Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

· Fachbeitrag · Buchauszug

Diese Angaben gehören aufgrund ihrer Provisionsrelevanz zum Inhalt des Buchauszugs

von Rechtsanwalt Bernhard Schleicher, Kanzlei Dr. Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth und Kollegen, München

| Versicherungsvertreter haben Anspruch auf einen Buchauszug. Regelmäßig kommt es mit dem Versicherer zum Streit über dessen Form und Inhalt. Der Versicherer stellt viele Punkte beim Buchauszug in Abrede. Der Versicherungsvertreter muss sich dann Punkt für Punkt mit den Einwendungen des Versicherers auseinandersetzen. Oft landet man vor Gericht. Ein aktueller Fall liefert Ihnen Rüstzeug, vor allem, wenn Sie Angaben einfordern wollen, die nicht gängiger Inhalt des Buchauszugs sind. |

Die Grundsätze zum Buchauszug

Der Buchauszug (§ 87c Abs. 2 HGB) dient dazu, dem Vertreter Klarheit über seine Provisionsansprüche zu verschaffen und ihm eine Nachprüfung der vom Versicherer erteilten Provisionsabrechnungen zu ermöglichen (BGH, Urteil vom 21.03.2001, Az. VIII ZR 149/99, Abruf-Nr. 010575).

 

Provisionsvereinbarung bestimmt den Umfang bzw. Inhalt

Der Buchauszug muss die im Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung, die Höhe und die Fälligkeit der Provisionen relevanten Geschäftsverhältnisse vollständig widerspiegeln, soweit sie sich aus den Büchern des Versicherers entnehmen lassen. Welche Angaben im Einzelfall provisionsrelevant sind, hängt von der zwischen den Parteien des Vertretervertrags geltenden Provisionsregelung oder -vereinbarung ab. Alle danach für die Provision bedeutsamen Umstände sind in den Buchauszug aufzunehmen. Dies gilt aber nur für solche Umstände, die die Geschäftsbeziehung zwischen Versicherer und Kunden betreffen. Der BGH hat 2001 folgende Angaben für üblich angesehen:

 

  • Angaben beim Buchauszug laut BGH vom 21.03.2001
  • 1. Name des Versicherungsnehmers
  • 2. Versicherungsscheinnummer
  • 3. Art und Inhalt des Versicherungsvertrags (Sparte, Tarifart, prämien-/provisionsrelevante Sondervereinbarungen)
  • 4. Jahresprämie
  • 5. Versicherungsbeginn
  • 6. Bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages
  • 7. Bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie
  • 8. Im Falle von Stornierungen: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen

Wichtig | Den Provisionssatz und den Provisionsbetrag kann der Vertreter der nach § 87c Abs. 1 HGB zu erteilenden Abrechnung entnehmen. Diese Angaben sind daher nicht nochmals in den Buchauszug zu übernehmen, so der BGH.

Damals waren nicht mehr Angaben beantragt worden. Die Rechtsprechung erkennt aber eine Vielzahl weiterer notwendiger Informationspunkte an.

 

 

Nebeneinander von Anspruch auf Buchauszug und auf Provisionsabrechnung

Der Anspruch auf Buchauszug besteht neben dem Anspruch auf Provisionsabrechnung. Abrechnungen können einen Buchauszug nur ersetzen, wenn

  • sie sich lückenlos über den gesamten Vertragszeitraum erstrecken und
  • alle in einen Buchauszug aufzunehmenden Angaben enthalten oder
  • der Versicherer mit ihrer Überlassung alle Angaben macht, die für einen ordnungsgemäßen Buchauszug erforderlich sind (BGH, Urteil vom 23.10.1981, Az. I ZR 171/79). Das ist in der Praxis kaum der Fall.

OLG Hamm konkretisiert Details beim Buchauszug

Das OLG Hamm musste über einen sehr ausführlichen Buchauszug entscheiden. Es hat wichtige Details beim Buchauszug konkretisiert (OLG Hamm, Urteil vom 14.05.2018, Az. 18 U 85/17, Abruf-Nr. 202800).

 

Zulässigkeit der Buchauszugsklage

Das OLG hat jetzt klargestellt, dass eine Buchauszugsklage auch zulässig ist, wenn nicht konkret bezeichnet wird, welchen Inhalt der Buchauszug haben soll. Der Vertreter kann z. B. eine verjährungshemmende Buchauszugsklage einreichen und erst im laufenden Verfahren konkretisieren, welchen Inhalt der Buchauszug haben soll.

 

Angaben beim Buchauszug

Das OLG Hamm hat Punkt für Punkt geprüft, welche Angaben provisionsrelevant sind und daher in den Buchauszug gehören. Nachfolgend stellen wir Ihnen die Angaben vor, die bisher noch nicht gängiger Inhalt des Buchauszugs waren und bei denen das OLG die Provisionsrelevanz bejaht hat:

 

  • Angaben beim Buchauszug laut OLG Hamm
Angaben
Begründung des OLG Hamm
Datum des Eingangs des Widerrufs beim Produktgeber

Vom Eingang eines Widerrufs kann darauf geschlossen werden, ob der Kunde den Widerruf rechtzeitig abgesandt und damit den abgeschlossenen Versicherungsvertrag zu Fall gebracht hat. Diese Information hat unmittelbare Provisionsrelevanz und kann daher vom Versicherer verlangt werden.

