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22.05.2015 · IWW-Abrufnummer 144576

Landgericht Bochum: Urteil vom 21.04.2015 – 9 S 204/14

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.



Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 5.11.2014 (Az. 67 C 255/14) wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.617,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.1.2014 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der Kanzlei Dr. H, in Höhe von 334,75 € freizustellen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

1

Gründe
2

I.
3

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung von Versicherungsleistungen. Sie hat bei ihr für das Fahrzeug Mercedes Benz, amtliches Kennzeichen #, eine Teilkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung abgeschlossen. Das Fahrzeug befindet sich nicht in ihrem Eigentum, so dass sie eine sog. Fremdversicherung abgeschlossen hat.
4

Gemäß Ziff. A 2.2.3 der AKB (Stand 1.9.2013) gilt folgendes:
5

„Versichert ist die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Schneelawinen, Blitzschlag oder Überschwemmung auf das Fahrzeug… Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. Ausgeschlossen sind Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind.“
6

Am 6.1.2014 befuhr der Sohn der Klägerin, der Zeuge L, mit dem versicherten Fahrzeug gegen 23 Uhr die A 40 in Richtung Bochum, wobei es zu einem Überschwemmungsschaden gekommen sein soll.
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Mit Schreiben vom 21.1.2014 hat die Beklagte ihre Eintrittspflicht endgültig zurückgewiesen.
8

Die Klägerin hat behauptet, dass zum Zeitpunkt des Unfalls Starkregen geherrscht habe. Der Zeuge sei deswegen lediglich 40 km/h schnell gefahren. Zwischen der Einfädelung der A 52 und der A 40 habe er links in der Leitplanke ein anderes Fahrzeug bemerkt und sei gleichzeitig mit seinem Fahrzeug in eine für ihn nicht erkennbare, sich über die gesamte Fahrbahnbreite der A 40 erstreckende tiefe Wasserfläche geraten. Durch das in den Motorraum und in den Bereich der Scheinwerfer eindringende Wasser seien Kurzschlüsse verursacht sowie zwei Steuergeräte zerstört worden. Dadurch sei der rechte Scheinwerfer ausgefallen, sowie der linke Scheinwerfer zerstört worden. Beide Blinker seien außer Funktion; außerdem würde die Leuchtweitenregulierung nicht mehr funktionieren.
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Zur vollständigen fachgerechten Reparatur sei ein Betrag in Höhe von 2.617,30 € (netto) erforderlich, was von der Beklagtenseite nicht bestritten wird.
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Die Klägerin ist unter Ausführung unterschiedlicher Argumente der Ansicht, dass der Schaden unter den Versicherungsschutz falle.
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Sie hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.617,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.1.2014 zu zahlen,
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die Beklagte zu verurteilen, sie von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der Kanzlei Dr. H iHv. 334,75 € freizustellen.
14

Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
16

Überdurchschnittliche Wassermassen seien an diesem Tag in Essen nicht zu verzeichnen gewesen. Außerdem liege – unter Verweis auf eine Definition in wikipedia - ein Überschwemmungsschaden nicht vor. Dies sei nur der Fall, wenn ein Fahrzeug auf einer trockenen Bodenfläche geparkt sei und diese dann durch auflaufendes Wasser geflutet werde. Eine unmittelbare Einwirkung würde ebenso wenig vorliegen. Das sei nach der Rechtsprechung nämlich nicht der Fall, wenn ein Fahrzeug eine überflutete Straße überfährt oder in einen überschwemmten Straßenabschnitt fährt. Auf ein Verschulden des Fahrers komme es insoweit nicht an.
17

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.
18

Es könne dahin stehen, ob überhaupt eine Überschwemmung vorgelegen habe. Denn jedenfalls fehle es an der erforderlichen Unmittelbarkeit der Überschwemmung für den Eintritt des Schadens. Das Kriterium der Unmittelbarkeit sei nur erfüllt, wenn weitere Ursachen für den Schaden ausschieden. Hier sei weitere Ursache aber die Bewegung des Fahrzeugs in den überschwemmten Teil des Straßenbereichs gewesen.
19

