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  • Privatliquidation

    Auslagenersatz: Die wichtigsten „Spielregeln“ und Sonderfälle im Überblick

    Private Krankenversicherungen und Beihilfen – nachfolgend als PKV bezeichnet – stellen immer öfter neben den ärztlichen Leistungen berechnete Sachkosten nach Paragraph 10 GOÄ in Frage. Durch den Herzklappenskandal aufgescheucht prüfen sie die Abrechnungen besonders kritisch.  Wir berichten daher, wie Sie mit einer korrekten Anwendung des Auslagenersatzes unberechtigte Korrekturen Ihrer Liquidation vermeiden.

    Die Grundlagen

    Paragraph 4 Absatz 3 GOÄ lautet:„Mit den Gebühren sind die Praxiskosten einschließlich der Kosten für den Sprechstundenbedarf sowie die Kosten für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten, soweit nicht in dieser Verordnung etwas anderes bestimmt ist ...”(Wegen der Länge der Paragraphentexte zitieren wir nur die für das Verständnis wichtigen und allgemein relevanten Passagen; zur schnelleren Orientierung haben wir außerdem Textstellen, die später erläutert werden, entsprechend markiert).Der in der „Ausnahmeregelung“ der GOÄ zugelassenen Kosten sind neben den Ziffern für Ihre Leistungen berechenbar. Die Spezifizierung findet sich in Paragraph 10 Absatz 1:

    „Neben... Gebühren können als Auslagen (1)  nur berechnet werden:

    1.

    ....Arzneimittel, Verbandmittel und sonstige Materialien, die der Patient ... behält (2) oder die mit einer einmaligen Anwendung (3) verbraucht sind, soweit nicht in Absatz 2 etwas anderes bestimmt ist,

    2.

    Versand- und Portokosten, soweit nicht nach Absatz 3 ausgeschlossen,

    3.

    die ... mit Leistungen nach Abschnitt O bei der Anwendung radioaktiver Stoffe durch deren Verbrauch entstandenen Kosten sowie

    4.

    die nach den Vorschriften des Gebührenverzeichnisses als gesondert berechnungsfähig ausgewiesenen Kosten.

    Die Berechnung von Pauschalen ist nicht zulässig.“

    Paragraph 10 Absatz 2 lautet:

    „Nicht berechnet werden können die Kosten für:

    1.

    Kleinmaterialien (4) wie (5)  Zellstoff, Mulltupfer, ....

    2.

    Reagenzien und Narkosemittel zur Oberflächenanaesthesie

    3.

    Desinfektions- und Reinigungsmittel

    4.

    Augen-, Ohren-, Nasentropfen, Puder, Salben und geringwertige Arzneimittel zur sofortigen Anwendung sowie für

    5.

    folgende Einmalartikel:(6) Einmalspritzen. Einmalkanülen, Einmalhandschuhe

    In Paragraph 10 Absatz 3 heißt es:

    „Versand- und Portokosten können nur von dem Arzt berechnet werden, dem die gesamten Kosten für Versandmaterial .... entstanden sind (7). Kosten für ... innerhalb einer Laborgemeinschaft ... sind nicht berechnungsfähig (8); dies gilt auch, wenn Material oder ein Teil davon unter Nutzung der Transportmittel ... einem zur Erbringung von Leistungen beauftragten Arzt zugeleitet wird ...(9). Für die Versendung der Arztrechnung dürfen Versand- und Portokosten nicht berechnet werden (10).

    Was heißt „Auslagen“?

    „Auslagen”(Textstelle (1) ) heißt, daß Sie nur tatsächlich entstandene Kosten berechnen dürfen. Bei Bezug von größeren Mengen erhaltene Rabatte oder Skonti müssen Sie deshalb an den Patienten weitergeben. Ihre Ehrlichkeit wird vorausgesetzt und auch, daß Sie sich um sparsamen Einkauf bemühen. Schummeln ist gefährlich: Die Berechnung höherer als tatsächlich entstandener Kosten ist Betrug nach Paragraph 263 Strafgesetzbuch!

    Keine Berechenbarkeit von Arztmustern

    Dem Patienten mitgegebene Arztmuster dürfen Sie eben deshalb nicht berechnen. Auch  Lagerkosten dürfen Sie nicht in Rechnung stellen. Solche sind im Paragraphen 10 nicht vorgesehen und deshalb nicht berechenbare Praxiskosten (Paragraph 3).

