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Urteil vom 29.03.2022 · IWW-Abrufnummer 236416

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern - Aktenzeichen 2 Sa 200/21

1. Das Kündigungsschutzgesetz hat die Voraussetzungen und Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben konkretisiert und abschließend geregelt. Eine Kündigung kann deshalb nur dann gegen § 242 BGB verstoßen, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die nicht von § 1 KSchG erfasst sind. Dabei geht es vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen (vgl. BAG, Urteil v. 05.12.2019 - 2 AZR 107/19 - Rn 12, juris).

2. Eine willkürliche Kündigung liegt nicht vor, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Kündigung besteht.

3. Dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Arbeitnehmers wird durch eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast Rechnung getragen. Zunächst muss der Arbeitnehmer, soweit er die Überlegungen des Arbeitgebers, die zu einer Kündigung geführt haben, nicht kennt, lediglich einen Sachverhalt vortragen, der die Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziert. Der Arbeitgeber muss sich sodann nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen auf diesen Vortrag einlassen, um ihn zu entkräften.

4. Den klagenden Arbeitnehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er wegen seiner Rechtsausübung von dem verklagten Arbeitgeber durch den Ausspruch der Kündigung benachteiligt worden ist. Hierzu hat der Arbeitnehmer unter Beweisantritt einen Sachverhalt vorzutragen, der einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Kündigung durch den Arbeitgeber und einer vorangehenden zulässigen Ausübung von Rechten indiziert ( BAG, Urteil vom 18.10.2017 - 10 AZR 330/16 - Rn. 42, juris).


Tenor: 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 28.07.2021 zum Az.: 4 Ca 376/21 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen, ordentlichen Kündigung.

Der im März 1965 geborene Kläger war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger seit Oktober 1991 gem. schriftlichen Arbeitsvertrags (Anlage K1, Bl. 13 ff. d. A.) als Mischanlagenfahrer zu einer monatlichen Bruttovergütung von zuletzt 2.200 € beschäftigt. Die Beklagte sprach für die Arbeitsverhältnisse der bei ihr noch tätigen vier Arbeitnehmer, darunter für das Arbeitsverhältnis des Klägers, Kündigungen aus. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat sie mit Schreiben vom 22.02.2021, dem Kläger am selben Tag zugegangen, zum 30.09.2021 wegen Betriebsstilllegung gekündigt. Mit der am 05.03.2021 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen diese Kündigung.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Sie bedingende Gründe lägen nicht vor; eine Betriebsschließung sei nicht erforderlich. Der Betriebsrat sei an der Kündigung nicht ordnungsgemäß gem. § 102 BetrVG beteiligt worden. Er - der Kläger - sei als Mitglied des Betriebsrates unkündbar, die Kündigung verstoße gegen die Betriebsvereinbarung Nr. 3 (Anlage K2, Bl. 51 d. A.) sowie gegen das Maßregelungsverbot i. S. d. § 612 a BGB.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22.Februar.2021 nicht beendet wird.

2. Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Fahrer weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich darauf bezogen, dass ein Betriebsrat nicht mehr existiere, dem Kläger kein nachwirkender Kündigungsschutz zukomme, die Kündigung einer sozialen Rechtfertigung mangels Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes nicht bedürfe und ein Verstoß gegen die Betriebsvereinbarung Nr. 3 nicht vorliege, da sie neben dem nunmehr stillgelegten Betrieb weder eine Betriebsabteilung noch andere Standorte unterhalte. Sie verfüge über keinen Arbeitsplatz, auf dem der Kläger weiter beschäftigt werden könnte. Sie habe ihren Betrieb vielmehr stillgelegt und allein deshalb sei die Kündigung ausgesprochen, nicht aus Gründen der Maßregelung. Insoweit fehle es an einem zeitlichen sowie ursächlichem Zusammenhang.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 28.07.2021 abgewiesen und zur Begründung angeführt, die streitbefangene Kündigung vom 22.02.2021 sei rechtmäßig und habe das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist mit Ablauf des 30.09.2021 beendet.