Datum der Policierung

In der Police kommt zum einen die Annahme des Versicherungsvertrags durch die Versicherung zum Ausdruck, was ja Grundlage für jeden Provisionsanspruch ist. Zum anderen können über dieses Datum auch Verzögerungen nachgewiesen werden, die den Kunden vielleicht dazu bewegt haben, den Vertrag zu widerrufen, zu kündigen oder nicht einzulösen.

Eintrittsalter der versicherten Person

Die Information zum Eintrittsalter der versicherten Person kann nur hinsichtlich der Verträge verlangt werden, bei denen das Alter eine Auswirkung auf die Prämienhöhe hat. Dies muss der Vertreter im Verfahren für jede Sparte nachweisen (z. B. Kranken, Leben).

Abgeschlossene Ersatzverträge über dasselbe Risiko

Die Information über abgeschlossene Ersatzverträge über dasselbe Risiko wurde im Rahmen der Stornierungsfälle verlangt. Hintergrund ist, dass der Versicherer nachweisen muss, dass Provisionsrückforderungsansprüche auch berechtigt sind. Natürlich sind sie das gerade nicht, wenn der Nachfolgevertreter die Kunden motiviert, die bestehenden Verträge zu kündigen, und gleichzeitig neue Verträge abschließt, was in der Praxis ja leider oft vorkommt. Diese Informationen kann der Vertreter ab dem Zeitpunkt verlangen, ab dem er nicht mehr für die Betreuung der Verträge zuständig war, also z. B. nach einer Freistellung.

Art und Datum von Beitreibungsmaßnahmen

Die Information über Art und Datum von Beitreibungsmaßnahmen sieht das OLG noch als potenziell provisionsrelevant an und hat diese dem Vertreter daher ebenfalls zugesprochen.

 

Sonstige Einwendungen des Versicherers verpuffen

Der Versicherer hat ‒ wie oft üblich ‒ vorgetragen, der Vertreter habe schon alle Informationen des Buchauszugs in seinen Provisionsabrechnungen vorliegen. Er selbst wisse am besten über die vermittelten Verträge Bescheid, sodass er gar kein berechtigtes Interesse an dem Anspruch hätte. Die Daten könnten nicht geliefert werden, weil dies EDV-mäßig gar nicht möglich sei bzw. eine zu große wirtschaftliche Belastung darstellen würde. Der Vertreter wolle den Versicherer nur schikanieren usw.

 

Mit diesen Standard-Einwendungen drang der Versicherer nicht durch. Das OLG hat klargemacht, dass solche Einwendungen nicht verfangen. Die ständige Rechtsprechung schützt das schon im Gesetz sehr stark ausgeprägte Recht des Handelsvertreters auf den Buchauszug.

 

OLG hält Verjährungsverkürzungsklausel für unwirksam

Ferner hatte der Versicherer eingewandt, im Vertrag befände sich eine verjährungsverkürzende Klausel auf 2 Jahre. Auch hiermit kam er beim OLG nicht durch. Die verjährungsverkürzende Klausel ist unwirksam. Denn sie bezieht sich auch auf Ansprüche aus vorsätzlichem Verhalten. Für diese sind Verjährungsverkürzungen nach § 202 Abs. 1 BGB verboten.

 

Unwirksamkeit des Ausschlusses von Überhangprovisionen

In dem Standa‒Vertretervertrag war als Provisionsverzichtsklausel geregelt, dass mit Vertragsende alle Abschluss-Provisionsansprüche entfallen, es sei denn, es handelt sich um bereits eingereichte, aber noch nicht policierte Anträge. Damit sind also Abschlussprovisionen aus Geschäften ausgeschlossen, die zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zwar angebahnt waren, aber noch keine Anträge eingereicht wurden.

 

Das OLG moniert an der Provisionsverzichtsklausel, dass der gesetzlich zwingende Anspruch des Vertreters gemäß § 87a Abs. 3 HGB von dem Verzicht nicht ausgenommen war. Konkret geht es um den Anspruch auf Provision auch für den Fall, dass der Versicherer das Geschäft nicht oder nicht so, wie vermittelt, ausführt, wie es abgeschlossen worden ist, und dies vom Versicherer zu vertreten ist. Das OLG hält daher die Klausel für unwirksam. Es bezieht sich in seiner Argumentation auf den BGH (Urteil vom 21.10.2009, Az. VIII ZR 286/07, Abruf-Nr. 093823).

 

PRAXISTIPP | Die Ansicht des OLG Hamm und des BGH können Sie sich zunutze machen. Der Versicherer kann bei einem Buchauszugsverlangen nicht einwenden, aufgrund der Provisionsverzichtsklausel sei der Anspruch auf Buchauszug eingeschränkt oder weggefallen. Denn die bestehenden üblichen Provisionsverzichtsklauseln verstoßen gegen § 87a Abs. 3 HGB, als sie auch solche Provisionen versagen, die dadurch zu Überhangprovisionen werden, dass der Versicherer das vermittelte Geschäft nicht oder verspätet ausführt.

 

Weiterführender Hinweis

  • WVV-Sonderausgabe „Provision des Versicherungsvertreters“ auf wvv.iww.de → Abruf-Nr. 44577990
Quelle: Ausgabe 11 / 2018 | Seite 5 | ID 45434826