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23.08.2013 · IWW-Abrufnummer 132659

Sozialgericht Lübeck: Urteil vom 23.04.2013 – S 1 KR 993/11

Auch Versorgungsbezüge, die ein Arbeitnehmer von einer Pensionskasse erhält, unterliegen insoweit nicht der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, wie sie auf Beiträgen beruhen, die - nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis - allein der Arbeitnehmer getragen hat.

Eine Unterscheidung bei der Beitragspflicht dahingehend, dass zwar Kapitalleistungen aus Lebensversicherungen dieser nicht unterworfen werden, wenn sie auf Beiträgen beruhen, die Arbeitnehmer unter Einrücken in die Stellung eines Versicherungsnehmers eingezahlt haben, etwas anderes aber dann gilt, wenn es sich um Versorgungsbezüge handelt, ist nicht zulässig und widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz von Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Befreiung von der Beitragspflicht bei Versorgungsbezügen, die allein auf Einzahlungen von Arbeitnehmern beruhen, scheitert auch nicht daran, dass anders als bei Direktversicherungen, ein Wechsel des Versicherungsnehmers nicht stattfindet.


SG Lübeck

09.10.2012

S 1 KR 993/11

In dem Rechtsstreit
XXX
hat die 1. Kammer des Sozialgerichts Lübeck auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2012 in Lübeck durch den Direktor des Sozialgerichts _______, den ehrenamtlichen Richter _____, den ehrenamtlichen Richter ________
für Recht erkannt:
Tenor:

Der Bescheid der Beklagten vom 14.04.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.11.2011 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, den Versorgungsbezug von der ________ Pensionskasse insoweit beitragsfrei zur Kranken- und Pflegeversicherung zu stellen, wie er auf Beiträgen des Klägers beruht.

Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, die insoweit bereits gezahlten Beiträge dem Kläger zu erstatten.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt 90 v.H. der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
1

Streitig ist die Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung des Teils von Versorgungsbezügen, der auf eigenen Versicherungsbeiträgen beruht.
2

Der 1945 und bei der Beklagten als Rentner seit dem 1. Juni 2007 gesetzlich kranken- und pflegeversicherte Kläger erhält neben dem vorgezogenen Altersruhegeld Versorgungsbezüge von den Firmen ____________ und _______. Der in diesem Verfahren allein streitige Versorgungsbezug aus der _______ Pensionskasse VVaG beläuft sich bzw. belief sich nach der dortigen Mitteilung vom 8. Mai 2007 zu Beginn am 1. Juni 2007 auf 181,04 Euro.
3

Gegen die Beitragspflicht auf diesen Versorgungsbezug erhob der Kläger am 21. November 2010 Widerspruch. Er machte geltend, er habe die Firma _______ zum 1. April 1981 verlassen und seine Beiträge für diese Rente weiterhin von seinem privaten Geld bis zum Bezug der Rente im Jahr 2007 bezahlt. Der Kläger übersandte eine Ablichtung des Mitgliedsscheins bei dem Versorgungswerk der D_________________ Unternehmen mit Wirkung zum 1. März 1978 sowie eine Ablichtung eines an den Kläger gerichteten Schreibens des Versorgungswerkes der _________________ Unternehmen vom 8. April 1981, worin die freiwillige Weiterversicherung ab 1. April 1981 bescheinigt wird. Der seinerzeit anfallende monatliche Beitrag zu dieser Versicherung von 80 DM wurde von dem Konto des Klägers abgebucht.
4

Die Beklagte blieb mit Bescheid vom 14. April 2011 bei ihrer Rechtsauffassung. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und bezog sich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das er für einschlägig hielt.
5

