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  • · Fachbeitrag · Finanzplanung

    Finanzmanagement der Kanzlei - so sichern Sie die Liquidität und gewinnen neue Aufträge

    von Ilona Cosack, ABC AnwaltsBeratung Cosack, Mainz

    | „Ein Mandant, der offene Rechnungen bei Ihnen ausstehen hat, wird Sie nicht erneut beauftragen“ (Cosack, AK 13, 97 ). Diese Erkenntnis ist ein Grund, warum das Finanzmanagement tragende Säule Ihrer Kanzlei ist. Der Mandant steht an oberster Stelle. Für ihn werden alle Fristen eingehalten. Als Gegenleistung soll er pünktlich seine Rechnung bezahlen. Dies ist in der Praxis oft anders. Verbesserung verschafft nur die optimale Gestaltung Ihres Finanzmanagements. Beachten Sie das in jeder Mandatsphase. |

    1. Beginnen Sie im Erstgespräch

    Klären Sie im Erstgespräch, welche Probleme des Mandanten zu lösen sind und zeigen Sie ihm die Möglichkeiten auf, die in seiner Sache sinnvoll sind. Nicht alles, was machbar ist, entspricht auch dem Wunsch des Mandanten. Fragen Sie Ihren Mandanten, was ihm wichtig ist.

     

    PRAXISHINWEIS | Legen Sie Ihr Ziel fest. Enden Ihre Erstgespräche häufig ohne Auftrag oder möchten Sie aus jedem Erstgespräch einen Auftrag gewinnen? Nutzen Sie das Erstgespräch, um zu sondieren, ob Sie eine Zusammenarbeit mit diesem Mandanten wünschen.

     

    2. Mandant erteilt keinen Auftrag nach Erstgespräch

    Wenn der Mandant keinen Auftrag erteilt, geben Sie ihm im Idealfall die Beratungsrechnung direkt mit und bieten Sie ihm auch die Möglichkeit, sofort zu bezahlen - entweder in bar oder mit EC- oder Kreditkarte. So vermeiden Sie Mahnungen und halten Ihren Aufwand gering. Entscheiden Sie, ob Sie den Mandanten mit einer Anrechnung „ködern“ möchten und vorschlagen, einen Folgeauftrag ganz oder teilweise anzurechnen. Einerseits ist es verlockend, andererseits wird ohne Not das verdiente Honorar wieder ausgeschüttet.

     

    PRAXISHINWEIS | Wenn Sie die Anrechnung als Anreiz für eine Beauftragung nutzen, genügt es, einen Teilbetrag anzurechnen. Wichtiger als der Betrag ist das Gefühl des Mandanten, dass er einen Vorteil durch die Weiterbeauftragung hat.

     

    3. Idealfall: Im Erstgespräch wird ein Auftrag erteilt

    Führen Sie den Mandanten und erklären Sie ihm den Verlauf des Mandats oder Verfahrens und als wichtigen Aspekt den Zeitablauf. So vermeiden Sie, dass der Mandant ungeduldig wird und mit unnötigen Rückfragen den Aufwand in dieser Sache erhöht.

     

    Mit einer Begrüßungsmappe können Sie den Mandanten willkommen heißen und darin nochmals schriftlich die für sein Sachgebiet wichtigen Stationen und Zeitabläufe im außergerichtlichen und gerichtlichen Stadium auf einem Merkblatt festhalten. So hat Ihr Mandant das Gefühl, dass er rundum versorgt wird. Dazu gehört auch die Frage, wie und wann Ihr Honorar gezahlt werden soll. Legen Sie fest, wann Vorschüsse gezahlt werden, sodass der Restbetrag, der am Ende des Mandats noch gezahlt werden muss, für den Mandanten überschaubar ist.

     

    Stellen Sie Ihr Honorar übersichtlich dar, z.B. zehn Stunden zum Satz von ... EUR, Kosten des Gerichtsverfahrens: 2,5-Gebühren aus dem Gegenstandswert oder Pauschalhonorar von ... EUR. Definieren Sie die Zahlungsweise: ... EUR zahlbar bis zum .... Überwachen Sie fristgerecht das Verzugsdatum.

