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Urteil vom 16.11.2021 · IWW-Abrufnummer 236415

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern - Aktenzeichen 2 Sa 131/21

Ist unter Würdigung der Gesamtumstände ein anderer Geschehensablauf, als derjenige, dass eine Arbeitnehmerin eine unzutreffende Arbeitszeitbuchung durchgeführt hat, nicht vorstellbar, liegen dringende, auf objektive Tatsachen beruhende, schwerwiegende Verdachtsmomente vor, die geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen bei einem verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zu zerstören.


Tenor: 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts B-Stadt vom 02.03.2021 zum Az. 2 Ca 7/20 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Verdachtskündigung, welche hilfsweise als ordentliche Kündigung ausgesprochen ist.

Die 1982 geborene, ledige, einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Klägerin war gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag (Anlage K1, Bl. 17 ff. d. A.) bei der regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigenden Beklagten als Helferin in der Futterküche im Zoo, zuletzt zu einem Bruttomonatsentgelt von 2.488,41 € beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und dem besonderen Teil Verwaltung und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA). Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

Obgleich die Klägerin gemäß Dienstplan für den 24.11.2019 mit "frei" eingetragen war - sie wollte an diesem Tag den 75. Geburtstag der Schwiegermutter feiern - hat sie sich aufgrund Personalausfalls bereit erklärt, an diesem Tag bis mittags zu arbeiten. Die Klägerin hatte mittels zugewiesenem Chip im sog. Sozialgebäude an einem elektronischen Zeiterfassungssystem ihre Arbeitszeit durch eine "Kommen"-Buchung und eine "Gehen"-Buchung zu registrieren. Die Klägerin hat den Zoo am 24.11.2019 mittags verlassen. Nach dem Buchungsnachweis des elektronischen Zeiterfassungssystems ist für die Klägerin für den Sonntag, den 24.11.2019 für 6.54 Uhr KO gebucht, für 18.02 Uhr GE, eine Arbeitszeit von 9,47 Stunden erfasst.

Es ist eine schriftliche Aussage des bei einem externen Wachdienst beschäftigten Nachtwächters (Anlage 4, Bl. 99 d. A.). zur Akte gereicht, nach welcher dieser die Klägerin am 24.11.2019 gegen 18.00 Uhr im Rahmen seiner Verschlussrunde im Bereich Wirtschaftshof/Sozialgebäude/Futterküche gesehen hat. Zu dieser Zeit waren regulär keine Beschäftigten mehr im Zoo tätig.

Am 02.12.2019 fiel die klägerische Arbeitszeitbuchung vom 24.11.2019 auf und die Klägerin wurde für 13.00 Uhr zu einem Gespräch unter Beteiligung des Zoodirektors, Herr Dr. C. L., des stellvertretenden Zoodirektors, Herr O. M., der Reviertierpflegerin Revier II, Frau A. D., der Vorsitzenden des Personalrats, Frau L. R. und der Mitarbeiterin der Personalabteilung, Frau D. A., geladen. Der Klägerin wurde vorgeworfen, am 24.11.2019 einen Arbeitszeitbetrug begangen zu haben und die Möglichkeit eröffnet, sich direkt mündlich bzw. bis zum 04.12.2019 schriftlich zu äußern. Die Klägerin hat die mündliche Erklärung abgegeben, dass sie am 24.11.2019 am Abend nach 19.00 Uhr zum Zoo zurückgekehrt und dort die am Tag geschlachteten Tauben abgeholt habe. Sie sei im Sozialgebäude gewesen, um den Schlüssel für die Futterküche zu holen. Sie habe zu diesem Zeitpunkt keine Zeitbuchung vorgenommen. Für die fehlende Buchung mittags und auch für die Buchung um 18.02 Uhr habe sie keine Erklärung, manchmal erfasse das Zeitsystem Buchungen nicht. Sie bestätigte, von dem Nachtwächter angesprochen worden zu sein, gab dazu an, dies sei aber gegen 19.00 Uhr gewesen und könne von ihrem Mann bestätigt werden. Nachmittags sei sie auf Karls Erdbeerhof auf Rügen gewesen und anschließend zum Essen in S-Stadt. In ihrer schriftlichen Stellungnahme hat die Klägerin angegeben, dass sie die anfallenden Aufgaben am 24.11.2019 bis ca. 11.30 Uhr erledigt hatte, danach noch Fleisch und Fisch aus der Kühlung geholt und gegen ca. 12.00 Uhr den Dienst beendet habe. Es sei ihr bis zum Gespräch am 02.12.2019 nicht bewusst gewesen, sich an diesem Tag mittags nicht ausgeloggt zu haben. Sie streite nicht ab, gegen 18.30 Uhr nochmals im Park gewesen zu sein, um etwas Privates abzuholen. Dieser schriftlichen Erklärung fügte die Klägerin eine Quittung, ausgestellt am 24.11.2019, 18.00 Uhr über eine Bewirtung im A.-Imbiss in G-Stadt bei.

