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Beschluss vom 21.12.2022 · IWW-Abrufnummer 234653

Landesarbeitsgericht Köln - Aktenzeichen 3 Ta 123/22

Streitwertbeschwerde (kein Vergleichsmehrwert für besondere Intensität der Vergleichsverhandlungen sowie für normale Abwicklungsregelungen


Tenor:

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 16.08.2022 - 9 Ca 1530/22 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.



Gründe



I. Die Parteien haben in der Hauptsache über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen, arbeitgeberseitigen Kündigung sowie über Zahlungsansprüche des Klägers gestritten. Der Rechtsstreit endete durch gerichtlich am 24.06.2022 im Beschlusswege festgestellten Vergleich. Der Vergleich lautet wie folgt:



1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund fristgemäßer arbeitgeberseitiger Kündigung außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes zum Ablauf des 15.12.2021 sein Ende gefunden hat.



2. Die Beklagte zahlt an den Kläger als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsverhältnisses in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung von insgesamt 6.500,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.07.2022. Der Anspruch ist bereits entstanden, fällig und vererblich.



3. Die Beklagte zahlt an den Kläger restliche Vergütung für den Zeitraum 01.12.2021 bis 15.12.2021 in Höhe von 650,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.07.2022.



4. Die Beklagte rechnet über die vorgenannten Ansprüche ordnungsgemäß - sofern und soweit möglich rückwirkend für das Steuerjahr 2021 - ab und wird das Ende des Arbeitsverhältnisses zum 15.12.2021 korrigierend an Finanzamt und Sozialversicherungsträger melden. Sie sendet dem Kläger die entsprechend korrigierten Abrechnung(en), Meldebescheinigung(en) zur Sozialversicherung und Ausdruck(e) der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung(en).



5. Zwischen den Parteien herrscht Einigkeit darüber, dass dem Kläger sämtliche Urlaubs- und etwaige Freizeitausgleichsansprüche bereits vollständig in natura gewährt worden sind.



6. Die Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis das sich auf Verhalten und Leistung erstreckt und eine Gesamtbewertung mit mindestens der Schulnote "gut" enthält. Das Zeugnis wird gem. dem Inhalt der Anlage K6 erteilt.



7. Mit Erfüllung der vorbenannten Ziffern des Vergleichs sind sämtliche Ansprüche der Parteien gegeneinander in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis und aus dem Anlass seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, seien sie bekannt oder unbekannt, erledigt.



8. Die Parteien werden sich nicht negativ oder abwertend übereinander äußern.



9. Damit findet der vorliegende Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht in Köln, 9 Ca 1530/22 seine Erledigung.



Mit Beschluss vom 16.08.2022 setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 33 RVG für das Verfahren auf 4.657 EUR und für den Vergleich auf 5.954 EUR fest. Es berücksichtigte dabei einen Vergleichsmehrwert in Höhe eine Bruttomonatsentgelts für die Zeugnisregelung in Ziffer 6 des Vergleichs.



Gegen diesen am 16.08.2022 zugestellten Beschluss wendet sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit der im eigenen Namen am 17.08.2022 eingelegten Beschwerde.



Er macht geltend, der Streitwert für den Vergleich müsse auf 18.115,97 EUR festgesetzt werden und nimmt Bezug auf die Ausführungen in seinem Schriftsatz vom 15.08.2022. Dort hatte er zur Begründung eines höheren Vergleichsmehrwerts ausgeführt, dass die Beendigung "massiv streitig" gewesen sei. Der Beklagtenvertreter selbst habe den Kläger außergerichtlich zur Herausgabe und Unterlassung aufgefordert und ein Strafverfahren angedroht. Die nachfolgenden Vergleichsverhandlungen hätten nahezu einen Monat angedauert. Außerdem seien mit Schreiben vom 22.06.2022 weitere Annahmeverzugs- und Urlaubsabgeltungsansprüche geltend gemacht worden. Insbesondere deshalb sei die abschließende Erledigungsklausel in den Vergleich aufgenommen worden.



Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 01.09.2022 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.



II. 1. Die nach § 33 Abs. 3 RVG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig.



2. Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.



a) Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts für den gerichtlich festgestellten Vergleich in Höhe von 5.954 EUR und macht stattdessen eine Festsetzung in Höhe von 18.115,97 EUR, mithin also einen weitergehenden Vergleichsmehrwert in Höhe von 12.161,97 EUR geltend.



b) Seine Einwände vermögen einen höheren Vergleichsmehrwert nicht zu begründen. Unter Bezugnahme auf den Streitwertkatalog hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt, dass ein Vergleichsmehrwert im Grundsatz nur dann anfällt, wenn durch den Vergleichsabschluss ein weiterer Rechtsstreit und/oder außergerichtlicher Streit erledigt und/oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt werden. Dabei muss gerade über die Frage eines Anspruchs oder Rechts in Bezug auf die jeweilige Regelung zwischen den Parteien Streit und/oder Ungewissheit bestanden haben (Streitwertkatalog Nr. 25.1).



Das ist vorliegend über die unstreitig streitwerterhöhende Zeugnisregelung hinaus auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht der Fall. Das gilt zunächst für den Einwand der massiven, nahezu einen Monat andauernden Vergleichsverhandlungen, da die Streitintensität keine streitwerterhöhenden Auswirkungen hat. Dementsprechend führt auch die Androhung eines Strafverfahrens nicht zu einer Erhöhung des Streitwerts. Soweit der klägerische Prozessbevollmächtigte des Weiteren auf beklagtenseitige, außergerichtliche Herausgabe- und Unterlassungsansprüche abstellt, geht es dabei um die Herausgabe von Arbeitsunterlagen und es handelt sich damit lediglich um normale Abwicklungsmodalitäten für das beendete Arbeitsverhältnis. Solche sind regelmäßig nicht streitwerterhöhend. Gleiches gilt für die Geltendmachung von Urlaubsabgeltungsansprüchen. Dass insoweit über den Anspruch an sich oder die Anspruchshöhe weitergehender, konkreter Streit bestanden hätte, ist nicht ersichtlich. Die bloße Geltendmachung von Ansprüchen begründet noch keinen Streit. Schließlich ist auch die vermeintliche Erledigung außergerichtlich geltend gemachter Annahmeverzugsansprüche nicht streitwerterhöhend. Diese sind soweit es um die Vergütung für die Kündigungsfrist geht, bereits Gegenstand des Rechtsstreits. Darüberhinausgehende Ansprüche sind bereits durch die vergleichsweise Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15.12.2021 ausgeschlossen.



3. Nach allem bleibt es damit bei der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 97 Abs. 1 ZPO.

Vorschriften§§ 9, 10 KSchG, § 33 RVG, § 33 Abs. 3 RVG, § 97 Abs. 1 ZPO