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· Fachbeitrag · Altersversorgung/Lebensversicherung

GA-Versorgung: Vor 2005 vom Versicherer abgeschlossene Aufbauversicherung ist steuerfrei

| Die Kapitalleistungen aus einer vor 2005 abgeschlossenen Kapitalversicherung sind unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Davon profitiert auch eine vom Versicherer abgeschlossene Kapitallebensversicherung zugunsten ihres Ausschließlichkeitsvertreters. Das hat der BFH klargestellt. |

Die Drei-Stufen-Versorgung eines Generalagenten

Den Versicherungen lagen die Richtlinien für die Versorgung der hauptberuflichen Ausschließlichkeitsvertreter der Versicherungs-AG (Generalagenten-Versorgung/GA-Versorgung) zugrunde.

 

  • Stufe 1 der GA-Versorgung regelte eine Kapitalversicherung bis zum fünften Beschäftigungsjahr eines Generalagenten (GA).

 

  • Die GA-Versorgung sah als Stufe 2 Kapitalversicherungen auf den Todes- und Erlebensfall bei der Lebensversicherung vor, und zwar
    • zum einen als Grundversicherung gegen gleichbleibenden Beitrag und
    • zum anderen als Aufbauversicherung gegen „laufenden Einmalbeitrag” in variabler Höhe.

 

  • Bei der Aufbauversicherung richtete sich der jährliche Beitrag nach der Höhe des durchschnittlichen jährlichen Bestandszuwachses in den jeweils vorangegangenen fünf Kalenderjahren (= anrechenbarer Bestandszuwachs). Der Wert dieses anrechenbaren Bestandszuwachses war aus den Beiträgen sämtlicher von der Versicherungs-AG beim Inkrafttreten der GA-Versorgung betriebenen Versicherungssparten mit Ausnahme der Lebens- und Krankenversicherungen zu berechnen. Die Versicherungssumme der Aufbauversicherung sollte sich jährlich in Abhängigkeit vom aufgewendeten Beitrag erhöhen.

 

Sämtliche Beiträge in die Direktversicherung der Stufe 2 hatte die Versicherungs-AG zu tragen. Die Stufe 3 sah auf Antrag des GA eine weitere Aufbauversicherung entsprechend der Stufe 2 vor. Allerdings hatte bei der Stufe 3 der Generalagent die Hälfte der Versicherungsbeiträge aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Die Versicherungen der Stufe 2 und 3 wurden auf das 65. Lebensjahr des Generalagenten abgeschlossen. In Höhe des Kapitalwerts der von der Versicherungs-AG finanzierten Direktversicherungen entstand aus Gründen der Billigkeit kein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB.

 

Der GA vereinbarte im Jahr 1982 Direktversicherungen der Stufe 2 (Grund- und Aufbauversicherung) und 1987 eine Aufbauversicherung der Stufe 3. Die Direktversicherung der Stufe 2 wies im ersten Versicherungsschein der Lebensversicherung eine Versicherungssumme in Höhe von 3.800 DM aus, die sich durch Beitragsleistungen bis 2011 auf 47.000 Euro erhöhte.

 

Die Direktversicherung der Stufe 3 begann mit einer Versicherungssumme von 4.600 DM, die sich bis 2011 auf 37.000 Euro erhöhte. Bei jeder Beitragszahlung erstellte die Lebensversicherung einen Nachtrag mit einer erhöhten Versicherungssumme und einer erhöhten Invalidenrente.

 

Bei der Beendigung des Agenturverhältnisses im Jahr 2011 standen dem GA Ausgleichsansprüche gemäß § 89b HGB zu. Der GA und die Versicherungs-AG waren sich einig, dass die Ausgleichsansprüche aus Billigkeitsgründen in Höhe des Werts der GA-Versicherungen nicht auszugleichen sind. Die Lebensversicherungen wurden also mit dem Ausgleichsanspruch verrechnet. Die weiteren Ausgleichsansprüche zahlte die Versicherungs-AG aus.

Leistungen aus Aufbauversicherungen steuerfrei

Bei der Auszahlung der Aufbauversicherungen Stufe 2 und 3 waren die Lebensversicherung und das Finanzamt der Ansicht, die beiden Versicherungen gegen „laufenden Einmalbeitrag“ seien teilweise steuerpflichtig. Der BFH sah das zugunsten des GA anders. Er hält die Kapitalleistungen für steuerfrei (BFH, Urteil vom 06.09.2018, Az. X R 21/16, Abruf-Nr. 206991):

 

Aufbauversicherungen sind Direktversicherungen

Die Zahlungen aus den Aufbauversicherungen sind laut BFH als Leistungen aus Direktversicherungen zwar grundsätzlich nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG zu versteuern. Denn eine Direktversicherung liegt auch vor, wenn die Versicherungsleistungen selbstständig tätigen Personen, z. B. Handelsvertretern, aus Anlass ihrer Tätigkeit für das Unternehmen zugesagt werden (§ 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG).

 

Steuerbegünstigte Altverträge bei Abschluss vor 2005

Die Versicherungsverträge gehören jedoch laut BFH zu den vor dem 01.01.2005 abgeschlossenen steuerbegünstigten Altverträgen. Darunter fallen z. B. „Kapitalversicherungen gegen laufende Beitragsleistung mit Sparanteil, wenn der Vertrag für mindestens zwölf Jahre abgeschlossen wurde“. Entscheidend ist, dass eine „laufende Beitragszahlung“ und nicht nur ein „Einmalbeitrag“ vereinbart worden ist. Einen bestimmten Beitragszahlungszeitraum verlangt das Gesetz nicht. Die Zahlungen müssen also weder in regelmäßigen Zeitabständen getätigt werden noch betragsmäßig gleichmäßig sein.

 

Im Urteilsfall sind bei einer Aufbauversicherung „laufende Einmalbeiträge in variabler Höhe“ vereinbart worden. Diese Vereinbarung war unklar. Deshalb kommt es für die Abgrenzung zwischen „Einmalbeitrag“ und „laufender Beitragszahlung“ entscheidend auf die tatsächliche Art und Weise der Beitragsberechnung und -zahlung an.

 

Bis zum Streitjahr 2011 kam es bei beiden Versicherungen über die ganze Laufzeit gesehen jeweils nur in sieben Jahren zu keinen Einzahlungen. Das ist für den BFH eine „laufende Beitragszahlung“. Daher liegen steuerbegünstigte Beiträge zu „Kapitalversicherungen gegen laufende Beitragsleistung mit Sparanteil“ vor. Denn der Vertrag wurde für mindestens zwölf Jahre abgeschlossen. Und die Beiträge werden jährlich nach einer im ursprünglichen Vertrag vereinbarten Berechnungsmethode geleistet, so der BFH.

Quelle: Ausgabe 03 / 2019 | Seite 3 | ID 45735235