Mit Schreiben vom 06.12.2019 (Bl. 90 ff. d. A.) hat die Beklagte bei dem für ihren Betrieb gewählten Personalrat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung, hilfsweise ordentlichen Verdachtskündigung für das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin beantragt. Wegen des Inhalts des Antrages wird ausdrücklich auf Bl. 90 ff. d. A. verwiesen.

Am 16.12.2019 um 11.00 Uhr ist der Klägerin das Schreiben vom selben Tag zugegangen, mit welchem die Beklagte die außerordentliche Kündigung ausgesprochen hat, mit der Klägerin am 13.01.2020 zugegangenem Schreiben vom selben Tage hat die Beklagte hilfsweise ordentlich zum 31.03.2020 gekündigt.

Mit der am 06.01.2020 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die außerordentliche Kündigung gewandt, mit der am 03.02.2020 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung gegen die Kündigung vom 13.01.2020.

Die Klägerin hat die Unwirksamkeit beider Kündigungen geltend gemacht. Sie hat vorgetragen, am 02.12.2019 sei keine ordnungsgemäße Anhörung, sondern ein Verhör erfolgt. Sie sei davon ausgegangen, wegen ihres Antrages zur Höhergruppierung einbestellt worden zu sein. Ohne Vorankündigung sei ihr vorgehalten worden, am 24.11.2019 einen Arbeitszeitbetrug begangen zu haben. Auf ihre Einwände, dass ihr Chip grundsätzlich an ihrem Garderobenschrank hängt, sie wohl vergessen habe, sich auszuloggen, um 18.02 Uhr nicht im Zoo gewesen sei, sei nicht eingegangen worden. Eine solche Überrumpelungsaktion der Arbeitgeberseite sei nicht hinnehmbar. Sie habe am 24.11.2019 bis ca. 12.00 Uhr gearbeitet, vergessen, sich "auszuloggen", sei um 18.00 Uhr noch in G-Stadt gewesen, was ihr Lebensgefährte bezeugen könne. Dies belege auch die Quittung der Gaststätte (Anlage K6, Bl. 9 d. A.). Sie wisse nicht, wer ihren öffentlich zugänglichen Chip zum Ausloggen benutzt habe. Sie habe am 24.11.2019 jedenfalls um 18.02 Uhr keine Buchung vorgenommen.

Es sei ihr nicht die Möglichkeit gewährt worden, die falsche Zeiterfassung zu korrigieren. In der Anhörung habe sie geschildert, dass sie am 24.11.2019 nach der Arbeit nach S-Stadt zur Familie gefahren sei, um dann in S-Stadt zu Mittag zu essen, danach in U-Stadt auf Karls Erdbeerhof gewesen sei und abends das Essen in G-Stadt eingenommen habe. Weil an diesem Tag die Kasse des Restaurants kaputt gewesen sei, habe Frau K. die Quittung handschriftlich ausstellen müssen. Frau K. könne bezeugen, dass sich allein ihre Handschrift auf der Quittung befinde und es sich dabei nicht um eine Gefälligkeitsbescheinigung handele. Ihr Lebensgefährte sei die gesamte Zeit mit ihr beisammen gewesen und könne ihren Aufenthaltszeitpunkt in G-Stadt bezeugen.

Der Beklagten sei kein Schaden entstanden. Für die Verfehlung des unterlassenen Ausloggens mittags, sei allenfalls eine Abmahnung eine angemessene Reaktion. Die Beteiligung des Personalrats sei nicht ordnungsgemäß erfolgt.

