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26.03.2001 · IWW-Abrufnummer 010421

Finanzgericht Münster: Urteil vom 07.12.2000 – 14 K 3127/99 E

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT MÜNSTER
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

14. Senat
14 K 3127/99 E

In dem Rechtsstreit

wegen Einkommensteuer 1997

hat der 14. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 7. Dezember 2000, an der teilgenommen haben:

1. Vorsitzender Richter am Finanzgericht

2. Richterin am Finanzgericht

3. Richter am Finanzgericht

4. Ehrenamtlicher Richter

5. Ehrenamtlicher Richter

im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

In dem Urteil ist die Revision nicht zugelassen worden.

Gegen die Nichtzulassung der Revision kann Beschwerde eingelegt werden (§ 116 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muß das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Begründung muß den Voraussetzungen des § 120 Abs. 3 FGO entsprechen.

Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde muß sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluß: 089/9231-201.

Läßt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des vierten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob eine vom Vertreterversorgungswerk (VVW) gezahlte Berufsunfähigkeitsrente als Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 24 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) oder als sonstige Einkünfte nach § 22 EStG zu versteuern ist.

Der am 10.03.1936 geborene Kläger betrieb eine Versicherungsagentur für die. Zum 28.02.1997 gab er die Tätigkeit wegen Berufsunfähigkeit auf. Er bezog ab 01.03.1997 eine Berufsunfähigkeitsrente aus der Versorgungskasse Versicherungsverein a.G. (VK) in Höhe von monatlich 1.715,60 DM. Weiterhin erhielt er ab dem 01.03.1997 Leistungen aus dem Vertreterversorgungswerk (VVW). Auf dessen Bestimmungen für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung der hauptberuflichen Vertreter, die ausschließlich für die Gesellschaften tätig sind (VVW-Bestimmungen), wird verwiesen (Bl. 14 ff. der Gerichtsakte). Die teilte dem Kläger unter dem 28.02.1997 mit, er erhalte aus seiner Versorgungszusage eine Rente wegen Berufsunfähigkeit aus dem VVW. Diese sei mit monatlich 5.138,20 DM errechnet worden. Die Rente aus dem VVW zähle zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb und sei deshalb in voller Höhe einkommensteuerpflichtig.

Die Klägerin erzielte keine Einkünfte.

In der Einkommensteuer (ESt)-Erklärung 1997 gab der Kläger einen Veräußerungsgewinn und laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. Die Leistungen aus der VK und dem VVW erklärte er als sonstige Einkünfte mit einem Ertragsanteil von 7%.

Mit ESt-Bescheid 1997 vom 14.12.1998 erfaßte der Beklagte die Leistungen aus dem VVW in Höhe von 51.382 DM nicht - wie die Rente aus der VK - als sonstige Einkünfte, sondern als gewerbliche Einnahmen.

Der Kläger legte dagegen Einspruch ein. Er trug vor, die Berufsunfähigkeitsrente sei kein gewerbliches Einkommen. Sie sei als abgekürzte Leibrente mit dem entsprechenden Ertragsanteil zu versteuern. Der Hinweis des Beklagten auf das den Klägern übersandte Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 05.11.1997, 12 K 168/96, EFG 1998, 363, blieb unbeantwortet. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 15.04.1999, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.

Die Kläger haben am 12.05.1999 Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, bei den Leistungen des VVW handele es sich nicht um nachträgliche gewerbliche Einkünfte, sondern um Einkünfte aus einem eigenständigen Rechtsgrund. Es liege eine klassische Berufsunfähigkeitsrente vor. Die Zahlungen seien nicht -wie in dem vom FG Baden-Württemberg entschiedenen Fall- anstelle eines Ausgleichsanspruchs aus § 89b Handelsgesetzbuch (HGB) erfolgt. An die Stelle des Ausgleichsanspruchs sei die von ihm bezogene "Mitgliedsrente" in Höhe von monatlich 1.715,60 DM getreten, nicht aber die vorliegend streitige Berufsunfähigkeitsrente.

Die Kläger beantragen,

den ESt-Bescheid 1997 zu ändern und die Leistungen des VVW in Höhe von 51.382 DM als sonstige Einkünfte mit einem Ertragsanteil von 7% zu erfassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er nimmt auf die Begründung der Einspruchsentscheidung Bezug und trägt vor, die darin vertretene Auffassung werde durch Punkt 10.1.1. der VVW-Bestimmungen bestätigt. Weiter verweist er darauf, daß die Klägerin am Vorverfahren nicht beteiligt gewesen sei.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage der Klägerin ist bereits unzulässig, weil es insoweit an einer Sachentscheidungsvoraussetzung -der Erfolglosigkeit des durchgeführten außergerichtlichen Vorverfahrens (vgl. § 44 Finanzgerichtsordnung -FGO-)- fehlt. Die Klägerin hatte gegen im Streit befindlichen ESt-Bescheid 1997 keinen Einspruch eingelegt. Die Einspruchsentscheidung wurde daher vom Beklagten zutreffend nur an den Kläger gerichtet.

