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  • 13.11.2013 · IWW-Abrufnummer 133559

    Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 12.04.2013 – 12 Sa 136/12

    1.Zu den arbeitsvertraglichen Voraussetzungen einer Versetzung im Filialbetrieb

    2.Verweist ein Formulararbeitsvertrag auf die tariflichen Entgeltbestimmungen, unterschreitet aber das an gleicher Stelle im Arbeitsvertrag ausgewiesene Monatsgehalt das Tarifgehalt, ohne dies kenntlich zu machen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Vertragspartner nicht das im Arbeitsvertrag ausgewiesene Monatsgehalt, sondern das Tarifgehalt vereinbart haben.

    3.Drogeriemärkte sind keine Lebensmittel-Filialbetriebe im Sinne des Tarifvertrags über Gehälter, Löhne etc. für die Arbeitnehmer/innen .. des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 10.06.2011 (I 2 b des Tarifvertrags).

    4.Im eigenen Interesse trifft eine Arbeitnehmerin die Obliegenheit, eine Reise nicht vor Bewilligung des Urlaubs zu buchen. Tut sie dies dennoch, handelt sie auf eigenes Risiko. D.h. auch bei rechtswidriger Urlaubsverweigerung des Arbeitgebers kann die Arbeitnehmerin vom Arbeitgeber regelmäßig keinen Schadenersatz wegen entstandener Reiserücktrittskosten verlangen, weil sie an deren Entstehung wegen der Vorbuchung ein erheblich überwiegendes Mitverschulden (§ 254 BGB) trifft.

    5.Eine Arbeitnehmerin, die nicht in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert ist, kann grundsätzlich darauf vertrauen, dass der von ihr beantragte Urlaub bewilligt wird, weil entgegenstehende dringende betriebliche Belange ausscheiden. In einem solchen Fall berechtigten Vertrauens in die Urlaubsbewilligung besteht keine Obliegenheit, mit der Reisebuchung bis zur Urlaubsbewilligung durch den Arbeitgeber zu warten. Wird der Urlaub trotz der fehlenden Eingliederung in die Betriebsorganisation nicht gewährt, ist der Arbeitgeber gem. § 280 Abs. 1 BGB zum Ersatz des dadurch entstehenden Schadens verpflichtet. Hierzu gehören auch anfallende Reiserücktrittskosten. Da die Arbeitnehmerin auf die Urlaubsbewilligung vertrauen konnte, trifft sie kein Mitverschulden an deren Entstehung.


    In der Rechtssache
    hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, 12. Kammer (Kammern Mannheim)
    durch
    den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Müller, den ehrenamtlichen Richter Fischer und den ehrenamtlichen Richter Zumkeller auf die mündliche Verhandlung vom 12.04.2013
    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 23.08.2012 (8 Ca 483/11) wird zurückgewiesen.

    2.

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe teilweise abgeändert:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.133,-- Eur nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz ab dem 03.01.2012 zu zahlen.

    3.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

    4.

    Soweit der Berufung der Klägerin stattgegeben wird und die Berufung der Beklagten gegen Ziff. 2 und 3 des erstinstanzlichen Urteils zurückgewiesen wird, wird die Revision zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Die Klägerin verlangt von der Beklagten,

    - sie in der Filiale 7.. in G.-N. als Filialleiterin zu beschäftigen,

    - ihr ein tarifliches Monatsgehalt in Höhe von 3.212,00 Euro brutto (gem. den ab 01.04.2011 gültigen Entgelttabellen) zu zahlen und

    - die Reiserücktrittskosten in Höhe von 1.133,00 Euro zu erstatten, die ihr dadurch entstanden sind, dass die Beklagte den Urlaub nicht genehmigte, der für den Zeitraum der bereits gebuchten Reise beantragt war.

    Die Beklagte vertreibt bundesweit in ca. 2.500 Drogeriemärkten Drogerieartikel und Lebensmittel. Die verheiratete Klägerin, geboren am 17.06.1979, wurde vom 01.09.2003 bis Juni 2006 von der Beklagten zur Handelsassistentin ausgebildet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien begann mit der Beendigung der Ausbildung. Die Klägerin wurde von der Beklagten in verschiedenen Drogeriemärkten eingesetzt, u.a. von November 2006 bis Januar 2007 aushilfsweise in St..

    Die Parteien sind nicht tarifgebunden. Die Beklagte übertrug der Klägerin ab dem 01.10.2008 die Aufgaben einer Filialleiterin. Aus diesem Grund schlossen die Parteien am 29.08.2008 den letzten schriftlichen Arbeitsvertrag ab. Dieser enthält u.a. folgende Regelungen:


    "2. Einkommen

    Es wird ein monatliches Bruttogehalt von EUR 2.703,00 vereinbart.

    ...

    Die Eingruppierung erfolgt nach der Beschäftigungsgruppe G5 B 2 des jeweils gültigen Gehaltstarifvertrages.

    Soweit die Firma über die Bestimmungen des jeweiligen Tarifvertrages hinausgehende Leistungen erbringt, ist die Firma berechtigt, diese gewährten Leistungen auf etwaige tarifliche Erhöhungen voll anzurechnen.

    ...
    Die innerbetriebliche Eingruppierung erfolgt im Band III (Verantwortliches Gestalten und Initiativwerden in einem Aufgabenbereich mit betriebswirtschaftlicher Verantwortung und mit Mitarbeiterverantwortung).

    Der Mitarbeiter ist im Rahmen seiner Verantwortung für den jeweiligen Aufgabenbereich in seiner Zeitorganisation frei und führt sich unter Berücksichtigung der Aufgabe und der Bedürfnisse von Kunden und Kolleg(innen) eigenverantwortlich. Mit der Zahlung des monatlichen Bruttogehaltes sind Mehrarbeitsstunden, die im Rahmen der freien Zeitdisposition entstehen, abgegolten.


    4. Verantwortungsbereich

    Der Mitarbeiter hat im Rahmen der ihm übertragenen Leitung einer Filiale für die reibungslose und erfolgreiche Verkaufstätigkeit ... zu sorgen.

    ...


    6. Tarifliche Bestimmungen

    Soweit in diesem Vertrag keine anderen Regelungen vereinbart sind, gelten die jeweils aktuellen Mantel- und Gehaltstarifverträge des Einzelhandels.


    11. Sonstige Vereinbarungen

    Die Firma kann dem Mitarbeiter andere Tätigkeiten, als bei der Einstellung vorgesehen, übertragen. Des Weiteren kann der Mitarbeiter befristet oder endgültig in anderen Filialen/Abteilungen eingesetzt werden.

    ..."

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage zur Klagschrift, Prozessakte des Arbeitsgerichts (im Folgenden: Arb), Bl. 39 ff verwiesen.

    Ab dem 01.10.2008 leitete die Klägerin den Drogeriemarkt 7.. der Beklagten in G.-N.. Dort sind bis zu 9 Vollzeitkräfte beschäftigt. Der Jahresumsatz des Drogeriemarkts übersteigt 1.022.583,70 Euro. Vorgesetzter der Klägerin war und ist der Gebietsverantwortliche K. V.. Im vierten Quartal 2010 brach ein Konflikt zwischen der Klägerin und den weiteren Mitarbeiterinnen des Drogeriemarktes aus. K. V. führte am 09.11.2010 in Abwesenheit der Klägerin ein Gespräch mit den Mitarbeiterinnen. Am 13.11. sprach er mit der Klägerin. In Folge des Konflikts kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 16.11.2010 fristlos.