Die Klägerin hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 16.12.2019, zugegangen am 16.12.2019, nicht aufgelöst worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 13.01.2020, zugegangen ebenda, nicht aufgelöst worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen zu Ziffern 1. und 2. zu den im Arbeitsvertrag vom 30.03.2017 festgelegten bisherigen Bedingungen als Helferin in der Futterküche über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, die außerordentliche Kündigung sei wegen des Verdachts des Versuchs über die Arbeitszeit zu täuschen gerechtfertigt. Am 24.11.2019 habe die Klägerin nach Arbeitsaufnahme um 6.54 Uhr den Zoo gegen 11.30 Uhr verlassen, ohne eine "Gehen"-Buchung vorzunehmen. Diese sei durch die Klägerin um 18.02 Uhr nachgeholt worden. Die Buchung könne nur mit Hilfe des klägerischen Chips erfolgt sein. Da es für eine Buchung durch eine andere Person keine Anhaltspunkte gebe und die Klägerin gegen 18.00 Uhr vom Nachtwächter angetroffen worden sei, müsse davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die Buchung durchgeführt habe. Dass sie sich zur fraglichen Zeit in G-Stadt aufgehalten habe, widerspreche ihren vorherigen Aussagen über einen Aufenthalt auf Rügen und in S-Stadt. Dass eine Quittung neben dem Datum die Uhrzeit ausweise, sei unüblich. Es dränge sich der Verdacht auf, die Klägerin versuche, durch eine gefälschte Quittung ihre Version der Geschehnisse zu stützen. Zur fraglichen Zeit habe sich niemand außer der Klägerin im Zoo befunden.

Wenn die fehlerhaften Buchungen nicht aufgefallen wären, hätte der Schaden in der Vergütung bzw. Gutschrift nicht geleisteter Arbeitszeit sowie der Zahlung von Zuschlägen für Sonntagsarbeit gelegen. Die Klägerin habe auch nach Entdeckung der Falschbuchung weiterhin versucht, zu täuschen. Hierdurch habe sie eine Haltung offenbart, die eine weitere vertrauliche Zusammenarbeit unmöglich mache. Im Rahmen der Interessenabwägung seien die Schwere der Verfehlung, das Nachverhalten, die widersprüchlichen Aussagen und gefälschten Beweismittel berücksichtigt worden. Das Alter und die geringe Beschäftigungszeit der Klägerin seien einbezogen worden. Soziale Gesichtspunkte seien nicht ausschlaggebend, da die Klägerin auf dem Arbeitsmarkt gute Chance für eine Beschäftigung habe. Die Unterhaltsverpflichtung habe ein Umstand sein müssen, der die Klägerin von der Gefährdung ihres Arbeitsverhältnisses abhalte. Weil der Missbrauch der Arbeitszeiterfassung einen Verstoß gegen Kernpflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstelle, sei es ihr nicht zuzumuten, einen derartigen Vertrauensverstoß hinzunehmen. Angesichts des klägerischen Nachverhaltens sei eine Besserung nicht zu erwarten.

Es sei auch die zweiwöchige Erklärungsfrist eingehalten. Erst mit der klägerischen Anhörung am 02.12.2019 seien die genauen Umstände bekannt geworden. Der Zugang der Kündigung am 16.12.2019 um 11.00 Uhr halte sich innerhalb der zweiwöchigen Frist.

Die Beteiligung des Personalrats sei ordnungsgemäß erfolgt.

