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  • · Fachbeitrag · Apothekenentwicklung

    Kundenzufriedenheit gestern - heute - morgen: Diskussionsergebnisse von und für Apotheker

    von Julia Kaufmann, Kaufmann & Kirner - mystery shopping and more GbR, Rostock

    | Erfahrungsaustausch unter Gleichgesinnten: Rund 30 Apothekerinnen und Apotheker verschiedener Apotheken und unterschiedlichen Alters diskutierten im Rahmen ihrer regelmäßigen Erfa-Gruppen im sächsischen Bad Muskau und in Stuttgart für AH das Thema „Kundenzufriedenheit im Wandel der Zeit“. Was hat sich in Deutschlands Apotheken seit 1994 getan, wie ist es heute und was wird sich bis 2024 verändern? Wer aus der Vergangenheit lernt, mit der Gegenwart Schritt hält und die richtigen Weichen für die Zukunft stellt, wird sich stets an zufriedenen Kunden erfreuen können. |

    Diskussionsdesign und -ziel

    Um herauszufinden, was für Kunden früher von Bedeutung war und was sie heute erwarten, teilten sich die Gruppen auf. Es wurden Untergruppen für die Vergangenheit (1994), für die Gegenwart (2014) und für die Zukunft (2024) gebildet. Auffällig war, dass sich die Apotheker, die bereits länger im Beruf sind, eher in die Vergangenheitsgruppe begaben, wohingegen die Jüngeren in der Gegenwarts- oder Zukunftsgruppe viele Notizen auf ihren Tablets machten. In den Untergruppen besprachen die Teilnehmer das Thema Kundenzufriedenheit bezüglich der Bereiche „Mitarbeiter/Team“, „Sortimente/Produkte“, „Service/Serviceleistungen“ sowie „Werbung/Internet“. Dabei wurden zum Beispiel die folgenden Fragen diskutiert:

     

    • Welche Rolle hat die Erfüllung von Kundenbedürfnissen vor 20 Jahren gespielt? Welche Möglichkeiten und welches Bewusstsein gab es damals für dieses Thema?
    • Wie präsent ist die Beschäftigung mit Kundenzufriedenheit heute? Was unternehmen die einzelnen Apotheker und wie wird es wohl in zehn Jahren aussehen?
    • Wird die stationäre Apotheke, so wie es sie heute gibt, überhaupt noch existieren?

     

    Alle Teilergebnisse wurden in den Erfa-Gruppen vorgestellt, ausgewertet und besprochen. Ziel der Diskussion war es, einmal die wahren Experten zu Wort kommen zu lassen - also Apotheker wie Sie! Deswegen lesen Sie jetzt genau mit und überlegen Sie, ob Sie die hier vertretenen Meinungen teilen, vielleicht sogar ganz Ähnliches erleben oder ob es in Ihrer Apotheke eventuell völlig anders ist.

    Gestern

    1994 waren Kunden noch „einfach“, so die Schlussfolgerung der Erfa-Gruppen. Viele von ihnen waren Rezeptkunden. Dennoch wurden sie zunehmend mobiler und suchten sich ihre Stammapotheke nicht mehr nur direkt vor der Haustür. Computer hielten langsam Einzug in den Alltag. Viele Apotheken fingen an, technisch aufzurüsten. Und obwohl vermehrt Bildschirme auf den HV-Tischen zu sehen waren und neue Abrechnungssysteme die tägliche Arbeit erleichtern sollten, musste zunächst jede Menge organisiert werden: EDV-Schulungen für die Mitarbeiter, Abrechnungen digital statt per Hand schreiben usw. Es war eine Zeit des Umbruchs.

     

    Hauptperson damals: der Chef einer Apotheke. Er war ein Alleskönner, der nur wenig Verantwortung an seine Mitarbeiter abgab. Die Apotheke selbst, aber auch die Kunden waren sehr auf ihn - die Person im weißen Kittel - ausgerichtet. Der Inhaber war quasi die personifizierte Kundenzufriedenheit. Außerdem war er derjenige, der nach seinem Feierabend selbst Medikamente auslieferte, denn einen Medikamente-Lieferservice gab es kaum und der einzige Betriebswagen war der des Chefs.

     

    Auch das Innere von Apotheken sah damals anders aus, weil es Geschäfte wie Douglas, dm oder Rossmann noch nicht an jeder Ecke gab. Es gab Kosmetik, Parfum und spezielle Säfte wie den Rotbäckchen-Saft zu kaufen. Dinge also, die heute in jeder Drogerie angeboten werden. Um darauf aufmerksam zu machen, was man alles kaufen konnte, begannen Apotheken ihre Produkte zu bewerben. Das geschah zunächst mit selbstgefertigten Flyern und zunehmend mit Zeitungsanzeigen. Pröbchen und kleine Geschenke beim Einkauf sollten die Kunden außerdem dazu verleiten, ihre Stammapotheke zu wechseln.

