Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Editorial AK 1/2024

    „Die besondere Zulassung für die Vertretung in Zivilsachen beim BGH ist nicht mehr zeitgemäß.“

    | Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Präsidentin des BGH hat vor Kurzem als Vorsitzende des Wahlausschusses das Verfahren zur Wahl neuer BGH-Rechtsanwälte gestartet. Damit rückt wieder einmal die Frage in den Fokus, ob die besondere Zulassung für die Vertretung in Zivilsachen beim BGH überhaupt noch zeitgemäß ist. |

     

    Darüber wird seit Langem diskutiert. Die Hauptversammlung der BRAK hatte sich im Mai 2019 dafür ausgesprochen, zumindest das Verfahren zur Bestellung neuer BGH-Anwälte zu reformieren, damit diese nicht mehr nur durch die Mehrheit der BGH-Richter im Auswahlgremium bestimmt werden. Dieses Gremium kann nach eigenem Gutdünken die Anzahl der zuzulassenden BGH-Anwälte festlegen und frei ‒ ohne gesetzlich geregelte Kriterien, ohne Verpflichtung zur Bestenauslese und ohne effektive gerichtliche Kontrolle ‒ über die Wahl neuer BGH-Anwälte entscheiden. Das Bundesjustizministerium bestellt die neuen BGH-Anwälte dann nur noch.

     

    Seit dem BRAK-Vorschlag hat sich nichts mehr getan. Doch dieses Verfahren muss heute insbesondere aus Mandantensicht geändert werden: In der Regel hat eine Kollegin oder ein Kollege den Mandanten durch zwei ‒ langwierige ‒ Instanzen begleitet. Die Prozessbevollmächtigten beider Seiten kennen alle Facetten des Verfahrens und sind mit den (komplizierten) Rechtsfragen und dem betroffenen Fachgebiet bestens vertraut. Ihnen kann man also ohne Weiteres zutrauen, auch ein Verfahren vor den Zivilsenaten des BGH zu führen.

     

    Dasselbe gilt nach der Abschaffung der Singularzulassung beim OLG. Dadurch hat es keinen bemerkenswerten Qualitätsverlust bei der anwaltlichen Vertretung gegeben ‒ die Spezialisierung hat hier viel verändert. Diese Erkenntnis sollte sich auch beim BGH durchsetzen.

     

    Das trifft ebenso auf die prozessualen Anforderungen zu. Denn in allen anderen Gerichtszweigen ist dies selbstverständlich ‒ egal, ob es um das Sozialrecht beim BSG, das Steuerrecht beim BFH oder das Kommunalabgabenrecht beim BVerwG geht. Solche Angelegenheiten sind nicht weniger anspruchsvoll als eine versicherungsrechtliche Frage vor dem IV. Zivilsenat des BGH oder eine presserechtliche Frage beim VI. Zivilsenat des BGH.

     

    Die Antwort auf die eingangs aufgeworfene Frage kann deshalb im Interesse des Mandanten nur lauten: Nein. Der Mandant hat einen Anspruch darauf, auch vor dem BGH von dem Anwalt vertreten zu werden, der das Verfahren bisher betreut hat und zu dem er Vertrauen hat. Dieser Rechtsanwalt muss nicht ausgewechselt werden. Hinzu kommt, dass beim BGH, etwa vor dem Anwaltssenat und im Strafrecht, kein Anwaltszwang besteht und keiner dies ändern möchte.

     

    Mit besten kollegialen Grüßen

     

    Ihr Martin W. Huff

    Quelle: Ausgabe 01 / 2024 | Seite 2 | ID 49836349