Hilfsweise sei das Arbeitsverhältnis durch die ausgesprochene ordentliche Kündigung aus denselben Gründen beendet worden.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 02.03.2021 die Klage abgewiesen und zur Begründung angeführt, die außerordentliche Kündigung habe das Arbeitsverhältnis mit ihrem Zugang beendet, weil ein sie tragender wichtiger Grund darin liege, dass der dringende Verdacht bestehe, die Klägerin habe am 24.11.2019 über tatsächlich geleistete Arbeitszeit zu täuschen versucht, indem sie mit ihrem Chip um 18.00 Uhr eine "Gehen"-Buchung vorgenommen habe, obgleich sie die Arbeit bereits mittags beendet hatte. Dafür, dass die Klägerin die Buchung vorgenommen habe, spreche, dass sie als einzige hierfür ein Motiv habe, ihre Kollegen den Zoo bereits zwei Stunden zuvor verlassen hatten, die Klägerin gegen 18.00 Uhr vom Nachtwächter angetroffen worden sei. Gegen die Klägerin spreche zudem, dass sie mehrere voneinander abweichende Versionen des Tagesablaufs vorgebracht habe. Die von ihr eingereichte Quittung belege nicht, dass sie nicht um 18.00 Uhr im Zoo gewesen sein könne. Die Klägerin habe das Gericht nicht von dem von ihr geschilderten Geschehensablauf überzeugen können. Die erforderliche Anhörung sei sachgerecht erfolgt. Nach der durchgeführten Interessenabwägung sei aufgrund des Vertrauensverlustes eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar; die zweiwöchige Erklärungsfrist sei gewahrt, der Personalrat ordnungsgemäß beteiligt worden.

Gegen dieses ihr am 04.06.2021 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 28.06.2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufung, welche sie unter dem 30.07.2021 begründet hat.

Hierzu führt die Klägerin an, das erstinstanzliche Gericht sei fehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, es liege ein zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigender Verdacht vor. Der vom Nachtwächter in seiner Stellungnahme angegebene Zeitraum sei zu unbestimmt. Das Arbeitsgericht habe über ihre Behauptung, sie sei gegen 18.00 Uhr in G-Stadt gewesen, Beweis erheben müssen. Eine Beweiserhebung habe auch wegen ihrer Behauptung, das Tor zum Zoo sei offen gewesen, erfolgen müssen. Das Arbeitsgericht habe zudem die Überrumpelung bei der durchgeführten Anhörung außer Acht gelassen.

Die Klägerin beantragt:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund zum Az. 2 Ca 7/20 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 16.12.2019, zugegangen am 16.12.2019, nicht aufgelöst worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 13.01.2020, zugegangen ebenda, nicht aufgelöst worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen zu Ziffern 1. und 2. zu den im Arbeitsvertrag vom 30.03.2017 festgelegten Bedingungen als Helferin in der Futterküche über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und verweist darauf, dass entgegen der Ansicht der Klägerin die Äußerungen des Nachtwächters hinreichend bestimmt seien. Dieser bezeichne etwa einen Zeitraum zwischen 10 Minuten vor 18.00 Uhr und 10 Minuten nach 18.00 Uhr. Es bestünden konkrete Tatsachen für ihren Verdacht. Die Klägerin habe nicht derart entlastende Tatsachen vorgetragen, dass der Verdacht ausgeräumt sei. Es sei gänzlich unerklärlich, aus welchen Gründen wer den Schlüssel mit dem Chip aus dem Spint genommen und ihn nach erfolgter Buchung wieder zurückgelegt haben soll.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften, die erstinstanzliche Entscheidung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der außerordentlichen Kündigung vom 16.12.2019 mit ihrem Zugang am selben Tage aufgelöst ist, denn diese Kündigung ist rechtmäßig. Die erforderlichen Voraussetzungen einer Verdachtskündigung sind erfüllt.

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg. Die außerordentliche Kündigung vom 16.12.2019 ist als Verdachtskündigung wirksam. Es liegen Tatsachen vor, welche einen dringenden Verdacht des Arbeitszeitbetruges begründen. Die erforderliche Anhörung der Klägerin ist ordnungsgemäß erfolgt. Auch nach der Abwägung beiderseitiger Interessen ist es der Beklagten unzumutbar, das Arbeitsverhältnis fortzuführen. Sie hat das Arbeitsverhältnis daher nach Beteiligung des Personalrates berechtigt gekündigt.

1.

Die Kündigung stellt sich nicht als von Anfang an rechtswirksam nach § 13 Abs. 1 S. 2, § 7, § 4 S. 1 KSchG dar, weil die Klägerin die maßgebliche dreiwöchige Klagefrist versäumt hätte. Die Klägerin hat sich mit am 06.01.2020 beim Arbeitsgericht eingegangener Kündigungsschutzklage gegen die ihr am 16.12.2019 zugegangene Kündigung gewendet. Damit hat sie die dreiwöchige Klagefrist gewahrt.