     

    FAZIT | Vor 20 Jahren lautete das Motto noch „Software statt Soft Skills“: Es wurde viel mehr in die technische Ausstattung und die Einrichtung einer Apotheke als in die Ausbildung der Apothekenmitarbeiter investiert. Die Beschäftigung damit, wie man den Kunden zufriedenstellen kann, fand kaum statt. Wenn etwas optimiert werden sollte, dann war dies die Frequenz der Apothekenbesuche. Es ging darum, erst einmal möglichst viele Kunden „anzulocken“.

     

    Heute

    Hierin waren sich alle Diskussionsteilnehmer sofort einig: Ohne Zeitschriften geht nichts mehr. Medizini oder die Apotheken Umschau sind zur alltäglichen Beigabe und zum Nachfrageprodukt geworden. In Zeitungen geworben wird hingegen weniger. Printanzeigen haben an Bedeutung verloren, heute zählt vor allem eine eigene Internetpräsenz. Diese dient nicht nur als Orientierung für Kunden, wann und wo sie was in der Apotheke einkaufen können, sondern hilft auch den Apotheken selbst - zum Beispiel, Personal zu akquirieren.

     

    Apotheker zu sein, war schon immer ein anspruchsvoller Beruf. Mit den in den vergangenen Jahren gewachsenen Kundenanforderungen ist dieser noch differenzierter geworden. Heute brauchen die Apotheken nicht nur gutes, sondern auch spezifisch geschultes Personal. Denn Spezialisierungen auf Teilbereiche wie Homöopathie oder Schwangerschafts- und Mutter-Kind-Versorgung kommen bei Kunden gut an. Für die Apotheken bedeutet das die Möglichkeit, mit möglichst vielen verschiedenen Patientengruppen eine Kundenbindung aufzubauen. Diese Spezifizierung bedeutet auch, dass der Apothekenleiter nicht mehr Dreh- und Angelpunkt einer Apotheke sein muss. Viele Mitarbeiter übernehmen zunehmend eigenverantwortlich Aufgabenbereiche.

     

    Um Kunden heute zu binden, verlangt es mehr als einen kostenlosen Medikamente-Bringdienst, der mittlerweile vorausgesetzt wird. Die Möglichkeiten sind vielfältiger geworden: von Rabatten über Kundenkarten bis hin zu Talern. Es fällt auf: Die Bedeutung von Kundenzufriedenheit hat deutlich zugenommen! Doch die Apotheken sind dieser Herausforderung gewachsen: Angenehme Düfte und wohlklingende Musik beeinflussen die Atmosphäre in den Verkaufsräumen und sollen dafür sorgen, dass die Kunden länger verweilen. Aktionstage und spezielle Serviceleistungen, wie kostenloses Blutdruckmessen, machen die Apotheke beim Kunden präsenter. Er soll sie in seinen Alltag einbinden, auch mal so vorbeischauen. So wird sein Interesse für das gesamte Angebot geweckt und Produkte aus der Freiwahl werden ebenfalls verkauft.

     

    FAZIT | Heute geht es darum, Alleinstellungsmerkmale zu schaffen, den Kunden für sich zu gewinnen und nicht an die Apotheke nebenan zu verlieren. Ob kleine Preise, eingängige Werbung oder Aktions- und Beratungstage - lenken Sie den Kunden in Ihre Apotheke!

     

    Morgen

    Die Kunden werden immer gesundheitsinteressierter und informierter - und damit anspruchsvoller. Der Apotheker soll nicht länger nur Berater, sondern am besten Gesundheitscoach sein: jemand, der die Krankheit erkennt, bevor sie auftritt, der mehr vor- als nachsorgt. Um diesem Verlangen nach allumfassender Beratung gerecht werden zu können, wird und muss sich auch die Apothekerausbildung verändern. Selbstverständlich erlernen PTAs Inhaltsstoffe, Nebenwirkungen, Symptome und vieles mehr - nur der Umgang mit Kunden wird nicht intensiv genug geschult. Die Beteiligten der Erfa-Gruppen waren sich darin einig, dass dies unbedingt Teil der Ausbildung werden muss, denn die Komplexität der Kundenbedürfnisse verlangt das.