    Das Arbeitsgericht Karlsruhe stellte mit Urteil vom 12.05.2011 (8 Ca 473/10) fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 16.11.2010 nicht aufgelöst werde. Auf Vorschlag der Beklagten fand am 22.06.2011 eine Mediation statt, in der die Beklagte der Klägerin anbot, sie in einem Verteilungszentrum in der Nähe ihres Wohnorts als Kommissioniererin mit Aufstiegschancen zu beschäftigen. Das lehnte die Klägerin ab. Die Mediation endete ergebnislos. Die Parteien waren sich einig, einen weiteren Mediationstermin festzulegen. Am 03.08.2011 benachrichtigte die Mediatorin die Klägerin per E-Mail, dass der neue Mediationstermin für den 05.09. vorgesehen sei.

    Anfang August buchte die Klägerin eine Reise für den Zeitraum 10. bis 24.09.2011. Mit E-Mail vom 18.08. beantragte sie Urlaub für diesen Zeitraum. Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten schrieb am 24.08. den Prozessbevollmächtigten der Klägerin:

    - Aus der Kündigung vom 16.11.2010 würden keine Rechte mehr hergeleitet.

    - Die erneute Übernahme der Filialleitung in G.-N. sei zur Wahrung des Betriebsfriedens ausgeschlossen.

    - Die Klägerin werde in den Drogeriemarkt 1... in B.-B. versetzt. Sie möge ihre Arbeit am 29.08. um 07.00 Uhr dort aufnehmen.

    - Das Mediationsverfahren sei damit abgeschlossen.

    - Der Umstand, dass die Klägerin ihre neuen Aufgaben am 29.08. übernehme, schließe eine Beurlaubung ab dem 10.09. aus.

    Das Schreiben wurde per Telefax übermittelt. Der Betriebsrat hatte der Versetzung der Klägerin zugestimmt.

    Einen Tag später wurde der Klägerin mitgeteilt, sie solle auf Grund von Urlaubsvakanzen ihre Arbeit nicht in B.-B., sondern in B. aufnehmen. Die Klägerin stornierte die von ihr gebuchte Reise, wodurch ihr Kosten in Höhe von 1.133,00 Euro entstanden. Sie arbeitete zwei Wochen in B., wo sie nicht als Filialleiterin eingesetzt wurde. Anschließend wurde sie bis zu ihrer Versetzung am 01.02.2012 nach R. in B.-B. als "Filialleiterin in Einarbeitung" beschäftigt. Filialleiterin vor Ort war A. G..

    Im November 2011 eröffnete die Beklagte einen Drogeriemarkt in W.. Die Klägerin hatte sich um die Stelle der Filialleitung beworben. Die Beklagte besetzte die Stelle mit einer anderen Mitarbeiterin.

    Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 30.11.2011 (Anlage zur Klagschrift, Arb Bl. 75 f.) verlangte die Klägerin vergeblich von der Beklagten, ihr ab Juni 2011 monatlich 511,00 Euro brutto mehr an Gehalt zu zahlen. Sie berief sich auf die tarifvertraglichen Bestimmungen. Die Klagschrift ging am 22.12.2011 beim Arbeitsgericht ein und wurde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 03.01.2012 zugestellt.

    Am 19.01. stimmte der Betriebsrat per E-Mail der beabsichtigten Versetzung der Klägerin auf die Stelle einer Filialleiterin in R. zu (Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 06.07.2012, Arb Bl. 169 ff.). Zuvor hatte K. V. der Klägerin am 26.12.2011 u.a. gemailt (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.02.2012, Arb Bl. 103 f.):

    "Ich darf der Ordnung halber unser Gespräch vom 02.12.2012 mit folgenden Inhalten festhalten: Dem Gespräch war erneut eine Auseinandersetzung aufgrund Ihres Verhaltens mit Frau G. und der leider nicht gelungenen Integration ins Team im Rahmen der erforderlichen Einarbeitung vorausgegangen. Innerhalb Ihrer Einarbeitung sollten Sie bei Frau G. und dem Team in B.-B. erleben und lernen, wie Zusammenarbeit bzw. die Gestaltung einer Arbeitsgemeinschaft in vorbildlicher Weise gelegt und Arbeitsabläufe in der ...-üblichen Qualität gestaltet werden. Dieses Ausbildungsziel haben Sie leider nicht erreicht !!

    Frau G. hatte mir im Vorfeld mitgeteilt, dass keine weitere Zusammenarbeit für eine erfolgreiche Einarbeitung möglich ist. ...

    Ich habe mir sehr lange Gedanken gemacht, wie es und ob es überhaupt in dieser nun erneut zerfahrenen Situation weiter gehen kann. Ich habe mich mit Herrn H. und dem Betriebsrat beraten und wir sind zu folgender Entscheidung gekommen.


    Ab dem 01.02.2012 werden Sie im Süden des Gebietes die Möglichkeit haben eine Filiale verantwortungsvoll zu führen. Die genaue Filiale werde Ich Ihnen in der letzten Januarwoche per Mail mitteilen, sodass zeitnah die Übergabe in der Filiale geplant werden kann. Nach wie vor glauben wir daran, dass Menschen entwicklungs- und lernfähig sind. Frau A. wird dann Ihr neuer zuständiger Gebietsverantwortlicher sein. Frau A. wird über alle bisherigen Vorfälle in der ...-üblichen Transparenz und Klarheit unterrichtet.

    ..."

    Diese E-Mail fügte K. V. einer E-Mail vom 27.01. als Anhang bei, die er an den Drogeriemarkt 6.. in R. sandte, dessen Leitung die Klägerin übernehmen sollte. Am 01.02. trat die Klägerin ihre Arbeit in R. an. R. liegt etwa 50 Kilometer von ihrem Wohnort entfernt. Entgegen der regelmäßigen Besetzung eines Drogeriemarktes mit einem stellvertretenden Filialverantwortlichen war der Drogeriemarkt 6.., als die Klägerin ihre Arbeit dort aufnahm, mit zwei stellvertretenden Filialverantwortlichen besetzt.

    Mit Schreiben vom 08. und 09.02.2012 wurde die Klägerin von der Beklagten abgemahnt. In der Abmahnung vom 08.02 hielt K. V. der Klägerin vor, sie habe am 01.02. bei Dienstschluss um 16.00 Uhr vergessen, dem stellvertretenden Filialverantwortlichen den einzigen verfügbaren Tresorschlüssel zu übergeben. Der stellvertretende Filialverantwortliche hatte die Klägerin kurz nach dem Verlassen des Drogeriemarkts hierauf hingewiesen. Nach Erhalt der zweiten Abmahnung wurde die Klägerin krank und in Folge ihrer Erkrankung arbeitsunfähig. Die Arbeitsunfähigkeit dauerte bis zum Tag der Berufungsverhandlung fort.

    Die Klägerin hat vorgetragen,

    die Beklagte müsse sie nach wie vor als Filialleiterin in G.-N. beschäftigen, das etwa 10 Kilometer von ihrem Wohnort entfernt liege. Sie wisse nicht, was zwischen K. V. und den Mitarbeiterinnen am 13.11.2010 besprochen worden sei. Die gegen sie erhobenen Vorwürfe seien jedenfalls unberechtigt. Ihre Versetzung nach R. entspreche nicht billigem Ermessen. Die Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass ihr durch den entfernten Arbeitsort ein erheblicher wirtschaftlicher und zeitlicher Mehraufwand entstehe. Unabhängig davon könne sie nicht nachvollziehen, ob der Betriebsrat im Vorfeld der Versetzung ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Den vorgelegten Unterlagen lasse sich keine rechtsverbindliche Anfrage an den Betriebsrat im Rahmen des § 99 BetrVG entnehmen. An keiner Stelle seien Unterschriften enthalten. Zudem habe die Beklagte nicht vorgetragen, welche Versetzungsgründe dem Betriebsrat mitgeteilt worden seien.

