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  • · Fachbeitrag · Insolvenzschutz

    Pandemiebedingte Aussetzung der Insolvenzantragspflicht endet zum 30.04.2021

    von Rechtsanwälte Dr. Christian Rode und Dr. Patrick Hinderer, Fachanwälte für Strafrecht, Freiburg, www.freiburg-strafrecht.de

    | Gerät ein Autohaus in wirtschaftliche Schieflage, sind Insolvenzantragspflichten zu beachten. Unterbleibt ein Insolvenzantrag, wird er nicht rechtzeitig oder nicht richtig gestellt, droht den Verantwortlichen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4, Abs. 5 InsO). Wegen der wirtschaftlichen Einbrüche aufgrund der Covid-19-Pandemie hatte der Gesetzgeber die Antragspflichten zum Teil ausgesetzt. Diese Erleichterungen enden zum 30.04.2021. ASR zeigt, was Sie im Falle eines Falles jetzt wieder beachten müssen. |

    Pflicht zur Insolvenzantragspflicht und deren Folgen

    Geschäftsführer von Autohäusern müssen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen, wenn das Autohaus zahlungsunfähig oder überschuldet wird (§ 15a Abs. 1 InsO). Dabei gilt:

     

    • Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 S. 1 InsO). Sie wird durch einen sog. Liquiditätsstatus (Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten mit den hierzu vorhandenen oder kurzfristig zu beschaffenden Mitteln) oder durch wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen (Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, Zahlungsverzüge bei Steuern und Sozialversicherungsabgaben etc.) festgestellt.

     

    • Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt (Überschuldungsstatus unter Aufdeckung „stiller Reserven“). Ausnahme: Es ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich, dass das Unternehmen, also das Autohaus, fortgeführt wird (§ 19 Abs. 2 InsO).

     

    Daneben gilt für die Geschäftsführer ein umfassendes Zahlungsverbot (§ 15b InsO): Nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung dürfen grundsätzlich keine Zahlungen mehr für das Autohaus vorgenommen werden. Eine Ausnahme gilt in engen Grenzen für fällige und unbestreitbare Verbindlichkeiten (nicht jedoch für Gesellschafterdarlehen).

     

    Wichtig | Bei Verstoß drohen der Geschäftsführung Strafen wegen Bankrottdelikten und Gläubigerbegünstigung (§§ 283 ff. StGB) und zivilrechtliche Haftungsansprüche.

     

    Die Verletzung von Buchführungs- und Bilanzierungspflichten ist sogar schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit strafbar.

     

    Ab 01.05.2021 gilt wieder uneingeschränkte Antragspflicht

    Die Antragspflicht war seit 01.03.2020 teilweise ausgesetzt. Grundlage war das sog. Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG). Erforderlich war stets, dass die Insolvenzreife auf den Folgen der Covid-19-Ausbreitung beruht.

     

    Wichtig | Ab 01.05.2021 gilt die reguläre Rechtslage. Die Geschäftsführung muss die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft laufend überwachen. Ein Eröffnungsantrag ist ohne schuldhaftes Zögern zu stellen; und zwar

    • bei Zahlungsunfähigkeit: Spätestens drei Wochen nach deren Eintritt;
    • bei Überschuldung: Spätestens sechs Wochen nach deren Eintritt.

    Gestaltungsmöglichkeiten für Ihr Autohaus

    Bei Anhaltspunkten für eine Insolvenzreife können folgende Maßnahmen die Insolvenz verhindern.

     

    • Gestaltungsmöglichkeiten bei drohender Insolvenz

    Bei Überschuldung

    • Durch eine Aufdeckung „stiller“ Reserven (im Anlage- oder Umlaufvermögen) können Unternehmer eine insolvenzrechtliche Überschuldung vermeiden.
    • Durch einen Rangrücktritt von Gläubigern bleiben die entsprechenden Forderungen im Überschuldungsstatus unberücksichtigt. Dies bietet sich für Gesellschafterdarlehen an. Ggf. können auch andere Gläubiger zu einem Rangrückritt bewegt werden.

     

    Wichtig | Eine positive Fortführungsprognose suspendiert die Insolvenzantragspflicht, wenn diese allein wegen Überschuldung bestünde.

    Bei Zahlungsunfähigkeit

    Nicht fällige Forderungen werden bei Erstellung des Liquiditätsstatus nicht berücksichtigt. Folglich können mit den Gläubigern vereinbarte Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen die Insolvenzreife beseitigen.

     

    Wichtig | Reine Zahlungsstockungen (Liquiditätslücke ist kleiner als zehn Prozent oder binnen drei Wochen zu beheben) begründen keine Insolvenzantragspflicht.

     

     

    Wichtig | Ein Insolvenzantrag bedeutet nicht zwangsläufig das Ende des eigenen Autohauses. Geschäftsführer können das Unternehmen über die Insolvenz in der Eigenverwaltung und das Insolvenzplanverfahren „retten“.

     

    PRAXISTIPP | Achten Sie bei Sanierungsberatungen darauf, dass diese auch insolvenzrechtlich erfolgen. Die Beachtung strafbewehrter Pflichten vermeidet für Sie zeitaufwendige staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Sanierungsoption ‚Schutzschirmverfahren‘ bzw. ‚Eigenverwaltung‘ kennen und ggf. nutzen“, ASR 8/2020, Seite 19 → Abruf-Nr. 46657869
    • Beitrag „Corona-Krise: Insolvenzantragspflicht ausgesetzt ‒ Diese Folgen sollten Sie kennen“, ASR 6/2020, Seite 18 → Abruf-Nr. 46575355
    Quelle: Ausgabe 04 / 2021 | Seite 19 | ID 47267503