Urteil vom 02.05.2023 · IWW-Abrufnummer 236623
Hessisches Landesarbeitsgericht - Aktenzeichen 12 Sa 765/22 SK
Ein Betrieb, von dessen gewerblichen Arbeitnehmern arbeitszeitlich überwiegend Ofenbauarbeiten ausgeführt werden (§ 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 14 VTV ) und der als Betrieb des Herd- und Ofensetzer Handwerks § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 5 VTV unterfällt (also zunächst nicht erfasst wird), unterfällt dennoch den Regelungen des VTV, da er die Voraussetzungen der Rückausnahme "soweit nicht Arbeiten der in Abschnitt IV oder V aufgeführten Art ausgeführt werden" erfüllt.
Für eine einschränkende Auslegung der Rückausnahmevorschrift dahingehend, dass Tätigkeiten nach § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 14 VTV die Rückausnahme in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 5 VTV nicht auslösen, enthält der VTV keine Anhaltspunkte.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 26. April 2022 ‒ 12 Ca 587/18 SK ‒ wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 26. April 2022 ‒ 12 Ca 587/18 SK ‒ teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt noch um die Frage, ob die beklagten Sozialkassen zur Rückerstattung von Beiträgen verpflichtet sind, die diese von der Klägerin für die Kalenderjahre 2014 und 2016 erhalten haben.
Die Beklagten zu 1 und 2 sind gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien, jeweils in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Der Beklagte zu 2 ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes und ist für die Gewährung einer zusätzlichen Altersversorgung an Arbeitnehmer des Baugewerbes zuständig. Er hat gegenüber den Betrieben des Baugewerbes Anspruch auf die zur Finanzierung dieser Leistungen festgesetzten Beiträge. Der Beklagte zu 1 erbringt Leistungen im Urlaubs- und Berufsbildungsverfahren und hat auf Grundlage des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) Anspruch auf die zur Finanzierung dieser Verfahren festgesetzten Beiträge.
Der Beklagte zu 1 ist als Einzugsstelle berechtigt und verpflichtet, die ihm zustehenden eigenen Beiträge einschließlich Nebenforderungen sowie die Beitragsansprüche des Beklagten zu 2 von den beitragspflichtigen Arbeitgebern einzuziehen, § 3 Abs. 3 VTV.
Die keinem Arbeitgeberverband zugehörige Klägerin führt einen Betrieb, von dessen Mitarbeitern zumindest bis zum Kalenderjahr 2010 arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten im Bereich des Handels und des Verlegens von Fliesen erbracht worden sind. Ab dem Kalenderjahr 2011 verrichteten die Arbeitnehmer in zunehmendem arbeitszeitlichen Umfang Arbeiten im Zusammenhang mit dem Bau von Öfen. In welchem zeitlichen Verhältnis diese Ofenbauer Tätigkeiten zu den Fliesenverlegetätigkeiten in den streitgegenständlichen Kalenderjahren gestanden haben, ist zwischen den Parteien streitig.
Bis Ende 2016 nahm die Klägerin am Sozialkassenverfahren des Baugewerbes teil, da der Beklagte zu 1 ihr gegenüber erklärt hatte, hierzu berechtigt und verpflichtet zu sein. Seit dem 01. Januar 2017 verweigert die Klägerin die Entrichtung von Beiträgen, weil sie meint, einen aus dem fachlichen Geltungsbereich des VTV ausgenommenen Betrieb des Ofensetzer Handwerks zu führen. Hinsichtlich der Beitragsansprüche für die Kalenderjahre 2017 und 2018 hat das Arbeitsgericht Wiesbaden zwischenzeitlich rechtskräftig erkannt, dass solche nicht bestehen, weil die Arbeitnehmer des Betriebs arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten des Ofensetzer Handwerks ausführen und der Betrieb deshalb von der Ausnahme gemäß § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 5 VTV erfasst sei.
Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren ursprünglich die Rückzahlung geleisteter Beiträge für die Kalenderjahre 2011 bis 2016 in Höhe von insgesamt 109.643,07 EUR. Dieser Betrag umfasste die von ihr geleisteten Zahlungen abzüglich der in den Jahren 2011 bis 2014 erlangten Erstattungen. Hiervon entfielen 20.020,64 EUR (gezahlt: 23.167,12 EUR, erstattet: 3.146,48 EUR) auf das Beitragsjahr 2014, 18.194,21 EUR (ohne Erstattungen) auf das Beitragsjahr 2015 und 19.565,36 EUR (ohne Erstattungen) auf das Beitragsjahr 2016.