    Nach dem Tarifvertrag über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütungen und Sozialzulagen für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 10.06.2011 (TV), auf den der Arbeitsvertrag vom 29.08.2008 verweise, stehe ihr ab dem 01.06.2011 ein Monatsgehalt in Höhe von 3.212,00 Euro brutto zu. Sie erfülle die Voraussetzungen der Gruppe V. Die Beklagte habe sie so eingruppiert. Allerdings zahle die Beklagte ihr nur das Tarifgehalt einer Verkaufsstellenleiterin in einem Lebensmittel-Filialbetrieb mit bis zu neun unterstellten Vollzeitbeschäftigten. Bei den Drogeriemärkten der Beklagten handle es sich jedoch nicht um Lebensmittel-Filialbetriebe, sodass das höhere Normalgehalt der Gruppe V zu zahlen sei. Die Beklagte verkaufe zwar auch Lebensmittel. Der Anteil der Lebensmittel am Gesamtumsatz sei jedoch gering.

    Als sie die Reise im Sommer 2011 gebucht habe, habe sie darauf vertrauen können, dass der Urlaub bewilligt werde. Bis dahin sei es immer so gewesen, dass sie als Filialleiterin K. V. mitgeteilt habe, wann sie in Urlaub gehe. K. V. habe dem in keinem Fall widersprochen.

    Die Klägerin hat beantragt (soweit Gegenstand des Berufungsverfahrens),

    1.

    die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als Filialleiterin in der Filiale 7.. G.-N. gem. Anstellungsvertrag vom 29.08.2008 zu beschäftigen.

    2.

    festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist die Klägerin in der Gehaltsgruppe V des Tarifvertrages über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütungen und Sozialzulagen für die Arbeitnehmerinnen und Auszubildenden des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 10.06.2011 einzugruppieren und mit derzeit 3.212,00 EUR pro Monat gemäß den Entgelttabellen ab dem 01.04.2011 zu vergüten.

    3.

    die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin restliche Tarifvergütung für Juni 2011 i. H. v. 511,00 EUR brutto, für Juli 2011 i. H. v. 511,00 EUR brutto, für August 2011 i. H. v. 511,00 EUR brutto, für September 2011 i. H. v. 511,00 EUR brutto, für Oktober 2011 i. H. v. 511,00 EUR brutto, für November 2011 i. H. v. 511,00 EUR brutto nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basis Zins seit Klageerhebung zu bezahlen.

    ....

    5.

    die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Stornokosten i. H. v. 1.133,00 Euro brutto nebst 5% Zinsen aus dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie hat vorgetragen,

    gem. Nr. 11 des Arbeitsvertrags vom 29.08.2008 sei sie berechtigt, die Klägerin an einen anderen Ort zu versetzen. Das sei mit der Versetzung nach R., wo eine freie Stelle für eine Filialleiterin zur Verfügung gestanden habe, geschehen. Die Versetzung weg von G.-N. sei wegen des Konflikts zwischen der Klägerin und den übrigen Mitarbeiterinnen des Drogeriemarkts erforderlich gewesen, und zwar unabhängig davon, wer diesen Konflikt verursacht habe. Jedenfalls hätten sich bei dem Gespräch am 09.11.2010 alle Mitarbeiterinnen des Drogeriemarkts gegen eine weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin ausgesprochen. Ihr sei vorgeworfen worden, ständig zu spät zu kommen, ihre Arbeitszeiten im Mitarbeitereinsatzplan nicht korrekt zu erfassen und häufig privat zu telefonieren. In dem Gespräch, das K. V. am 13.11. mit der Klägerin geführt habe, habe sie diese Vorwürfe bestätigt. Zudem sei der Umgangston der Klägerin kritisiert worden. Im September 2010 habe sie einer Mitarbeiterin den Mittelfinger gezeigt.

    Die Klägerin habe am 08.02. und 09.02. wegen zweier erheblicher Vertragsverstöße abgemahnt werden müssen. Sie sei seitdem arbeitsunfähig erkrankt und damit objektiv den Anforderungen einer Filialführung nicht gewachsen.

    Der Klägerin stehe kein höheres Monatsgehalt zu. Die Parteien hätten mit dem Arbeitsvertrag vom 29.08.2008 nicht generell auf die Einzelhandelstarifverträge verwiesen, sondern nur soweit sie keine eigenständigen arbeitsvertraglichen Regelungen getroffen hätten. Das im Arbeitsvertrag ausgewiesene Gehalt, das durch Tariferhöhungen fortgeschrieben worden sei, sei von ihnen arbeitsvertraglich festgesetzt worden. Unabhängig davon handele es sich bei ihren Verkaufsstellen um solche des Lebensmitteleinzelhandels. Sie sei einer der größten Lebensmittelhändler Deutschlands (s. Anlage B 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 06.07.2012, Arb Bl. 177).

    Es sei davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien bei der Festlegung der Eingruppierungsmerkmale von der klassischen Drogerie und der Abgrenzung zwischen dem Lebensmitteleinzelhandel im Vergleich zum ausschließlichen Non-Food-Handel (Warenhäuser) ausgegangen seien. Die Drogerie in ihrem ursprünglichen Sinne existiere heute aber nicht mehr. An ihrer Stelle sei ein Einzelhandelsgeschäft mit breitem Warensortiment getreten. Einer der Schwerpunkte dieses Sortiments seien Lebensmittel zum Verzehr, aber auch "Mittel zum Leben", die von anderen Lebensmitteleinzelhändlern wie E., R., A. etc. geführt würden. Die klassische Unterscheidung im Handel zwischen Non-Food und Food-Bereich bestehe nicht mehr. Die Tarifvertragsparteien seien aber erkennbar von dieser Trennung ausgegangen.

    Die Klägerin könne von ihr nicht die Erstattung der Kosten verlangen, die ihr durch den Reiserücktritt entstanden seien. Sie habe nicht davon ausgehen können, dass der beantragte Urlaub bewilligt werde. Es liege in ihrem Verantwortungsbereich, wenn sie eine Reise buche, bevor der Urlaub genehmigt sei.

    Das
    Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.08.2012 den Klaganträgen Ziff. 1 bis 3 stattgegeben. Den Klagantrag Ziff. 5 hat es abgewiesen. Die Klägerin sei als Filialleiterin in G.-N. zu beschäftigen, weil die Versetzung nach R. nicht wirksam sei. Sie sei arbeitsvertragswidrig. Im Hinblick auf den gesetzlichen Änderungsschutz (§ 2 KSchG) lasse der Arbeitsvertrag nur eine Versetzung der Klägerin in einem Radius von 20 Kilometern um ihren Wohnsitz zu. In diesem Radius betreibe die Beklagte mindestens 20 Drogeriemärkte. Selbst wenn der Arbeitsvertrag der Parteien vor dem Hintergrund des gesetzlichen Änderungsschutzes eine Versetzung der Klägerin über den Radius von 20 Kilometern hinaus zuließe, wäre die Versetzung nach R. unwirksam, weil ermessensfehlerhaft. Im Hinblick auf die Fahrkosten und die Reisezeiten habe die Beklagte die Möglichkeit gehabt, die Kläger weniger einschneidend nach W. zu versetzen.

    Der Klägerin stehe das normale Tarifgehalt der Gruppe V zu. Der Arbeitsvertrag vom 29.08.2008 enthalte keine hiervon abweichenden Regelungen. Dass eine bestimmte Vergütungshöhe ausgewiesen werde, habe lediglich deklaratorische Bedeutung. Im Zusammenhang mit der Nr. 6 des Arbeitsvertrags könne allenfalls angenommen werden, es werde möglicherweise ein höheres Entgelt als das tarifliche Entgelt vereinbart. Bei den Drogeriemärkten der Beklagten handele es sich nicht um Lebensmittelbetriebe im Sinne des Tarifvertrags. Zwar würden in den Märkten auch Lebensmittel verkauft. Ein objektiver Betrachter nehme die Filialen der Beklagten jedoch als Drogeriefachmärkte wahr.

