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  • 01.03.2006 | Kunde zahlt nicht

    Wann dürfen Sie die Herausgabe des Kundenfahrzeugs verweigern?

    Auch die Kfz-Branche bekommt die Folgen steigender Überschuldung privater Haushalte zu spüren: Aus Gesprächen mit Kfz-Händlern und Werkstätten wissen wir, dass die Zahl der Kunden wächst, die ihre Rechnung nicht oder mit extremer Verzögerung begleichen.  

     

    Oft kennen Sie Ihre „Pappenheimer“ und wissen, wer voraussichtlich nicht zahlen wird. Können Sie bei solchen Kunden vom Werkunternehmerpfandrecht Gebrauch machen und die Herausgabe des Kundenfahrzeugs – zum Beispiel nach einer Reparatur – verweigern? Die Antwort lesen Sie im folgenden Beitrag.  

    Was ist das Werkunternehmerpfandrecht?

    Bei Werkverträgen ist Bezahlung bei Abholung die gesetzliche Regel, wenn nichts anderes vereinbart ist (§ 641 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Als Äquivalent zur Vorleistungspflicht des Unternehmers hält das BGB das so genannte Werkunternehmerpfandrecht (§ 647 BGB) bereit: Zahlt der Kunde bei Abholung nicht, bekommt er auch das Fahrzeug nicht.  

     

    Beachten Sie: Allerdings muss sich das Fahrzeug noch aus dem konkreten Auftrag in der Werkstatt befinden, der noch nicht bezahlt ist. Wegen alter ausstehender Rechnungen kann das Fahrzeug im Regelfall nicht einbehalten werden.  

     

    Wann erlischt das Werkunternehmerpfandrecht?

    Mit Herausgabe des Fahrzeugs an den Kunden erlischt das Werkunternehmerpfandrecht. Den Kunden unter einem Vorwand noch einmal einzubestellen, um dann „das Tor hinter ihm zu schließen“, mag wirksam sein. Dieses Vorgehen ist aber nicht legal. Der Kunde wird Ihnen dann zu Recht mit einer einstweiligen Verfügung auf Herausgabe drohen.  

     

    Unser Tipp: Machen Sie in einem solchen Fall dem Kunden klar, dass die Beauftragung einer Reparatur im Wissen, die Rechnung dafür nicht zahlen zu können, den Tatbestand des „Eingehungsbetrugs“ erfüllt (§ 263 Strafgesetzbuch) und dass Sie vor einer Anzeige nicht zurückschrecken werden.  

     

    Verlängertes oder erweitertes Pfandrecht

    Sie dürfen das Fahrzeug allerdings wegen alter Rechnungen zurückbehalten, wenn Sie mit dem Kunden vertraglich ein  

    • „verlängertes“ Pfandrecht (gleiches Fahrzeug, alte Forderung) oder
    • „erweitertes“ Pfandrecht (offene Forderung aus der Geschäftsbeziehung mit dem Kunden insgesamt) vereinbart haben.

     

    Ein verlängertes oder erweitertes Pfandrecht können Sie zum Beispiel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbaren.  

     

    Beachten Sie: Die Kfz-Reparaturbedingungen des Zentralverbands des deutschen Kraftfahrzeuggewerbes sehen ein solches verlängertes und erweitertes Pfandrecht vor. Die Klausel wurde bereits vom Bundesgerichtshof abgesegnet (Urteil vom 14.7.1987, Az: X ZR 38/36). Allerdings ist die Einbeziehung von AGB in den Vertrag durchaus auch mit Tücken versehen. Darauf werden wir in einem Beitrag in der nächsten Ausgabe von „Auto Steuern Recht“ näher eingehen.  

    Voraussetzungen des Werkunternehmerpfandrechts

    Sie haben nur dann ein Werkunternehmerpfandrecht, wenn der „Besteller“ der Reparaturleistungen auch der Eigentümer des entsprechenden Fahrzeugs ist. Hier kann es allerdings kritische Fälle geben:  

     

    • Der „Profischuldner“ bringt ein Fahrzeug zur Reparatur, das jedoch formal oder sogar tatsächlich einer anderen Person gehört. Diese kommt dann und verlangt das Auto heraus.

     

    • Das Fahrzeug ist geleast, der Kunde zahlt nicht, Sie halten das Auto in Ihrer Werkstatt fest. Später meldet sich die Leasing-Gesellschaft, bei der der Kunde ebenfalls im Rückstand ist, und verlangt von Ihnen das Auto heraus.

     

    Gegenüber diesen „Dritten“ besteht tatsächlich kein Werkunternehmerpfandrecht. Aber § 1000 BGB gibt Ihnen gegenüber dem „Dritten“ ein so genanntes Zurückbehaltungsrecht, wenn es sich bei der Reparatur des Fahrzeugs um eine „notwendige Verwendung“ handelte.  

     

    Unser Tipp: Merken Sie sich am besten die folgende „Faustregel“: Alles, was gemacht werden musste, damit das Fahrzeug wieder nutzbar wird, ist eine „notwendige Verwendung“. Und dafür muss der „Dritte“ bezahlen, sonst bekommt er das Fahrzeug nicht. Waren die Arbeiten dagegen nur „nützlich“, aber nicht „notwendig“, dürfen Sie das Fahrzeug nicht zurückbehalten.  

     

    Beachten Sie: Inspektionen gelten in der Rechtsprechung nur als „nützlich“ und berechtigen gegenüber dem Dritten damit nicht zur Zurückbehaltung des Fahrzeugs.  

    Quelle: Ausgabe 03 / 2006 | Seite 17 | ID 85643