Da in dem Betrieb der Beklagten lediglich vier Arbeitnehmer beschäftigt waren, sei der Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes gem. § 23 KSchG nicht eröffnet und die streitbefangene Kündigung habe nicht der sozialen Rechtfertigung bedurft. Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot liege nicht vor, weil die Kündigung infolge der unstreitigen Stilllegung des Betriebes erfolgt sei. Diese unstreitige Tatsache stehe der klägerischen Behauptung der Maßregelung entgegen. Ob die Stilllegung erforderlich ist oder nicht unterliege allein der Organisationsentscheidung des Unternehmers. Ein Betriebsrat, der gem. § 102 BetrVG hätte beteiligt werden müssen, habe bei der Beklagten zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung nicht mehr bestanden. Die Betriebsvereinbarung Nr. 3 habe nicht berücksichtigt werden müssen, da ihr lediglich betrieblicher Bezug zukomme und zudem eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei Stilllegung des Betriebes nicht bestehe.

Gegen dieses ihm am 06.08.2021 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 24.08.2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 08.11.2021 mit am 04.11.2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Hierzu führt der Kläger an, das angefochtene Urteil sei rechtsfehlerhaft. Seine Begründung trage die streitbefangene Kündigung nicht. Die Kündigung sei vielmehr willkürlich erfolgt und damit rechtswidrig. Sie stelle die Reaktion auf seine Wahl zum Mitglied des Betriebsrates dar. Nachdem nach Abspaltung des Standortes R-Stadt lediglich sechs Mitarbeiter verblieben seien, von diesen Mitarbeitern weitere ausgeschieden seien, habe die Amtszeit des Betriebsrates zum 18.02.2020 geendet und gerade nach einem weiteren Jahr habe die Beklagte die Kündigung ausgesprochen. Damit bestehe ein enger zeitlicher wie auch räumlicher Zusammenhang zwischen einem vorausgegangenen erfolglosen Zustimmungsersetzungsverfahren zur Erlangung der Zustimmung zur Kündigung seines Arbeitsverhältnisses. Der Grund für die Abspaltung des Betriebes und dessen Stilllegung bestehe darin, ausnahmslos die Arbeitsverhältnisse ehemaliger Betriebsratsmitglieder zu beenden.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock, vom 28.07.2021, Az. 4 Ca 376/21, zugestellt am 06.08.2021 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22.02.2021 nicht beendet wurde.

3. Im Falle des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1.) und 2.) wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zur unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Fahrer weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und vertritt die Auffassung, der Kläger habe sich mit den Feststellungen und Rechtsausführungen des Arbeitsgerichts nicht auseinandergesetzt. Es sei keine Darlegung erfolgt, aus welchen Gründen die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts fehlerhaft sein solle. Soweit der Kläger auf eine Abspaltung zum 18.02.2019 von Teilbetrieben verweist, sei dies unter Beteiligung des Betriebsrates und Vereinbarung eines Interessenausgleichs sowie Sozialplans erfolgt. Der Grund der Abspaltung habe nicht darin gelegen, Beschäftigungsverhältnisse ehemaliger Betriebsratsmitglieder beenden zu können. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass drei der gekündigten Mitarbeiter keine Betriebsratsmitglieder gewesen seien. Eine Willkür der Kündigung habe der Kläger ebenso wenig dargelegt, wie einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot. Infolge der Betriebsratswahl bereits am 29.01.2018, einer Beendigung eines zur Kündigung des Klägers durchgeführten Zustimmungsersetzungsverfahrens vor dem Arbeitsgericht am 21.01.2020 und mit Beschluss vom 25.06.2020 des Landesarbeitsgerichts festgestellter Folge des nicht Weiterbestehens des Betriebsrates liege weder ein zeitlicher noch ein sonstiger kausaler Zusammenhang vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften, die erstinstanzliche Entscheidung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die gegen die Kündigung vom 22.02.2021 sowie auf Weiterbeschäftigung gerichtete Klage zurecht abgewiesen, denn die Kündigung ist rechtswirksam und hat das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist zum 30.09.2021 beendet. Infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht dem Kläger ein Weiterbeschäftigungsanspruch nicht zu.

I.

Die gem. § 64 Abs. 1, Abs. 2 b) und c) statthafte Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt sowie begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1.