    Dagegen schulde die Beklagte der Klägerin nicht die Erstattung der entstandenen Reiserücktrittskosten. Da der Urlaubsantrag der Klägerin kurzfristig gewesen sei, habe sie keinen Anspruch auf die Urlaubsbewilligung gehabt. Gehe man dennoch von einem entsprechenden Urlaubsanspruch der Klägerin aus, treffe sie im Hinblick auf die Stornierung ein überwiegendes Mitverschulden (§ 254 BGB), weil sie die Reise zu einem Zeitpunkt gebucht habe, zu dem der Urlaub nicht einmal beantragt gewesen sei.

    Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 19.11.2012 zugestellt. Die Berufung der Klägerin ging am 19.12., ihre Berufungsbegründung am 18.01.2013 beim Landesarbeitsgericht ein. Die Berufungsbegründung wurde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 25.01. zugestellt. Ihre Erwiderung erreichte am 13.02. das Landesarbeitsgericht.

    Der Prozessbevollmächtigten der Beklagten wurde das Urteil des Arbeitsgerichts am 15.11.2012 zugestellt. Ihre Berufung ging am 11.12. beim Landesarbeitsgericht ein. Innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist erreichte die Berufungsbegründung der Beklagten das Landesarbeitsgericht am 13.02.2013. Nachdem die Berufungsbegründung den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25.02. zugestellt worden war, erwiderten diese am 25.03. (Eingang beim Landesarbeitsgericht).

    Zwischen Verkündung und Zustellung des Urteils des Arbeitsgerichts schrieb die Prozessbevollmächtigte der Beklagten den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 19.09.2012:

    "in obiger Sache nehme ich Bezug auf das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 23.08.2012, mit dem meine Mandantin verurteilt wurde, Ihre Mandantin als Filialleiterin in der Filiale G.-N. zu beschäftigen. Unter Bezugnahme auf die anliegende Originalvollmacht spreche ich namens meiner Mandantin unter Hinweis auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 17.08.2012 vorsorglich die Versetzung Ihrer Mandantin in die Filiale 1... Sch. aus. Ihre Mandantin ist daher aufgefordert, ihre Arbeitskraft im Falle der Wiedergenesung in Sch. anzubieten und sich zuvor mit dem für Sch. zuständigen GV Herrn H. ins Benehmen zu setzen.

    Im Übrigen teile Ich mit, dass beabsichtigt ist, gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe Berufung einzulegen."

    (Hervorhebung durch die Unterzeichner)

    Die Beklagte trägt vor,

    das Arbeitsgericht habe nicht näher begründet, weshalb der Arbeitsvertrag der Parteien eine Versetzung der Klägerin über den Radius von 20 Kilometern Entfernung vom Wohnort hinaus verbiete. Das Gericht selbst gehe wohl nicht von einer absoluten Grenze aus, denn es stelle auch auf die Zahl der Drogeriemärkte innerhalb dieses Radius ab. Tatsächlich lasse der Arbeitsvertrag auch eine Versetzung der Klägerin nach R. zu. Das zeige bereits ihr Einsatz in St., das deutlich weiter vom Wohnsitz der Klägerin entfernt liege als R.. Wegen der ordnungsgemäßen Ausübung des Direktionsrechts verweise sie auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

    Die Klägerin habe schon deshalb keinen Anspruch, in G.-N. beschäftigt zu werden, weil sie zwischenzeitlich nach Sch. versetzt worden sei.

    Der Klägerin stehe kein erhöhtes Monatsgehalt zu. Die Parteien hätten das Monatseinkommen im Arbeitsvertrag vom 29.08.2008 individuell auf 2.703,00 Euro festgesetzt. Die darüber hinaus genannten Bezugsgrößen hätten lediglich mögliche Gehaltsänderungen konkretisieren sollen. Zudem sei ihr Geschäftsbetrieb dem Lebensmitteleinzelhandel zuzuordnen. Es werde insoweit auf den erstinstanzlichen Vortrag verwiesen.

    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 23.08.2012, AZ: 8 Ca 483/11 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

    Die Klägerin beantragt,

    1.

    die Berufung der Beklagten/Berufungsklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Karlsruhe vom 23.08.2012 - Az 8 Ca 483/11 - wird zurückgewiesen.

    2.

    die Beklagte/Berufungsbeklagte wird verurteilt, über den erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag des Arbeitsgerichtes Karlsruhe - 8 Ca 483/11 - hinaus weitere EUR 1.133,00 nebst 5% Zinsen hieraus über den jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung an die Klägerin/Berufungsklägerin zu bezahlen.

    Sie trägt vor,

    die Versetzung nach Sch. sei für das vorliegende Verfahren unerheblich. Dem Versetzungsschreiben sei zu entnehmen, dass die Klägerin nur für den Fall nach Sch. versetzt werde, dass die Beklagte die Versetzung nach R. nicht durchsetzen könne.

    Das im Arbeitsvertrag ausgewiesene Gehalt in Höhe von 2.703,00 Euro brutto sei nicht individuell ausgehandelt worden. K. V. habe diesen Betrag genannt. Er habe sich aus den Eingruppierungsrichtlinien der Beklagten ergeben.

    Der Umstand, dass sie als Filialleiterin ihren Urlaub stets nur angezeigt habe, ohne auf Widerspruch zu stoßen, begründe eine betriebliche Übung, auf die sie sich bei Buchung der Reise habe verlassen dürfen. Sie habe darauf vertrauen können, dass der Urlaub genehmigt werde. Da sie lediglich zur Einarbeitung nach B.-B. versetzt worden sei, seien betriebliche Gründe für die Urlaubsverweigerung nicht vorstellbar. Auf rechtliche Schritte habe sie verzichtet, um das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht noch mehr zu belasten.

    Die Beklagte beantragt,

    die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

    Sie trägt vor,

    die Klägerin habe das Stornorisiko bezüglich der gebuchten Reise selbst zu tragen. Sie habe nicht davon ausgehen können, der Urlaub werde gewährt. Der Urlaub sei ihr verweigert worden, weil die Einarbeitung in B.-B. möglichst schnell habe durchgeführt werden sollen. Sie (die Beklagte) sei während der Einarbeitung gezwungen gewesen, in einem Drogeriemarkt zwei Mitarbeiterinnen zu beschäftigen, für die sie jeweils ein Filialleitergehalt habe zahlen müssen.

    Entscheidungsgründe

    I. Beschäftigung in G.-N.

    Die Berufung der Beklagten gegen Ziff. 1 des Urteils des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 23.08.2012 (...) ist zulässig (1), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht dazu verurteilt, die Klägerin als Filialleiterin im Drogeriemarkt 7.. in G.-N.zu beschäftigen. Die Klägerin hat einen arbeitsvertraglichen Anspruch darauf, von der Beklagten an der Stelle als Filialleiterin eingesetzt zu werden, die ihr zuletzt rechtswirksam zugewiesen wurde. Das ist der Drogeriemarkt 7.. in G.-N. (2). Die Versetzungen der Klägerin nach R. und Sch. sind unwirksam und daher für den Beschäftigungsanspruch der Klägerin unerheblich (3,4).