    Dem Patienten mitgegebene Praxisutensilien sind berechnungsfähig (Textstelle (2) )

    Wenn Sie aus Ihren Praxisbeständen dem Patienten zum Beispiel Verbandmittel mitgeben, so sind diese berechnungsfähig, wenn sie nicht unter die in Absatz 2 genannten Mittel fallen, die nicht berechnungsfähig sind. Beispiel: Sie geben einem Patienten mit Ulcus cruris einem Kompressionsverband für das Wochenende mit.

    Die Verwendung von Einmalmaterial (Textstelle (3) ) muß medizinisch zwingend erforderlich sein

    Paragraph 10 stellt auf Einmalmaterial ab. Dieses sind – soweit wiederum nicht in Absatz 2 ausgeschlossen – berechenbar. Sie dürfen aber nicht Material, das eigentlich in wiederverwendbarer Form zur Verfügung steht, zur Einsparung von Praxiskosten als Einmalmaterial wählen und berechnen. Nur wenn die Verwendung von Einmaterial medizinisch zwingend ist, ist es berechenbar. Beispiel: Einmal-Akupunkturnadeln. Durch BSE und Creutzfeld-Jakob ist die Verwendung von resterilisierbaren Nadeln zumindest sehr umstritten und Akupunkturnadeln sind auch keine vom Absatz 2 ausgeschlossen Kleinmaterialien oder Spritzen bzw. Kanülen.

    Was sind Kleinmaterialen (Textstelle (4) )?

    Bitte beachten Sie, daß die in Absatz 2 Nummer 1 aufgezählten Kleinmaterialien durch „wie” (Textstelle (5) )  beispielhaft genannt sind. Also sind auch hier nicht namentlich genannte Materialien von geringerem Wert nicht gesondert berechnungsfähig. Üblicherweise wird bis zu einem Wert von 1,50 bis 2 DM von „Kleinmaterial” ausgegangen. Ob der Wert des verwendeten Materials gering ist, hängt aber auch vom Wert der berechneten Leistung ab. 2 DM sind bei einer gering bewerten Leistung mehr Geld als bei einer hoch bewerteten Leistung.

    Viele Ärzte und auch GOÄ-Kommentare sehen 10 bis höchstens 15 Prozent des Honorars der Leistung als Grenze an. Hier haben Sie etwas Ermessensspielraum, um die Grenze zwischen Ihrem berechtigtem Anspruch und der Akzeptanz durch den Patienten zu finden.

    Nicht berechenbare Einmalartikel (Textstelle (6) )

    Beachten Sie bei Einmalartikeln den Unterschied zur Nummer 1 (Textstellen (4) und (5) ). Hier ist nicht mehr nur von Kleinmaterialien die Rede, die Regelung ist also nicht mehr vom Wert des Materials abhängig. Die Begriffe „wie” oder „beispielsweise” werden nicht verwendet, der Katalog ist  abschließend.

    Braunülen, Einmalhandschuhe

    Braunülen und andere Venenpunktionskanülen für zum Beispiel Infusionen sind berechnungsfähig. Sie sind weder Kleinmaterial noch sind sie im Katalog der Nummer 5 enthalten  und auch keine Einmal-, sondern vielmehr Verweilkanülen und deswegen berechnungsfähig. Sterile Einmalhandschuhe sind zwar teurer, fallen aber unter die in Nummer 5 genannten Einmalhandschuhe, sind also nicht berechenbar.

    Medikamente und Impfstoffe

    Medikamente werden bei Privatpatienten meist auf Rezept ausgegeben (zu Arztmustern siehe oben). Aus dem Sprechstundenbedarf für Ihre Kassenpatienten dürfen Sie keine Medikamente für Privatpatienten entnehmen, sondern müssen diese gesondert beschaffen. In Notfällen ist die Verwendung von Medikamenten oder Impfstoffen (Beispiel: Tetanusimpfung) aus dem GKV-Praxisbedarf manchmal unumgänglich. Dann müssen  Sie den Sprechstundenbedarf mit einem Privatrezept und der Verrechnung auf den Namen des Patienten wieder auffüllen.

    Porto für Arztbriefe

    Das Porto für Arztbriefe oder den Versand von Röntgentüten ist berechenbar. Nicht berechnen dürfen Sie aber das Porto für Ihre Rechnung an den Patienten (Textstelle (10) ).

    Versendung von Labormaterial

    Die Kosten für die Versendung von Labormaterial dürfen nicht aufgeteilt werden (Textstelle (7) ). Der Laborarzt, dem Sie Material einsenden, trägt in der Regel sämtliche Kosten. Ausgeschlossen ist die Berechnung in einer Laborgemeinschaft (Textstelle (9) ). Die Kostenberechnung entfällt auch dann, wenn ein Teil des Materials – zum Beispiel am selben Termin entnommenes Blut – mit Transportmitteln der Laborgemeinschaft an einen anderen Arzt (Laborarzt) weitergeleitet wird.