Die Klage des Klägers ist nicht begründet.

Der Beklagte hat die Leistungen aus dem VVW in dem angefochtenen ESt-Bescheid 1997 zutreffend als nachträgliche gewerbliche Einkünfte i.S.d. §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 24 Nr. 2 EStG erfaßt.

Der Einwand des Klägers, es handele sich bei der Berufsunfähigkeitsrente um eine abgekürzte Leibrente, führt nicht zur Anwendung der §§ 22 EStG, 55 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung. Nach § 22 Nr. 1 EStG werden nur solche Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen erfaßt, die nicht zu den in § 2 Abs. 1 Nrn. 1-6 bezeichneten Einkunftsarten gehören. § 22 EStG hat damit nur subsidiären Charakter. Vorliegend unterfällt die Rente jedoch einer anderen Einkunftsart, nämlich den -nachträglichen- Einkünften aus Gewerbebetrieb.

Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit nach § 24 Nr. 2 EStG liegen dann vor, wenn die Einkünfte in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der ehemaligen Tätigkeit stehen. Dies ist hier hinsichtlich der gewerblichen Tätigkeit des Klägers der Fall. Der Kläger bezog die Berufsunfähigkeitsrente aus dem VVW aufgrund der Versorgungszusage seines Arbeitgebers. Der Arbeitgeber finanzierte die Rente voll. Nach den von dem Kläger vorgelegten VVW-Bestimmungen waren für die Bemessung der Rentenbeträge der Bestand des Vertreters und die Tätigkeitsdauer maßgebend. Die Einräumung der Rente war damit durch die berufliche Leistung veranlaßt. Der Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers ergibt sich auch daraus, daß mit den Rentenzahlungen ein Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters abgegolten werden sollte. Dies ist Ziff. 10 der VVW- Bestimmungen zu entnehmen, die -entgegen der Auffassung des Klägers- die aus dem VVW bezogenen Renten betrifft. Darin bezieht sich das VVW auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach in Höhe des Barwerts einer vom Vertreter und seinen Hinterbliebenen zu beanspruchenden Rente oder einer unverfallbaren Rentenanwartschaft kein Ausgleichsanspruch entsteht. Der BGH hat in ständiger Rechtsprechung anerkannt, daß Leistungen des Unternehmers zum Zwecke der Altersversorgung des Handelsvertreters ganz oder teilweise auf den Ausgleichsanspruch angerechnet werden können. Die Altersversorgung übernehme im wesentlichen den praktischen Zweck einer Ausgleichszahlung. Es könne daher unbillig erscheinen, den Unternehmer doppelt zu belasten und andererseits dem Vertreter noch den vollen Ausgleich zu gewähren (vgl. Bundesgerichtshof -BGH-, Urteil vom 23.05.1966 VII ZR 268/64, NJW 1966, 1962, Urteil vom 18.02.1982 I ZR 20/80, DB 1982, 1269, Urteil vom 17.11.1983 I ZR 139/81, BB 1984, 168). Für den Fall, daß wegen Änderungen der Rechtsprechung oder gesetzlicher Vorschriften trotz des Pensionsanspruchs ein Ausgleichsanspruch entstehen sollte, sollte sich nach Ziff. 10.2 VVW-Bestimmungen die Versorgungszusage nach dem VVW entsprechend reduzieren. Da vorliegend von dem VVW Rentenzahlungen geleistet wurden, konnte insoweit ein Ausgleichsanspruch nicht geltend gemacht werden. Die Versorgung erfolgte anstelle des Ausgleichsanspruchs. Da der Ausgleichsanspruch als Forderung zur Abgeltung einer bereits geleisteten Tätigkeit dem laufenden gewerblichen Gewinn zuzurechnen ist (vgl. Bundesfinanzhof -BFH-, Beschluß vom 16.08.1989 III B 14/89, BFH/NV 1990, 188), ist auch die voll von dem Unternehmer finanzierte Rente, die an die Stelle des Ausgleichsanspruchs tritt und sich ebenfalls an der beruflichen Leistung des Klägers bemißt, für den Kläger nachträglicher gewerblicher Gewinn (so auch Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 05.11.1997 12 K 168/96, EFG 1998, 363).

Der Beklagte hat die Berufsunfähigkeitsrente auch zu Recht voll versteuert. Nachträgliche Einkünfte i.S.d. § 24 Nr. 2 EStG sind nicht nach § 34 Abs. 2 EStG begünstigt. Dafür besteht hier auch kein Bedürfnis, da durch die laufenden Zahlungen des VVW keine Zusammenballung von Einnahmen eintritt, die zu einer Erhöhung der Progression führt (vgl. Finanzgericht Baden-Württemberg a.a.O.).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebieteFGO, EStG, HGBVorschriftenFGO § 120 Abs. 3 FGO § 135 Abs. 1 EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG § 24 Nr. 2 EStG § 22 EStG § 22 Nr. 1 EStG § 34 Abs. 2 HGB § 89 b