    1. Die Berufung der Beklagten gegen Ziff. 1 des Urteils des Arbeitsgerichts Karlsruhe ist zulässig. Die Berufung ist insgesamt gesehen gem. § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft. Die Beklagte hat sowohl die Berufungs- als auch die Berufungsbegründungsfrist (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) eingehalten. Zwar setzt sich die Berufungsbegründung der Beklagten, soweit sie sich auf die Ziff. 1 des angegriffenen Urteils bezieht, entgegen § 520 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 ZPO i. V. mit § 64 Abs. 6 ArbGG nicht hinreichend mit dem Urteil des Arbeitsgerichts auseinander. Die Beklagte legt nicht dar, aus welchen Gründen sie die Annahme des Arbeitsgerichts für falsch erachtet, die Versetzung der Klägerin nach R. sei zumindest ermessensfehlerhaft gewesen, weil sie die Klägerin auch nach W. hätte versetzen können. Die Beklagte verweist insoweit lediglich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Das erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 520 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 ZPO (vgl. BAG, Urteil vom 19.10.2010, 6 AZR 118/10, NZA 2011, 62, Rn. 7 f.). Dennoch ist die Berufung der Beklagten gegen Ziff. 1 des angegriffenen Urteils zulässig, weil sie sich gem. § 520 Abs. 3 Nr. 4 ZPO auch auf ein neues Verteidigungsmittel, nämlich die Versetzung der Klägerin nach Sch., stützt (vgl. BAG, a. a.O., Rn. 19).

    2. Die Beklagte ist auf Grund des Arbeitsvertrags mit der Klägerin gem. §§ 611, 613 BGB i. V. mit § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, die Klägerin als Filialleiterin zu beschäftigen. Das hat dort zu geschehen, wo die Beklagte der Klägerin zuletzt rechtswirksam die entsprechende Arbeit zugewiesen hat, im Drogeriemarkt 7.. in G.-N.. Ein überwiegendes Interesse der Beklagten, die Klägerin dort nicht zu beschäftigen, ist nach dem Sachstand zum Zeitpunkt des Abschlusses der Berufungsverhandlung nicht ersichtlich. Soweit die Stelle der Filialleitung in G.-N. besetzt ist, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Stelleninhaberin gegenüber der Beklagten einen Anspruch darauf hat, nur im Drogeriemarkt 7.. beschäftigt zu werden. Soweit der Konflikt zwischen der Klägerin und den Mitarbeiterinnen des Drogeriemarktes, der 2010 die Zusammenarbeit beeinträchtigte, im Jahr 2013 noch nachwirkt, rechtfertigt dies nicht, die Klägerin nicht zu beschäftigen. Der Beklagten stand und steht es frei, im Rahmen ihres arbeitsvertraglichen Direktionsrechts nach billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB) geeignete personelle Maßnahmen zu ergreifen. Macht sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, bleibt der Beschäftigungsanspruch der Klägerin in seinem ursprünglichen Umfang erhalten.

    Das gilt nicht zuletzt auch im Hinblick auf die von der Beklagten angeordneten Versetzungen der Klägerin nach R. und Sch.. Sie sind rechtsunwirksam und haben deshalb keinen Einfluss auf den Beschäftigungsanspruch der Klägerin.

    3. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt war, der Klägerin die Filialleitung in R. zuzuweisen. Die Zuweisung dieser Stelle war für die Klägerin gem. § 315 Abs. 3 S. 1 BGB unverbindlich, weil sie nicht billigem Ermessen entsprach.

    a) Dem Arbeitsgericht ist allerdings nicht darin zuzustimmen, dass der Arbeitsvertrag der Parteien keine Versetzung der Klägerin in einen Drogeriemarkt zulässt, wenn dieser mehr als 20 Kilometer vom Wohnort der Klägerin entfernt liegt. Derartiges haben die Parteien nicht vereinbart. Der Arbeitsvertrag vom 29.08.2008 enthält keine konkreten Aussagen zum Arbeitsort, weder bezogen auf eine bestimmte Gemeinde, noch auf eine bestimmte Region. In Nr. 4 wird unbestimmt von der übertragenen Leitung "einer Filiale" gesprochen. Die Parteien haben somit keinen bestimmten Arbeitsort bzw. keine bestimmte Beschäftigungsregion vereinbart. Die Klägerin kann grundsätzlich gem. § 106 GewO bundesweit versetzt werden. Auf die Zulässigkeit der Versetzungsklausel in Nr. 11 des Arbeitsvertrages kommt es nicht an (vgl. BAG, Urteil vom 19.01.2011, 10 AZR 738/09, NZA 2011, 631, Rn. 17; Urteil vom 13.06.2012, 10 AZR 296/11, NZA 2012, 1154, Rn. 18).

    Aus dem gesetzlichen Änderungsschutz (§ 2 KSchG) lässt sich nichts anderes ableiten. Er knüpft an den arbeitsvertraglichen Status quo an, er gestaltet ihn aber nicht. Was die Vertragspartner nicht vereinbart haben, kann über § 2 KSchG nicht festgeschrieben werden. Angesichts der Filialstruktur der Beklagten konnte die Klägerin auch kein Vertrauen darauf entwickeln, die Beklagte werde sie dauerhaft nur in einem bestimmten Umkreis einsetzen. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ließ der Arbeitsvertrag der Parteien grundsätzlich die Versetzung der Klägerin nach R. zu.

    b) Allerdings entsprach die Versetzungsentscheidung der Beklagten für den Drogeriemarkt in R. - wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat - entgegen § 106 Satz 1 GewO nicht billigem Ermessen. Sie ist aus diesem Grund gem. § 315 Abs. 3 S. 1 BGB unverbindlich.

    Nach § 106 Satz 1 GewO hat der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen auszuüben. Auch wenn die Versetzung des Arbeitnehmers nach dem Arbeitsvertrag zulässig ist, muss die Ausübung des Direktionsrechts gem. § 106 Satz 1 GewO billigem Ermessen entsprechen. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden (vgl. BAG, NZA 2011, 613, Rn. 18; eingehend: BAG, Urteil vom 13.04.2010, 9 AZR 557/05, AP Nr. 45 zu § 307 BGB, Rn. 38, 40; BAG, NZA 2012, 1154, Rn. 29 f.).

    Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte bei ihrer Entscheidung, die Klägerin nach R. zu versetzen, deren örtliche Interessen mitberücksichtigt hat. Sie hat nichts Derartiges vorgetragen. Als Gründe für den Standort R. nannte sie nur die eigenen betrieblichen Interessen, das Bestreben, einem erneuten Konflikt in G.-N. vorzubeugen, und die Vakanz der Filialleitungsstelle in R.. Weshalb keine wohnortnähere Verwendung der Klägerin möglich war, ließ die Beklagte offen. Auch der Umstand, dass die Beklagte die Möglichkeit ungenutzt ließ, die Klägerin nach W. zu versetzen, zeigt, dass bei ihrer Entscheidung, die Klägerin ab Februar in R. zu beschäftigen, deren Interessen entgegen § 106 Satz 1 GewO keine Rolle spielten.

    Die Versetzung der Klägerin nach R. entsprach somit nicht billigem Ermessen. Sie war für die Klägerin gem. § 315 Abs. 3 S. 1 BGB unverbindlich.

    4. Ebenso war die Versetzung der Klägerin nach Sch. gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich.

    a) Das Versetzungsschreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 19.09.2012 (s. oben S. 12) bedarf der Auslegung. Es nicht eindeutig. Einerseits spricht es von einer vorsorglichen Versetzung der Klägerin nach Sch. und weist ausdrücklich darauf hin, dass gegen das Urteil des Arbeitsgerichts, das die Versetzung der Klägerin nach R. als unwirksam erachtet hat, Berufung eingelegt werde. Andererseits fordert es die Klägerin ohne Vorbehalt auf, bei Wiedergenesung ihre Arbeitskraft in Sch. anzubieten.

    b) Das Versetzungsschreiben vom 19.09.2012 stellt eine Willenserklärung der Beklagten dar, die gem. §§ 133 und 157 BGB nach Treu und Glauben unter Beachtung der Verkehrssitte aus der Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers auszulegen ist. Grundlage der Auslegung ist der Wortlaut des Schreibens, mit dem die Auslegung grundsätzlich nicht endet (§ 133 BGB). Auch die Begleitumstände des Schreibens sind zu berücksichtigen (im Einzelnen s. Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl. 2013, § 133 Rn. 14 ff.).