Hiergegen richtet sich die vollumfängliche Berufung der Klägerin. Es sei rechtsfehlerhaft, dass das Hineinfahren in einen überschwemmten Straßenbereich die Unmittelbarkeit der Überschwemmung für den Schadenseintritt entfallen lasse. Vielmehr sei ein weiteres mitursächliches und vom Normalfall abweichendes pflichtwidriges Fahrverhalten des Fahrzeugführers erforderlich, was hier nicht vorliege. Dafür spreche S. 4 der Ziff. A 2.2.3 AKB, der ansonsten überflüssig wäre.
20

Sie beantragt,
21

 unter Abänderung des am 5.11.2014 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Bochum der Klage stattzugeben,
22

 hilfsweise das Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 5.11.2014 aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
25

Bei dem von der Klägerin behaupteten – und von der Beklagten bestrittenen - Zustand würde es sich zwar um eine Überschwemmung handeln. Jedenfalls fehle es aber an der unmittelbaren Einwirkung, was sich bereits aus der Wortlautauslegung ergebe. Die Kaskoversicherung zahle nur, wenn das Wasser zum Auto komme, aber nicht, wenn das Auto zum Wasser komme. Auf S. 4 von A 2.2.3 der AKB komme es nicht an, weil S. 1 schon nicht erfüllt sei.
26

II.
27

Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens in der beantragten Höhe.
28

Ein solcher Anspruch folgt aus dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag, weil der von der Klägerin behauptete Schadensverlauf als Teilkasko-Schaden unter das versicherte Risiko fällt (unter 1.) und ein Schaden entstanden ist (unter 2.). Die Aktivlegitimation der Klägerin, die eine Versicherung für fremde Rechnung im Sinne der §§ 43 ff. VVG abgeschlossen hat, ist darüber hinaus in der Berufungsinstanz unstreitig gestellt worden.
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1. Haftung dem Grunde nach
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Nach Ziff. A 2.2.3 der AKB (Stand 1.9.2013) ist die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Schneelawinen, Blitzschlag oder Überschwemmung auf das Fahrzeug versichert.
31

b) Vorliegen einer Überschwemmung
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Im streitgegenständlichen Fall lag eine Überschwemmung vor.
33

Nach einer jüngeren Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2006 kommt es für die Auslegung des Begriffs „Überschwemmung“ auf das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an, das sich an dem Wortlaut der Klausel sowie an deren Sinn und Zweck orientiert. Dieser wird die Klausel dahin verstehen, dass ihm das aus dem täglichen Leben bekannte Risiko eines Überschwemmungsschadens abgenommen werden soll. Vor diesem Hintergrund erschließt sich der Begriff der Überschwemmung für ihn unter Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch. Danach liegt eine Überschwemmung im Sinne der Klausel vor, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalen Weg abfließt, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung tritt und dieses überflutet. Dagegen setzt eine Überschwemmung nicht voraus, dass ein Gewässer über die Ufer tritt. (BGH, Urteil vom 26.4.2006, Az. IV ZR 154/05) Von ihr ist auch auszugehen, wenn eine Straße durch Wolkenbruch überschwemmt wird. (Knappmann, in: Prölss/ Martin, VVG, 29. Auflage, 2015, AKB 2008 A 2.2.2 Rn 37) Denn eine Überschwemmung liegt auch vor, wenn starker Regen in dem Maße niedergeht, dass er weder vollständig versickert, noch sonst geordnet über natürliche Wege abfließen kann. (vgl. BGH a.a.O.)
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Vor diesem Hintergrund hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur sicheren Überzeugung der Kammer (§ 286 ZPO) eine Überschwemmung im Sinne der AKB vorgelegen. Denn der Zeuge L hat detailreich geschildert, dass auf der von ihm befahrenen Autobahn A 40 nach dem Tunnel nach der Ausfahrt Essen-Zentrum, an der Stelle, wo die A 52 in die A 40 mündet, sehr starker Regen geherrscht habe. Dies habe ihn veranlasst, trotz geringen Verkehrsaufkommens lediglich 40 km/h bis 50 km/h schnell zu fahren. Er habe auf der linken Seite ein anderes Fahrzeug bemerkt, das in die Leitplanke gefahren sei, als sich plötzlich vor ihm eine Wasserlache, die sich über beide Fahrspuren erstreckt habe, aufgetan habe. Diese habe nicht besonders tief ausgesehen; sei aber doch so tief gewesen, dass es, als er durchgefahren sei, an den Seiten hochgespritzt habe.
35

Gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage oder die Glaubwürdigkeit des Zeugen bestehen keine Bedenken. Insbesondere steht die Schilderung nicht im Widerspruch zu seiner telefonische Schadensanzeige (vgl. Bl. 46 d. GA.), seiner schriftlichen Schadensanzeige vom 17.1.2014 (Bl. 51 d.A.) oder seiner ergänzenden schriftlichen Mitteilung vom 23.1.2014 (Bl. 50 d.A.). Denn durchgängig hat der Zeuge starke Regenfälle und dass er durch ungewöhnlich hohes Wasser gefahren sei, worauf die Scheinwerfer ausfielen, geschildert.
36

Der Einholung eines Wettergutachtens bedarf es nach Auffassung der Kammer daher nicht.
37

c) Unmittelbare Einwirkung der Überschwemmung
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Die Überschwemmung hat zudem unmittelbar auf das Fahrzeug eingewirkt.
39

aa) Definition der Unmittelbarkeit
40

Die Auslegung des Begriffs „unmittelbare Einwirkung“ ist zwischen den Parteien höchst streitig und wird auch in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beantwortet.
41

Einigkeit besteht noch insoweit, dass das Erfordernis der Unmittelbarkeit eine über die Adäquanz hinausgehende Einengung der Kausalität ist. (vgl. Knappmann, in: Prölss/ Martin, VVG, 29. Auflage, 2015, AKB 2008 A 2.2.2 Rn 38) Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Teilversicherung im Gegensatz zur Vollversicherung nur Schäden abdeckt, die durch ganz bestimmte Ursachen ausgelöst worden sind.
42

Nach einer Ansicht sollen die Fälle vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, in denen das Naturereignis „Überschwemmung“ die Reaktion des Fahrers im Sinne eines mitursächlichen Abweichens vom Normalverhalten beeinflusse, weil in diesen Fällen die Grenze zwischen dem (vollkaskoversicherten) Risiko des Fahrerverhaltens und dem (teilkaskoversicherten) Risiko des Überschwemmungsschadens nur schwer zu ziehen sei. Nicht versichert sei daher ein Schaden, der infolge einer Ausweichbewegung des Fahrers aufgrund des Naturereignisses eintrete. Ob ihn insoweit ein Verschulden treffe, sei unerheblich. (BGH, Urteil vom 26.4.2006, Az. IV ZR 154/05) Es komme vielmehr darauf an, ob die Schäden auf ein durch die Naturereignisse veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen seien. Menschliches Verhalten dürfe unabhängig vom Verschulden nicht bedeutsam für die Entstehung des Schadens geworden sein oder müsse zumindest ganz zurücktreten. Geschützt seien nur solche Folgen von Naturgewalten, denen sich der Versicherungsnehmer nicht mehr durch geeignete Gegenmaßnahmen entziehen könne. (OLG Hamburg, Urteil vom 29.6.1971, Az. 7 U 142/70; OLG Stuttgart, Urteil vom 18.10.1973, Az. 10 U 83/73; auch OLG Hamm, Urteil vom 15.6.1988, Az. 20 U 261/87; LG Chemnitz, Urteil vom 19.3.2004, Az. 6 S 98/02 mit Anmerkung Rixecker, ZfS 2004, 325; so im Ergebnis wohl auch OLG Köln, Urteil vom 1.12.1998, Az. 9 U 103/98)
43