Mit Bescheid vom 1. November 2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus: "Als Versorgungsbezüge gelten unter anderem Renten der Betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst (§ 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Hierzu gehören sämtliche Leistungen, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, und unmittelbar oder mittelbar aus Anlass eines früheren Beschäftigungsverhältnisses zufließen. Die Beitragspflicht besteht unabhängig davon, wer die Beiträge dafür gezahlt hat. Es gibt keine Aufteilung zwischen Arbeitgeber- und Versichertenbeiträgen.In dem vom Bundesverfassungsgericht zu entscheidenden Streitfall ging es um eine Kapitalleistung aus einem Direktversicherungsvertrag, die nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis von diesem privat fortgeführt und finanziert worden ist. Nur für diese Fallkonstellation wurde entscheiden, dass die Kapitalleistung nicht vollständig beitragspflichtig ist. Bei Ihrem Versorgungsbezug von der _______ Pensionskasse (VVaG) handelt es sich nicht um einen Versorgungsbezug, der aus einer Direktversicherung resultiert und in Form einer Kapitalleistung ausgezahlt wurde. Folglich ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht anwendbar. Da es sich um einen laufenden Versorgungsbezug der betrieblichen Altersversorgung handelt, sind in ihrem Fall die vorgenannten Urteile des BSG maßgebend. Eine Beitragserstattung scheidet demnach aus".
6

Gegen den am 3. November 2011 zugegangenen Widerspruchsbescheid richtet sich die am 5. Dezember 2011 bei dem Sozialgericht Lübeck eingegangene Klage. Der Kläger macht geltend, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 1660/08 sei auf den vorliegenden Fall ohne weiteres anwendbar. Das Argument der Beklagten, dieses beinhalte eine Direktversicherung und im Fall des Klägers handele es sich um monatliche Versorgungsbezüge, sei lediglich formal und inhaltlich nicht nachzuvollziehen. Es sei allein entscheidend, dass der Kläger über Jahrzehnte die Versorgung selbst bespart habe.
7

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.11.2011 aufzuheben und dem Kläger eine Erstattung seiner auf den Versorgungsbezug von der ________ Pensionskasse (VVaG) erhobenen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab Juni 2007 bis 30.11.2011 in Höhe von 1.728,77 Euro zu leisten und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger für seinen Versorgungsbezug von der ________ Pensionskasse (VVaG) auch zukünftig, d.h. über den 30.11.2011 hinaus, hinsichtlich der Kranken- und Pflegeversicherung beitragsfrei zu stellen.
8

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.
9

Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen, für Versorgungsbezüge von Pensionseinrichtungen bestehe in vollem Umfang Beitragspflicht.
10

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte vorgelegen. Darauf wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
11

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden, da die Klagefrist nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 3. November vom 4. November bis zum Samstag, dem 3. Dezember 2011 andauerte und die am Montag, den 5. Dezember 2011 bei dem Sozialgericht Lübeck eingegangene Klage fristgerecht erhoben wurde (§ 63 Abs. 1 in Verbindung mit § 64 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
12

Die Klage ist auch begründet, denn die Beklagte hat zu Unrecht den dem Kläger von der _______ Pensionskasse gezahlten Versorgungsbezug in vollem Umfang der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterworfen.
13

Gemäß § 237 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) werden bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung auch der Zahlbetrag der Rente vergleichbaren Einnahmen zu Grunde gelegt (§ 237 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Derartige vergleichbare Einnahmen sind Versorgungsbezüge. Hierzu bestimmt § 229 Abs. 1 SGB V als Legaldefinition, dass zu den der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) auch Renten der betrieblichen Altersversorgung zählen. Diese generelle Versicherungspflicht von Versorgungsbezügen umfasst auch nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen aus einer Direktversicherung (§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
14