     

    MERKE | Indem Apotheken den Kunden alle Informationen aus einer Hand liefern, verschaffen sie sich einen Vorteil gegenüber dem Wettbewerb. Medikamentenmanagement, Beratung zu gesunder Ernährung, Neues aus der Welt der Gesundheit - bieten Sie Ihren Kunden diese Informationen maßgeschneidert und binden Sie diese so an Ihre Apotheke.

     

     

    Technische Möglichkeiten nutzen

    Aber nicht nur in sozialer Hinsicht, auch technisch stehen die Apotheken vor neuen Möglichkeiten. Kunden werden zunehmend mobiler und flexibler - Sie auch! „Jemand will sein Rezept einlösen oder eine gesundheitsbezogene Frage klären, dann chattet er einfach über Skype mit seinem Apotheker“, so der Vorschlag eines Erfa-Gruppenmitglieds. Warum nicht? So hätte der Kunde zum einen die Gewissheit, dass er einen guten Rat von seinem Lieblingsapotheker erhält. Zum anderen müsste er nicht in der Apotheke vorbeikommen - er wäre (genau wie Sie) ortsunabhängig. Bedürfnis- und bedarfsgerechte Beratung muss nicht zwangsläufig in der Apotheke selbst erfolgen.

     

    Gläserner Kunde ist mit Fingerspitzengefühl zu behandeln

    Alles geht schneller, wird transparenter - aber genau das wurde bei den Diskussionsteilnehmern nicht nur positiv gesehen. Es sei eben nicht transparent, sondern gläsern - das beträfe Apotheken, aber vor allem die Kunden. Der Kunde hat zwar Einsicht in Medikamentenzusammensetzungen, Einnahmetipps und Preislisten - im Internet kann er alles vergleichen. Gleichzeitig aber wird über ihn und seine gesundheitsbezogenen Daten Buch geführt, sei es in der Chronik seines Browsers oder auf Gesundheitskarten. Der Apotheker braucht die Karte nur zu scannen und schon weiß er, welcher Mensch mit welchen Krankheiten vor ihm steht. Eine Freiheit, die mit Fingerspitzengefühl zu behandeln ist.

     

    Apothekenzeitschrift der Zukunft ist digital

    Kostenlose Zeitungen soll es auch in Zukunft in den Apotheken geben - am besten digital, über QR-Codes. Diese kann der Kunde direkt via Smartphone in seiner Apotheke einscannen und dann zuhause lesen. So stellen sich die Erfa-Gruppenteilnehmer die Verflechtung von Zeitung und Kundenbindung in der Zukunft vor. Eine weitere Überlegung der Teilnehmer für diese moderne Form der Zeitung ist personalisierte Werbung. Je nach Alter und Kundenprofil (Mann oder Frau, bisherige Krankheiten etc.) würde gezielt Werbung für bestimmte Produkte in den mobilen Ausgaben der Gesundheitsmagazine geschaltet. So wäre die Werbung für einen 60-Jährigen anders als für eine 30-Jährige. Das bedeutet für die Apotheken ein Plus in Sachen Zielgruppenansprache.

     

    Eine neue Kundengeneration entsteht

    Die Apothekenbranche ist eher konservativ - Entwicklungen finden nur langsam ihren Weg über die Ladentheke. Da sind sich auch die jüngeren Kollegen einig. Trotzdem muss sich die Branche auf eine neue Kundengeneration einstellen. Die Kunden, die heute 50 Jahre alt sind - auch Silver oder Best Ager genannt -, sind anders als die, die erst in zehn Jahren ins beste Apothekenalter kommen. Sie sind versierter, technischer, erwarten mehr. Das ist ein Umstand, auf den sich die Apotheken einstellen müssen. Um jedoch Kunden jeden Alters gerecht zu werden, bedarf es nicht nur des Fortschritts, sondern auch der Kompetenz, Kundennetzwerke zu schaffen und zu pflegen.

     

    Seien Sie offen für Neues!

    Mit der Spezialisierung vieler Apotheken auf bestimmte Gesundheitskomplexe hat eine Zergliederung begonnen, die das statische Bild der Einheitsapotheke in Zukunft auflösen wird. Gehen Sie diesen Weg mit und bieten Sie Ihren Kunden Extras, von denen diese vielleicht noch gar nicht wissen, dass sie sie benötigen.

     

    Klar ist hingegen, was Sie brauchen: fähiges Personal. Achten Sie deshalb auch auf die Entwicklung von Arbeitgeber- und Bewerbungsportalen im Internet. Wer darüber Arbeit sucht und in der Lage ist, dies als Chance für sein Berufsleben zu nutzen, kann wahrscheinlich auch mit anderen modernen Herausforderungen umgehen.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 8 | ID 42697942