Eine strengere Ansicht vertritt die Auffassung, dass die Naturgewalt einzige oder letzte Ursache für den KfZ-Schaden sein müsse. (LG Göttingen, Urteil vom 7.6.1967, Az. 4 O 79/67; Knappmann, in: Prölss/ Martin, VVG, 29. Auflage, 2015, AKB 2008 A 2.2.2 Rn 38) Durch die Klausel solle die Eintrittspflicht des Versicherers bei der Teileversicherung gegenüber der Vollversicherung nicht nur abgrenzt, sondern v.a. eingeschränkt werden. Klauseln, die die übernommene Gefahr beschränken oder ausschließen, dürften nicht ausdehnend ausgelegt werden. (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 29.6.1971, Az. 7 U 142/70)
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In zahlreichen Entscheidungen wird daher das Kriterium der Unmittelbarkeit beim Befahren einer überfluteten Straße bzw. wenn das Kraftfahrzeug kraft seiner Bewegungsenergie in eine Überschwemmung gerät, verneint. (so Knappmann, in: Prölss/ Martin, VVG, 29. Auflage, 2015, AKB 2008 A 2.2.2 Rn 38; ohne nähere Begründung LG Mühlhausen, Urteil vom 23.9.2002, Az. 4 O 750/02; LG Lübeck, Urteil vom 21.11.2003, Az. 4 O 80/03; AG Neustadt, Urteil vom 26.7.1985, Az. 2 C 509/85; AG Krefeld, Urteil vom 25.6.2010, Az. 6 C 456/09; außerdem LG Göttingen, Urteil vom 7.6.1967, Az. 4 O 79/67; so wohl auch die zitierte Entscheidung des OLG Hamm, Urteil vom 29.10.1986, Az. 20 U 128/86, VersR 1988, 239) Eine (überzeugende) Begründung lassen diese Entscheidungen indes größtenteils vermissen.
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Die Kammer folgt der erstgenannten Auffassung. Entscheidend muss es darauf ankommen, ob das menschliche Verhalten durch das Naturereignis veranlasst worden ist. Eine bloße einfache Kausalität des menschlichen Verhaltens (= Hineinfahren in die Überschwemmung) reicht auch bei der gebotenen zurückhaltenden Auslegung der Klausel nicht aus. Dies gilt umso mehr, als die in diesem Fall zu erwartenden Schäden typische Überschwemmungsschäden durch eindringendes Wasser sind. Insofern liegt der Fall anders, als wenn zum Beispiel der Fahrzeugführer, um einer Überschwemmung auszuweichen, das Lenkrad verreißt, er aufgrund dessen mit seinem Fahrzeug gegen einen Baum fährt und es zu Blechschäden kommt. In einem solchen Fall ist das Schadensbild ein gänzlich anderes und eben maßgeblich durch das Ausweichverhalten des Fahrzeugführers veranlasst.
46

Schließlich spricht für eine solche Auslegung S. 4 von A 2.2.3 der AKB. Danach sind Schäden ausgeschlossen, die auf ein durch das Naturereignis veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind. Nach allgemeiner Auffassung kommt dem Satz indes keine eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr hat er lediglich klarstellende Wirkung, ohne einen echten Risikoausschluss zu enthalten, da sich die Beschränkung des Versicherungsschutzes bereits aus dem Erfordernis der Unmittelbarkeit der Verursachung ergibt. (BGH, Urteil vom 26.4.2006, Az. IV ZR 154/05 für den vergleichbaren § 12 (1) I c Satz 4 AKB a.F.; Jacobsen, in: Feyock u.a., Kraftfahrversicherung, 3. Auflage, 2009, A.2. Kaskoversicherung Rn 67; auch OLG Hamm, Urteil vom 15.6.1988, Az. 20 U 261/87) Bei einer solchen Auslegung muss aber das Kriterium „durch das Naturereignis veranlasstes Verhalten des Fahrers“ in den Begriff „Unmittelbarkeit“ mit hineingelesen werden.
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Die in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte Schriftsatzfrist zu dieser Rechtsfrage war der Beklagten nicht einzuräumen. Die Frage der Unmittelbarkeit der Einwirkung ist zwischen den Parteien nämlich von Beginn des Rechtsstreits an diskutiert worden.
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bb) Unmittelbarkeit im konkreten Fall
49

