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  • GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer

    So entkommen Sie als Geschäftsführer der gesetzlichen Sozialversicherung

    von Eberhard Poppelbaum, zugelassener Versicherungsberater BAV, Langenhagen

    Die Praxis zeigt: Etwa die Hälfte aller minderbeteiligten GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) geht irrtümlich von der Annahme aus, sozialversicherungspflichtig zu sein. Aber auch für den Nur-Gesellschafter, den Fremdgeschäftsführer sowie den allein mitarbeitenden Familienangehörigen in der Autohaus-GmbH besteht unter Umständen keine Versicherungspflicht. Nachfolgend erfahren Sie, anhand welcher Kriterien Sie überprüfen können, ob Sie der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Bei Fragen im Zusammenhang mit der Befreiung von der Sozialversicherung sollten Sie sich an einen Versicherungsberater, -vertreter oder -makler wenden.

    Gründe für die Überprüfung des Versicherungsstatus

    Im Leistungsfall können sich zahlreiche Nachteile ergeben, wenn sich herausstellt, dass Sie keine abhängige Beschäftigung im Sinne von § 7 Sozialgesetzbuch (SGB) IV ausgeübt haben, sondern als Unternehmer einzustufen waren:

    1. Nur begrenzt Erwerbsminderungsrente

    Im Fall einer Erwerbsminderung haben grundsätzlich nur ältere Selbstständige einen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente (§ 43 in Verbindung mit §§ 240, 241 SGB VI). Das Grenzalter für die Erfüllung der hier genannten Voraussetzungen liegt etwa bei 40 Jahren.

    2. Kein Arbeitslosengeld

    Beim Verlust des Arbeitsplatzes wird kein Arbeitslosengeld gezahlt. Anspruch auf Arbeitslosengeld hat nur, wer bei Geltendmachung in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. Die bloße Beitragsentrichtung begründet keinen Anspruch (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], Urteil vom 28.4.1987, BB 1988, 2048).

    3. Drohende Nachversteuerung sämtlicher Arbeitgeberanteile

    Seitens des Finanzamts droht eine Nachversteuerung der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Denn der Betriebsprüfer kann von sich aus feststellen, dass im Prüfungszeitraum eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt worden ist (ständige Rechtsprechung der Finanzgerichte [FG], zum Beispiel FG Hessen, Urteil vom 2.7.1996, GmbHR 1997, 88).

    4. Schieflage bei der Altersversorgung

    Sie bringen sich auch bezüglich Ihrer Altersversorgung in eine Schieflage. Sie zahlen die vermeintlichen Pflichtbeiträge weiter in die leistungsarme gesetzliche Rentenversicherung. Diese Beiträge könnten Sie rentierlicher in eine Vorsorge nach Ihren eigenen Vorstellungen einzahlen, wenn die Versicherungsfreiheit festgestellt ist. Außerdem könnten Sie sich flexibler auf privater oder betrieblicher Basis absichern.

    Allein die Erstattungsbeträge der Jahre 1997 bis 2000 ergäben bei einem Bruttoverdienst an bzw. über der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze eine Summe von etwa 54.000 € (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Renten- und zur Arbeitslosenversicherung).

    So stellen Sie Versicherungsfreiheit fest

    Ob Sie als GGF Ihres Autohauses tatsächlich nicht sozialversicherungspflichtig sind, können Sie feststellen, indem Sie die folgende Checkliste Punkt für Punkt durchgehen.

    1. Praktisch automatische Versicherungsfreiheit

    Die Geschäftsführertätigkeit wird in der Regel als versicherungsfrei eingestuft, wenn Sie auf Grund Ihrer Rechtsmacht wie ein Unternehmer handeln oder handeln können und damit einen „maßgeblichen Einfluss“ auf die Autohaus-GmbH ausüben. Dies wird in der Regel in den folgenden Fällen angenommen:

    • Ein GGF hält mindestens 50 Prozent der Anteile (siehe BfA-Broschüre „Selbstständige in der RV“, Kapitel VII, Ziffer 2.2).
    • Alle GGF besitzen die gleichen Anteile und leiten ohne Vorrechte eines Einzelnen die GmbH (BSG, Urteil vom 24.06.1982, USK 82160);
    • Der minderbeteiligte GGF hat eine Sperrminorität (BfA-Broschüre, Ziffer 2.2.2.; BSG, Urteil vom 5.2.1998, RV 1998, 38);
    • Der GGF ist als Treuhänder tätig und hat als solcher nur innerdienstliche Weisungen des Treugebers zu befolgen (BfA-Broschüre, Ziffer 2.2.3, Auffassung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger, BB 1996, 1443);
    • Die GmbH ist aus einer Vorgesellschaft (Einzelfirma, Personengesellschaft) entstanden, und es besteht eine personelle Identität mit den GGF in der GmbH (BfA-Broschüre, Ziffer 2.6.).

    2. Gesamtbetrachtung bei den anderen Personen

    Beim minderbeteiligten GGF, bei einem Geschäftsführer in einer Familien-GmbH und beim Fremdgeschäftsführer ohne Kapitalbeteiligungen ist eine Gesamtbetrachtung durchzuführen.

