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· Fachbeitrag · Einkommensteuer/Unfallversicherung

So lassen sich die Beiträge zur Unfallversicherung in der Steuererklärung geltend machen

von Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburg und Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de

| Unfallversicherungen umfassen meist betriebliche bzw. berufliche wie auch private Unfälle. Berechtigt stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang der Fiskus an den Versicherungsprämien beteiligt werden kann: Konkret durch Abzug als Betriebsausgabe oder Werbungskosten bzw. als beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben. WVV schafft Klarheit und erläutert Ihnen die Möglichkeiten. |

Der Sonderausgabenabzug

Beiträge an Unfallversicherungen sind grundsätzlich nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG als Sonderausgaben abzugsfähig. Sie zählen allerdings zu den lediglich beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben, sodass für diese zzgl. aller übrigen beschränkt abzugsfähigen Versicherungen die Höchstbeträge nach § 10 Abs. 4 EStG gelten (1.900 Euro bzw. für Steuerzahler, die ihre Krankenversicherung allein finanzieren 2.800 Euro). Diese sind in der Praxis regelmäßig bereits ausgeschöpft bzw. werden durch Kranken- und Pflegeversicherungen bei weitem überschritten. Deshalb ergibt sich oft kein steuerlicher Vorteil, der potenzielle Sonderausgabenabzug der Beiträge verpufft ins Leere.

 

Allerdings liegen nur dann Sonderausgaben vor, wenn die Beiträge nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sind (§ 10 Abs. 1 S. 1 EStG). Dem Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug kommt daher ein Vorrang vor dem Sonderausgabenabzug zu und führt ‒ sofern er anwendbar ist ‒ regelmäßig zu einer weitaus höheren steuerlichen Entlastung. Denn in diesen Bereichen ist der Abzug nicht auf Höchstbeträge gedeckelt.

Arbeitnehmer: Abzugsmöglichkeit als Werbungskosten

Beiträge eines Arbeitnehmers zur freiwilligen Unfallversicherung können sämtliche Unfälle des täglichen Lebens absichern oder nur berufliche.

 

Versicherung gegen alle Unfälle

Im Regelfall deckt die Versicherung sämtliche Unfälle des täglichen Lebens ab. Damit umfasst sie sowohl private als auch berufliche Unfälle. Der auf berufliche Unfälle entfallende Teil ist als Werbungskosten abzugsfähig. Eine Aufteilung der Versicherungsprämie in Werbungskosten und beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben ist zulässig. Hierbei bestehen zwei Möglichkeiten:

 

  • 1. Der Arbeitnehmer erfragt den beruflichen Anteil bei der Versicherungsgesellschaft. Der bescheinigte berufliche Anteil ist als Werbungskosten abzugsfähig („beruflicher Anteil“), der übersteigende Betrag stellt beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben dar („privater Anteil“).

 

  • 2. Der Arbeitnehmer beruft sich auf die Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 28.10.2009, Az. IV C 5 ‒ S 2332 ‒ 67/00, Tz. 1.3, Abruf-Nr. 093843). Danach darf er pauschal 50 Prozent der Beiträge der beruflichen Sphäre zuordnen und als Werbungskosten abziehen. Entsprechend sind die übrigen 50 Prozent als beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben zu deklarieren.
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Versicherung gegen berufliche Unfälle

Sollte die freiwillige Unfallversicherung ausschließlich berufliche Unfälle absichern, sind die Versicherungsprämien in voller Höhe als Werbungskosten abzugsfähig (BMF, Schreiben vom 28.10.2009, a.a.O., Tz. 1.1).

 

Werden andererseits ausschließlich private Unfälle abgesichert, ist ebenfalls keine Aufteilung zulässig. Dann liegen in voller Höhe beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben vor (BMF, Schreiben vom 28.10.2009, a.a.O., Tz. 1.2). Eine (pauschale) Aufteilung der Beiträge ist folglich nur bei gemischten Versicherungspolicen zulässig.