     

    PRAXISHINWEIS | Stellen Sie für Ihre Kanzlei Regeln auf. Dies hat den Vorteil, dass Sie nicht in die Verlegenheit kommen, dass über Ihr Honorar diskutiert wird.

     

    4. Im laufenden Mandat

    Prüfen Sie bei jeder Akte, z.B. im Rahmen der Wiedervorlage, ob in Ihrem Mandantenkonto der tatsächliche Aufwand im Verhältnis zum gesetzlichen oder vereinbarten Honorar steht. Immer wieder laufen Akten, die am Anfang noch übersichtlich und kalkulierbar waren, „aus dem Ruder“.

     

    Wichtig | Aus berufsrechtlicher Sicht ist die Niederlegung des Mandats zur Unzeit kein Ausweg. Zwangsläufig führt eine solche Akte ins Defizit, wenn Sie nicht gegensteuern.

     

    • Beispiel - Mandat läuft „aus dem Ruder“

    Ein Autokauf soll rückabgewickelt werden. Der Streitwert beträgt 20.000 EUR. Sie kalkulieren die Gebühren und verzichten auf den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung. Der Mandant ist rechtsschutzversichert. Die Sache ist im außergerichtlichen Stadium. Der Gebührenrahmen bewegt sich zwischen 964,60 EUR (1,3-Gebühr) und 1.855 EUR (2,5-Gebühr). Es entwickelt sich umfangreicher Schriftverkehr mit Autohändler, Hersteller, Gutachter und Mandant. Der Mandant schickt jeden Tag E-Mails und erwartet zeitnah Rückmeldung. Da diese nicht erfolgt, ruft er mehrfach an. Der Anwalt ist nicht erreichbar. Das Mandat beginnt, sich zu drehen. Aus einem vermeintlich interessanten Mandat wird eine Akte, deren Zeitaufwand und Ertrag in keinem gesunden Nutzen mehr stehen.

     

    Steuern Sie rechtzeitig dagegen und führen Sie auch im laufenden Mandat das Honorargespräch (Cosack, AK 14, 96), wenn es erforderlich ist. Machen Sie dem Mandanten klar, dass die Rechtsschutzversicherung nur die gesetzlichen Basisgebühren zahlt. Aufgrund seines intensiven Kontakts zur Kanzlei sind entweder Zusatzhonorare (machen Sie aus einem Basismandanten einen Premiummandanten) oder die Einhaltung der Kanzleiregeln (siehe Begrüßungsmappe) ein Weg, der aus dieser Sackgasse führt.

     

    PRAXISHINWEIS | Erfassen Sie für jede Akte die benötigte Zeit. Gerade Akten, die nach dem RVG abgerechnet werden, können auch bei attraktiven Streitwerten zu defizitären Akten werden, wenn der Zeitaufwand unverhältnismäßig hoch wird.

     

    5. Nach Mandatsbeendigung

    Das Berufsrecht stellt strenge Regeln auf:

     

    • § 23 BORA (Stand 1.9.14)

    Spätestens mit Beendigung des Mandats hat der Rechtsanwalt gegenüber dem Mandanten und/oder Gebührenschuldner über Honorarvorschüsse unverzüglich abzurechnen und ein von ihm errechnetes Guthaben auszuzahlen.

     

    Häufig bleiben Akten, gerade wenn sie umfangreich und über lange Zeit geführt wurden, liegen, weil nicht sofort ersichtlich ist, was abgerechnet werden kann. Beugen Sie vor, indem Sie während des Mandats eine kontinuierliche Erfassung aller Gebühren und Auslagen vornehmen. Rechnen Sie z.B. im gerichtlichen Verfahren ab, wenn das Urteil zugestellt wird. So können Sie im gegebenen Fall auch den Auftrag für das Berufungsverfahren erlangen, wenn es in der Sache sinnvoll ist. Nach § 611 BGB ist der Anwaltsvertrag ein Dienstvertrag, der den Mandanten zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Ein Erfolg wird nicht geschuldet.

