Urteil vom 24.07.2023 · IWW-Abrufnummer 236712
Landesarbeitsgericht Niedersachsen - Aktenzeichen 15 Sa 906/22
1. Eine Betriebsabteilung iSv. § 15 Abs. 5 KSchG ist ein räumlich und organisatorisch abgegrenzter Teil des Betriebes, der eine personelle Einheit erfordert, dem eigene technische Betriebsmittel zur Verfügung stehe und der einen eigenen Betriebszweck verfolgt.
2. Für die Annahme einer Betriebsabteilung des Vertragsarbeitgebers reicht es bei der Beschäftigung in einer Matrix-Struktur nicht bereits aus, dass nur eine einzelne Arbeitnehmerin aus einer betriebsübergreifenden Organisationseinheit im Betrieb des Vertragsarbeitgebers beschäftigt ist.
3. Matrix-Strukturen stellen vom Vertragsarbeitgeber unabhängig gestaltete Arbeitsorganisationen dar, die über das Vorliegen einer Betriebsabteilung nichts aussagen.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 3.11.2022 - 2 Ca 216/22 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin.
Die Beklagte ist ein Unternehmen mit dem Geschäftsgegenstand Vertrieb von und Handel mit Arzneimitteln und pharmazeutischen Chemikalien. Im Betrieb der Beklagten in C-Stadt beschäftigt sie regelmäßig ca. 90 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Die am 00.00.1963 geborene, verheiratete Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01.10.2003 zuletzt als Global Process Expert in dem Bereich IT ERP - Finance & Controlling beschäftigt. Wegen des Wortlauts des zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrages vom 1.8.2003 wird auf Bl. 25R - 28 dA. Bezug genommen. Die Klägerin erzielte zuletzt eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung unter Berücksichtigung des ihr gezahlten Bonus in Höhe von 11.250,00 EUR.
Zu den Aufgaben der Klägerin gehörten im Wesentlichen die Entwicklung und Implementierung von SAP-Finanzlösungen, die Analyse von Geschäftsprozessen, die Tätigkeit als interner SAP-Berater, die Durchführung von Anwendungsworkshops und die Entwicklung von Best-Practice-Lösungen für Geschäftsanforderungen. Wegen der Tätigkeitsbeschreibung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 5.9.2022 (Bl. 18 d. A.) Bezug genommen.
Die Klägerin ist fachlich unterstellt dem Director ERP - Finance & Controlling. Dieser ist Teil des weltweit agierenden Global Information Technology Development Center, hauptsächlich angesiedelt in Bangalore/Indien und nicht bei der Beklagten am Standort C-Stadt beschäftigt.
Die Klägerin ist die Vorsitzende des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats und Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen.
Mit Schreiben vom 07.07.2021 unterrichtete die Beklagte den am Standort C-Stadt gebildeten Betriebsrat über eine beabsichtigte Betriebsänderung. Das im Zuge der Verhandlungen mit dem Betriebsrat eingeleitete Einigungsstellenverfahren endete durch Spruch der Einigungsstelle vom 30.04.2022 über den Abschluss eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans, wegen deren Wortlaut auf Bl. 50 - 64 d. A. Bezug genommen wird.
Mit Schreiben vom 27.1.2022 und 5.5.2022 (Bl. 73 - 77 und 78R - 83 d. A.) unterrichtete die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat über die Absicht, Entlassungen vorzunehmen. Abschriften der Schreiben leitete sie jeweils der Agentur für Arbeit zu. Mit Schreiben vom 19.5.2022 (Bl. 89 - 89R d. A.) nahm der Betriebsrat zu der Unterrichtung Stellung. Unter dem 31.5.2022 erstattete die Beklagte bei der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit C-Stadt eine Massenentlassungsanzeige, wegen deren Inhalt auf Bl. 80R - 99R d. A. Bezug genommen wird. Mit Schreiben vom 31.5.2022 (Bl. 100 d. A.) bestätigte die Agentur für Arbeit C-Stadt der Mylan Healthcare GmbH den Eingang der Massenentlassungsanzeige und teilte mit, dass die festzusetzende Entlassungssperre am 30.6.2022 ende.
Unter dem 30.5.2022 entschied die Beklagte, die inländischen Geschäftstätigkeiten der Bereiche Regional Regulatory Labelling, Regional Regulatory Submission sowie IT ERP - Finance & Controlling auf sogenannte Centers of Exellences (CoEs) unter anderem in Indien, Hatfield, UK und Morgantown, US zu übertragen. Wegen des genauen Inhalts der Entscheidung wird auf Bl. 29 - 49 d. A. Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 15.06.2022 (Bl. 65 - 69 d. A.) hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu der ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zum 31.12.2022 an. Mit Schreiben vom 22.06.2022 (Bl. 72 d. A.) widersprach der Betriebsrat der Kündigung.