Mit Schriftsatz vom 09. August 2021 hat die Klägerin die Klage bezüglich der Beitragsmonate Januar 2011 bis November 2013 zurückgenommen und hinsichtlich der Beitragsmonate von Dezember 2013 bis Dezember 2016 von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Rückzahlung von 165.596,76 EUR verlangt. Dieser Rückzahlungsbetrag umfasst sämtliche geleisteten Beiträge ohne Berücksichtigung erlangter Erstattungen oder Gutschriften.
Unstreitig sind bis zum Kalenderjahr 2010 von den Mitarbeitern der Beklagten arbeitszeitlich überwiegend Platten, Fliesen oder Mosaike verlegt worden, mit der Folge einer Beitragspflicht aufgrund von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 15 VTV i.V.m. § 7 SokaSiG
Die Klägerin hat behauptet, seit dem Kalenderjahr 2011 seien aufgrund eines Strukturwandels vornehmlich nach individuellen Kundenwünschen geplante Kamine und Öfen gebaut und angeschlossen worden. Es sei eine Ausstellungsfläche für Öfen eingerichtet worden, auf welcher der Angestellte A der Kundschaft fertige Objekte präsentiert habe. Wenige Öfen seien wie besichtigt verkauft und in der Regel von Arbeitnehmern der Beklagten eingebaut und angeschlossen worden. Die meisten Kunden hätten jedoch nach der Beratung durch den Angestellten A einen von dem Betriebsinhaber für den jeweiligen Kunden individuell geplanten Ofen bestellt.
Die Klägerin hat behauptet, die Zahlung der Beiträge für die streitgegenständlichen Kalenderjahre sei nur auf Druck der Beklagten erfolgt. Sie hat behauptet, arbeitszeitlich überwiegend seien von ihren Mitarbeitern in den streitgegenständlichen Kalenderjahren 2011 bis 2016 Tätigkeiten des Ofensetzer Handwerks ausgeführt worden. Hierbei seien die Verkaufs- und Beratungsaktivitäten des Arbeitnehmers A als Zusammenhangstätigkeiten mit den Tätigkeiten des Ofensetzer Handwerks anzusehen.
Die Klägerin hat gemeint, wegen der arbeitszeitlich überwiegenden Ausführung von Tätigkeiten des Ofensetzer Handwerks und von hiermit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten lägen die Voraussetzungen für die Annahme einer Ausnahme von dem betrieblichen Geltungsbereich des Verfahrenstarifvertrags nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 5 VTV vor.
Die Klägerin hat weiterhin die Auffassung vertreten, die Beklagten könnten sich nicht auf eine Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen. Soweit der Beklagte zu 1 die Beitragsleistungen seiner Rücklage zugeführt habe, trete allein hierdurch keine Entreicherung ein und dem Beklagten zu 2 erwüchsen gegenüber den (früheren) Beschäftigten mangels Beitragsdeckung keinerlei Verpflichtungen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 165.596,76 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. April 2017 zu zahlen.
Die Beklagten haben die Abweisung der Klage beantragt und die Auffassung vertreten, eine Rückzahlungspflicht bestünde nicht. Hierzu haben sie behauptet, die gewerblichen Beschäftigten der Klägerin hätten in den streitgegenständlichen Kalenderjahren arbeitszeitlich überwiegend Platten bzw. Mosaike verlegt sowie Bauelemente verkauft. Weiterhin haben die Beklagten die Auffassung vertreten, die von dem Arbeitnehmer A verrichteten Tätigkeiten ließen sich nicht dem Ofensetzer Handwerk zurechnen, sondern seien als neutral zu bewerten.