 

Erstattung der Beiträge durch Arbeitgeber

Erstattet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Beiträge zu einer freiwilligen Unfallversicherung mit gemischt versicherten Risiken, so liegt in der Erstattung

  • beim Arbeitgeber eine abzugsfähige Betriebsausgabe und
  • beim Arbeitnehmer steuerpflichtiger Arbeitslohn vor.

 

PRAXISTIPP | Sofern die Versicherung auch das Unfallrisiko bei Auswärtstätigkeiten des Arbeitnehmers abdeckt, kann der Arbeitgeber diese Beitragsanteile steuerfrei an den Arbeitnehmer erstatten. Dabei können ohne Einzelnachweis (z. B. Bescheinigung der Versicherungsgesellschaft) pauschal 40 Prozent des auf den beruflichen Bereich entfallenden Beitragsanteils steuerfrei erstattet werden (BMF, Schreiben vom 28.10.2009, Tz. 1.4).

 
  • Beispiel

Der angestellte Außendienstmitarbeiter A hat eine freiwillige Unfallversicherung abgeschlossen. Dafür zahlt er einen Jahresbeitrag von 300 Euro. Die Unfallversicherung umfasst sowohl berufliche als auch private Unfälle. Auch Risiken während Auswärtstätigkeiten sind inbegriffen.

 

Ergebnis:

  • Bei einer gemischten Unfallversicherung mit einem Jahresbeitrag von 300 Euro können pauschal 50 Prozent als beruflicher Anteil angesehen werden (150 Euro). Von diesen 150 Euro kann der Arbeitgeber dem A 40 Prozent, also 60 Euro steuerfrei erstatten. Erstattet er mehr, sind die übersteigenden Erstattungen steuerpflichtiger Arbeitslohn.
  • Beim Arbeitgeber sind sie dennoch als Betriebsausgaben abzugsfähig. Bei A mindern die Erstattungsbeträge den ohne Erstattung bestehenden Werbungskosten- bzw. Sonderausgabenabzug (je 150 Euro) entsprechend.
 

Unternehmer: Abzugsmöglichkeit als Betriebsausgaben

Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Grundsätzlich gilt, dass nur Versicherungen steuerlich absetzbar sind, die betriebliche Risiken abdecken. Nur diese beeinflussen den betrieblichen Gewinn. Private Versicherungen hingegen mindern den Gewinn nicht und müssen als Privatentnahme erfasst werden. Diese sind dann als beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben zu berücksichtigen. Das bedeutet:

 

  • 1. Umfasst die Versicherung betriebliche Risiken (z. B. Schutz vor bestimmten berufs- oder betriebsspezifischen Gefahren wie Berufskrankheiten, Arbeitsunfälle), ist die Versicherungsprämie eine Betriebsausgabe.

 

  • 2. Umfasst die Versicherung private Risiken (z. B. Tod, Unfall, Krankheit und die damit verbundenen Vermögenseinbußen), ist die Versicherungsprämie allenfalls Sonderausgaben.

 

Wichtig | Für die Einordnung des Risikos (betrieblich/privat) ist nicht entscheidend, welche Aufwendungen im Versicherungsfall zu erstatten sind (z. B. Betriebsausgaben, Krankenhauskosten etc.). Es kommt einzig und allein darauf an, ob die versicherte Gefahr durch den Betrieb veranlasst wird. Realisiert sich ein betriebliches Risiko, sind auch die finanziellen Folgen mittelbar durch den Betrieb veranlasst. Realisiert sich ein Risiko der privaten Sphäre, werden die finanziellen Folgen durch das der Privatsphäre zuzurechnende Ereignis ‒ und nicht durch den Betrieb ‒ verursacht.