2.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich" und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG, Urteil vom 01.06.2017 - 6 AZR 720/15 - Rn. 45, juris; BAG, Urteil vom 17.11.2016 - 2 AZR 730/15 - Rn. 20, juris; BAG, Urteil vom 20.10.2016 - 6 AZR 471/15 - Rn. 14, juris).

a)

Dabei kann nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung, sondern bereits der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen arbeitsvertraglichen Verfehlung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen. Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines (nicht erwiesenen) strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn starke, auf objektive Tatsachen gründende Verdachtsmomente vorliegen, die geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Verdacht muss auf konkrete, vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende Tatsachen gestützt sein. Er muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, dass eine Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen nicht aus (BAG, Urteil vom 02.03.2017 - 2 AZR 698/15 - Rn. 22, juris; BAG, Urteil vom 13.03.2008 - 2 AZR 961/06 - Rn. 14, juris).

Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Dies gilt für den vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch. Der Arbeitgeber muss auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können. Überträgt er den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und füllt ein Arbeitnehmer die dafür zur Verfügung gestellten Formulare wissentlich und vorsätzlich falsch aus, so stellt dies in aller Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch dar. Der Arbeitnehmer verletzt damit in erheblicher Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) gegenüber dem Arbeitgeber (BAG, Urteil vom 13.12.2018 - 2 AZR 370/18 - Rn. 17, juris).

Vorliegend liegen hinreichende Verdachtsmomente vor, nach denen die Klägerin am 24.11.2019 um 18.02 Uhr ein Dienstende im elektronischen Zeiterfassungssystem gebucht hat, obgleich sie ihre Arbeit bereits mittags beendet hatte.

Für eine Fehlbuchung liegen angesichts der ansonsten korrekt erfolgten Buchungen an diesem Tag keinerlei Anhaltspunkte vor. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Buchung durch eine Person mittels des der Klägerin für die Zeiterfassung zur Verfügung gestellten Chip erfolgt ist. Dabei sprechen - wie die I. Instanz zutreffend festgestellt hat - dringende Tatsachen dafür, dass die Buchung durch die Klägerin selbst vorgenommen wurde. Es ist nicht vorstellbar, dass eine andere Person die Buchung durchgeführt hat. Insoweit verweist die I. Instanz zu Recht auf das allein für die Klägerin hierfür vorliegende Motiv. Es ist kein Interesse einer anderweitigen Person erkennbar, für die Klägerin eine Fehlbuchung vorzunehmen. Kollegen hatten den Zoo bereits zwei Stunden zuvor verlassen. Aus welchen Gründen sie oder ein unbekannter Fremder in den Zoo zurückkommen sollten, um eine Arbeitszeitbuchung mit dem Chip der Klägerin durchzuführen, ist nicht erkennbar. Der Nachtwächter ist gegen 18.00 Uhr keiner anderweitigen Person begegnet, jedoch der Klägerin. Die Buchung durch eine anderweitige Person ist auch deshalb nicht vorstellbar, weil diese Person gewusst haben müsste, dass sich die Klägerin mittags nicht ausgeloggt hatte. Denn wenn die Klägerin mittags bereits eine "Gehen"-Buchung durchgeführt hätte, wäre eine zweite "Gehen"-Buchung um 18.02 Uhr nicht realistisch. Wie eine anderweitige Person jedoch von einem unterlassenen Ausloggen der Klägerin mittags erfahren haben könnte, lässt sich nicht erklären. Die Klägerin selbst trägt vor, dass sie bis zu ihrer Anhörung gar nicht gewusst habe, dass sie die "Gehen"-Buchung mittags unterlassen hatte. Von ihr kann also keine anderweitige Person davon erfahren haben. Auf welche Weise dann einer anderweitigen Person das fehlende Ausbuchen der Klägerin zur Kenntnis gelangt sein soll, ist unerfindlich. Eine Buchung durch eine anderweitige Person lässt sich damit nahezu ausschließen, jedenfalls ist die erforderliche Dringlichkeit eines Verdachts gegen die Klägerin gegeben. Daran ändert die von der Klägerin eingereichte Quittung nichts. Zunächst kann durch die Quittung selbst nicht belegt werden, dass die Klägerin zur fraglichen Zeit um 18.02 Uhr in G-Stadt in dem Restaurant war, denn darüber sagt die Quittung nichts aus. Die I. Instanz war auch nicht gehalten, die von der Klägerin angebotenen Zeugen zu vernehmen. Die Klägerin trägt selbst vor, dass die Zeugin K. zu Personen keine Aussage machen könne, sondern lediglich bestätigen könne, dass die Quittung von ihr stammt. Damit wäre eine Zeugenaussage der Frau K. jedoch zu der klägerischen Behauptung, zu dieser Zeit in G-Stadt gewesen zu sein, unergiebig und deshalb als Beweismittel nicht geeignet. Unterstellt, der Lebensgefährte der Klägerin würde in einer Zeugenaussage ihre Anwesenheit um 18.00 Uhr in G-Stadt bestätigen, stünde dem die Aussage des Nachtwächters, die Klägerin gegen 18.00 Uhr gesehen zu haben, entgegen. Es würden damit möglicherweise zwei entgegengesetzte Aussagen bestehen, damit wäre jedoch der gegen die Klägerin entstandene dringende Verdacht nicht ausgeräumt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte keine Tatkündigung, sondern gerade eine Verdachtskündigung ausgesprochen hat und es insoweit entscheidend auf das Vorliegen des dringenden Verdachtes ankommt. Dieser wird angesichts der weiteren Verdachtsmomente jedoch auch durch zwei sich möglicherweise widersprechende Zeugenaussagen nicht entkräftet.