Hierzu hatte das Bundesverfassungsgericht nach zwei zunächst abweisenden Beschlüssen (7. April 2008, 1 BvR 1924/07; 6. September 2010, 1 BvR 739/08) bei denen zunächst noch entschieden wurde, dass die Beitragspflicht auch dann besteht, wenn diese Direktversicherung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses teilweise durch Eigenleistungen des Versicherten Arbeitgebers finanziert wurde, am 28. September 2010 diese Rechtsauffassung aufgegeben und in einem stattgebenden Kammerbeschluss ausgeführt, die Grenzen zulässiger Typisierung würden dann überschritten, soweit auch Kapitalleistungen, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbsfähigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat, der Beitragspflicht nach § 229 SGB V unterworfen werden. Würden solche Lebensversicherungsverträge allein deshalb der Beitragspflicht Pflichtversicherter unterworfen, weil sie ursprünglich vom Arbeitgeber des Bezugsberechtigten abgeschlossen wurden und damit dem Regelwerk des Betriebsrentenrechts unterlagen, widerspreche dies der gesetzgeberischen Grundsatzentscheidung, die private Altersversorge beitragsfrei zu stellen (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28. September 2010, 1 BvR 1660/08, Leitsatz 3 c Auszug).
15

In einem weiteren Beschluss vom 14. April 2011 (1 BvR 2123/08) hat das Bundesverfassungsgericht diese Rechtsprechung fortgeführt und ergänzend entschieden, es liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz insoweit vor, als Beiträge auch auf denjenigen Teil der Kapitalleistung aus einer Lebensversicherung erhoben wurden, der aus Beiträgen des Beschwerdeführers als Versicherungsnehmer einschließlich der diesbezüglichen Überschussbeteiligung erwirtschaftet worden sei. Das Bundessozialgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts am 30. März 2011 (B 12 KR 16/10 R) diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts übernommen und zur Berechnung folgendes ausgeführt: "Der beitragspflichtige Teil solcher Kapitalleistungen ist in typisierender Weise prämienratierlich zu errechnen, das heißt danach, in welchem Umfang während der Zeit der Versicherungsnehmereigenschaft des Arbeitgebers und der Zeit der Versicherungsnehmereigenschaft des Arbeitnehmers Prämien gezahlt wurden; nur hilfsweise komme eine zeitratierliche Berechnung in Betracht (BSG, Urteil vom 30. März 2011, B 12 KR 16/10 R, Leitsatz 2). Die Beitragspflicht auf Leistungen scheidet demnach aus, soweit diese auf Prämien beruhen, die für Zeiträume gezahlt wurden, in denen der Versicherte und nicht sein Arbeitgeber Versicherungsnehmer war (vgl. BSG, Urteil vom 30.3.2011, B 12 KR 24/09 R, Rz. 17 ff).
16

Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und auch des Bundessozialgerichts in den genannten Urteilen auf die zunächst als Direktversicherung des Arbeitgebers abgeschlossene Altersvorsorge, die später bei einem Wechsel der Versicherteneigenschaft auf den Arbeitnehmer als Lebensversicherung fortgeführt wurde, bezieht. Die Kammer ist dennoch zu der Auffassung gelangt, dass insoweit, wie auch der Kläger allein die Beiträge an das Versorgungswerk der _________________ gezahlt hat, der Versorgungsbezug von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ausgenommen ist.
17

Dies folgt zunächst daraus, dass sowohl der laufende Versorgungsbezug als auch die einmaligen Leistungen aus einer Direktversicherung gemäß § 229 SGB V beitragspflichtig sein sollen. Ein wesentlicher materieller Unterschied zwischen einer zunächst als Direktversicherung abgeschlossenen Altersversorgung, die später als private Lebensversicherung unter Wechsel der Versicherteneigenschaft und Zahlung der Beiträge allein durch den Arbeitnehmer fortgeführt wird und laufend gezahlten Versorgungsbezügen, die allein aufgrund von Beiträgen des Arbeitnehmers beruhen, vermochte die Kammer nicht festzustellen.
18

Bereits der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte am 7. April 2008 darauf hingewiesen, dass kein wesentlicher materieller Unterschied bezüglich der beschäftigungsbezogenen Einnahmen zwischen laufend gezahlten Versorgungsbezügen und nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistungen identischen Ursprungs und gleicher Zwecksetzung, insbesondere einmaligen Kapitalleistungen aus Direktversicherungen, festgestellt werden könne: Beide Leistungen knüpften an ein Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis an und seien Teil einer versicherungsrechtlich organisierten, durch Beiträge gespeisten zusätzlichen Altersversorgung, welche dem Versicherten mit dem Eintritt des Versicherungsfalls einen unmittelbaren Leistungsanspruch vermittele. Sie unterscheide sich allein durch die Art der Auszahlung (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. April 2008, 1 BvR 1924/07, Orientierungssatz Nr. 1 c aa).
19