    Kostenberechnung neben ambulanten Operationen

    Von einigen PKVen wird behauptet, neben Zuschlägen für ambulante Operationen (Nrn. 440 ff. GOÄ) sei kein Auslagenersatz möglich. Schließlich seien die besonderen Kosten durch die Zuschläge abgedeckt. Das stimmt nicht. Die Zuschläge sind nur für die besonderen Vorhaltekosten beim ambulanten Operieren gedacht. Dies geht aus der Allgemeinen Bestimmung Nr. 1 vor Abschnitt C VIII der GOÄ hervor. Dort ist die Rede von „Bereitstellung” und davon, daß hier im Gegensatz zur Regelung im Paragraphen 10 GOÄ auch Kosten für wiederverwendbare Materialien berücksichtigt sind. Ein Auslagenersatz  in der oben beschriebenen Form ist also auch neben den Zuschlägen für ambulante Operationen berechenbar.

    Rückversendung von Röntgentüten oder Behandlungsunterlagen

    Andere PKVen behaupten, die Kosten für die Rücksendung von Röntgentüten oder Behandlungsunterlagen – zum Beispiel an ein Krankenhaus – seien nicht berechenbar, weil der Hausarzt die zugrundeliegende Leistung – zum Beispiel eine Röntgenaufnahme – auch nicht erbracht habe. Paragraph 10 fordere ausdrücklich im Zusammenhang mit der Kostenerstattung eine erbrachte Leistung („Neben ... Gebühren ...“). Das ist falsch. Sie berechnen die Kosten im Zusammenhang mit der Auswertung der Unterlagen und der daraus resultierenden und berechneten Beratung des Patienten!

    Rechnungsstellung

    Die Grundlage zur Rechnungsstellung findet sich inParagraph 12 GOÄ Absatz 2 Nummer 5: „Die Rechnung muß insbesondere enthalten ... bei Ersatz von Auslagen ... den Betrag und die Art der Auslage; übersteigt der Betrag der einzelnen Auslage 50 DM,

    ist der Beleg oder ein sonstiger Nachweisbeizufügen.”

    Das ist eine klare Regelung. Strittig ist aber hin und wieder, was ein „sonstiger Nachweis” sein soll. Dies kann zum Beispiel eine von Ihnen erstellte Aufstellung sein, aus der hervorgeht, mit welcher Lieferung (Rechnungsnummer) die Kosten entstanden und wie sie berechnet wurden. Dieses Verfahren ist manchmal praktischer, wenn das Material nur ein kleiner Teil einer umfangreichen Lieferung war. Auf Nachfrage müssen Sie aber die Rechnung vorweisen können.

    Kostenersatz nach Paragraph 670 BGB

    Außer den nicht berechenbaren Praxiskosten und den nach Paragraph 10 GOÄ berechenbaren Kosten fallen manchmal in der Arztpraxis noch Kosten an, die nur bei einem bestimmten Patienten entstanden, aber im Paragraphen 10 nicht genannt sind. Dies können zum Beispiel Servicekosten sein (ein Honorar für einen Dolmetscher, Kopien im Auftrag des Patienten oder Telefonate für den Patienten mit einer Versicherung).

    Hier wäre Paragraph 670 BGB anzuwenden: „Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrages Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.” Sie können danach also beispielsweise die oben genannten Kosten berechnen. Mit dem Paragraphen 670 BGB ist es aber nicht möglich, den Paragraphen 10 der GOÄ zu umgehen (siehe auch Textstelle (10) ). Als „lex specialis” hat dieser Vorrang. Was nach Paragraph 10 GOÄ ausdrücklich nicht berechenbar ist (zum Beispiel das Porto für Ihre Liquidation), kann auch nicht nach Paragraph 670 BGB berechnet werden.

    Paragraph 670 BGB spricht von „Aufwendungen”. Das ist genauso zu verstehen wie der Begriff „Auslagen” im Paragraphen 10 GOÄ. Sie können also nur tatsächlich entstandene Nettokosten berechnen. Ihre dafür aufgewendete Arbeitszeit oder die Ihres Personals bleibt leider außen vor. Insofern ist die aufgewendete Zeit als Rüstzeit für eine berechenbare ärztliche Leistung – zum Beispiel eine Beratung – zu betrachten.

    Quelle: Abrechnung aktuell - Ausgabe 05/1999, Seite 5

    Quelle: Seite 5 | ID 99780