Mit Schreiben vom 27.06.2022 (Bl. 5 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31.12.2022. Unter demselben Datum kündigte die Beklagte sechs weiteren Mitarbeitern. Darüber hinaus schloss sie mit einem Arbeitnehmer im Juni 2022 einen Aufhebungsvertrag.
Mit Schriftsatz vom 11.07.2022, bei dem Arbeitsgericht Hannover eingegangen am 11.07.2022 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil sie Sonderkündigungsschutz genieße.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 27.06.2022 beendet wird.Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.Die Beklagte hat behauptet, die bisherigen Tätigkeiten der Klägerin seien zum 30.4.2022 in das Global Information Technology Development Centre in Bangalore, Indien transferiert worden. Damit sei der gesamte Bereich IT ERP - Finance & Controlling in C-Stadt geschlossen worden. Bei dem Bereich habe es sich um eine eigenständige Betriebsabteilung gehandelt. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin am Standort C-Stadt gebe es nicht.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, wegen der Schließung der Abteilung könne die Klägerin sich nicht auf ihren Sonderkündigungsschutz berufen.
Mit Urteil vom 3.11.2022 hat das Arbeitsgericht Hannover der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigung sei wegen des besonderen Kündigungsschutzes der Klägerin nach § 15 Abs. 1 KSchG unwirksam. Auf die Ausnahmeregelung des § 15 Abs. 5 KSchG könne sich die Beklagte nicht berufen, weil der Bereich, in dem die Klägerin beschäftigt werde keine Betriebsabteilung im Sinne dieser Vorschrift sei. Die Beklagte habe zu dem Vorliegen der Voraussetzungen der Regelung nicht ausreichend vorgetragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 128 R - 130 d. A.), wegen der rechtlichen Würdigung durch das Arbeitsgericht auf die Entscheidungsgründe (Bl. 130 R - 131 d. A.) Bezug genommen.
Gegen das ihr am 17.11.2022 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.12.2022, bei dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangen am 16.12.2022 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.02.2023 mit Schriftsatz vom 17.02.2023, bei dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangen am 17.02.2023, begründet.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie trägt vor, das Arbeitsgericht habe ihre Darlegungs- und Beweislast überspannt. Bei dem Bereich IT ERP - Finance & Controlling habe es sich um eine eigenständige Betriebsabteilung gehandelt. Der Bereich sei räumlich abgrenzbar, mit eigenen technischen Betriebsmitteln ausgestattet und organisatorisch und personell eigenständig gewesen. Die Klägerin sei eigenständig verantwortlich für den Bereich gewesen. Fachliche Weisungen habe sie ausschließlich von dem Director ERP Finance & Controller IT Hristo Dimanov erhalten. Der Bereich habe einen eigenständigen Betriebszweck gehabt.
Die Beklagte beantragt,
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 3.11.2022, Az.: 2 Ca 216/22 wird abgeändert. 2. Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil als richtig.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze vom 17.02.2023, 20.04.2023, 9.05.2023 und 14.5.2023 sowie die Sitzungsniederschrift vom 15.05.2023 Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.5.2023 haben die Parteien erklärt, sie wollten weitere Vergleichsverhandlungen führen und gebeten, Termin zur Verkündung einer Entscheidung zu bestimmen. Ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung wurde zunächst anberaumt auf den 11.7.2023 und aus dienstlichen Gründen verlegt auf den 24.7.2023.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64, 66 ArbGG und §§ 519, 520 ZPO).
II.
Die Berufung ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben, da sie zulässig und begründet ist.
Der Antrag zu 1. ist zulässig und begründet.
Durch die Kündigung der Beklagten vom 27.6.2022 ist das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit Ablauf des 31.12.2022 beendet worden, denn sie ist unwirksam.
1.
Die Kündigung ist allerdings nicht unwirksam, weil die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige nicht ordnungsgemäß iSd. § 17 Abs. 3 KSchG erstattet worden ist.
Bei der Kündigung handelt es sich nicht um eine nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG anzeigepflichtige Entlassung. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG ist der Arbeitgeber in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlässt.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Beklagte beschäftigt in ihrem Betrieb in C-Stadt regelmäßig 90 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Im Zeitraum von 30 Kalendertagen um die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin hat sie aber nach ihrem unbestrittenen Vortrag nur sechs weitere Kündigungen ausgesprochen und einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen.
2.
Die Kündigung ist auch nicht wegen einer fehlerhaften Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG unwirksam.
a.
Da es sich bei der auf § 15 Abs. 5 KSchG gestützten Kündigung um eine ordentliche Kündigung handelt, hat die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG zu erfolgen. Einer Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 103 BetrVG bedarf es nicht.