Entgegen der klägerischen Auffassung ist die Zeitangabe des Nachtwächters in seiner schriftlichen Stellungnahme nicht unbestimmt. Es ist kein größerer Zeitraum angegeben, sondern der konkrete Zeitpunkt während der Verschlussrunde gegen 18.00 Uhr. Der Beklagten ist beizupflichten, dass damit allenfalls ein Zeitraum von 17.50 Uhr bis 18.10 Uhr umfasst ist. Diese Angabe bezieht sich jedenfalls nicht auf die klägerischen Zeitangaben 18.30 Uhr und 19.00 Uhr.

Unerheblich ist ebenfalls, ob das Tor zum Zoo tatsächlich offen war oder nicht. Das erstinstanzliche Gericht hat lediglich ausgedrückt, dass es nicht erklärlich sei, weshalb die Klägerin nicht vor Antritt der weiten Fahrt zum Zoo den Zugang geklärt hat, obgleich sie davon habe ausgehen müssen, dass um 18.30 Uhr alle Zugänge verschlossen seien. Diese Fragestellung bleibt weiterhin offen, denn dass der Klägerin der Zugang durch ein offenes Tor möglich sein würde, war eigentlich um diese Uhrzeit nicht zu erwarten.

Unter Würdigung der Gesamtumstände ist vielmehr ein anderer Geschehensablauf, als derjenige, dass die Klägerin die Buchung durchgeführt hat, nicht vorstellbar. Damit liegen dringende, auf objektive Tatsachen beruhende schwerwiegende Verdachtsmomente vor, die geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen bei einem verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zu zerstören.

b)

Die Beklagte hat auch die bei einer Verdachtskündigung im Rahmen der ihr obliegenden Aufklärungspflicht durchzuführende Anhörung der Klägerin vorgenommen.

Die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ist - anders als bei der sog. Tatkündigung - Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung. Dies folgt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Annahme, das für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unabdingbare Vertrauen sei bereits aufgrund des Verdachts eines erheblichen Fehlverhaltens des Arbeitnehmers zerstört, ist zumindest so lange nicht gerechtfertigt, wie der Arbeitgeber die zumutbaren Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts nicht ergriffen hat. Dazu gehört es insbesondere, dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Verdachtsmomenten zu geben, um dessen Einlassungen bei der Entscheidungsfindung berücksichtigen zu können. Versäumt der Arbeitgeber dies, kann er sich im Prozess nicht auf den Verdacht eines pflichtwidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers berufen; die hierauf gestützte Kündigung wäre unwirksam (BAG, Urteil vom 20.03.2014 - 2 AZR 1037/12 - Rn. 23, juris).