     

    PRAXISHINWEIS | Stellen Sie die Weichen für die Weiterempfehlung des Mandanten. Auch wenn in der Sache der Erfolg ausgeblieben ist, wird der Mandant Sie weiterempfehlen, wenn er von Ihrer Kanzlei begeistert ist.

     

    6. Phase der größten Zahlungsbereitschaft nutzen

    Mandanten zahlen in der Regel dann schnell, wenn sie eine Gegenleistung erwarten oder der Anwalt die Dienstleistung von der Zahlung abhängig macht. Das bedeutet, dass zu Beginn des Mandats die Zahlungsbereitschaft am größten ist. Legen Sie deshalb zu Beginn des Mandats fest, wann und in welcher Höhe Zahlungen vom Mandanten zu leisten sind. § 9 RVG gibt Ihnen die Möglichkeit, einen angemessenen Vorschuss für die entstandenen und die voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen zu fordern. Wenn Sie auf die Vorschussleistung verzichten, gewähren Sie Ihrem Mandanten einen kostenlosen Kredit und tragen das Ausfallrisiko, z.B. bei seiner Insolvenz.

     

    Nach Beendigung des Mandats ist die Abschlussrechnung sofort zu erstellen. Je länger es dauert, bis die Abschlussrechnung erstellt wird, desto geringer wird die Bereitschaft zur Zahlung. Denn der Mandant hat dann den „Gipfel der Dankbarkeit“ schon wieder verlassen. Die Zahlungsbereitschaft tendiert zu häufig durch weitere Zeitverzögerung letztlich gegen Null.

     

    Verzögern Sie die Abrechnung, ergibt sich ein weiterer Nachteil: Sollte der Mandant zwischenzeitlich ein weiteres Problem haben, wird er vermeiden, Sie anzusprechen, da er befürchten muss, dass Sie sich dann an die alte, noch nicht abgerechnete Sache, erinnern.

     

    PRAXISHINWEIS | Eine Anwaltskanzlei ist keine Bank! Nehmen Sie Vorschüsse. Verweisen Sie bei Ratenzahlungsgesuchen auf die Möglichkeit des Mandanten, einen Kredit bei seiner Bank aufzunehmen und diesen in ihm genehmen Raten zurückzuzahlen.

     

    7. Stellen Sie eigene Mahnregeln auf

    In vielen Kanzleien wird das eigene Mahnwesen stiefmütterlich behandelt. Jeder Anwalt hat hier sein eigenes Rezept. Oftmals ist es Zufall, ob und wie gemahnt wird. Ein Blick in viele „Offene-Posten-Listen“ offenbart eine erschreckend hohe Zahl an Außenständen im sechsstelligen Bereich.

     

    Verringern Sie diese Zahl durch konsequente Bearbeitung aller Akten, die dort aufgeführt sind. So erkennen Sie auch, in welchen Akten durch Fehlbuchungen oder doppelte Rechnungen das Aktenkonto auf den richtigen Stand gebracht werden muss. Diese Sisyphusarbeit ist unumgänglich, um danach mit einer korrekten und aktuellen „Offene-Posten-Liste“ arbeiten zu können.

     

    Wenn Sie mit einer Anwaltssoftware arbeiten, prüfen Sie die Statistik aller Akten, in denen keine Umsätze vorhanden sind. So geht keine Akte verloren. Die folgenden zehn Grundsätze helfen Ihnen, das eigene Finanzmanagement zu optimieren:

     

    Checkliste / 10 Punkte zur Optimierung Ihres Finanzmanagements

    Grundsatz 1

    Legen Sie in Ihrer Kanzlei für alle verbindliche Mahnregeln fest.

    Grundsatz 2

    Setzen Sie einheitliche Zahlungsfristen, z.B. zehn Tage nach Rechnungsdatum.