    Bei verständiger Würdigung auch der Begleitumstände, insbesondere des laufenden Rechtsstreits der Parteien um den Arbeitsort, konnte die Klägerin das Schreiben vom 19.09.2012 nur so verstehen, dass die Beklagte unabhängig von der ausgewiesenen Versetzung nach Sch. zunächst an ihrer Versetzung nach R. festhielt. Die Versetzung nach Sch. wurde nur "vorsorglich" ausgesprochen. Zudem wurde die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts angekündigt. Die Aufforderung an die Klägerin, sich nach Wiedergenesung in Sch. zu melden, hatte demnach nur die Bedeutung, dass die Klägerin zunächst bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Verfahrens in Sch. arbeiten sollte. Sollte die Beklagte den Arbeitsort R. gerichtlich durchsetzen, wäre die Versetzung nach Sch. aufgehoben, sollte sie sich nicht durchsetzen, bliebe es bei der Arbeit in Sch.. Einer vorbehaltlosen dauerhaften Versetzung nach Sch., wie sie von der Beklagten in der Berufungsverhandlung geltend gemacht wurde, widerspricht der ausdrückliche Hinweis im Schreiben vom 19.09.2012, die Versetzung geschehe nur vorsorglich.

    c) Die vorsorgliche Versetzung der Klägerin nach Sch. entsprach ebenfalls nicht billigem Ermessen im Sinne des § 106 Satz 1 GewO. Auch bei dieser Versetzung ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die örtlichen Interessen der Klägerin mitberücksichtigte. Es wurden wiederum nur die betrieblichen Interessen, die Konfliktvermeidung in G.-N. und die Leitungsvakanz in Sch. genannt. Weshalb keine wohnortnähere Verwendung der Klägerin möglich ist, ließ die Beklagte offen. Hinzu kommt, dass die Versetzung nur vorsorglich erfolgte. Auch insoweit ging es der Beklagten ausschließlich im eigenen Interesse darum, sich alle Möglichkeiten offenzuhalten, während das Interesse der Klägerin an verlässlichen Arbeitsbedingungen unberücksichtigt blieb.

    Auch die Versetzung der Klägerin nach Sch. entsprach nicht billigem Ermessen. Sie war für die Klägerin gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich.

    Das Arbeitsgericht hat die Beklagte somit zu Recht dazu verurteilt, die Klägerin als Leiterin der Filiale 793 in G.-N. zu beschäftigen. Die Berufung der Beklagten war insoweit zurückzuweisen.

    5. Die Revision war in Bezug auf die Beschäftigung der Klägerin nicht zuzulassen, weil insoweit die Voraussetzungen einer Revisionszulassung gem. § 72 Abs. 2 ArbGG nicht gegeben sind. In diesem Abschnitt wurden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung behandelt.

    II. Monatsgehalt

    Die auch insoweit zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache ebenfalls keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Klägerin ein Tarifgehalt der Beschäftigungsgruppe V in Höhe von monatlich 3.212,-- Euro brutto zusteht (Tarifvertrag über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütungen und Sonderzulagen für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 10.06.2011). Folgerichtig hat das Arbeitsgericht die Beklagte dazu verurteilt, der Klägerin die Gehaltsdifferenzen in Höhe von monatlich 511,-- Euro brutto für den Zeitraum Juni bis November 2011 zu zahlen.

    1. Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 29.08.2008 steht der Klägerin ein Tarifgehalt zu. Nr. 6 des Arbeitsvertrags verweist auf die jeweils aktuellen Mantel- und Gehaltstarifverträge des Einzelhandels. Die übrigen Bestimmungen des Arbeitsvertrags treffen in Bezug auf die Vergütung der Klägerin keine andere Regelung.

    a) Bei dem Arbeitsvertrag vom 29.08.2008 handelt es sich - wie bereits das Arbeitsgericht festgestellt hat - um einen sog. Formulararbeitsvertrag, der von der Beklagten vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff BGB enthält. Diese sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn gem. §§ 133 und 157 BGB einheitlich so auszulegen, wie sie von einem verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Vertragschließenden verstanden werden. Es sind die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders - hier die Verständnismöglichkeiten einer (angehenden) Filialleiterin - zu Grunde zu legen. Ansatzpunkt der Auslegung ist in erster Linie der Vertragstext. Daneben können der von den Vertragspartnern verfolgte Regelungszweck sowie die Interessenlage der Beteiligten, sofern sie die jeweils andere Seite erkennen kann, von Bedeutung sein (vgl. BAG, Urteil vom 16.12.2009, 5 AZR 888/08, NZA 2010, 401, Rn. 12; Urteil vom 11.12.2012, 9 AZR 136/11, ZTR 2013, 267, Rn. 11 - jeweils m.w.N.).

    b) Der Text der Nr. 2 des Arbeitsvertrags vom 29.08.2008 (Einkommen) lässt hinsichtlich des Monatsgehalts keine von den tariflichen Regelungen abweichende Vereinbarung der Parteien erkennen. Das Gegenteil ist der Fall:

    - In Absatz 3 ist festgelegt, dass die Vertragspartnerin in die tarifliche Beschäfti- gungsgruppe eingruppiert ist. Eine Filialleiterin der Beklagten vermag nicht zwi- schen tariflicher Eingruppierung und konkreter Gehaltshöhe zu differenzieren. Sie geht davon aus, dass sie in die zutreffende Tarifgruppe eingruppiert ist und dem- nach zumindest das Gehalt dieser Tarifgruppe erhält.

    - Das bestätigt sich in Absatz 4, der von einer tarifgerechten Bezahlung ausgeht und eine Regelung für den Fall trifft, dass durch zusätzliche Leistungen der Be klagten mehr bezahlt wird, als der Tarifvertrag verlangt.

    - Lediglich der letzte Absatz der Nr. 2 enthält eine von den tariflichen Regelungen abweichende Vereinbarung, nach der Überstunden bereits mit dem Monatsgehalt abgegolten sein sollen. Liest eine verständige und redliche Filialleiterin diesen Ab- satz, dessen Zweck ungeachtet des § 307 BGB darin bestehen soll, bei Über- stunden eine untertarifliche Bezahlung zu ermöglichen, zusammen mit dem Ab- satz 4, der nicht nur eine Bezahlung nach den Bestimmungen des Tarifvertrags voraussetzt, sondern sich darüber hinaus mit übertariflichen Leistungen der Be- klagten befasst, kann sie daraus nur schlussfolgern, dass zumindest das Monats- gehalt nach den tariflichen Bestimmungen bezahlt wird.

    Aus dem Text der Nr. 2 des Arbeitsvertrags ergibt sich bezüglich des Monatsgehalts keine von den tariflichen Bestimmungen abweichende Regelung.

    c) Lediglich der im ersten Absatz der Nr. 2 angegebene Betrag des monatlichen Bruttogehalts in Höhe von 2.703,-- Euro wich von dem Tarifgehalt der Beschäftigungsgruppe V - zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses 3010,-- Euro - ab. Eine objektive Abweichung von den tariflichen Regelungen ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einer vereinbarten Abweichung von den tariflichen Regelungen. Tatsächlich haben die Parteien im ersten Absatz der Nr. 2 des Arbeitsvertrags kein von den Tarifverträgen abweichendes Bruttomonatsgehalt vereinbart.

