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· Fachbeitrag · Untervertreter

Wichtige Punkte bei der Weiterbeschäftigung des ausgeschiedenen Vertreters als Untervertreter

von Rechtsanwalt Bernhard Schleicher, Rechtsanwälte Dr. Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth und Kollegen, München.

| Scheidet ein langjähriger Versicherungsvertreter bei seinem Versicherer wegen Erreichen der Altersgrenze aus, besteht häufig Interesse, dass dieser mit der Nachfolgeagentur zusammenarbeitet und „seine“ Kunden weiter betreut. Erfahren Sie, worauf Sie als Nachfolgeagentur achten müssen, wenn Sie den ausgeschiedenen Vertreter als Untervertreter weiterbeschäftigen wollen. |

Die Vorteile einer Weiterbeschäftigung

Die Weiterbeschäftigung des ausgeschiedenen Vertreters als Untervertreter ist für alle Beteiligten ein Gewinn:

 

  • Die Nachfolgeagentur kann die Kunden durch den betreuen lassen, der die besten Kundenbeziehungen hat.
  • Der Kunde fühlt sich unverändert gut aufgehoben.
  • Der ausgeschiedene Vertreter verdient sich etwas hinzu.
  • Der Versicherer ist froh, dass der ausgeschiedene Vertreter keine Kunden abwirbt und die Kundenbestände einvernehmlich übergeleitet werden.

 

Bevor Sie den ausgeschiedenen Untervertreter weiterbeschäftigen, gilt es jedoch einige Dinge zu regeln:

Echter oder unechter Untervertreter

Zunächst müssen Sie klären, zwischen wem der Untervertretervertrag zustande kommen soll.

 

Unechte Untervertretung

Kommt der Untervertretervertrag zwischen dem Versicherer und dem Untervertreter zustande, liegt aus Sicht der Agentur eine unechte Untervertretung vor. Dann hat auch der Untervertreter seinen Vertrag mit dem Versicherer direkt. Ihrer Agentur ist er lediglich organisatorisch zugeordnet.

 

Wichtig | Viele Versicherer gehen so vor, weil sie die Kontrolle behalten möchten, wer als ihr Vertreter nach außen auftritt. Für Sie als Agenturinhaber bzw. Hauptvertreter ist das der einfachste Fall, weil sie keine eigenen vertraglichen Pflichten gegenüber dem Untervertreter übernehmen. Sie haben aber auch weniger Einfluss.

 

Echte Untervertretung

Soll der Vertrag dagegen zwischen der Agentur und dem Untervertreter abgeschlossen werden, handelt es sich um eine echte Untervertretung.

 

PRAXISHINWEIS | Entscheiden Sie sich für eine echte Untervertretung, sollten Sie Ihren Vertretervertrag prüfen. Häufig ist die Zustimmung des Versicherers Voraussetzung für den Einsatz von Untervertretern. Sie müssen dann die Zustimmung einholen, bevor Sie den Untervertretervertrag abschließen. Der Versicherer darf die Zustimmung nur verweigern, wenn er dafür Gründe hat.

 

Alle vertraglichen Ansprüche bestehen zwischen der Agentur und dem Untervertreter. Häufig werden zwar die Provisionsabrechnungen vom Versicherer erstellt, weil dieser über die notwendige Buchhaltung verfügt. Das ändert aber nichts daran: Der Untervertreter hat seinen Provisionsanspruch gegen Ihre Agentur.

Vergütung des Untervertreters

Haben Sie sich für eine echte Untervertretung entschieden, müssen Sie im nächsten Schritt die Vergütung des Untervertreters fixieren. Dabei bieten sich Ihnen zwei Alternativen:

 

1. Monatliche Grundvergütung und variabler Anteil

Sie können eine monatliche Grundvergütung und einen variablen Anteil vereinbaren:

 

  • Der variable Anteil der Vergütung besteht aus der Provision des Untervertreters für die Vermittlung von Neugeschäft. Sie kehren einen Teil Ihrer Abschlussprovision an den Untervertreter aus.