Die Beklagten haben darüber hinaus gemeint, dem Anspruch stünde auch ihre Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB entgegen, da sie alle erhaltenen Gelder in das Solidarvermögen überführt und bestimmungsgemäß verwandt hätten. Auch haben sich die Beklagten auf Verjährung berufen und die Ansicht vertreten, dass mit Blick auf das Beitragsjahr 2014 nur eine dreijährige Verjährungsfrist gelte. § 21 Abs. 4 Satz 2 VTV beträfe nur originäre Leistungsansprüche von Kasse und Arbeitgeber untereinander, nicht hingegen allgemeine bereicherungsrechtliche Forderungen.
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Niederschriften der mündlichen Verhandlungen und auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat über die Behauptung der Klägerin, die beschäftigten Arbeitnehmer hätten in den streitgegenständlichen Kalenderjahren zu mehr als der Hälfte ihrer Arbeitszeit nach individuellen Kundenwünschen Öfen und Kamine gebaut und angeschlossen bzw. damit in Zusammenhang stehende Fliesen- bzw. Plattenverlege-, Verkaufs- oder Verwaltungstätigkeiten verrichtet, durch Vernehmung der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Weiterhin hat das Arbeitsgericht Beweis über den genauen Inhalt der Tätigkeit des Arbeitnehmers A erhoben. Hinsichtlich der Ergebnisse der Beweisaufnahmen wird die Protokolle der nichtöffentlichen Sitzungen der Arbeitsgerichte Bremen-Bremerhaven, Oldenburg, Schwerin und Verden verwiesen.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 26. April 2022 die Klage gegenüber dem Beklagten zu 2 insgesamt abgewiesen und ihr gegenüber dem Beklagten zu 1 i.H.v. 17.181,74 EUR nebst Zinsen stattgegeben.
Das Arbeitsgericht hat angenommen, der Klägerin stünde gegenüber dem Beklagten zu 2 kein Rückzahlungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB zu, weil es im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2 an der Erbringung einer Leistung fehle. Ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB scheide wegen des Vorrangs der Leistungs- gegenüber der Eingriffskondiktion aus. Der Beklagte zu 2 habe die Zahlung der Klägerin nicht in sonstiger Weise erlangt, sondern durch Leistung des Beklagten zu 1.
Das Arbeitsgericht hat weiterhin angenommen, die Klägerin habe für die Kalenderjahre 2014 bis 2016 rechtsgrundlos Leistungen an den Beklagten zu 1 erbracht, weil der Betrieb der Klägerin als Betrieb des Ofensetzer Handwerks aus dem fachlichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen gewesen sei und er deshalb nicht am Sozialkassenverfahren habe teilnehmen müssen. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahmen stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass in den Kalenderjahren 2014 bis 2016 zeitlich überwiegend Arbeiten des Ofensetzer Handwerks ausgeführt worden seien. Neben der Tätigkeit der gewerblichen Arbeitnehmer seien vorliegend auch die Verkaufs- und Beratungstätigkeiten des Arbeitnehmers A mit 75 % seiner Arbeitszeit zu berücksichtigen, da diese im Zusammenhang mit den nachfolgenden Ofenbauer Tätigkeiten gestanden hätten. Bei lebensnaher Betrachtung gehöre eine Fachberatung vor der Auftragserteilung und der nachfolgende Ofenbau zusammen.
Vor dem Hintergrund dieser Einschätzung seien im Kalenderjahr 2014 von insgesamt geleisteten 90,1 MM (Mannmonaten) auf den Bereich des Ofenbaus 50,1 MM entfallen, im Kalenderjahr 2015 seien von insgesamt geleisteten 95,1 MM auf den Bereich des Ofenbaus 49,5 MM entfallen und im Kalenderjahr 2016 seien von insgesamt geleisteten 107,1 MM auf den Bereich des Ofenbaus 63,9 MM entfallen. Auch habe der Betrieb der Klägerin in den Kalenderjahren 2014 bis 2016 das spezifische Gepräge eines Betriebs des Herd- und Ofensetzer Handwerks besessen. Dies folge aus der Beschäftigung eines Meisters im Ofen- und Luftheizungsbauer Handwerk, der die maßgeblichen Tätigkeiten selbst verrichtet und die Gesamtverantwortung getragen habe. Überdies sei von dem Betrieb fachspezifisch ausgebildet worden und das Spektrum der ausgeführten Arbeiten habe sich nahezu auf den gesamten Bereich des Kamin- und Ofenbaus von der qualifizierten Beratung über die individuelle Planung der zu errichtenden Objekte bis hin zum Aufbau und zum Anschluss erstreckt. Auch seien Reparaturen an Öfen vorgenommen worden. Hieraus folge, dass der Betrieb gemäß § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 5 VTV nicht vom Geltungsbereich des VTV erfasst werde.