Für die Anhörung des Betriebsrats zu einer auf § 15 Abs. 5 KSchG gestützten Kündigung gelten die allgemeinen, zu § 102 BetrVG entwickelten Grundsätze. Die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers ist subjektiv determiniert. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat nicht alle objektiv kündigungsrechtlich erheblichen Tatsachen, sondern nur die aus seiner Sicht für die Kündigung ausschlaggebenden Umstände mitteilen. Eine aus Sicht des Arbeitgebers bewusst unrichtige oder unvollständige und damit irreleitende Darstellung führt zu einer fehlerhaften Anhörung des Betriebsrats; vgl. BAG, 23.2.2010, 2 AZR 656/08, Juris Rn. 20, 21, m. w. N..
b.
Danach ist die Anhörung des Betriebsrates nicht zu beanstanden.
Allerdings hat die Beklagte dem Betriebsrat nicht ausdrücklich mitgeteilt, dass die Klägerin Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen ist und deshalb Sonderkündigungsschutz nach § 179 Abs. 3 SGB IX genießt.
Dieser Mitteilung bedurfte es aber nicht. Die Klägerin ist selbst die Vorsitzende des Betriebsrates, so dass ihr und damit dem Betriebsrat ihre Tätigkeit als Vertrauensperson bekannt war. Dementsprechend bezieht sich die Stellungnahme des Betriebsrates auch darauf, dass die Klägerin Vertrauensfrau ist. Das Amt der Vertrauensperson vermittelt darüber hinaus keinen weitergehenden Kündigungsschutz als das Amt des Betriebsrates, denn nach § 179 Abs. 3 SGB IX besitzen die Vertrauenspersonen die gleiche Rechtsstellung wie ein Mitglied des Betriebsrates. Mit dem Sonderkündigungsschutz setzt sich die Anhörung ausdrücklich auseinander.
3.
Die Kündigung ist aber unwirksam gemäß § 15 Abs. 1 KSchG.
Danach ist die ordentliche Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrates unzulässig. Die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Zulässigkeit der Kündigung gemäß § 15 Abs. 5 KSchG liegen nicht vor.
Die Klägerin wurde nicht in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt worden ist. Der Bereich IT ERP - Finance & Controlling stellt keine Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG dar.
a.
Eine Betriebsabteilung iSv. § 15 Abs. 5 KSchG ist ein räumlich und organisatorisch abgegrenzter Teil des Betriebs, der eine personelle Einheit erfordert, dem eigene technische Betriebsmittel zur Verfügung stehen und der einen eigenen Betriebszweck verfolgt, auch wenn dieser in einem bloßen Hilfszweck für den arbeitstechnischen Zweck des Gesamtbetriebs besteht; vgl. BAG; 23.2.2010, 2 AZR 656/08, Juris Rn. 29.
b.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
(1)
Es ist zunächst nicht erkennbar, dass die Klägerin einen räumlich abgegrenzten Teil des Betriebes der Beklagten bildet.
Im Hinblick darauf, dass es sich bei der Klägerin um die einzige Mitarbeiterin der von der Beklagten behaupteten Abteilung handelt, muss dies Abgrenzungskriterium notwendig versagen. Dass die Klägerin in einem ihr zugewiesenen Büro tätig ist, liegt in der Natur der Sache. Daraus folgt zwar, dass die Tätigkeiten der Klägerin in einem räumlich abgrenzbaren Bereich erbracht werden. Dies lässt aber keinen Rückschluss auf die Organisation des Betriebes der Beklagten zu, da davon auszugehen ist, dass die Klägerin ihre Tätigkeiten auch bei einer Einbindung in die Gesamtorganisation des Betriebes unter gleichen räumlichen Bedingungen erbrächte.
(2)
Es liegt auch keine personelle Einheit vor, aus der Rückschlüsse auf das Vorliegen einer Abteilung gezogen werden können.
Allerdings ist denkbar, dass eine personelle Einheit auch aus einer einzelnen Person bestehen kann. In diesem Fall handelte es sich aber ebenfalls um ein untaugliches Abgrenzungskriterium. Bei einer aus mehreren Mitarbeitern bestehenden personellen Einheit kann die organisatorische Verknüpfung und Einordnung festgestellt werden. Bei diesen muss es Regeln geben, wie die Zusammenarbeit erfolgt. Ein Zusammenhang kann sich aus der Unterstellung unter einen gemeinsamen Vorgesetzten, ähnliche Arbeitszeiten, Vertretungsregelungen oder ähnlichem ergeben. Diese organisatorische Verknüpfung kann so bei einer Einzelperson nicht bestehen.
(3)
Gleiches gilt im vorliegenden Fall für die zur Verfügung gestellten eigenen technischen Betriebsmittel.