 

  • Mit der Grundvergütung honorieren Sie, dass der Untervertreter dafür sorgt, dass „seine“ Kunden nicht wechseln. Gegebenenfalls vergüten Sie damit auch weitere Tätigkeiten des Untervertreters für Ihre Agentur, wie zum Beispiel die Akquise oder Terminvereinbarung.
  •  
  • PRAXISHINWEIS | Bei einer Grundvergütung wird unterstellt, dass der Bestand gleichbleibt. Da Änderungen jedoch nicht ausbleiben, sollten Sie im Vertrag Anpassungsmöglichkeiten vorsehen.

     

2. Anteil an der Abschluss- und Bestandspflegeprovision

Alternativ können Sie vereinbaren, dass der Untervertreter von der Abschluss- und Bestandspflegeprovision der ihm zugeschlüsselten Bestände einen Anteil erhält. Das hat den Charme, dass sich die Bestandsänderungen bereits in der Provision widerspiegeln - und Sie dazu nichts weiter im Untervertretervertrag regeln müssen.

 

PRAXISHINWEIS | Führen Sie die Verträge des Untervertreters in einer eigenen Unteragenturnummer. So können Sie die Bestandsentwicklung sehen, ohne dass Sie die Bestände aufwändig selektieren müssen. Das gilt sowohl für den Fall, dass Sie eine monatliche Grundvergütung und einen variablen Anteil vereinbaren oder dem Unterverteter einen Anteil an der Abschluss- und Bestandspflegeprovision zukommen lassen.

 

Ausgleichsanspruch

Bezüglich des Ausgleichsanspruchs gilt es zwei Dinge zu beachten:

 

Ausgleichsanspruch für bisherige Tätigkeit

Viele Agenturen planen häufig mit dem Vertreter die Anschlusstätigkeit schon vor dem Beendigungszeitpunkt seines Agenturvertrags.

 

PRAXISHINWEIS | Besprechen auch Sie die Anschlusstätigkeit schon vor Ende des Agenturvertrags, weisen Sie den Vertreter darauf hin, dass er sich vom Versicherer bestätigen lässt, dass seine geplante weitere Tätigkeit seinen Ausgleichsanspruch nicht beeinflusst. Sonst könnte der Versicherer auf die Idee kommen, den Ausgleichsanspruch zu kürzen mit dem Argument, dass dem Vertreter durch seine weitere Tätigkeit künftig keine oder nur geringe Provisionsverluste entstehen.

 

Ausgleichsanspruch für Anschlusstätigkeit

Der Untervertreter erwirbt bei seiner Anschlusstätigkeit für Ihre Agentur einen neuen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB, wenn er hauptberuflich für die Agentur tätig wird. Keinen Ausgleichsanspruch erwirbt er, wenn er nur nebenberuflich tätig ist. Das müssen Sie im Untervertretervertrag ausdrücklich regeln, weil Sie sich als sein Vertragspartner sonst nicht darauf berufen können (§ 92b Abs. 2 HGB).

 

Den Ausgleich erhält er natürlich nur für neu gewonnene Verträge, und nicht für die, die der Versicherer bereits durch den Ausgleichsanspruch abgefunden hat und die ihm dann wieder übertragen wurden.

 

PRAXISHINWEIS | Fügen Sie die übertragenen Bestände mittels einer detaillierte Liste dem Untervertretervertrag als Anlage bei. Listen Sie darin die übertragenen Verträge mit Angabe der Vertragsnummer, der Prämienhöhe und des Namens und Anschrift des Kunden einzeln auf. Andernfalls hätte Ihre Agentur die gleichen Schwierigkeiten wie der Versicherer bei der Ausgleichsberechnung, weil ein Vorgehen nach der „Bruttodifferenzmethode“, also der pauschale Abzug einmal angeblich übertragener Gesamtbestandszahlen von den Durchschnittsprovisionen bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs, unzulässig ist (WVV 7/2015, Seite 3). Ihre Agentur würde Gefahr laufen, einen hohen Ausgleichsanspruch zahlen zu müssen, weil Sie nicht nachweisen können, welche einzelnen Verträge übertragen wurden.