Das Arbeitsgericht ist weiterhin davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 5 VTV vorgesehene Rückausnahme nicht vorlägen. Die Regelung nehme nach ihrem Wortlaut Betriebe des Herd- und Ofensetzer Handwerks nur unter der Bedingung von dem Geltungsbereich des VTV aus, dass in ihnen nicht überwiegend Leistungen im Sinne der Abschnitte IV oder V des VTV erbracht würden. In Anbetracht des Umstands, dass Feuerungs- und Ofenbauarbeiten im Katalog des § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV unter der Nr. 14 angeführt seien und der Begriff des "Ofenbauers" im allgemeinen Sprachgebrauch gleichbedeutend mit dem des "Ofensetzers" verwandt werde, scheine der Ausnahmetatbestand auf den ersten Blick ins Leere zu laufen. Da dies von den Tarifvertragsparteien kaum gewollt sein dürfte, gelte es, die Rückausnahme des § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 5 VTV richtigerweise auf solche Betriebe zu beschränken, in denen zeitlich überwiegend andere als die in Ziffer 14 des Abschnitts V genannten Bauleistungen erbracht werden.
Vor dem Hintergrund der durchgeführten Beweisaufnahme hat das Arbeitsgericht nicht den Eindruck gewonnen, dass die Beschäftigten der Klägerin in nennenswertem Umfang oder gar überwiegend Arbeiten ausgeführt hätten, die § 1 Abs. 2 Abschnitt IV VTV oder § 1 Abs. 2 Abschnitt V Ziffern 1 bis 13 und/oder Ziffern 15 bis 42 VTV unterfallen. Die Zeugen hätten bekundet, eine Verlegung von Fliesenspiegeln um Öfen bzw. Kamine herum sei allenfalls sehr selten vorgekommen und Trockenbauarbeiten seien nur ganz am Rande mit ausgeführt worden.
Obgleich der Beklagte zu 1 nach Auffassung des Arbeitsgerichts von der Klägerin in den Kalenderjahren 2014, 2015 und 2016 rechtsgrundlos Beitragszahlungen erhalten hat, brauche er diese dennoch nicht vollständig zurückzuerstatten, da er sich auf den Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen könne, soweit er die Beitragsanteile der Altersversorgung ‒ wie geschehen ‒ vor Rechtshängigkeit gutgläubig nach § 667 BGB an den Beklagten zu 2 weitergegeben habe. Lediglich mit Blick auf die von der Klägerin abgeführte Ausbildungsumlage sowie bezüglich der gezahlten Beiträge zum Urlaubskassenverfahren käme eine Entreicherung der Beklagten zu 1 nicht in Betracht.
Allerdings seien die Rückerstattungsansprüche bezüglich der gezahlten Beiträge zum Urlaubskassenverfahren und zur Finanzierung der betrieblichen Ausbildung hinsichtlich des Kalenderjahres 2015 infolge der von den Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung erloschen. Die Rückerstattung der bezeichneten Beiträge für 2015 sei erstmals mit einem bei Gericht im Dezember 2019 eingegangenen Schriftsatz in das Verfahren eingeführt worden. Da für die im Jahr 2015 fällig gewordenen Ansprüche aufgrund des VTV vom 28. September 2018 nunmehr eine dreijährige Verjährungsfrist gelte bzw. gegolten habe, sei die Geltendmachung verspätet erfolgt. Anderes gelte für die Forderung auf Rückzahlung der im Kalenderjahr 2014 geleisteten Beiträge, da § 21 Abs. 1 Satz 2 des VTV vom 28. September 2018 die Fortgeltung der vierjährigen Verjährungsfrist für solche Ansprüche vorsehe, die bis zum Ablauf des Jahres 2014 fällig geworden seien.