Hierzu hat die Beklagte in der Berufung vorgetragen, der Klägerin stehe ein eigener Laptop und eine eigene Büroausstattung zur Verfügung. Daraus folgt für die Annahme einer Betriebsabteilung nichts. Die Ausstattung mit den erforderlichen Arbeitsmitteln ist eine Selbstverständlichkeit, die über die organisatorische Zuordnung der Klägerin nichts aussagt. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte sämtliche Mitarbeiter mit den genannten Arbeitsmitteln versieht, warum sich im Fall der Klägerin daraus ergeben soll, dass sie eine Betriebsabteilung darstellt, erschließt sich der Berufungskammer nicht.
(4)
Die Klägerin stellt auch keinen organisatorisch abgegrenzten Teil des Betriebes der Beklagten dar.
Die Beklagte hat die Klägerin innerhalb der bei ihr bestehenden Matrixstruktur dem Bereich IT ERP - Finance & Controlling zugeordnet und dem Director ERP Finance & Controller IT Dimanov unterstellt. Die Klägerin ist damit nicht organisatorisch eigenständig, sondern in eine Organisationsstruktur in Form einer Matrix eingebunden.
Arbeitsrechtlich ist die Schaffung von Matrix-Strukturen durch eine vom Vertragsarbeitgeber unabhängig gestaltete Arbeitsorganisation gekennzeichnet. Die Arbeitnehmer stehen häufig in zwei oder mehr Weisungsbeziehungen. So kann es sein, dass sie den Leitern von Zentralfunktionen wie Produktion und Vertrieb und zugleich den Produktmanagern berichten müssen (und deren Weisungen unterliegen). Auch ist eine Aufteilung in konzernweite Geschäftsbereiche einerseits und Länderbereiche andererseits denkbar. Bei einer solchen Gliederung müssen die Leiter der Geschäftseinheiten sowohl an einen Verantwortlichen für das Land als auch an den Leiter des konzernweiten Geschäftsbereichs berichten; vgl. Kort, Matrix-Strukturen und Betriebsverfassungsrecht, NZA 2013, 1318.
Die Annahme einer Betriebsabteilung setzte, auch im Hinblick auf den mit der Regelung des § 15 KSchG verfolgten Zweck voraus, dass die Klägerin in einer von der Beklagten in ihrem Betrieb in C-Stadt geschaffenen organisatorischen Struktur beschäftigt wird. Das ist aber auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht der Fall. Allerdings trifft der Vortrag der Beklagten zu, bei einer Matrixstruktur sei ausschlaggebend, dass es sich um eine mehrdimensionale Organisation handele, bei der ähnlich gelagerte Bereiche in Funktionsbereiche untergliedert werden. Nach Ansicht der Berufungskammer trifft ebenfalls zu, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass innerhalb einer Matrixstruktur eigenständige Betriebsabteilungen bestehen können. Allein das Bestehen einer Matrixstruktur reicht aber nicht aus, um auf jeweils eigenständige Betriebsabteilungen im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG zu schließen.
Auf die Frage, ob auf der Ebene der Matrixorganisation für Deutschland keine Abteilung IT ERP - Finance & Controlling mehr besteht kommt es nicht an. Der reine Wegfall der Arbeitsaufgaben, die die Klägerin bisher ausgeführt hat, reicht wegen des Sonderkündigungsschutzes zur Rechtfertigung der Kündigung nicht aus.
(5)
Die Annahme einer Betriebsabteilung ergibt sich schließlich nicht aus dem von der Klägerin verfolgten Betriebszweck.
Es mag sein, dass Zweck der Funktion IT ERP - Finance & Controlling die Umsetzung und Anpassung der SAP-Anwendungen auf den Betrieb der Beklagten für die Funktionen hinsichtlich der Kosten und Finanzen war. Dies kann aber ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht für die Annahme einer Betriebsabteilung ausreichen. Die Klägerin ist in dem Betrieb die einzige Mitarbeiterin in dieser Funktion. Sie übt spezialisierte Tätigkeiten aus. Die Annahme eines eigenen betrieblichen Hilfszwecks ergibt sich damit zwanglos aus der Art ihrer Tätigkeit. Über die Organisationsform des Betriebes der Beklagten sagt dies nichts aus. Hierfür bedürfte es weiterer Anhaltspunkte, die nach dem bisher Gesagten nicht vorliegen.
III.
Auch das weitere Vorbringen der Beklagten, auf das in diesem Urteil nicht mehr besonders eingegangen wird, weil die Entscheidungsgründe gemäß § 313 Abs. 3 ZPO lediglich eine kurze Zusammenfassung der tragenden Erwägungen enthalten sollen, führt nicht zu einem abweichenden Ergebnis.
IV.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG), bestanden nicht.
Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) und der sofortigen Beschwerde (§ 72 b ArbGG) wird hingewiesen.