    Minderbeteiligte GGF: Minderbeteiligte GGF müssen einen „maßgeblichen Einfluss“ auf die GmbH ausüben, um versicherungsfrei zu sein. Das „Gesamtbild“ der Geschäftsführertätigkeit ist entscheidend, ob sich also das Handeln nach außen als „im Wesentlichen weisungsfrei“ darstellt. Es muss beim minderbeteiligten GGF an einem typischen Interessengegensatz zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer mangeln. Der GGF unterliegt dagegen einem Direktionsrecht, wenn die GmbH durch einseitige Weisungen den äußeren Rahmen der GGF-Tätigkeit (Zeit, Dauer und Ort ) regelt oder regeln kann (ständige Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 8.12.1987, BB 1989, 72; Urteil vom 5.2.1998, RV 1998, 38). Ein besonderes Gewicht haben die folgenden Merkmale:

    • Der GGF verfügt über alleinige Branchen-Kenntnisse (BSG, Urteil vom 23.9.1982, USK 82140).
    • Es besteht ein Alleinvertretungsrecht des GGF (DAngVers 1995, 316).
    • In der Arbeitsausführung ist der GGF frei.

    Beachten Sie: Von eher untergeordneter Bedeutung sind die Höhe der Beteiligung, die Befreiung von § 181 Bürgerliches Gesetzbuch, die Zahlung einer Tantieme neben dem Geschäftsführer-Gehalt und die Urlaubsnahme nur mit Rücksicht auf betriebliche Belange. Solche Regelungen werden vielfach auch mit dem Fremdgeschäftsführer vereinbart.

    GGF in Familiengesellschaften: Besonderheiten gelten generell in den vielen Familiengesellschaften, in denen der GGF bzw. Angehörige die Anteile der Autohaus-GmbH halten. Nach ständiger Rechtsprechung ist in diesem Fall davon auszugehen, dass die Tätigkeit eher durch ein „gleichberechtigtes Nebeneinander“ und eine „familienhafte Rücksichtnahme“ als durch das typische Über-/Unterordnungsverhältnis geprägt wird (BSG, Urteil vom 23.9.1982, USK 82140; BfA-Broschüre, Ziffer 2.5.). Demzufolge heißt es in der neuesten BSG-Entscheidung, dass „die rechtlich bestehende Abhängigkeit durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert sein kann, dass eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinn dennoch ausscheidet“ (Urteil vom 17.5.2001, GmbHR 2001, 668).

    Dies berührt unter anderem das Versicherungsverhältnis

    • der Eheleute als minderbeteiligte GGF,
    • eines Elternteils,
    • des Familien-Geschäftsführers ohne Kapitalbeteiligung als „Kopf und Seele“ der GmbH (BSG, Urteil vom 11.2.93, USK 9347) oder
    • des nur an der GmbH beteiligten Angehörigen oder
    • des allein in ihr als Angestellten tätigen Angehörigen.

    Fremdgeschäftsführer: Beim Fremdgeschäftsführer ist die Geschäftsführertätigkeit in der Regel von den Gesellschaftern vorgegeben. Das BSG fordert indes, dass „die Dienstleistung zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung erfolgt“ sein muss (Urteil vom 14.12.1999, BB 2000, 675). Zuvor hat das Gericht bereits entschieden, dass „sowohl derjenige, der Rechtsmacht hat, als auch derjenige, der die Gesellschaft ohne Rechtsmacht leitet, nicht abhängig beschäftigt ist“ (Urteil vom 9.11.1989, BB 1990, 783). Etliche Krankenkassen erkennen die Versicherungsfreiheit an, wenn der Fremdgeschäftsführer einer Tochter-GmbH „vor Ort“ auf Grund alleiniger Branchen-Kenntnisse und Erfahrungen wie ein Unternehmer handelt.

    3. Sonderfälle der Versicherungsfreiheit

    Die genannten Merkmale sind bereits in der Vor-GmbH anzuwenden. Das ist das Ergebnis einer Besprechung der Sozialversicherungsträger vom 16./17. März 1994 (BB 1995, 108).

    Die Merkmale gelten darüber hinaus auch für die GGF in den neuen Bundesländern, die vor dem 1. August 1991 in einer GmbH tätig gewesen sind und sich nicht bis zum 31. Dezember 1994 von der Versicherungspflicht nach früherem DDR-Recht haben befreien lassen (§ 229a Absatz 1 SGB VI).

    Vorschau: In der nächsten Ausgabe erfahren Sie, was Sie veranlassen müssen, wenn Sie Ihren Versichertenstatus von der BfA überprüfen lassen wollen. Außerdem lesen Sie, wie Sie mit Bescheid und Erstattung der bisher gezahlten Versicherungsbeiträge umgehen.

    Quelle: Auto - Steuern - Recht - Ausgabe 06/2002, Seite 14

    Quelle: Ausgabe 06 / 2002 | Seite 14 | ID 101029