 

Rentenversicherungspflicht des Untervertreters

Auch die Rentenversicherungspflicht des Untervertreters, der nicht nur nebenberuflich tätig ist, müssen Sie auf dem Schirm haben:

 

  • Als „arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger“ unterliegt er der Rentenversicherungspflicht (§ 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI), wenn er keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt (ein Mini-Jobber reicht nicht!) und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist (mindestens fünf Sechstel der gesamten Einkünfte bei einem Auftraggeber liquidiert).

 

  • Da der Untervertreter aber das 58. Lebensjahr vollendet hat, kann er von der Rentenversicherungspflicht befreit werden (§ 6 Abs. 1a S. 1 Nr. 2 SGB VI): Voraussetzung ist, dass der Untervertreter nach seiner zuvor ausgeübten selbstständigen Tätigkeit als Versicherungsvertreter erstmals rentenversicherungspflichtig nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI wird.

 

PRAXISHINWEISE | Um die Rentenversicherungspflicht beim Untervertreter zu vermeiden, klären Sie, ob der Untervertreter bereits als Versicherungsvertreter rentenversicherungspflichtig ist/war:

  • Wenn ja, müssen Sie sicherstellen, dass der Untervertreter aus der Tätigkeit für Ihre Agentur weniger als fünf Sechstel seiner gesamten Einkünfte bezieht. Sie müssen also wissen, welche weiteren Einkünfte der Untervertreter mit anderen Auftraggebern hat. Diese Auftraggeber dürfen natürlich nicht in Konkurrenz zu Ihrem Versicherer stehen. Denn ansonsten würden Sie gegen das Konkurrenzverbot in Ihrem Agenturvertrag verstoßen.
  • Wenn nein, lässt sich die 58-er-Regelung nutzen.
 

Zehn-Punkte-Checkliste

Nachfolgend finden Sie eine Checkliste mit den zehn wichtigsten Punkten, die Sie als Agentur klären müssen, bevor Sie den Untervertreter engagieren.

 

Checkliste / Klärungsbedürftige Punkte bei Weiterbeschäftigung in der Nachfolgeagentur

Echter oder unechter Untervertreter nach §§ 84 ff. HGB

Ausschließlichkeitsverpflichtung des Untervertreters

Aufgaben und Befugnisse des Untervertreters in der Agentur

Vergütung und Fälligkeit

Ausgleichsanspruch bei hauptberuflichem Untervertreter

Beendigungsgründe für Untervertretervertrag

Unteragenturnummer und Auflistung der übertragenen Bestände

Arbeitnehmerähnliche Selbständigkeit / Rentenversicherungspflicht

Wettbewerbsverbot

Datenschutz

 

PRAXISHINWEIS | Formulieren Sie den Untervertretervertrag individuell und lassen sich diesen bei Zweifeln vom Versicherer absegnen.

 

Weiterführende Hinweise

  • Beitrag „Ausgleichsanspruch: Grundsätze Sach: Anrechnung von Altbestandsübertragungen bei der Ausgleichsberechnung“, WVV 7/2015, Seite 3
  • Beitrag „Beschäftigung von Rentnern in der Agentur - das müssen Sie als Arbeitgeber wissen“, WVV 6/2013, Seite 15
  • Agenturnachfolge: „Beratervertrag zwischen Agenturinhaber und freiem Mitarbeiter“ auf wvv.iww.de unter Downloads → Musterverträge → Agenturnachfolge
  • Sonderausgabe „Ausgleichsanspruch: So holen Sie beim Ausgleichsanspruch das Maximum für sich heraus“ auf wvv.iww.de unter Downloads → Sonderausgaben
  • Zum Datenschutz: BaFin, Rundschreiben 10/2014, Abruf-Nr. 143849
Quelle: Ausgabe 08 / 2015 | Seite 5 | ID 43489723