Zusammenfassend hat das Arbeitsrecht festgestellt, dass der Beklagte zu 1 verpflichtet sei, der Klägerin die ihr in den Jahren 2014 und 2016 abgeführten Beiträge zum Urlaubs- und Ausbildungsverfahren zurückzugewähren. Zwar müsste der Beklagte zu 1 grundsätzlich die gesamten ihm gemeldeten und in sonstiger Weise ihm zugutekommenden Beträge (etwa aufgrund von Verrechnungen mit Gegenforderungen) wieder auskehren. Weil jedoch die Klägerin zunächst selbst eine Anrechnung der in den streitgegenständlichen Jahren erhaltenen Gutschriften und Erstattungen vorgenommen habe, müsse sie sich hieran festhalten lassen, weil sie ihre Klage erst nach Ablauf der jeweils maßgebenden Verjährungsfristen auf die Rückzahlung ihrer gesamten Leistungen erweitert habe. Hieraus folge für das Kalenderjahr 2014 ein Rückzahlungsanspruch i.H.v. 11.090,29 EUR und für das Kalenderjahr 2016 ein solcher i.H.v. 6.091,45 EUR, insgesamt also i.H.v. 17.181,74 EUR. Hinsichtlich dieses Betrages stünden der Klägerin auch Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.090,29 EUR seit dem 26. April 2017 (Mahnung am 25. April 2017) sowie aus 6.091,45 EUR seit dem 20. Dezember 2019 (Rechtshängigkeit) zu.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten der Argumentation des Arbeitsgerichts werden die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils in Bezug genommen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts ist der Klägerin am 03. Mai 2022 und den Beklagten am 04. Mai 2022 zugestellt worden.
Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 30. Mai 2022 am 30. Mai 2022 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 04. August 2022 am 04. August 2022 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist für die Beklagten auf Antrag vom 04. Juli 2022, eingegangen bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht am 04. Juli 2022, bis zum 04. August 2022 verlängert worden war.
Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 03. Juni 2022 am 03. Juni 2022 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 04. Juli 2022 am 04. Juli 2022 (Montag) begründet.
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung die Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils in dem Umfang der Abweisung des Erstattungsanspruchs bezüglich des von dem Beklagten zu 1 an den Beklagte zu 2 weitergereichten Versorgungsbeitragsanteils für die Kalenderjahre 2014 und 2016 i.H.v. insgesamt 22.454,26 EUR. Die Klägerin vertritt hierzu die Ansicht, der Beklagte zu 1 sei durch die Weiterleitung des Beitragsanteils für die Altersversorgung an den Beklagten zu 2 nicht nach § 818 Abs. 3 BGB entreichert, da ihm ein Rückforderungsanspruch gegenüber dem Beklagten zu 2 zustehe. Sollte dies anders sein, so stünde ihr zumindest ein Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB gegenüber dem Beklagten zu 2 zu.
Jedenfalls sei der Beklagte zu 2 zu einer Herausgabe des Erlangten nach § 822 BGB verpflichtet. Die Zusatzversorgungsbeiträge, welche der Beklagte zu 1 von der Klägerin erhalten habe, seien dem Beklagten zu 2 von dem Beklagten zu 1 unentgeltlich zugewendet worden. Sollte die Verpflichtung des Beklagten zu 1 zur Herausgabe der Bereicherung bezüglich der Zusatzversorgungsbeiträge also nach § 818 Abs. 3 BGB infolge der Entreicherung tatsächlich ausgeschlossen sein, so sei der Beklagte zu 2 als Dritter in gleicher Weise zur Herausgabe verpflichtet, als hätte er selbst die Zuwendung von der Gläubigerin ohne rechtlichen Grund erhalten. Eine Berufung des Beklagten zu 2 auf § 818 Abs. 3 BGB komme nicht in Betracht, da das Geld den Rücklagen der Beklagten zu 2 zugeführt und mithin noch vorhanden sei.
Hinsichtlich der genauen Begründung der Berufung der Klägerin wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 04. Juli 2022, auf ihren Schriftsatz vom 09. September 2022 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 04. April 2023 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 26. April 2022 ‒ 12 Ca 587/18 SK ‒ unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten teilweise abzuändern und die Beklagten zu 1 und 2 gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie über den zugesprochenen Betrag von 17.181,74 EUR hinaus weitere 22.454,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 26. April 2022 ‒ 12 Ca 587/18 SK ‒ unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin teilweise abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.Die Beklagten erstreben mit ihrer Berufung die vollständige Abweisung der Klage. Sie meinen, die Beweiswürdigung durch das Arbeitsgericht sei fehlerhaft, zumal schon zweifelhaft sei, dass Fliesen- und Plattenverlegearbeiten Zusammenhangstätigkeiten zum Ofenbau seien, da diese Tätigkeiten in § 1 Abs. 2 Abschnitt V unter Ziffer 15 VTV ausdrücklich genannt seien.