    Grundsatz 3

    Prüfen Sie nach 20 Tagen, ob die Rechnung bezahlt ist.

    Grundsatz 4

    Kennzeichnen Sie Akten, die aus bestimmten Gründen außerhalb der Regeln laufen.

    Grundsatz 5

    Nutzen Sie für alle anderen Akten einen automatischen Mahnlauf für eine erste, freundliche Erinnerung mit Fristsetzung.

    Grundsatz 6

    Für Akten, die außerhalb der Regeln laufen, muss festgelegt werden, wie und wann gemahnt werden soll.

    Grundsatz 7

    Oft ist ein Telefonat wirkungsvoller als eine Mahnung. Kennzeichnen Sie Akten, in denen diese Vorgehensweise sinnvoll ist. So erfahren Sie auch, ob und welche Einwände gegen Ihre Rechnung erhoben werden.

    Grundsatz 8

    Handeln Sie, wenn nach der ersten Mahnung nicht gezahlt wird. Legen Sie fest, ob und wie die eigene Forderung tituliert werden soll.

    Grundsatz 9

    Legen Sie dazu eine neue Akte „Eigene ./. Mandant“ an. Zum einen sind die Umsätze, die aus diesem Mandat erwirtschaftet werden, ohne Umsatzsteuer zu behandeln (BGH 25.11.04, I ZB 16/04, Abruf-Nr. 043320). Zum anderen erhalten Sie so schnell den Überblick, wie viele Mandanten zu Gegnern werden.

    Grundsatz 10

    Prüfen Sie die „Offene-Posten-Liste“ kontinuierlich, damit Sie den Überblick behalten.

     

    8. Externe Dienstleister als Alternative

    Im Jahr 2007 wurde auch für Anwälte das Gebühreninkasso durch externe Dienstleister, vergleichbar mit den ärztlichen Verrechnungsstellen, durch den Gesetzgeber ermöglicht (AK 14, 77: Kanzleimanagement - Gesetz erlaubt Outsourcing). Diese Form des Factorings verspricht dem Anwalt, alle notwendigen Maßnahmen gegen Zahlung einer Gebühr von mehreren Prozent im Rahmen eines stillen oder offenen Verfahrens zu übernehmen. Beim stillen Verfahren versendet die Verrechnungsstelle die Mahnung auf dem Briefkopf der Kanzlei. Beim offenen Verfahren muss der Mandant vorab in diese Art der Bearbeitung einwilligen und erhält die Rechnung direkt von der Verrechnungsstelle. Das entbindet die Kanzlei allerdings nicht von der Erstellung der Rechnung. Ob eine solche Auslagerung für das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant eine gute Wahl ist, bleibt Ansichtssache. Für Anwaltskanzleien gehört - im Gegensatz zu Arztpraxen - das Mahnwesen zum Handwerk, sodass neben dem hohen Kostenfaktor des Factorings auch das Vertrauen des Mandanten Schaden nehmen könnte.

     

    FAZIT | Das eigene Finanzmanagement sichert die Liquidität Ihrer Kanzlei. Gleichzeitig wird eine Außenwirkung erzielt. Denn die Konsequenz in eigener Sache spricht für eine gut organisierte Kanzlei, die neben den Rechten der Mandanten auch ihre eigenen Rechte mit Entschlossenheit durchsetzt. Nehmen Sie ein Mahntelefonat auch zum Anlass, beim Mandanten neuen Beratungsbedarf zu wecken, beispielsweise auf aktuelle Rechtsprechung, die für den Mandanten relevant ist, hinzuweisen. Darüber hinaus können Sie diesen Anlass nutzen und Ihren Mandanten für Weiterempfehlungen sensibilisieren. Es lohnt sich in vielerlei Hinsicht, das eigene Finanzmanagement auf Vordermann zu bringen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Cosack, AK 14, 96 und 110 zum Preisgespräch in der Kanzlei
    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 185 | ID 43002866