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  • · Fachbeitrag · Wirtschaftlichkeit

    Geschäftsgebühr: So leicht kann die Schwellengebühr nicht übersprungen werden

    | Eine Erhöhung der Schwellengebühr von 1,3, die die Regelgebühr für durchschnittliche Fälle darstellt, auf eine 1,5-fache Gebühr ist der gerichtlichen Überprüfung hinsichtlich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Überschreitung nicht entzogen. Der BGH (5.2.13, VI ZR 195/12, Abruf-Nr. 130842 ) bestätigt damit seine Entscheidung vom 11.7.12 (PAK 12, 208) und wiederholt die Aufgabe seiner früheren, die Toleranzrechtsprechung anwendenden Entscheidungen ( PAK 12, 116 ). |

     

    Der Rechtsanwalt kann danach eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr hinaus nur fordern, wenn seine Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Andernfalls könnte er für durchschnittliche Sachen, die nur die Regelgebühr von 1,3 rechtfertigen, ohne Weiteres eine 1,5-fache Gebühr verlangen. Dies verstieße gegen den Wortlaut und auch gegen den Sinn und Zweck des gesetzlichen Gebührentatbestands in Nr. 2300 VV-RVG.

     

    Wichtig | Die Tätigkeit muss nicht „besonders“ schwierig oder umfangreich sein. Sie muss vielmehr „nur“ vom Regelfall abweichen. Bei der Frage, ob die anwaltliche Tätigkeit umfangreich war, ist primär auf den zeitlichen Aufwand abzustellen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die Intensität der 
Tätigkeit. Es kommt allein darauf an, ob der Anwalt durch die Bearbeitung des Mandats gehindert war, sich anderen Angelegenheiten zu widmen (Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 6. Aufl., Nr. 2300 VVRVG Rn. 10). Hier verfolgt Otto (in Brieske/Teubel/Scheungrab, Vergütungsrecht, § 5 Rn. 23) einen für die Praxis tauglichen Ansatz, wenn er von einem Stundensatz von 150 EUR ausgeht, diesen in zeitliche Relation zur tatsächlichen 
Gebühr setzt und dann vergleicht, ob die Angelegenheit umfangreich war.

     

    • Beispiel

    Rechtsanwalt R. muss eine Forderung von 400 EUR beitreiben. Hierfür erhält er eine 1,3-Geschäftgebühr von 58,50 EUR, was einem Zeitanteil von 23,4 Minuten im Verhältnis zu 150 EUR für 60 Minuten entspricht. Ist die Tätigkeit zeitlich umfangreicher als rund 25 Minuten, ist eine Anhebung der Gebühr über die Schwellengebühr hinaus gerechtfertigt. Bei einem Streitwert von 10.000 EUR ist mit einer Geschäftsgebühr von 725,40 EUR die Schwelle dagegen erst bei einem zeitlichen Aufwand von rund 5 Stunden überschritten.

     

     

    PRAXISHINWEIS | Es kann sich also empfehlen, auch bei Streitwertmandaten und nicht nur bei Mandanten mit Honorarvereinbarung eine Zeiterfassung zu nutzen, die heute alle gängigen Anwaltssoftware-Programme anbieten.

     

     

    Da in der Geschäftsgebühr die frühere Besprechungsgebühr nach der BRAGO aufgegangen ist, liegt eine umfangreiche Tätigkeit auch vor, wenn es zu einer umfangreichen ‒ auch auf mehrere Telefonate oder Besprechungen verteilte ‒ Besprechung der Angelegenheit mit der Gegenseite gekommen ist.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 94 | ID 42307121