Ergänzend hat das Bundesverfassungsgericht hierzu ausgeführt, dass auch das betriebliche Altersversorgungsgesetz Leistungen, die auf eine laufende Altersversorgung (zum Beispiel durch eine Pensionskasse) gerichtet sind, mit Leistungen an eine Direktversicherung, die sich in einer einmaligen Kapitalauszahlung erschöpfen, gleich bewertet und verweist insoweit auf §§ 1 Abs. 2 und 1 b Abs. 2 (Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung - BetrAVG - BVerfG am angegebenen Ort Rn. 32 b). Ausdrücklich hat das Bundesverfassungsgericht es nicht beanstandet, wenn der Gesetzgeber diese Leistungen auch beitragsrechtlich in der gesetzlichen Krankenversicherung gleich behandelt.
20

Sind aber laufend gezahlte Versorgungsbezüge und nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen aus Direktversicherungen materiell gleichzustellen, wenn es um die Erhebung der Beiträge geht, so gilt dies im Umkehrschluss auch dann, wenn die Beitragspflicht insoweit nicht besteht, wie die Leistungen auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit und ohne Bezug zu seiner vorherigen Erwerbstätigkeit eingezahlt hat.
21

Zutreffend hat der Kläger darauf hingewiesen, dass die Unterscheidung der Beklagten allein auf rein formalen und nicht inhaltlichen Argumenten beruht. Zwar hat sich die Rechtsprechung zunächst aufgrund der nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistungen aus Lebensversicherungen, die zunächst als Direktversicherungen geführt wurden entwickelt, die Beitragspflicht beider Leistungen beruht jedoch auf § 229 SGB V und ist daher nach einheitlichen Kriterien zu bewerten. Es widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz, wenn der Arbeitnehmer, der als Versicherter in die zuvor als Direktversicherung abgeschlossene Altersversorgung eintritt und nur die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung schuldet, die nicht auf seinen eigenen Beitragsleistungen zur Lebensversicherung beruhen, anders gestellt wird als der Empfänger von Versorgungsbezügen, soweit diese ebenfalls auf seinen eigenen Beiträgen beruhen.
22

Zwar kann - anders als bei Lebensversicherungen (Direktversicherungen) - ein Wechsel in der Person des Mitgliedes/"Versicherungsnehmers" nicht stattfinden, denn nur natürliche Personen ("Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Tätige, Angehörige") kommen als Mitglieder in Betracht, entweder als Pflichtmitglieder oder als freiwillige Mitglieder und nur diese Personen können für sich oder ihre Hinterbliebenen eine Versorgungsanwartschaft erwerben.
23

Das Kriterium des Wechsels der Versicherteneigenschaft bei einer zunächst vom Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherung ist jedoch als alleiniges Unterscheidungskriterium für die Beitragspflicht ungeeignet.
24

Das Betriebsrentenrecht qualifiziert auch die ausschließlich arbeitnehmerfinanzierte Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung. Voraussetzung hierfür ist, dass die vom Arbeitnehmer eingezahlten Beiträge von der Versorgungszusage des Arbeitgebers umfasst sind, und dass der Versicherungsvertrag durch den Arbeitgeber abgeschlossen wurde, dieser also - anders als ein privater Lebensversicherungsvertrag - auf ihn als Versicherungsnehmer ausgestellt ist. Es ist im Rahmen einer Typisierung nicht zu beanstanden, wenn das Bundessozialgericht auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses durch den früheren Arbeitnehmer eingezahlte Beiträge im Rentenversicherungsrecht ebenfalls als noch betrieblich veranlasst einstuft, solange der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts, also der auf den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer laufende Versicherungsvertrag, zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung genutzt wird. Es liegt damit ein formal einfach zu handhabendes Kriterium vor, dass ohne Rückgriff auf arbeitsrechtliche Absprachen eine Abschichtung betrieblicher von privater Altersversorgung durch Lebensversicherungsverträge erlaubt (BVerfG, Beschluss vom 28. September 2010, a.a.O., RdNr. 12 b).
25

