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· Fachbeitrag · Betriebliche Altersversorgung

Die bAV beim Arbeitgeberwechsel: Neue Entwicklungen erfordern neue Überlegungen

von Dr. Claudia Veh, Schweizer Leben Pensionsmanagement, München

| Die bAV ist zum Standardvergütungselement geworden. Deshalb stellt sich bei Arbeitgeberwechseln auch die Frage, was mit der bAV passiert. Kann sie mitgenommen werden? Ist das für den Arbeitnehmer sinnvoll? Welche Risiken trägt der Arbeitgeber? Änderungen im Umfeld der bAV haben bewirkt, dass diese Antworten heute anders ausfallen als gestern und sich alle Beteiligten neu justieren müssen. Der Beitrag lässt Sie teilhaben an den Überlegungen, die dabei angestellt werden müssen. |

Zwei Möglichkeiten zur Mitnahme der bAV (Portabilität)

Die arbeitsrechtliche Regelung zur Portabilität befindet sich im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG). Dieses sieht zwei Möglichkeiten vor, eine unverfallbare Anwartschaft auf bAV bei Ausscheiden aus einem Unternehmen zum neuen Arbeitgeber mitzunehmen:

 

  • 1.Die Übernahme der Zusage (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG)
  • 2.Die Übertragung mit Übertragungswert (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG)
  •  

Wichtig | In beiden Fällen ist die Zustimmung aller Beteiligten erforderlich; also vom alten und neuen Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer.

Die Übernahme der Zusage

Bei der Übernahme der Zusage tritt der neue Arbeitgeber in die bestehende bAV ein. Er führt sie fort, so wie sie ist.

 

Neuer Arbeitgeber übernimmt alle schuldrechtlichen Verpflichtungen

Die Übernahme ist schuldbefreiend für den alten Arbeitgeber. Der neue Arbeitgeber tritt in das gesamte Versorgungsversprechen ein, der alte Arbeitgeber wird aus seiner Verpflichtung entlassen. Ist in der Vergangenheit ein Fehler passiert, zum Beispiel wenn der Arbeitgeber gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen hat, steht der neue Arbeitgeber dafür ein.

 

Übernahme der Zusage ist für neuen Arbeitgeber eher ungünstig

Der Arbeitnehmer wird dieser Übernahmeform in der Regel positiv gegenüberstehen. Gleiches gilt für den bisherigen Arbeitgeber. Einzig der neue Arbeitgeber wird im Allgemeinen nicht in ein bestehendes arbeitsvertragliches Grundverhältnis mit Wirkung für die Vergangenheit eintreten wollen. Denn wer will schon für Fehler des bisherigen Arbeitgebers bei der bAV haften.

 

Wichtig | Deshalb dürfte diese Variante in der Praxis nur bei Schlüsselpersonen angewendet werden, die die Übernahme der Zusage fordern und die der neue Arbeitgeber unbedingt für sein Unternehmen haben will.

Die Übertragung mit Übertragungswert

Die zweite Möglichkeit, eine bAV mitzunehmen, ist die Übertragung mit dem Übertragungswert (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG).

 

Hier wird der Übertragungswert der bisherigen bAV (bei den versicherungsförmigen Durchführungswegen das Deckungskapital ohne Stornokosten, bei Direktzusagen und Unterstützungskassenversorgungen der Barwert der nach § 2 BetrAVG bemessenen künftigen Versorgungsleistungen) ermittelt und in eine wertgleiche neue Zusage beim neuen Arbeitgeber umgewandelt. So kann die bisherige Zusage ins bAV-System des Folge-Arbeitgebers transferiert werden.

 

Neue Rechnungsgrundlagen machen Modell für Arbeitnehmer unattraktiv

Im Allgemeinen hat der alte Arbeitgeber nichts dagegen, der neue Arbeitgeber auch nicht, jedoch vielleicht der Arbeitnehmer. Denn die Übertragung einer bestehenden bAV (etwa einer Direktversicherung mit vier Prozent Rechnungszins, Bisex) mit ihrem Übertragungswert in eine neue bAV beim neuen Arbeitgeber erfolgt nach neuen Rechnungsgrundlagen (zum Beispiel eine Pensionskasse mit 1,75 Prozent Rechnungszins, Unisex). Das führt sehr häufig zu deutlich geringeren Leistungen.

 

PRAXISHINWEIS | Für Arbeitnehmer ist es also im Zweifel besser, mit unverfallbaren Anwartschaften auszuscheiden (= die bAV beim alten Arbeitgeber stehen zu lassen), und beim Neuen mit einer neuen bAV in dessen System zu beginnen.

 

Erteilung einer Neuzusage bei Fortführung der alten bAV als Ausweg?

Um die in der Regel günstigeren Konditionen des alten Vertrags zu erhalten, wurde bislang oft der Weg gewählt, diesen Vertrag weiterzuführen. Der neue Arbeitgeber stieg in den bestehenden Vertrag als Versicherungsnehmer ein, ohne jedoch auch die alte arbeitsrechtliche Zusage zu übernehmen. Es wird also beim neuen Arbeitgeber ein neues Versprechen erteilt, als „Finanzierungsinstrument“ jedoch die bestehende Versicherung genutzt.

 

Beachten Sie | Dieses Modell funktioniert aber in Zeiten von Unisex für Versicherungen auf Basis von Bisex nicht mehr. Denn dann würde die neue Zusage mit einem Bisex-Tarif finanziert werden, was seit Ende 2012 nicht mehr möglich ist, zumindest wenn man das EuGH-Urteil zu Unisex auf die bAV überträgt, was die gesamte Versicherungsbranche tut.

 

FAZIT | Arbeitgeber werden sich künftig zunehmend der Forderung neuer Arbeitnehmer ausgesetzt sehen, ihren alten bAV-Vertrag fortzuführen und die bestehende Zusage zu übernehmen. Arbeitgeber können aber die Risiken nicht abschätzen, die mit der bestehenden Zusage verbunden sind. Deshalb sollten sie sich fachkundiger Hilfe bedienen. Als Lösung in Frage kommt vor allem die Übertragung mit Übertragungswert und die Erteilung einer wertgleichen Zusage. Die ist zwar für die Arbeitnehmer in der Regel schlechter, als wenn der neue Arbeitgeber in die alte Zusage einsteigt, aber der Arbeitnehmer hat schließlich auch die Möglichkeit, die unverfallbare Anwartschaft beim alten Arbeitgeber zu belassen.

Quelle: Ausgabe 07 / 2013 | Seite 19 | ID 39838370