Bei der von der Kammer vertretenen Auslegung ist vorliegend die Unmittelbarkeit der Einwirkung zu bejahen. Denn der Zeuge L ist zwar in die Überschwemmung hineingefahren und hat damit den Schadenseintritt im Sinne einfacher Kausalität erst ermöglicht. Auch ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und seinen diesbezüglichen Bekundungen davon auszugehen, dass er die Überschwemmung kurz vorher bemerkt hatte. Allerdings ist sein Fahrweg von der Überschwemmung nicht beeinflusst worden. Vielmehr hat er nach seinen Angaben das Gas weggenommen und das Lenkrad festgehalten; im Übrigen seine Fahrt jedoch wie vorher beabsichtigt fortgesetzt. Eine bewusste oder auch unbewusste Ausweichbewegung, die bedeutsam für den Schadenseintritt geworden wäre, hat er nicht unternommen.
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4. Schaden der Höhe nach
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Der Höhe nach hat die Klägerin einen Anspruch auf die begehrten 2.617,30 a€.
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a) Schadenseintritt
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der glaubhaften Einlassung des Zeugen L, der die Beklagte nicht weiter entgegen getreten ist, sind durch den Wassereintritt Kurzschlüsse in den Scheinwerfern des versicherten PKW aufgetreten, die daraufhin genauso wie beide Blinker ausgefallen sind. Außerdem sind zwei Steuergeräte zerstört worden, so dass die Leuchtweitenregulierung nicht mehr funktioniert.
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b) Schadenshöhe
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Nach dem vorgelegten Kostenvoranschlag der Firma E1 vom 17.1.2014, gegen den die Beklagte keine Einwendungen erhebt, ist für die Reparatur ein Betrag in Höhe von 2.617,30 € netto aufzuwenden.
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c) Mitverschulden gemäß § 81 VVG
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Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist schließlich nicht nach § 81 VVG ausgeschlossen bzw. gekürzt.
58

Danach ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich herbeiführt (Abs. 1). Führt er ihn grob fahrlässig herbei, ist der Versicherer berechtigt, die Leistung entsprechend zu kürzen (Abs. 2).
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Diesbezüglich fehlt es jedoch an Vortrag der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagtenseite, dass der Zeuge L die Überschwemmung rechtzeitig hätte erkennen und abbremsen bzw. ausweichen können.
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5. Nebenforderungen
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Der Zinsanspruch sowie der Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB iVm. §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 21.1.2014 die Eintrittspflicht ernsthaft und endgültig abgelehnt.
62

III.
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1. Kostenentscheidung
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
65

2. Vollstreckbarkeitsentscheidung
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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3. Zulassung der Revision
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Die Kammer hat die Revision nicht zugelassen, da die diesbezüglichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
70

Dies ist nur dann der Fall, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt. (u.a. BVerfG, Beschluss vom 8.12.2010, Az. 1 BvR 381/10)
71

Dies ist vorliegend nicht gegeben. Es ist höchstrichterlich nämlich bereits entschieden, dass es darauf ankommt, ob die Schäden auf ein durch die Naturereignisse veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind. (vgl. BGH, Urteil vom 26.4.2006, Az. IV ZR 154/05) Ob ein solches veranlasstes Verhalten jeweils vorliegt, ist eine Einzelfallentscheidung.
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Aus den gleichen Gründen sind die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht erfüllt, da die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.

RechtsgebieteUnfallregulierung, VorschriftenZiff. A 2.2.3 AKB; § 81 VVG