Die Beklagten sind der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die Rückausnahme in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 5 VTV zu Unrecht nicht zur Anwendung gebracht und habe damit dem eindeutigen Wortlaut der Tarifvorschrift zuwider entschieden. Die Annahme, die Tarifvertragsparteien hätten kaum gewollt, dass der Ausnahmetatbestand leerlaufe, werde lediglich vermutet. Anhaltspunkte für diese Vermutung gäbe es nicht. Nach der tarifvertraglichen Regelung spiele es keine Rolle, welche der in § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV genannten Tätigkeiten die Rückausnahme begründeten. Im Übrigen sind die Beklagten der Auffassung, die Beitragszahlungen durch die Klägerin in den Kalenderjahren 2014 bis 2016 seien nicht rechtsgrundlos erfolgt.
Auch meinen die Beklagten, ein etwaiger Rückzahlungsanspruch der Klägerin für das Kalenderjahr 2014 sei verjährt, da die dreijährige Verjährungsfrist Anwendung fände. Wenn man ‒ wie das Arbeitsgericht ‒ davon ausgehe, dass der Betrieb der Klägerin im Kalenderjahr 2014 kein Baubetrieb im Sinne des VTV gewesen sei, dann finde auch der VTV mit den darin enthaltenen Verjährungsregeln keine Anwendung. Infolgedessen sei die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren maßgebend. Schließlich sind die Beklagten der Auffassung, die Klägerin hätte in Kenntnis der Nichtschuld gezahlt, so dass § 814 BGB hätte Anwendung finden müsse.
Hinsichtlich des Vorbringens der Beklagten im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 04. August 2022, auf ihren Schriftsatz vom 05. August 2022 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 04. April 2023 verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Die gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 26. April 2022 ‒ 12 Ca 587/18 SK ‒ eingelegten Berufungen der Klägerin und der Beklagten sind zulässig. Die Rechtsmittel sind jeweils gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 b) ArbGG statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes jeweils 600,- EUR übersteigt. Die Berufungen sind auch fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 4 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO.
II. Die Berufung der Beklagten ist begründet, die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Weil die Rückausnahme in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 5 VTV einschlägig ist, unterfällt der Betrieb der Klägerin in den Kalenderjahren 2014 und 2016 dem betrieblichen Geltungsbereich von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 14 VTV und ist nicht von dem Geltungsbereich des VTV nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 5 VTV ausgenommen. Die von der Klägerin geleisteten Beitragszahlungen erfolgten mithin nicht rechtsgrundlos, ein Rückzahlungsanspruch besteht folglich nicht. Da hinsichtlich des Kalenderjahres 2015 von der erstinstanzlich unterliegenden Klägerin keine Berufung eingelegt ist, ist die Abweisung eines Rückzahlungsanspruchs für das Jahr 2015 bereits in Rechtskraft erwachsen.
Die Würdigung der Zeugenaussagen durch das Arbeitsgericht, wonach von den gewerblichen Arbeitnehmern des Betriebs und von dem Mitarbeiter A in den streitgegenständlichen Kalenderjahren arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten des Ofenbau bzw. hiermit in Zusammenhang stehende Tätigkeiten ausgeführt worden sind, ist nicht zu beanstanden und wird im Ergebnis auch von den Beklagten nicht angegriffen.
Hieraus folgt, dass der Betrieb der Beklagten in den im Berufungsverfahren streitgegenständlichen Kalenderjahren 2014 und 2016 dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV unterfallen ist. § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 14 VTV bestimmt, dass zu den in den Abschnitten I bis III genannten baugewerblichen Betrieben solche Betriebe gehören, in denen Feuerungs- und Ofenbauarbeiten ausgeführt werden. § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 5 VTV bestimmt, dass Betriebe des Herd- und Ofensetzer Handwerks, soweit nicht Arbeiten der in den Abschnitten IV oder V aufgeführten Art ausgeführt werden, von den Bestimmungen des Tarifvertrags nicht erfasst werden.
