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Beschluss vom 06.02.2023 · IWW-Abrufnummer 234355

Landesarbeitsgericht Düsseldorf - Aktenzeichen 4 Ta 27/23

Der ausdrücklich gestellte Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit einer Betriebsratswahl hat keinen höheren Wert als das Anfechtungsverfahren.


Tenor:

Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des zu 2 beteiligten Betriebsrats gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 12.01.2023 wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat eine Gebühr von 55,00 Euro zu tragen.



Gründe



I.



Mit seiner Beschwerde vom 19.01.2023 wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 12.01.2023. Darin hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das Verfahren, dass die Feststellung der Nichtigkeit der Wahl des 17-köpfigen Betriebsrats, hilfsweise ihre Anfechtung, zum Gegenstand hatte, auf 30.000,00 Euro festgesetzt. Dabei hat das Arbeitsgericht im Ausgangspunkt den doppelten Hilfswert gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zugrunde gelegt und für jede Steigerungsstufe nach der Staffelung der § 9 BetrVG bis zu 17 Betriebsratsmitglieder (8 Stufen) jeweils den halben Hilfswert (8 x 2.500,00 Euro = 20.000,00 Euro).



Die Beschwerde macht unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17.10.2001 - 7 ABR 42/99 - geltend, dass im Falle der beantragten Feststellung der Nichtigkeit der Wahl im Ausgangspunkt ein weiterer Hilfswert zugrunde zu legen sei. Zudem handele es sich um eine besonders schwierige und aufwendige Angelegenheit, da die antragstellende Arbeitgeberin ihre Anträge auch auf die Verkennung des Betriebsbegriffs gestützt habe. Bei der bestehenden verzweigten Organisationsstruktur mit mehreren Betriebsstätten größerer Art handele es sich zumindest um eine schwierige Angelegenheit, die eine Erhöhung des Ausgangswertes rechtfertige.



Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt.



II.



Die zulässige, insbesondere fristgerecht und mit erforderlicher Beschwer eingelegte Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert des Beschlussverfahrens zutreffend mit 30.000,00 Euro festgesetzt.



1. Die Wertfestsetzung mit dem doppelten Hilfswert (2 x 5.000,00 Euro = 10.000,00 Euro) als Ausgangspunkt und der 8-fachen Steigerung für den 17-köpfigen Betriebsrat um den halben Hilfswert gemäß der Staffel des § 9 BetrVG entspricht der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (LAG Düsseldorf 25.02.2004 - 17 Ta 65/04; 24.11.2010 - 2 Ta 656/10; 21.12.2010 - 2 Ta 653/10) sowie den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit vom 09.02.2018 (dort Ziffer II.3).



2. Entgegen der Auffassung der Beschwerde war eine Erhöhung dieses Wertes nicht veranlasst.



a. Für den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsratswahl war ein zusätzlicher Betrag im Verhältnis zur bloßen Anfechtung der Betriebsratswahl nicht anzusetzen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (aaO) und steht im Einklang mit den Empfehlungen des Streitwertkatalogs (dort Ziffer II.13).



Der gegenteiligen und nicht näher begründeten Auffassung des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 17.10.2001 - 7 ABR 42/99 - kann nicht gefolgt werden. Die Geltendmachung der Nichtigkeit der Wahl ist zu jeder Zeit in jeder Form möglich. Sie ist nicht an ein bestimmtes gerichtliches Verfahren gebunden. Ist gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG beantragt worden, die Wahl für unwirksam zu erklären, so ist der Antrag in der Regel dahin auszulegen, dass die Wahl unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt, d.h. sowohl dem ihrer Nichtigkeit als auch dem ihrer Anfechtbarkeit überprüft werden soll (BAG 24.1.1964 - 1 ABR 14/63; 28.4.1964 - 1 ABR 1/64; 12.10.1976 - 1 ABR 1/76). Aus diesem Grund ist es nicht gerechtfertigt, für den ausdrücklich gestellten Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit einen höheren Wert als für das gewöhnliche Anfechtungsverfahren festzusetzen.



b. Soweit die Beschwerde geltend macht, dass das Verfahren besonders schwierig bzw. aufwendig war, rechtfertigt dies im vorliegenden Fall ebenfalls eine Erhöhung des Wertes nicht.



Zum einen sehen weder die Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf noch der Streitwertkatalog eine derartige Erhöhung vor. Ob sie im Rahmen von § 23 Abs. 2 Satz 2 RVG gleichwohl im Einzelfall geboten ist, kann aber dahinstehen.



Denn zum anderen kann vorliegend aus der maßgeblichen Sicht bei Antragseingang eine solche Schwierigkeit bzw. ein solcher Aufwand nicht festgestellt werden. Das Verfahren wurde mit dem Antrag der Arbeitgeberin vom 10.05.2022 eröffnet. Im Anschluss an die Güteverhandlung am 14.06.2022 hat der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 06.07.2022 erwidert. Hierauf folgte eine Replik der Antragstellerin, bevor dann bereits am 09.08.2022 der Antrag auf Terminlosstellung und anschließend übereinstimmend die Erledigung der Sache erklärt wurde. Bei diesem Bild handelt es sich nicht um eine ungewöhnlich schwierige Sache, die eine Anhebung des Wertes rechtfertigen könnte. Auch wenn die Schriftsätze im Umfang durchaus auf einen gewissen Schwierigkeitsgrad hindeuten, ist dieser nicht so außergewöhnlich, dass eine Anhebung angezeigt wäre. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Wertfestsetzung stets an eine Pauschalierung der anwaltlichen Gebühren mit sich bringt und in dem einen Fall günstig, in dem anderen Fall ungünstig ausfallen kann. Das Argument, dass nicht nur die üblichen Wahlfehler, sondern auch eine fehlerhafte Betriebsabgrenzung als Anfechtungsgrund angeführt war, trägt nicht. In vielen Anfechtungsfällen wird die unzutreffende Erfassung der Betriebsabgrenzung als Anfechtungsgrund angeführt. Darin liegt kein außergewöhnlicher Umstand. Die Komplexität des Betriebsabgrenzungsverfahrens ist nicht von solchem Ausmaß, dass diese Einwendung grundsätzlich eine Erhöhung des Wertes eines Wahlanfechtungsverfahrens rechtfertigen könnte. Das Verfahren auf Betriebsabgrenzung gemäß § 19 Abs. 2 BetrVG wird sogar geringer bewertet als das Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 Abs. 1 BetrVG (im Ausgangspunkt nur der einfache Hilfswert, vgl. LAG Düsseldorf 15.01.2007 - 6 Ta 3/07).



III.



Der erfolglose Beschwerdeführer hat eine Gerichtsgebühr gemäß Nr. 8614 des Kostenverzeichnisses zum GKG zu tragen.

Quecke

Vorschriften§ 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, § 9 BetrVG, § 19 Abs. 1 BetrVG, § 23 Abs. 2 Satz 2 RVG, § 19 Abs. 2 BetrVG