    Zunächst kann nicht festgestellt werden, dass das in Nr. 2 ausgewiesene Bruttomonatsgehalt Gegenstand einer Individualvereinbarung der Parteien war, mit der sie bewusst von den tariflichen Regelung abwichen. Die Beklagte hat hierzu nichts Näheres vorgetragen. Insbesondere hat sie nicht behauptet, die Klägerin sei bei Vertragsschluss darauf hingewiesen worden, dass das ausgewiesene Bruttomonatsgehalt ungeachtet des weiteren Vertragstextes unter dem Tarifniveau liege.

    Es kann nicht angenommen werden, dass eine Filialleiterin der Beklagten ohne einen derartigen Hinweis bei Ausnutzung ihrer Verständnismöglichkeiten trotz des gegenläufigen Vertragstextes in der Lage wäre, allein anhand das angegebenen Gehaltsbetrags zu erkennen, dass die Beklagte ihr kein Tarifgehalt, sondern ein untertarifliches Gehalt anbiete. Der neu eintretenden oder angehenden Filialleiterin können weder genaue Kenntnisse der tariflichen Vergütungsstrukturen und der aktuellen Entgelttabellen unterstellt werden. Allein diese würden sie aber erst in die Lage versetzen, die Abweichung überhaupt nur festzustellen. Noch können die Vertragspartnerinnen der Beklagten allein anhand von Zahlen feststellen, ob diese bewusst ohne Rücksicht auf tarifliche Regelungen so angeboten werden oder ob sie lediglich Resultat falscher Berechnungen oder einer falschen Subsumtion unter die tarifliche Vergütungsstruktur sind. Im Kontext der Regelungen in Nr. 2 des Arbeitsvertrags muss allerdings von der zweiten Alternative ausgegangen werden.

    Die Parteien haben somit in den Nrn. 2 und 6 des Arbeitsvertrags vom 29.08.2008 vereinbart, dass die Klägerin ein tarifliches Monatsgehalt erhält.

    2. Nach dem Tarifvertrag über Löhne, Gehälter, Ausbildungsvergütungen und Sozialzulagen für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 10.06.2011 schuldete die Beklagte der Klägerin ab 01.06.2011 das Eingangsgehalt der Beschäftigungsgruppe V in Höhe von monatlich 3.212,-- Euro brutto. Als Leiterin der Filiale in G.-N., deren Jahresumsatz 1.022.583,70 Euro übersteigt, ist die Klägerin - wie es auch der Arbeitsvertrag der Parteien vorsieht - gem. I Nr. 1 TV der Beschäftigungsgruppe V zuzuordnen, für die der Tarifvertrag vom 10.06.2011 in I Nr. 2 a mit Wirkung ab dem 01.06.2011 ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.212,-- Euro festsetzte.

    Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin nicht unter die Regelung I Nr. 2 b TV fällt, nach der Verkaufsleiter/innen von Lebensmittel-Filialbetrieben bei 6 bis 9 unterstellten vollzeitbeschäftigten Mitarbeiterinnen ab dem 01.06.2011 ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2.855,-- Euro zu beanspruchen hatten. Die Klägerin leitet keinen Lebensmittel-Filialbetrieb, sondern einen Drogeriemarkt.

    Nach allgemeinem Sprachgebrauch sind Lebensmittelgeschäfte und damit Lebensmittel-Filialbetriebe im Sinne des Tarifvertrags Geschäfte, in denen überwiegend oder zumindest schwerpunktmäßig mit Lebensmitteln gehandelt wird. Derartiges hat die Beklagte für ihre Drogeriemärkte nicht vorgetragen. Sie selbst bezeichnet ihre Filialen als Drogeriemärkte und macht damit deutlich, dass ihre Filialen überwiegend mit Drogerieartikeln und nicht mit Lebensmitteln handeln. Dass die Beklagte bundesweist mit Lebensmitteln einen Umsatz erzielt, der zur Spitzengruppe der unternehmensbezogenen Lebensmittelumsätze zählt, ist tarifrechtlich unerheblich. Bezugspunkt der Regelung in I Nr. 2 b TV sind der einzelne Filialbetrieb und dessen Verhältnisse vor Ort. Dafür, dass die Tarifparteien abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch mit Lebensmittel-Filialbetrieb jede Filiale bezeichnet wollten, in der auch mit Lebensmitteln gehandelt wird, gibt es keine Anhaltspunkte und wird selbst von der Beklagten so nicht gesehen. Die Tarifparteien sind nicht branchenfremd und wissen daher, wie sich die Sortimente der Filialisten entwickeln. Wenn sie dennoch an klassischen Unterscheidungen anknüpfen und wie in I Nr. 2 b TV Sonderregelungen treffen, wollen sie diese Sonderregelungen auch auf die jeweilige klassische Sparte beschränken.

    Die Klägerin hat somit als Leiterin eines Drogeriemarktes ab dem 01.06.2011 gem. I Nr. 2 a TV i. V. mit den Nrn. 2 und 6 des Arbeitsvertrags einen Anspruch auf ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.212,-- Euro (im Ergebnis ebenso LAG München, Beschluss vom 28.06.2007, 4 TaBV 18/07, BeckRS 2009, 67754, B II 3 c bb (2) der Gründe). Das hat das Arbeitsgericht in Ziff. 2 des angegriffenen Urteils zu Recht festgestellt.

    3. Es ergibt sich für die Monate Juni bis Dezember 2011 jeweils ein Nachzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 511,-- Euro brutto (3212,-- Euro ./. 2.701,-- Euro). Darüber hinaus standen der Klägerin die vom Arbeitsgericht zugesprochenen Verzugszinsen (§ 288 Abs. 1 i. V. mit § 286 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB) zu. Gem. § 10.11 des Manteltarifvertrags für die Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer/innen des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 13.01.1994 in der Fassung vom 10.07.2008 i. V. mit Nr. 6 des Arbeitsvertrags ist das Gehalt der Klägerin jeweils am letzten Werktag eines Monats fällig.

    Soweit sich die Berufung der Beklagten gegen die Ziff. 2 und 3 des erstinstanzlichen Urteils richtet, war sie ebenfalls zurückzuweisen.

    4. Insoweit war die Revision gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Sowohl die Frage, ob ein im Arbeitsvertrag festgehaltener Vergütungsbetrag unabhängig von den sonstigen Vertragsbedingungen als vereinbart anzunehmen ist, als auch die Frage, ob jeder Filialbetrieb, der mit Lebensmitteln handelt, ein Lebensmittel-Filialbetrieb im Sinne des zitierten Gehaltstarifvertrags für den Einzelhandel in Baden-Württemberg ist, sind klärungsbedürftige Fragen von grundsätzlicher Bedeutung.

    III. Erstattung der Reiserücktrittskosten

    Auf die zulässige Berufung der Klägerin ist Ziff. 4 des Urteils des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 23.08.2012 teilweise abzuändern, soweit die Klage wegen der Erstattung der Reiserücktrittskosten abgewiesen wurde. Die zulässige Klage ist insoweit begründet. Die Beklagte ist gem. §§ 280 Abs. 1, 2 i. V. mit § 286 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB verpflichtet, der Klägerin die entstandenen Reiserücktrittskosten in Höhe von 1.133,-- Euro zu erstatten. Gem. § 280 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger Schadenersatz verlangen, wenn der Schuldner eine Vertragspflicht verletzt und dem Gläubiger daraus ein Schaden erwächst.

    1. Die Beklagte war nach Eingang des Urlaubsantrags vom 18.08.2011 gem. § 7 Abs. 1 BUrlG gegenüber der Klägerin verpflichtet, ihr Urlaub für den Zeitraum vom 10. bis 24.09.2011 zu gewähren. Die Klägerin hatte ihren Urlaubsanspruch 2011 insoweit noch nicht verbraucht. Nach § 7 Abs. 1 BurlG hat der Arbeitgeber bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass den Urlaubswünschen dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen.