Die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 14 VTV und in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 5 VTV verwendeten Begriffe unterscheiden sich nicht. Die Berufsbezeichnungen des Ofenbauers und des Ofensetzers werden synonym verwendet. Gemeint ist jeweils die Berufsbezeichnung für Handwerker, die Öfen, Kamine und Feuerstätten planen, entwerfen, bauen und setzen (Wikipedia, Begriff: Ofenbauer). Die zutreffende Berufsbezeichnung eines Ofenbauers/Ofensetzers lautet Ofen- und Luftheizungsbauer. Es handelt sich bei dem Beruf des Ofen- und Luftheizungsbauers um einen anerkannten Ausbildungsberuf. Die Tätigkeit besteht in der Planung und dem Bau von Öfen und Heizungen oder einzelner Baugruppen. Dies können beispielsweise Kachelofen, Backöfen, handwerklich hergestellte Herde und Kamine, Warmluftheizungen, Be- und Entlüftungsanlagen, Öl-, Gas- und Feststoffbrenner oder zentrale Heizölanlagen sein (Agentur für Arbeit, arbeitsagentur.de/berufenet/beruf/steckbrief/35285).
Während sich keine Unterschiede bezüglich der verwendeten Begriffe Ofenbauer und Ofensetzer finden lassen, unterscheiden sich die Voraussetzungen von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 14 VTV von denen in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 5 VTV an anderer Stelle. Während Abschnitt V Nr. 14 VTV sowohl industrielle als auch handwerkliche Tätigkeiten erfasst, beschränkt sich die Ausnahme von Abschnitt VII Nr. 5 auf Handwerksbetriebe. Industriebetriebe unterfallen der Ausnahmeregelung nicht.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass es sich bei dem Betrieb der Klägerin in den streitgegenständlichen Jahren um einen Betrieb des Herd- und Ofensetzer Handwerks handelt. Auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts bezüglich des anzuerkennenden spezifischen Gepräge eines solchen Betriebs wird verwiesen. Die Beschäftigung eines Meisters im Ofen- und Luftheizungsbauer Handwerk, der die maßgeblichen Tätigkeiten selbst verrichtet und die Gesamtverantwortung trägt, streitet ebenso für das erkannte Gepräge, wie die Durchführung fachspezifischer Ausbildungen und die weitreichende Abdeckung des gesamten Spektrums der auszuführenden Arbeiten im Kamin- und Ofenbau.
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts geht die erkennende Kammer jedoch nicht davon aus, dass die Rückausnahme vorliegend nicht einschlägig ist. Die tarifvertragliche Bestimmung in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 5 VTV lautet: "Nicht erfasst werden Betriebe des Herd- und Ofensetzer Handwerks, soweit nicht Arbeiten der in Abschnitt IV oder V aufgeführten Art ausgeführt werden". Dem Wortlaut der Vorschrift, dem bei der Auslegung von Tarifnormen entscheidende Bedeutung zukommt (BAG 17. Juni 2015 ‒ 10 AZR 518/14 ‒ NZA-RR 2015, 583), lässt sich nicht entnehmen, dass die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 14 VTV bezeichneten Feuerungs- und Ofenbauarbeiten von der Anwendung der Rückausnahme ausgeschlossen sein sollen.
Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG 11. November 2020 ‒ 4 AZR 210/20 ‒ NZA 2022, 68 [BAG 14.07.2021 - 10 AZR 190/20] ).
Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt sich festhalten, dass sich nicht nur aus dem Wortlaut der Tarifnorm keine Anhaltspunkte für die Sichtweise des Arbeitsgerichts ergeben, sondern, dass ein etwaiger Wille der Tarifvertragsparteien, die Rückausnahme auf Abschnitt IV und Abschnitt V Nr. 1 bis 13 bzw. Nr. 15 bis 42 zu beschränken, auch in den tariflichen Normen im Übrigen keinen Niederschlag gefunden hat. Auch aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich entsprechendes nicht.