Die streitbefangene Kündigung vom 22.02.2021 ist wirksam. Es sind keinerlei Tatsachen gegeben, welche geeignet sind, sie als rechtswidrig qualifizieren zu können.

a)

Die Kündigung gilt nicht bereits infolge nicht rechtzeitiger Klagerhebung gem. § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Der Kläger hat gegen die Kündigung vom 22.02.2021 fristgerecht innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist (§ 4 KSchG) Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben.

b)

Zurecht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die Kündigung vom 22.02.2021 nicht der sozialen Rechtfertigung bedarf, weil auf das Arbeitsverhältnis der Parteien das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, denn zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung waren im Betrieb der Beklagten lediglich vier Arbeitnehmer beschäftigt, so dass der Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes nicht eröffnet ist (§ 23 KSchG).

c)

Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert nicht an einer nicht ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrates gem. § 102 BetrVG, denn ab dem 18.02.2020 bestand im Betrieb der Beklagten kein Betriebsrat mehr, so dass ein Beteiligungsverfahren nach § 102 BetrVG nicht durchgeführt werden konnte. Das Landesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 25.06.2020 für den Betrieb der Beklagten entschieden, dass das Amt des Betriebsrats endet, wenn die Anzahl der ständig im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend auf unter 5 absinkt und damit diese Voraussetzung für die Bildung eines Betriebsrats entfällt.

d)

Sofern der Kläger auf einen Sonderkündigungsschutz verweist, hat er nicht dargetan, aufgrund welcher Tatsachen ein derartiger Sonderkündigungsschutz zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 22.02.2021 für ihn bestanden haben sollte. Der für Betriebsratsmitglieder bestehende nachwirkende Kündigungsschutz war jedenfalls nach Ende des Betriebsratsamts mit Ablauf des 18.02.2020 zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben.

e)

Das Arbeitsgericht hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass der Anwendungsbereich der Betriebsvereinbarung Nr. 3 nicht eröffnet ist, denn die Beklagte verfügt nach der Stilllegung ihres Betriebes nicht über einen freien Arbeitsplatz in einer anderen Betriebsabteilung oder an einem anderen Standort.

f)

Die Kündigung verstößt nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

Ein Verstoß gegen § 242 BGB wegen Treuwidrigkeit der Kündigung ist nicht gegeben. Der Grundsatz von Treu und Glauben in § 242 BGB bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Rechtsbegrenzung. Die Vorschrift des § 242 BGB ist aber auf Kündigungen neben § 1 KSchG nur in beschränktem Umfang anwendbar. Das Kündigungsschutzgesetz hat die Voraussetzungen und Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben konkretisiert und abschließend geregelt. Eine Kündigung kann deshalb nur dann gegen § 242 BGB verstoßen, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die nicht von § 1 KSchG erfasst sind. Dabei geht es vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen (vgl. BAG, Urteil v. 05.12.2019 - 2 AZR 107/19 - Rn 12, juris). Eine willkürliche Kündigung liegt nicht vor, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Kündigung besteht. Für das Vorliegen von solchen Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergeben soll, trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast. Dabei wird dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Arbeitnehmers durch eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast Rechnung getragen. Zunächst muss der Arbeitnehmer, soweit er die Überlegungen des Arbeitgebers, die zu einer Kündigung geführt haben, nicht kennt, lediglich einen Sachverhalt vortragen, der die Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziert. Der Arbeitgeber muss sich sodann nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen auf diesen Vortrag einlassen, um ihn zu entkräften.

Vorliegend hat sich die Beklagte auf eine Stilllegung des Betriebes bezogen, um die Beendigung aller Arbeitsverhältnisse der bei ihr tätigen Arbeitnehmer zu begründen. Es ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich die unternehmerische Entscheidungsfreiheit gilt, die den Arbeitgeber in die Lage versetzt, den Aufgabenbereich, der bislang von Mitarbeitern erledigt worden ist, selber zu übernehmen oder einschränkungslos darüber zu befinden, einen Betrieb weiterhin zu führen bzw. ihn einzustellen. Dabei steht es dem Unternehmer frei zu entscheiden, ob eine ernsthafte wirtschaftliche Situation die Betriebseinstellung veranlasst oder aus welchem Gründen er sich zur Betriebseinstellung entscheidet. Insoweit steht es weder den Arbeitnehmern noch den Arbeitsgerichten zu, den Unternehmer darauf hinzuweisen, dass seine Entscheidung nicht notwendig oder unzweckmäßig sei. Anhaltspunkte dafür, dass die von der Beklagten genannte Einstellung des Betriebes lediglich vorgeschoben ist, hat der Kläger konkret nicht vorgetragen. Ein derartiges Indiz ist nicht in der zeitlich weit zurückliegenden Wahl des Betriebsrates im Jahr 2018 zu sehen sowie auch nicht in dem geführten Zustimmungsersetzungsprozess oder im Ablauf des für Betriebsratsmitglieder geltenden nachwirkenden Sonderkündigungsschutzes. Zudem würden angesichts der unstreitig erfolgten Betriebsstillegung auch Indizien nicht ausreichen, der dem Kläger für einen Verstoß gegen Treu und Glauben obliegenden Darlegungslast zu genügen.