Diesen Anforderungen genügt die am 02.12.2019 durchgeführte Anhörung. Während dieser wurde die Klägerin mit der mittags unterlassenen "Gehen"-Buchung und mit der um 18.02 Uhr erfolgten Buchung konfrontiert sowie mit dem Umstand, dass sie durch den Nachtwächter angetroffen worden war. Der Klägerin ist damit Gelegenheit gewährt worden, sich zu bestimmten, zeitlich und räumlich eingrenzbaren Tatsachen zu äußern. Die Klägerin hat zudem von der ihr eingeräumten Möglichkeit, einer weiteren schriftlichen Stellungnahme, Gebrauch gemacht. Damit ist die Anhörung ordnungsgemäß erfolgt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin bestand keine Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass sie die Möglichkeit habe, zu der Anhörung eine Vertrauensperson hinzuzuziehen. Die Klägerin hat selbst nicht vorgetragen, dass sie darum gebeten hat, eine Vertrauensperson zu dem Gespräch hinzuziehen zu können. Zudem war ihr die Möglichkeit eingeräumt, schriftlich Stellung zu nehmen. Damit hatte sie die Möglichkeit, sich nach Beratung mit einer Vertrauensperson zu äußern. Die Klägerin war nicht zwingend gehalten, sich im Rahmen der mündlichen Anhörung einzulassen. Es mag gerechtfertigt sein, dem Arbeitgeber, der das einseitige Gestaltungsmittel der Kündigung aufgrund eines bloßen Verdachts gegen den Arbeitnehmer einsetzen will, abzuverlangen, im Rahmen des erforderlichen Anhörungsgesprächs die Anwesenheit eines Rechtsanwalts als Beistand des Arbeitnehmers oder einer anderen Vertrauensperson zu dulden, eine Hinweispflicht über die Möglichkeit der Teilnahme eines Beistandes obliegt dem Arbeitgeber jedoch nicht.

Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, die Klägerin unter Mitteilung des Themas zu der Anhörung zu laden. Eine derartige Verpflichtung des Arbeitgebers ist weder gesetzlich noch aus sonstigen Umständen begründet. Soweit dies gefordert wird, damit sich der Arbeitnehmer auf zu erwartende Vorhalte vorbereiten könne, war diesem Zweck damit genüge getan, dass der Klägerin die Möglichkeit der mündlichen, aber auch der schriftlichen Stellungnahme eingeräumt war. So konnte die Klägerin in ihrer schriftlichen Äußerung nach gewährter Überlegungszeit und ggf. Einholung von Rat und Beistand umfänglich auf die ihr gegenüber erhobenen Vorhalte erwidern. Dem Zweck, dem Arbeitnehmer durch Themennennung die Möglichkeit der Vorbereitung einzuräumen, ist damit genügt. Eine Überrumplung liegt folglich nicht vor.

c)

Eine vorhergehende Abmahnung ist im vorliegenden Fall entbehrlich. Zwar ist die Verdachtskündigung aus dem Abmahnungserfordernis nicht herauszunehmen (BAG, Beschluss vom 21.02.2002 - 2 AZN 909/01 - Rn. 11, juris), durch Ausspruch einer Abmahnung hätte das zerstörte Vertrauen in die Redlichkeit der Klägerin für die Zukunft jedoch nicht ausgeräumt werden können.