Wollte man, wie das Arbeitsgericht meint, die Rückausnahme einschränkend auslegen, so ergäben sich weitreichende Folgeprobleme, die von den Tarifvertragsparteien nicht gewünscht sein dürften. Im Rahmen der Vernehmung der Mitarbeiter wurde von diesen teilweise bekundet, dass sie neben den Ofenbauarbeiten teilweise Trockenbauarbeiten und Fliesenverlegearbeiten im Zusammenhang mit dem Ofenbau ausgeführt haben. So wurde beispielsweise ‒ wohl wegen der Gefahr des Funkenflugs ‒ teilweise vor den Öfen ein Fliesenspiegel verlegt. Das Arbeitsgericht hat diese Tätigkeiten als Zusammenhangstätigkeiten mit den Ofenbauarbeiten angesehen. Diese Sichtweise wird diesseits geteilt. Wollte man allerdings die Rückausnahme einschränkend auslegen, so stellte sich das Problem, dass diese Zusammenhangstätigkeiten zugleich Tätigkeiten sind, die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 15 VTV (Fliesen-, Platten- und Mosaik-Ansetz- und Verlegearbeiten) und in § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV (Trocken- und Montagebauarbeiten) ausdrücklich benannt sind. Eine bei natürlicher Betrachtungsweise einheitliche Tätigkeit der Mitarbeiter (Bau eines Ofens) würde wegen der Einschränkung der Rückausnahme somit teilweise einem ausgenommenen Gewerk (Ofenbau) zuzurechnen sein, teilweise aber auch einem Gewerk, für welches eine Rückausnahme eingreift (Fliesenverlegung, Trockenbau). Da die Aufspaltung eines einheitlichen Arbeitsvorgangs in verschiedene Teiltätigkeiten dem Interesse der Tarifvertragsparteien zuwiderläuft, liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, die Tarifvertragsparteien hätten eine entsprechende Einschränkung der Rückausnahmeklausel gewollt.
Hinzu kommt, dass kein Anwendungsbereich für die Rückausnahme verbliebe, wenn man der Sichtweise des Arbeitsgerichts folgte. Um die Voraussetzungen der Ausnahme nach Abschnitt VII Nr. 5 VTV zu erfüllen, muss es sich um einen Betrieb des Herd- und Ofensetzer Handwerks handeln. Dies setzt u.a. voraus, dass zu mehr als der Hälfte der betrieblichen Arbeitszeit Tätigkeiten im Bereich des Ofenbaus ausgeführt werden. Werden aber arbeitszeitlich überwiegend entsprechende Tätigkeiten verrichtet, können nicht überwiegend Arbeiten der in Abschnitt IV oder V Nr. 1 bis 13 bzw. Nr. 15 bis 42 VTV aufgeführten Art ausgeführt werden.
Mithin hat es bei dem ausdrücklichen Wortlaut zu verbleiben, mit der Folge, dass die Voraussetzungen der Rückausnahme vorliegen und der Betrieb der Klägerin vom Anwendungsbereich des VTV nicht ausgenommen ist.
III. Weil die Zahlungen der Klägerin an den Beklagten zu 1, welche von diesem teilweise an den Beklagte zu 2 weitergeleitet worden sind, nicht rechtsgrundlos erfolgt sind, bedarf es keiner Entscheidungen, ob Zahlungen in Kenntnis der Nichtschuld (§ 814 BGB) erfolgt sind, ob die gesetzliche oder die tarifliche Verjährungsfrist (VTV in welcher Fassung?) maßgebend ist und ob der Beklagte zu 1 tatsächlich entreichert ist (§ 818 Abs. 3 BGB). Sollte Letzteres anzuerkennen sein, dürfte nach vorläufiger Einschätzung der Kammer ein Rückzahlungsanspruch nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB bestehen können, wohl aber aus § 822 BGB. Hierauf kommt es jedoch vorliegend entscheidungserheblich nicht an, weil es insgesamt an einem Rückzahlungsanspruch fehlt.
IV. Aufgrund des vollständigen Obsiegens der Beklagten sowie der im erstinstanzlichen Verfahren erfolgten Teilklagerücknahme durch die Klägerin sind dieser die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, auf §§ 91 Satz 1, 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO.
V. Die Zulassung der Revision ist nach § 72 Abs. 2 ArbGG veranlasst.
nachgehend BAG, 10 AZR 162/23