Jedoch sieht die Kammer auch dann die Grenzen zulässiger Typisierung - wie sie das BVerfG in der o.a. Entscheidung aufgezeigt hat - überschritten, wenn eine zunächst nach dem BetrAVG abgegebene Versorgungszusage des Arbeitsgebers nach nur kurzer Zeit langjährig im Rahmen einer freiwilligen Weiterversicherung allein durch Einzahlungen des Arbeitnehmers fortgesetzt wird. Denn auch ohne den Wechsel der Versicherteneigenschaft geht bei dieser Konstellation der Bezug zur betrieblichen Altersversorgung verloren. Allein auf den nur bei einer Direktversicherung möglichen Wechsel der Versicherteneigenschaft, der bei einem Versorgungsbezug nicht möglich ist, abzustellen, greift zu kurz. Will der Gesetzgeber einen Anreiz geben, Altersvorsorge zu betreiben, muss derselbe Maßstab angelegt werden, der allein auf die Tatsache abstellt, wer die Einzahlungen geleistet hat.
26

Die weitere betriebliche Veranlassung nach Beendigung der Erwerbstätigkeit liegt (auch) dann nicht mehr vor, wenn ein Arbeitnehmer seine Zahlungen zur betrieblichen Altersversorgung nach dem BetrAVG nach seinem Ausscheiden aus dem Betrieb fortsetzt und sich freiwillig weiterversichert.
27

Eine höchstrichterlicher Entscheidung zu der Frage, ob in jedem Fall ein Versorgungsbezug, der auf die freiwillige Weiterversicherung des Arbeitnehmers und dessen alleiniger Beitragszahlung beruht, in voller Höhe beitragspflichtig ist und die Grenzen der Typisierung eingehalten werden, liegt bisher nicht vor. Nach bisher vorliegenden Urteilen sind im Wesentlichen die Unterscheidungskriterien des BVerfG übernommen worden und die Gerichte sehen in jedem Fall bei Versorgungsbezügen aufgrund eigener Einzahlungen des Arbeitnehmers die Beitragspflicht nach § 229 SGB V in vollem Umfang gegeben (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Januar 2012, L 1 KR 993/11; SG Berlin, Urteil vom 23. Mai 2012 S 36 KR 2042/11).
28

Die Kammer folgt dieser Rechtsauffassung - wie ausgeführt - nicht.
29

Die Beklagte hat somit zu ermitteln, welcher Teil des der monatlichen Versorgung von der _______ Pensionskasse auf Beiträgen des Arbeitgebers und welcher Teil auf Beiträgen des Klägers beruht. Dabei hat sie ebenfalls zu berücksichtigen, dass der Kläger während seiner Beschäftigungszeit bei _______ vom 1. März 1978 bis zum 31. März 1981 bereits neben den Beiträgen des Arbeitgebers auch erhöhte Beiträge selbst gezahlt hat. Nur der Teil der monatlichen Versorgungsbezüge, die auf den Beiträgen des Arbeitgebers beruht, ist der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu unterwerfen. Der übrige Teil ist beitragsfrei zu stellen und die insoweit einbehaltenen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung an den Kläger auszukehren.
30

Die weitergehende Klage war demgegenüber abzuweisen, denn eine vollständige Beitragsfreiheit des Versorgungsbezuges der _______ Pensionskasse vermochte die Kammer nicht festzustellen. Die Beitragsfreiheit gilt vielmehr - wie ausgeführt - lediglich insoweit, wie die Leistung auf eigenen Beiträgen des Klägers beruht.
31

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.