g)

Die Kündigung ist auch nicht deshalb nach § 134 BGB nichtig, weil sie gegen das Maßregelungsverbot (§ 612 a BGB) verstieße.

Nach § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht deshalb benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Als Maßnahme kommt auch eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht. Sie kann sich als Benachteiligung wegen einer zulässigen Rechtsausübung darstellen. Das Maßregelungsverbot ist verletzt, wenn zwischen der Rechtsausübung und der Benachteiligung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Dafür muss die zulässige Rechtsausübung der tragende Grund, d. h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme gewesen sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur der äußere Anlass für sie war (BAG, Urteil v. 10.04.2014 - 2 AZR 812/12 - Rn 63, juris; BAG, Urteil v. 19.04.2012 - 2 AZR 233/11 - Rn 47, juris; BAG, Urteil v. 12.05.2011 - 2 AZR 384/10 - Rn 38, juris). Den klagenden Arbeitnehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er wegen seiner Rechtsausübung von dem verklagten Arbeitgeber durch den Ausspruch der Kündigung benachteiligt worden ist. Hierzu hat der Arbeitnehmer unter Beweisantritt einen Sachverhalt vorzutragen, der einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Kündigung durch den Arbeitgeber oder einer vorangehenden zulässigen Ausübung von Rechten indiziert (BAG, Urteil vom 18.10.2017 - 10 AZR 330/16 - Rn. 42, juris).

Nach vorgenannten Grundsätzen lässt sich ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot nicht feststellen. Der Kläger hat bereits keinen Sachverhalt vorgetragen, der einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer zulässigen Rechtsausübung einerseits und der danach erfolgten Kündigung der Beklagten indizieren würde.

Soweit der Kläger auf die Betriebsratswahl im Jahr 2018 verweist, ist schon aufgrund des Zeitablaufs zwischen dem Zeitpunkt der Wahl und dem Zugang der Kündigung am 22.02.2021 ein unmittelbarer Zusammenhang nicht erkennbar. Zudem besteht der Betriebsrat seit dem 18.02.2020 nicht mehr, so dass die Wahl zum Betriebsrat bedeutungslos geworden ist.

Zu dem ehemals geführten Verfahren zur Zustimmungsersetzung bezüglich der Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers fehlt es ebenfalls an einem zeitlichen Zusammenhang. Soweit der Kläger auf die Beendigung eines Sonderkündigungsschutzes verweist, ist entgegenzuhalten, dass das Gesetz den Sonderkündigungsschutz gerade zeitlich beschränkt, das Gesetz es also für zulässig erachtet, dass nach einem bestimmten Zeitablauf ein besonderer Schutz gegen Kündigungen nicht mehr besteht und dementsprechend ein Kündigungsausspruch möglich ist. Wenn der nachwirkende Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder infolge Zeitablaufs erloschen ist, verfügen ehemalige Betriebsratsmitglieder nicht über einen höheren Kündigungsschutz als ihn andere Arbeitnehmer für sich in Anspruch nehmen können.

Schließlich ist es dem Kläger nicht gelungen, darzulegen, dass nicht die Stilllegung, sondern eine anderweitige Tatsache Ursache für den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers bildet.

Danach liegt eine Unwirksamkeit der streitbefangenen Kündigung nicht vor. Sie hat das Arbeitsverhältnis vielmehr aufgelöst.

2.

Weil das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der Kündigungsfrist zum 30.09.2021 beendet worden ist, steht dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe, die eine Zulassung der Revision i. S. d. § 72 Abs. 2 ArbGG veranlassen könnten, bestehen nicht.

Vorschriften§ 102 BetrVG, § 612 a BGB, § 23 KSchG, §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 7 KSchG, § 4 KSchG, § 242 BGB, § 1 KSchG, § 138 Abs. 2 ZPO, § 134 BGB, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG