechnungen aufgeführten Werte des Bruttogrundgehalts sind für alle streitgegenständlichen Monate unstreitig. Ebenso ist unstreitig, dass die abgerechneten Beträge bzw. die dahinterstehenden Ansprüche allesamt durch Erfüllung erloschen sind, § 362 BGB. Der Kläger kann daher seine Klageforderung nicht wie beantragt realisieren. In den von ihm jeweils mittels Hochrechnung des Bruttogehalts auf 46,75 Wochenstunden-Basis (statt 39 Wochenstunden) berechneten Bruttoforderungen ist als Minus allerdings der hier jeweils tenorierte Bruttobetrag enthalten. Er ergibt sich jeweils aus den Monatsgrundvergütungswerten der Abrechnungen geteilt durch 39 Wochenstunden x 3,81 Wochenstunden.
c. Die Klageforderungen sind von dem Kläger mit der Klage formgerecht in Textform im Sinne von § 37 Abs. 1 TVöD-V VKA geltend gemacht worden, deren Zustellung bei der Beklagten noch im August 2021 die sechsmonatige Ausschlussfrist zudem für alle eingeklagten Monate gewahrt hat.
d. Die Zinsforderung rechtfertigt sich aus §§ 286, 288 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO und entspricht dem Anteil von Obsiegen und Unterliegen beider Parteien in beiden Instanzen unter Berücksichtigung der teilweisen Klageerweiterung und -rücknahme im Berufungsverfahren.
IV.
Die Revision wird gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zur Klärung entscheidungserheblicher Auslegungsfragen zu dem nicht unerheblichen Umfang von Bereitschaftszeiten im Sinne von Teil V Nr. 2 § 1 Abs. 5 Satz 1 des Tarifvertrages Öffentlicher Dienst NRW sowie zu Darlegungs- und Beweislastfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem Verhältnis der hier relevanten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 30.10.2019 - 6 AZR 16/19 - und vom 17.12.2009 - 6 AZR 729/08 - zueinander zugelassen.
KleinKraemerJahncke