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Beschluss vom 26.06.2017 · IWW-Abrufnummer 195183

Landesarbeitsgericht Köln - Aktenzeichen 4 Ta 131/17

[I]m Vollstreckungsverfahren geht es nur noch um die Feststellung, welche Verpflichtungen tatsächlich tituliert wurden (Anschluss an BAG, Beschluss vom 15. April 2009 - 3 AZB 93/08 -, [...], Rn. 25).

Eine Berücksichtigung von Gründen, die Gegenstand des Erkenntnisverfahrens waren würde der Funktionsaufteilung zwischen Erkenntnis- und Zwangsvollstreckungsverfahren widersprechen (wie Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 06. Juli 2016 - 10 Ta 266/16 -, Rn. 23, [...]).


Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 03.05.2017- 20 Ca 897/16 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.



Gründe



I.



Die Parteien streiten in der Hauptsache über die Wirksamkeit einer unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist ausgesprochenen außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung sowie über einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Gläubigers.



Durch Urteil vom 18.01.2017, das der Schuldnerin am 06.02.2017 zugestellt worden ist, hat das Arbeitsgericht Köln der Kündigungsschutzklage des Gläubigers stattgegeben und die Schuldnerin zur Weiterbeschäftigung des Gläubigers zu unveränderten Bedingungen als Abteilungsleiter Organisation & Services bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens verurteilt. Hiergegen hat die Schuldnerin am 23.02.2017 Berufung eingelegt und diese am 06.04.2017 begründet.



Mit Beschluss vom 03.05.2017 hat das Arbeitsgericht ein Zwangsgeld zur Durchsetzung des Weiterbeschäftigungstitels festgesetzt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass der titulierte Ausspruch nicht zu unbestimmt der von der Schuldnerin erhobene Unmöglichkeitseinwand im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht zu überprüfen sei, weil dieser Einwand bereits Gegenstand des Erkenntnisverfahrens gewesen sei.



Dieser Beschluss ist der Schuldnerin am 08.05.2017 zugestellt worden. Am 22.05.2017 hat die Schuldnerin hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt.



Zur Begründung hat sie im Wesentlichen die Auffassung vertreten, der von ihr erhobene Unmöglichkeitseinwand sei auch im Zwangsvollstreckungsverfahren zu berücksichtigen.



Durch Beschluss vom 13.06.2017 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.



II.



Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 62 Abs. 2 ArbGG, 793 ZPO an sich statthaft und wurde innerhalb der in § 569 Abs. 1 ZPO normierten Zweiwochenfrist eingelegt.



Die sofortige Beschwerde ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht dem Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln nach § 888 Abs. 1 ZPO stattgegeben.



1. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung liegen vor. Die Vollstreckungsklausel ist erteilt (§§ 724, 725 ZPO) und der Titel ist auch zugestellt worden (§ 750 Abs. 1 ZPO).



2. Der Titel ist hinreichend bestimmt. Der Maßstab für die Bestimmtheit einer vollstreckungsfähigen Leistung deckt sich mit den Anforderungen nach § 253 Abs. 2 ZPO für einen bestimmten Antrag in der Klageschrift. Der bestimmte Antrag dient zum einen zur Abgrenzung des Streitgegenstands, zum anderen schafft er eine Voraussetzung für die etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung. Gemessen an diesen Zielen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis absteckt (§ 308 Abs. 1 ZPO), Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennen lässt (§ 322 ZPO), das Risiko des Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeiten auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lassen. Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung dürfen deshalb nicht aus dem Erkenntnisverfahren ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber worin die Verpflichtung besteht (vgl. BAG, Beschluss vom 15. April 2009 - 3 AZB 93/08 -, Rn. 25, [...]).