 

Abgesichertes Risiko bei der Unfallversicherung maßgebend

Versicherungen des Unternehmers, die Schutz gegen spezielle berufs- oder betriebsspezifische Gefahren wie Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle bieten, sind also betrieblich relevant und als Betriebsausgaben abzugsfähig. Beiträge zu einer Unfallversicherung allgemeiner Art können daher nur dann vollständig als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG abgezogen werden, wenn ausschließlich oder ganz überwiegend ein erhöhtes betriebliches Unfallrisiko abgedeckt, also eine besonders gefahrengeneigte Tätigkeit abgesichert werden soll, und sich die Unfallversicherung auf diese Risiken beschränkt (BFH, Urteil vom 13.04.1976, Az. VI R 87/73, BStBl 1976 II, 599).

 

  • Beispiele

Tätigkeit auf Dächern, Bauten, Gerüsten, bei Berufssportlern (z. B. Fußballer, Handballer, Basketballer, Boxer) oder bei einem Flugkapitän. Vorausgesetzt, die Versicherung umfasst ausschließlich die entsprechenden Tätigkeiten.

 

Umfasst die Versicherung hingegen die Absicherung gegen Krankheit und Unfälle und daraus resultierende Verdienstausfälle allgemeiner Art, ergibt sich kein Betriebsausgabenabzug. Versichert ist dann ein privates Risiko. Damit sind die Beiträge lediglich als beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben zu berücksichtigen.

 

Aufteilung bei gemischt veranlassten Versicherungsprämien

Werden sowohl betriebliche als auch private Unfälle durch die Unfallversicherung abgedeckt, so ist der Gesamtbeitrag einschließlich Versicherungssteuer auf beide Risiken aufzuteilen. Zwingend muss der Gesamtbeitrag auf betriebliche und private Risiken anhand von Angaben bzw. Bescheinigungen des Versicherers aufgeteilt werden. Liegen diese vor, erkennt das Finanzamt den dort ausgewiesenen Anteil regelmäßig auch in Betriebsprüfungen an.

 

Wichtig | Nicht auf den betrieblichen Bereich übertragbar ist die bei Arbeitnehmern dargestellte Vereinfachungsregelung, wonach pauschal 50 Prozent der Beiträge dem beruflichen Bereich zugeordnet werden können.

 

  • Beispiel

Die selbstständige Versicherungsvertreterin V hat eine freiwillige Unfallversicherung abgeschlossen. Dafür entrichtet sie einen Jahresbeitrag von 450 Euro. Die Versicherung umfasst sowohl berufliche als auch private Unfälle. Die Versicherungsgesellschaft hat ihr bescheinigt, dass von dem Gesamtbeitrag 30 Prozent auf versicherte betriebliche Risiken entfallen.

 

Ergebnis: V kann 30 Prozent von 450 Euro als Betriebsausgaben geltend machen (135 Euro). Der übersteigende Betrag von 315 Euro ist als beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben zu berücksichtigen.

 

(Freiwillige) Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung

Arbeitgeber sind regelmäßig verpflichtet, die gesetzlichen Beiträge der Arbeitnehmer für die Berufsgenossenschaft zu bezahlen. Tun sie dies, können sie die Beiträge vollständig als Betriebsausgabe geltend machen. Beim Arbeitnehmer ergibt sich hierdurch kein steuerpflichtiger Arbeitslohn.

 

Daneben besteht oft für den Arbeitgeber die Möglichkeit, nach § 6 SGB VII für sich selbst und den im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten/Lebenspartner freiwillig in der Berufsgenossenschaft zu versichern. Das hat steuerlich zur Folge:

 

  • Die Beiträge zur freiwilligen Versicherung sind als Betriebsausgaben beim Arbeitgeber abzugsfähig.

 

  • Tritt der Versicherungsfall ein und werden Leistungen bezogen, stellen diese zwar Betriebseinnahmen dar, sind jedoch nach § 3 Nr. 1a EStG von der Besteuerung befreit.

 

Wichtig | Obwohl die Leistungen also bei der freiwilligen Versicherung steuerfrei sind, ergibt sich für die Beiträge kein Abzugsverbot nach § 3c Abs. 1 EStG. Es mangelt an einem unmittelbaren Zusammenhang.

Quelle: Ausgabe 12 / 2020 | Seite 15 | ID 46759997