    Mit ihrem Urlaubsantrag hatte die Klägerin ihren Urlaubswunsch für den Zeitraum 10. bis 24.09.2011 geäußert. Es gab weder dringende betriebliche Belange noch Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die eine Ablehnung des Urlaubsantrags hätten begründen können. Die Klägerin war im August 2011 in keiner Betriebsorganisation der Beklagten eingegliedert. Ihr Urlaub hätte keinen Vertretungsbedarf ausgelöst. Es wäre der Beklagten problemlos möglich gewesen, die noch nicht begonnene Einarbeitung in B.-B. nach dem Urlaub der Klägerin zu organisieren. Selbst die Aushilfstätigkeit der Klägerin in B. wurde ihrer Einarbeitung kurzfristig vorgezogen. Arbeitsorganisatorisch war es für die Beklagte eher ein günstiger Zeitpunkt, zu dem die Klägerin um Urlaub bat.

    Als sie der Klägerin den Urlaub für den Zeitraum 10. bis 24.09.2011 verweigerte, verletzte die Beklagte somit ihre Pflicht zur rechtzeitigen Urlaubsgenehmigung. Das hat sie zu vertreten. Entgegenstehende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich. Gem. § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB befand sich die Beklagte damit gegenüber der Klägerin mit der Bewilligung des Jahresurlaubs 2011 in Verzug. Eine Mahnung der Klägerin war nicht erforderlich. Die rechtzeitige Urlaubsgewährung war durch den Urlaubsantrag/wunsch der Klägerin kalendermäßig bestimmt.

    2. Dadurch, dass die Beklagte der Klägerin den Urlaub vom 10. bis 24.09.2011 verweigerte, entstanden der Klägerin Reiserücktrittskosten und damit ein zu ersetzender Schaden in Höhe von 1.133,-- Euro. Gem. § 249 Satz 1 BGB ist die Klägerin von der Beklagten wirtschaftlich so zu stellen, wie sie bei rechtzeitiger Gewährung des Urlaubs gestanden hätte. Bei rechtzeitiger Gewährung des Urlaubs hätte die Klägerin nicht von der gebuchten Reise zurücktreten müssen. Ihr wären keine Reiserücktrittskosten entstanden.

    Die entstandenen Reiserücktrittskosten sind der Pflichtverletzung der Beklagten zurechenbar. Zwischen der Nichtgewährung des Urlaubs und dem Reiserücktritt bestand ein sozial adäquater Zusammenhang. Die Klägerin beantragte den Urlaub, um die gebuchte Reise antreten zu können.

    Die Beklagte ist somit gem. § 280 Abs. 1 BGB gegenüber der Klägerin schadenersatzpflichtig. Der zu ersetzende Schaden besteht in den entstandenen Reiserücktrittskosten in Höhe von 1.133,-- Euro.

    3. Der Schadenersatzanspruch der Klägerin mindert sich nicht gem. § 254 Abs. 1 BGB wegen eines Mitverschuldens der Klägerin. Der Klägerin kann nicht vorgehalten werden, zur Entstehung der Reiserücktrittskosten unter Verletzung eigener Obliegenheiten beigetragen zu haben.

    a) Der Klägerin kann insbesondere nicht vorgehalten werden, die Reise zu einem Zeitpunkt bereits gebucht zu haben, als eine Entscheidung der Beklagten über den noch nicht gestellten Urlaubsantrag ausstand. Hätte die Klägerin mit der Buchung der Reise bis zur Entscheidung der Beklagten zugewartet, hätte sie nicht von einer gebuchten Reise zurücktreten müssen.

    Dennoch stellt die frühe Reisebuchung kein Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB dar. Die Klägerin konnte auf eine positive Urlaubsentscheidung der Beklagten vertrauen. Sie musste nicht mit einer Ablehnung des Urlaubs rechnen. Dieses Vertrauen der Klägerin gründet sich nicht allein darauf, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich auf ein gesetzeskonformes Verhalten des Arbeitgebers vertrauen kann. Das würde nicht ausreichen, denn es gehört auch zu den Obliegenheiten im eigenen Interesse, dass der Arbeitnehmer bei seiner Urlaubsplanung eine andere Einschätzung der Urlaubssituation durch den Arbeitgeber, möglicherweise auch eine (vertretbare) Fehleinschätzung miteinkalkuliert und deshalb im Regelfall mit der Reisebuchung bis zur Urlaubsgenehmigung zuwartet. (Die Alternative wäre eine Frühbuchung auf eigenes Risiko.)

    Die Situation der Klägerin, als sie Anfang August die Reise buchte, war jedoch eine andere. Es bestanden offensichtlich keine Gründe für eine Urlaubsverweigerung. Das Mediationsverfahren war noch nicht abgeschlossen. Ein neuer Termin war erst für Anfang September vorgesehen. Die Klägerin war betrieblich nirgends eingegliedert. Ein Urlaub Mitte September konnte auf keine betrieblichen Probleme oder entgegenstehenden Wünsche anderer Mitarbeiterinnen stoßen. Bei verständiger Würdigung der Situation gab es für die Klägerin keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte einen Urlaub im September ablehnen könnte. Sie konnte daher darauf vertrauen, dass der Urlaub für die geplante Reise gewährt werde. Ein Verstoß gegen eigene Obliegenheiten, ein Mitverschulden an dem Reiserücktritt, kann der Klägerin daher nicht vorgehalten werden.

    b) Ebenso wenig kommt eine Minderung des Schadenersatzanspruchs nach § 254 Abs. 1 BGB in Betracht, weil die Klägerin die Beklagte nach Ablehnung des Urlaubsantrags nicht über die absehbaren Stornokosten informierte. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ihre Entscheidung geändert hätte, wenn die Klägerin sie davon unterrichtet hätte, dass sie für die beantragte Urlaubszeit bereits eine Reise gebucht habe.

    c) Schließlich kann der Klägerin nicht vorgehalten werden, dass sie den Urlaubsanspruch für den Zeitraum 10. bis 24.09.2011 nicht gerichtlich durchsetzte. Angesichts der andauernden Auseinandersetzungen war es der Klägerin nicht zumutbar, ein weiteres Gerichtsverfahren einzuleiten und damit das bereits belastete Arbeitsverhältnis - unabhängig vom Ausgang des Gerichtsverfahrens - weiter zu destabilisieren.

    Die Klägerin trägt kein Mitverschulden an der Entstehung der Reiserücktrittskosten.

    Die Beklagte schuldet der Klägerin Schadenersatz in Höhe von 1.133,-- Euro nebst Prozesszinsen hieraus (§§ 291, 288 Abs. 1 BGB). Das insoweit klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts war auf die Berufung der Klägerin abzuändern und der Schadenersatzklage stattzugeben.

    4. Auch für diesen Teil der Entscheidung war die Revision gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Die Fragen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen Reiserücktrittskosten bei einer rechtswidrigen Urlaubsablehnung im Wege des Schadenersatzes zu erstatten sind, sind - soweit ersichtlich - bisher nicht höchstrichterlich geklärt.

    IV. Kosten

    1. Die Kostenentscheidung des Arbeitsgerichts konnte unverändert bleiben. Die auf der Grundlage des § 92 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 ZPO ergangene Kostenquotelung trifft auch zu, wenn man den Berufungserfolg der Klägerin berücksichtigt.

    2. Die Beklagte hat gem. §§ 97 Abs. 1 und 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, weil die eigene Berufung keinen Erfolg hatte, während die Berufung der Klägerin erfolgreich war.

    Müller

    Zumkeller

    Fischer

    Verkündet am 12.04.2013

    Vorschriften§ 254 BGB, § 280 Abs. 1 BGB, § 99 BetrVG, § 2 KSchG, § 64 Abs. 2 b ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG, § 520 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 ZPO, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 520 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 ZPO