Bei der Titulierung des dem Arbeitnehmer zustehenden Anspruchs auf Weiterbeschäftigung muss der Vollstreckungstitel verdeutlichen, um welche Art von Beschäftigung es geht. Für den Schuldner muss aus rechtsstaatlichen Gründen erkennbar sein, in welchen Fällen er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat. Andererseits erfordern das Rechtsstaatsprinzip und das daraus folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes, dass materiell-rechtliche Ansprüche effektiv durchgesetzt werden können. Bei im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebener Arbeitspflicht kann der Titel aus materiell-rechtlichen Gründen nicht so genau sein, dass er auf eine ganz bestimmte im Einzelnen beschriebene Tätigkeit oder Stelle zugeschnitten ist. Um diesen Gesichtspunkten gerecht zu werden, ist es jedenfalls erforderlich, dass die Art der ausgeurteilten Beschäftigung des Arbeitnehmers aus dem Titel ersichtlich ist. Einzelheiten hinsichtlich der Art der Beschäftigung oder sonstigen Arbeitsbedingungen muss der Titel demgegenüber nicht enthalten (vgl. BAG, Urteil vom 27. Mai 2015- 5 AZR 88/14 -, Rn. 44, [...]). Dafür reicht es aus, wenn sich aus dem Titel das Berufsbild, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, ergibt oder diesem zu entnehmen ist, worin die ihm zuzuweisende Tätigkeit bestehen soll. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Durch das Urteil vom 18.01.2017 ist die Schuldnerin ausdrücklich zur Weiterbeschäftigung des Gläubigers als "Abteilungsleiter Organisation & Services" verurteilt worden.



3. Der von der Schuldnerin erhobene Unmöglichkeitseinwand ist im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht zu berücksichtigen.



a. Gründe einer vom Schuldner behaupteten Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung, die bereits Gegenstand des Erkenntnisverfahrens waren, dürfen als Unmöglichkeitsgründe im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht nochmals herangezogen werden. Denn im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens ist unter Berücksichtigung des einschlägigen Sachvortrags im Erkenntnisverfahren festzustellen, welche Verpflichtungen bestehen. Im Vollstreckungsverfahren geht es mit anderen Worten nur noch um die Feststellung, welche Verpflichtungen tatsächlich tituliert wurden (BAG, Beschluss vom 15. April 2009 - 3 AZB 93/08 -, [...], Rn. 25). Eine Berücksichtigung von Gründen, die Gegenstand des Erkenntnisverfahrens waren, wie im vorliegenden Fall der Einwand der Schuldnerin, die Weiterbeschäftigung des Gläubigers sei ihr unmöglich, würde der Funktionsaufteilung zwischen Erkenntnis- und Zwangsvollstreckungsverfahren widersprechen (vgl. Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 06. Juli 2016 - 10 Ta 266/16 -, Rn. 23, [...]).



b. Die Beklagte stützt sich hinsichtlich der Unmöglichkeitsgründe auf ihren diesbezüglichen Vortrag im Erkenntnisverfahren (S. 3, 2. Absatz ihrer Antragsschrift vom 22.05.2017, Bl. 401 GA). Diese Unmöglichkeitsgründe können jedoch - wie ausgeführt - wegen der Funktionsaufteilung zwischen Erkenntnis- und Zwangsvollstreckungsverfahren im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht mehr herangezogen werden (vgl. auch GK-ArbGG/Vossen, Stand: Dezember 2015, § 62 Rn. 29a).



4. Einer vorherigen Androhung des festgesetzten Zwangsgelds bedurfte es gem. § 888 Abs. 2 ZPO nicht.



III.



Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO hat der Beschwerdeführer, hier also die Schuldnerin, die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.



IV.



Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde, für die kein Anlass besteht, nicht gegeben (§§ 78 Satz 2 ArbGG, 72 Abs. 2 ArbGG, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

Vorschriften§§ 62 Abs. 2 ArbGG, 793 ZPO, § 569 Abs. 1 ZPO, § 888 Abs. 1 ZPO, §§ 724, 725 ZPO, § 750 Abs. 1 ZPO, § 253 Abs. 2 ZPO, § 308 Abs. 1 ZPO, § 322 ZPO, § 888 Abs. 2 ZPO, § 97 Abs. 1 ZPO, §§ 78 Satz 2 ArbGG, 72 Abs. 2 ArbGG, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO