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  • · Fachbeitrag · Bilanz

    Rückstellung für Nachbesserungsarbeiten im Rahmen des VW-Abgasskandals

    von Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dr. Jürgen Troost, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dr. von der Hardt & Partner mbB, Münster

    | Können für Nachbesserungsarbeiten im Rahmen des VW-Abgasskandals auch mit steuerlicher Wirkung Rückstellungen gebildet werden? Diese Frage richten Autohäuser häufig an ihre Steuerberater. Erfahren Sie, wann Rückstellungen gebildet werden können. Erfahren Sie aber auch, welche VW-internen Hürden es dabei zu überwinden gilt. |

    Wen nimmt der Kunde in Anspruch?

    Zunächst muss nach den Anspruchsgrundlagen differenziert werden, auf die der Kunde sein Nachbesserungsverlangen stützt. Der Kunde hat - sofern der Neu- oder Gebrauchtwagenkauf noch nicht allzu lange zurückliegt -

    • sowohl einen Gewährleistungsanspruch gegenüber dem Händler als auch
    • bei Neuwagen einen Anspruch aus einer Herstellergarantie unmittelbar ans Werk.

     

    Darüber hinaus kann der Händler für gute langjährige Kunden aufgrund von Kulanz Aufwendungen übernehmen.

     

    Kunde nimmt Herstellergarantie in Anspruch

    Nimmt der Kunde seine Herstellergarantie in Anspruch, wird der Händler im Auftrag und für Rechnung des Herstellers tätig. Es handelt sich um „Gewährleistungsarbeiten“, die der Händler gegen Entgelt für den Hersteller ausübt.

     

    Sofern hier der tatsächliche Aufwand die Erstattung durch den Hersteller übersteigt, käme allenfalls eine Drohverlustrückstellung in Betracht, die allerdings schon steuerlich nicht abzugsfähig wäre. Laut älterer BFH-Rechtsprechung müssten aber alle Geschäfte, die Ausfluss des Händlervertrags sind, für eine solche Verlustrückstellung zusammengefasst betrachtet werden (BFH, Urteil vom 02.08.1989, Az. I R 93/85; BFH, Urteil vom 10.12.1992, Az. XI R 34/91). Hiernach wäre dann nicht einmal handelsrechtlich eine Rückstellung möglich.

     

    Kunde nimmt Händler in Anspruch

    Nimmt der Kunde unmittelbar den Händler in Anspruch, repariert dieser im Rahmen seiner gesetzlichen (Gewährleistung) oder faktischen Pflicht zur Mängelbeseitigung (Kulanz), und nicht aufgrund eines Auftrags gegen Entgelt.

     

    Damit stellt die Reparaturverpflichtung eine ungewisse Verbindlichkeit dar, die zu einer auch steuerlich anzuerkennenden Rückstellung führen kann. Hierbei sind jedoch die Gesamtkosten für die Mängelbeseitigung mit den Vorteilen zu saldieren, die mit der Reparatur in Verbindung stehen, also insbesondere der Vergütung durch den Hersteller.

    Die VW-internen Regularien beachten

    Sofern Händler nach dieser Maßgabe Rückstellungen bilden wollen, wäre zunächst wichtig, dass der Kunde sie unmittelbar in Anspruch nimmt. Das müsste der Händler dokumentieren.

     

    Herstellergarantie hat Vorrang

    Dieser Vorgehensweise stehen zunächst einmal die VW-internen Regularien im Wege: Nach der Volkswagen-Partner-Info, die auch in allen bekannten Auftragsbestätigungen der VW-Partner Eingang gefunden hat, wird primär die Herstellergarantie in Anspruch genommen.

     

    Hintergrund ist die umsatzsteuerliche Regelung, dass die Herstellergarantie eine umsatzsteuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung ist, während es sich bei Erstattungen einer Händlergarantie durch den Hersteller um nicht steuerbaren Schadenersatz handelt. Der Hersteller rechnet hier über Gutschrift einheitlich ab und hat sich daher durch die genannten Auftragsbedingungen für die steuerbare und steuerpflichtige Variante entschieden.

     

    Rückstellung möglich - aber ohne „Rückfahrschein“

    Um eine Rückstellung auch mit steuerlicher Anerkennung bilden zu können, müsste Folgendes geschehen:

     

    • Der Kunde müsste - nach einer Korrektur der Unterlagen - den Händler unmittelbar in Anspruch nehmen.
    • Der Händler könnte dann
      • der Werksgutschrift widersprechen und
      • die aus der Gutschrift erstattete Umsatzsteuer an den Hersteller zurücküberweisen.

     

    Wichtig | Die VW-Steuerabteilung macht jedoch darauf aufmerksam, dass - sofern ein Händler diese Variante wählt - es dann auch bei der Inanspruchnahme der Händlergarantie bleiben müsste. Würde später in einer Betriebsprüfung die Rückstellung nicht anerkannt, könnte nicht wieder auf eine Herstellergarantie gewechselt werden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Rückstellungen und Abschreibungen in Kfz-Betrieben als Folge des VW-Abgasskandals“, ASR 2/2016, Seite 6 → Abruf-Nr. 43794453
    • Übersicht „VW-Abgasskandal: Die Rechtsprechung zu Fahrzeugen mit Schummel-Software im Überblick“ auf asr.iww.de → Abruf-Nr. 44042812
    Quelle: Ausgabe 03 / 2017 | Seite 10 | ID 44493787