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  • · Fachbeitrag · Kanzleiorganisation

    Tappen Sie nicht in die Feiertags-Falle

    | Fällt der letzte Tag einer Rechtsmittelfrist auf einen gesetzlichen Feiertag, endet die Frist am folgenden Werktag. Das stimmt schon, aber es kommt darauf an, dass der Feiertag auch am Gerichtsort als gesetzlicher Feiertag anerkannt ist. Und das muss der Anwalt zwingend selbst überprüfen. 2017 gilt außerdem: Der Reformationstag am 31. Oktober ist ausnahmsweise gesamtdeutscher Feiertag. |

    1. So tückisch ist die Feiertags-Falle

    Tatsächlich tappen Kanzleien immer wieder in die Falle: Ein Urteil ist eingegangen, der zuständige Mitarbeiter berechnet die Berufungsfrist und trägt sie in den Fristenkalender ein.

     

    So weit, so gut. Aber genau hier wird es problematisch. Denn der Mitarbeiter übersieht, dass das Berufungsgericht in einem anderen Bundesland liegt als die Kanzlei selbst. Das birgt potenzielle Fristversäumnisse, denn nicht jeder gesetzliche Feiertag gilt bundesweit. Und das Fristende wird nur dann auf den nächsten Werktag hinausgeschoben, wenn der betreffende Tag an dem Ort, wo das Rechtsmittel einzulegen ist, auch ein gesetzlicher Feiertag ist (BGH 10.1.12, VI ZA 27/11, Abruf-Nr. 120396). Das gilt auch für PKH-Anträge, die innerhalb der Frist für das beabsichtigte Rechtsmittel gestellt werden. Das folgende Beispiel zeigt, wie schnell eine Frist versäumt werden kann.

     

     

    PRAXISHINWEIS | Liegt Ihre Kanzlei in einem anderen Bundesland, als das angerufene Gericht, müssen Sie daher zwingend prüfen, ob ein gesetzlicher Feiertag auch am Gerichtsort gilt. Dies gehört zu Ihren anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Rahmen der Fristenkontrolle, die Sie auch nicht an das Personal delegieren dürfen (vgl. unten S. 89).

     

    2. Warum Sie im Oktober gut aufpassen müssen

    Das „Lutherjahr“ 2017 wirkt sich bis auf die Fristenberechnung aus, denn ausnahmsweise gilt der Reformationstag in diesem Jahr bundesweit als gesetzlicher Feiertag. Normalerweise ist er dies nur in den neuen Bundesländern. Was ist daran nun gefährlich? Wenn er überall als Feiertag gilt, kann man sich bei der Fristenberechnung doch gar nicht erst vertun. Das stimmt, aber tückisch daran ist der Folgetag. Denn der wiederum ist auch wieder ein Feiertag, noch dazu einer von den nicht bundeseinheitlichen.

     

     

    PRAXISHINWEIS | Wegen der Sonderregelung 2017 können Sie sogar gleich zwei Tage „verschenken“, die Sie zur Vorbereitung eines fristgebundenen Schriftsatzes nutzen könnten. Nämlich dann, wenn das Gericht im obigen Beispiel seinen Sitz dort hätte, wo auch Allerheiligen als gesetzlicher Feiertag gilt (z.B. in München). Übersehen Sie, dass der 31.10. ein bundesweiter Feiertag und der darauffolgende 1.11. ein Feiertag in Bayern ist, verzichten Sie freiwillig auf zwei Tage, um die sich die Frist verlängert. Denn dann würde die Frist erst am 2.11.17 ablaufen.

     

    3. So tappen Sie nicht in die Fristen-Falle

    Kanzleimitarbeiter müssen nicht sämtliche uneinheitliche Feiertage im Kopf präsent haben. Der Kanzleikalender weist zudem ohnehin auf der jeweiligen Tagesseite aus, ob und in welchem Bundesland dieser Tag ein gesetzlicher Feiertag ist. Ergänzend sinnvoll ist, auf dem Wandkalender, auf den auch oft geschaut wird, wenn man Fristen berechnet, die Tage mit einem roten Kreuz zu kennzeichnen, die nur in einigen Bundesländern gesetzlich anerkannt sind. Dies kann man direkt zur Jahreswende erledigen, wenn der neue Kalender aufgehängt wird.

     

    PRAXISHINWEIS | Zwar hat der BGH grundsätzlich klargestellt, dass Sie es Ihrem geschulten und angewiesenen Personal überlassen dürfen, Fristen zu notieren. Aber schon kommt die Einschränkung: Haben die Kanzlei und das zuständige Gericht ihren Sitz in unterschiedlichen Bundesländern, ist der Fristablauf bei nicht bundeseinheitlich geregelten Feiertagen keine einfache und übliche Frist. Und solche dürfen Sie nicht von Ihren Angestellten berechnen und notieren lassen. Sie müssen dies selbst tun oder aber zumindest überprüfen, wie Ihre Angestellten berechnet haben (OLG Koblenz 27.6.16, 10 U 1263/15).

     

    Sorgen Sie daher für eine klare, schriftliche Büroanweisung, dass in derartigen Fällen die Akten

    • direkt an den zuständigen Anwalt oder
    • direkt nach Fristeintragung dem zuständigen Anwalt zur Kontrolle vorgelegt werden (Arbeitshilfe zum Download: Musterformulierung Fristen: Arbeitsanweisung an das Personal, Abruf-Nr. 42249377)
     
    • Übersicht: Diese Feiertage 2017 gelten nicht bundeseinheitlich

    15. Juni

    (Fronleichnam)

    nur Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland

    8. August

    (Augsburger Friedensfest)

    nur Stadtgebiet Augsburg

    15. August

    (Mariä Himmelfahrt)

    nur Saarland, Sonderfall Bayern (anteilig nach Gemeinden)

    1. November

    (Allerheiligen)

    nur Bayern, Baden-Württemberg, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland

    22. November

    (Buß- und Bettag)

    nur Sachsen

     

    Weiterführende Hinweise

    • Fristenmanagement an das Personal delegieren? Ja, aber ..., AK 13, 50
    • Anwalt darf Prüfung des Rechtsmittels nicht auf Büropersonal übertragen, AK 16, 110
    • Denken Sie an eine Kontrolle des Fristenkalenders, AK 14, 45
    • Fristenkontrolle - Einzelweisung immer mit einem „SOFORT!“ verbinden, AK 13, 38
    Quelle: Ausgabe 05 / 2017 | Seite 87 | ID 44662822