Grundsätzlich setzt die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung auch im Vertrauensbereich im Rahmen der vorzunehmenden Negativprognose voraus, dass der Arbeitgeber das entsprechende Verhalten durch eine vorausgegangene einschlägige Abmahnung formgerecht gerügt hat. Dieser Grundsatz manifestiert sich auch in der gesetzlichen Vorgabe des § 314 Abs. 2 BGB. Ein Abmahnungserfordernis besteht jedoch dann nicht, wenn die Abmahnung von vornherein nicht Erfolg versprechend ist oder der Arbeitnehmer nicht damit rechnen durfte, der Arbeitgeber werde sein Fehlverhalten auch nur einmal hinnehmen und lediglich mit einer Abmahnung reagieren. Dies trifft vorliegend zu. Aufgrund des klägerischen Verhaltens, unterschiedliche Versionen des Geschehensablaufs darzustellen, und weil es schwerfällt, die seitens der Klägerin dargestellten Geschehensabläufe als tatsächlich wahr zu erachten, ist es nachvollziehbar, wenn die Beklagte darstellt, aufgrund des eingetretenen Vertrauensverlustes und des klägerischen Verhaltens sei eine Abmahnung nicht geeignet, das für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen aufbringen zu können. Der dringende Verdacht, dass die Klägerin eine Manipulation der Arbeitszeiterfassung vorgenommen hat, um sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu Lasten der Beklagten zu verschaffen, führt dazu, dass das Vertrauen der Beklagten in die Redlichkeit der Klägerin zerstört ist. Zerstörtes ist lediglich unter besonderen Umständen wiederherstellbar. So kann z.B. bei Einsicht in ein Fehlverhalten und Reue oder sehr langes beanstandungsfreies Bestehen eines Arbeitsverhältnisses eher davon ausgegangen werden, Vertrauen lasse sich wiederherstellen. Derartige Gesichtspunkte liegen hier jedoch nicht vor. Der Beklagten ist bereits deshalb eine weitere dauerhafte Zusammenarbeit mit der Klägerin im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar. Zudem durfte die Klägerin nicht damit rechnen, dass die Beklagte den Verdacht einer Arbeitszeitmanipulation auch nur einmal hinnimmt und vor Ausspruch einer Kündigung zunächst von der Möglichkeit der Erteilung einer Abmahnung Gebrauch macht. Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Zeiterfassung, muss er sich darauf verlassen können, dass dies stets ordnungsgemäß erfolgt. Der Arbeitgeber setzt insoweit ein großes Vertrauen in den Arbeitnehmer. Wenn sich der Arbeitnehmer sodann in diesem Bereich unredlich verhält, ist es nachvollziehbar, wenn das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers auf Dauer zerstört ist und auch nach einer Abmahnung sich nicht als wiederherstellbar erweist.

d)

Schließlich fällt die Interessenabwägung zu Lasten der Klägerin aus. Aufgrund ihrer Unterhaltsverpflichtung und, weil das Einkommen aus einem Arbeitsverhältnis zum Bestreiten des Lebensunterhalts benötigt wird, hat die Klägerin ein Interesse am Fortbestand dieses Arbeitsverhältnisses. Andererseits wies sie zum Zeitpunkt der Kündigung eine Betriebszugehörigkeit von ca. drei Jahren auf und damit keine von einer erheblichen Dauer. Auch ist der Einschätzung des Arbeitsgerichts zu folgen, dass die Klägerin gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat, alsbald eine neue Anstellung zu finden. Zwar handelt es sich bei dem Kündigungsvorwurf um eine einmalige Pflichtwidrigkeit, es ist jedoch davon auszugehen, dass die Klägerin hier vorsätzlich handelte. Da es der Beklagten unmöglich ist, die Arbeitszeiterfassung ständig zu kontrollieren, bedarf es eines besonderen Vertrauens in den Arbeitnehmer. Es mag sein, dass ein möglicher in der Vergütung nicht geleisteter Arbeitszeit und der Auskehrung von Zuschlägen bestehender finanzieller Schaden nicht hoch ist, die Klägerin verkennt jedoch, dass der Schaden in dem eingetretenen Vertrauensverslust liegt und sich damit als gravierend darstellt. Insgesamt überwiegt danach das Interesse der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

e)

Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB gewahrt ist und die Beteiligung des Personalrates ordnungsgemäß erfolgte. Diesbezüglich enthält die klägerische Berufung keinerlei Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil.

Insgesamt ist damit die außerordentliche Kündigung vom 16.12.2019 wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet.

3.

Auf die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung kommt es damit nicht mehr an. Infolge Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht der Klägerin ein Weiterbeschäftigungsanspruch nicht zu.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG bestehen nicht.

Vorschriften§ 64 Abs. 2 ArbGG, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, § 13 Abs. 1 S. 2, § 7, § 4 S. 1 KSchG, § 626 Abs. 1 BGB, § 241 Abs. 2 BGB, § 314 Abs. 2 BGB, § 626 Abs. 2 BGB, § 97 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG