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25.03.2014 · IWW-Abrufnummer 140905

Amtsgericht Oberhausen: Urteil vom 31.05.2012 – 37 C 2505/11

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Oberhausen

37 C 2505/11

Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 675,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.10.2011 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 72 % und die Beklagte zu 28 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Kläger nehmen ihre Wohngebäude-Versicherung wegen eines Sturmschadens in Anspruch.

Die Kläger schlossen für ihr Wohngebäude in der Bstraße 30a in P bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung ab u.a. gegen Sturmrisiken. In den Vertrag einbezogen waren die allgemeinen Versicherungsbedingungen VGB 88.

Am 28.02.2010 ereignete sich unter anderem im Wohngebiet der Kläger ein Sturm. Am 14.04.2010, mithin 5 ½ Wochen später, zeigten die Kläger gegenüber der Beklagten einen sturmbedingten Schaden an einem Dachfenster an. Das beschädigte Fenster hatten die Kläger zunächst eigenständig gesichert, indem sie den Fensterrahmen fest verschraubten. Am 16.06.2010 ließen die Kläger das defekte Fenster durch die Fa. I. zum Preis von 2.150,00 € ersetzen. Das neue Fenster wies ein größeres Maß auf und beinhaltete zudem eine automatische Rolllade, die das alte Fenster nicht hatte. Mit anwaltlichem Schreiben haben die Kläger die Beklagte unter Fristsetzung zur Zahlung aufgefordert, was diese schließlich ablehnte.

Die Kläger behaupten, das angekippte Fenster sei durch den Sturm beschädigt worden, indem es von einer Böe hochgeschlagen worden und mit Wucht wieder zugeschlagen sei. Am Vortag, dem 27.02.2010, sei es noch intakt gewesen. Andere Schadensursachen seien auszuschließen. Der Kläger ist der Ansicht, der Vorwurf grober Fahrlässigkeit könne ihm nicht gemacht werden. Hierzu behauptet er, er habe am 27.02.2010 das Fenster mittags zum Lüften geöffnet, da in der Einliegerwohnung Renovierungsarbeiten durchgeführt wurden und Schimmelbildung zu vermeiden gewesen sei. Am nächsten Tag habe er eilig das Haus verlassen müssen und an das Fenster nicht mehr gedacht. Zwar sei zutreffend, dass am 27.02.2010 in den Wettervorhersagen grundsätzlich auf den zu erwartenden Sturm hingewiesen sei. Jedoch habe für den betreffenden Ortsteil P-P keine akute Unwettergefahr bestanden. Durch den Sturm seien die Scheibe komplett gerissen und der Rahmen beschädigt worden. Außerdem seien die Feststellerstufen defekt gewesen.

Die Kläger behaupten weiter, durch ihre Sicherungsmaßnahmen sowie den Zeitpunkt der Schadensanzeige sei die Möglichkeit der Schadensfeststellung seitens der Beklagten nicht beeinflusst worden. Sie sind deshalb der Ansicht, dies rechtfertige keine Anspruchskürzung.

Das größere Ersatzfenster sei gewählt worden, weil das Format des beschädigten Fensters nicht mehr erhältlich gewesen sei. Aus mehreren Angeboten hätten die Kläger das günstigste ausgewählt. Ein Rollladen zähle heutzutage zum Standard.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtschuldner 2.150,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen

2. die Beklagte zu verurteilen, die vorgerichtliche entstandenen Rechtsanwaltskosten des Rechtsanwalts Ch. Aengenheyster in Höhe von 272,87 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet den gesamten Schadenshergang mit Nichtwissen, insbesondere die Schadensursächlichkeit eines Sturmes. Aufgrund der Verschraubung des Fensterflügels durch die Kläger habe der von Beklagtenseite beauftragte Sachverständige detaillierte Feststellungen nicht treffen können und insbesondere den Fenstertyp nicht feststellen können. Auch sei aufgrund der örtlichen Situation nicht nachvollziehbar, dass neben der Scheibe auch der Fensterflügel zerstört sein solle.

Der Höhe nach sei allenfalls der Ersatz einer Fensterscheibe mit maximal 450,00 € nachzuvollziehen. Der Ersatz durch ein größeres Fenster mit Rollladen sei nicht geboten. Zudem beruft sich die Beklagte auf einen Abzug „neu für alt“.

Die Beklagten sind der Ansicht, die Kläger hätten sich jedenfalls grob fahrlässig verhalten, da orkanartige Stürme auch für den Versicherungsort angekündigt gewesen seien. Dies rechtfertige eine Anspruchskürzung um ¾ gem. § 81 Abs. 2 VVG. Darüber hinaus hält die Beklagte weitere Leistungskürzungen für berechtigt, da die Kläger durch die nicht rechtzeitige Schadensmitteilung und Veränderung des Schadenszustandes gegen Obliegenheiten gem. § 82 VVG, § 20 Nr. 1a), 1e) und 1d) VGB 88 verstoßen hätten.

Ein Anspruch auf Ersatz von Anwaltskosten bestehe nicht. Die Beauftragung sei nicht ausreichend vorgetragen. Außerdem werde mit Nichtwissen bestritten, dass eine prüffähige Rechnung erstellt und ausgeglichen worden sei. Zudem sei ein Anspruchsübergang auf einen Rechtsschutzversicherer übergegangen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen B sowie des sachverständigen Zeugen M und Inaugenscheinnahme einer Video-Aufzeichnung der Tagesschau vom 27.02.2010.

Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10.05.2012, Bl. 93 ff. der Akte, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

Die Kläger haben dem Grunde nach einen Anspruch auf die Versicherungsleistung gem. § 1 S. 1 VVG in Verbindung mit dem abgeschlossenen Wohngebäudeversicherungsvertrag.

1.) Ein Versicherungsfall ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts eingetreten.

Auf Grundlage der Aussage des Zeugen B geht das Gericht davon aus, dass an dem Dachfenster des versicherten Gebäudes ein Sturmschaden entstand.

Der Zeuge ist der Sohn der Kläger und hat ausgesagt, er sei damals gerade dabei gewesen, die von ihm bewohnte Einliegerwohnung im elterlichen Haus zu renovieren, als der Schadensfall passiert sei. Er habe das Fenster geöffnet, weil es sehr staubig gewesen sei, nachdem er die Wände geschliffen hatte. Hierzu habe er das Schrägfenster nicht in den Einrastmechanismus zum Aufstellen einrasten lassen, sondern den Hebel nur auf den Rahmen gelegt. Hintergrund sei, dass bei dem sehr alten Modell das Fenster nur einen kleinen Spalt zu öffnen gewesen sei, auch wenn man von drei Einstellungsmöglichkeiten die letzte wählte. Dabei wäre kaum Luft hereingekommen. Man habe es auch nicht ganz aufstehen lassen können, weil die Dämpfer kaputt gewesen seien und es deshalb nicht offen stehen geblieben gewesen wäre.

Nach dem Öffnen des Fensters sei er, der Zeuge, ins Wohnzimmer der Einliegerwohnung gegangen und habe einen lauten Knall gehört. Danach habe er festgestellt, dass das Fenster zersprungen gewesen sei. Es müsse wohl durch den Sturm hochgeschlagen sein und dann auf den Rahmen aufgeschlagen. Es sei innerhalb kurzer Zeit sehr windig geworden. Das Fenster habe nach dem Knall auf dem Rahmen aufgelegen. Das Glas sei sehr stark beschädigt worden. Das Holz im Rahmen sei nicht kaputt gewesen, bzw. der Rahmen selbst sei nur minimal beschädigt gewesen, aber etwas verschoben. Außerdem sei die Plastikvorrichtung im Rahmen, in welche der Hebel zum Aufstellen eingerastet werde, völlig zerstört gewesen. Offenbar sei der Riegel beim Zuschlagen dort „durchgeschossen“. Deshalb habe man das Fenster hinterher nicht mehr verriegeln können.

Diesen nachvollziehbaren Angaben folgt das Gericht. Zwar stimmen die Angaben des Zeugen nicht mit denen aus der Klagebegründung überein, wonach der Kläger selbst das Fenster bereits am Vortag geöffnet habe und sodann das Haus verlassen habe. Wie es zu diesem Vortrag kam, war letztlich nicht mehr nachzuvollziehen. Der Zeuge hat diese Schilderung auf Vorhalt als unzutreffend bezeichnet. Er habe seinem Vater, dem Kläger, den Hergang erzählt, und dieser habe es dann dem Anwalt geschildert. Dabei müsse wohl etwas schiefgegangen sein. Dies hält auch das Gericht für vorstellbar. Insbesondere erfolgte aber die jetzige Schilderung des Zeugen flüssig, widerspruchslos, detailliert und nachvollziehbar. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Zeuge, um seinen Eltern eine bessere Beweissituation zu verschaffen, bewusst falsche Angaben gemacht hätte. In dem Falle wäre gerade zu erwarten gewesen, dass auch der Klägervortrag bereits entsprechend angepasst worden wäre, so dass sich der Zeuge nun nicht den Vorwurf der Widersprüchlichkeit gefallen lassen müsste. Auch bestanden nach dem persönlichen Eindruck des Gerichts von dem Zeugen für eine Falschaussage diesen Umfangs keinerlei Anhaltspunkte, auch unter Berücksichtigung der familiären Verbindung zu den Klägern.

Schließlich hat der Zeuge weiterhin für das Gericht überzeugend geschlussfolgert, wie das von ihm geschilderte Schadensbild durch den Sturm zustande gekommen ist.

Andere Schadensursachen kommen aufgrund der Beobachtungen des Zeugen, insbesondere der zeitnahen Feststellung des Schadens nach der Wahrnehmung des Zuknallens des Fensters, nicht ernsthaft in Betracht.

2.) Infolgedessen wurde das Fenster derart beschädigt, dass es auszutauschen war. Der Zeuge L hat zunächst bekundet, dass die Glasscheibe gerissen gewesen sei. Dies hat auch der Zeuge M, Sachverständiger der Beklagten, bestätigt. Er hat bekundet, bei seiner Besichtigung habe man sicherlich sehen können, dass die Scheibe beschädigt gewesen sei. Hierzu hat er ein Foto mit den vom Zeugen L abgeklebten Rissen vorgelegt.

Weiterhin hat der Zeuge L angegeben, das Fenster habe sich hinterher nicht mehr verriegeln lassen, da die entsprechende Plastikvorrichtung im Rahmen zerstört gewesen sei.

Zwar hat der Zeuge M demgegenüber bekundet, ihm sei damals die defekte Scheibe gezeigt worden; andere Bemängelungen, insbesondere etwas von einem kaputten Verschluss, höre er heute zum ersten Mal. Zum einen hat der sachverständige Zeuge seine Angaben jedoch überwiegend seinem bei seiner Befragung zur Hilfe genommenen Bericht entnommen und zu einzelnen Fragen offen gelegt, dass er sich konkret nicht ohne diese Hilfe erinnern konnte. Weiterhin hat er auf Vorhalt zu der Frage des defekten Verschlusses mitgeteilt, ausweislich seiner Unterlagen sei ihm doch mitgeteilt worden, dass sich das Fenster nicht mehr verriegeln lasse, jedoch ohne nähere Angaben zum Grund. Weiterhin hat der Zeuge M auf Vorhalt der Schadensschilderung des Zeugen L bekundet, dies sei für ihn zunächst plausibel, insbesondere dass dadurch, wie vom Zeugen L bekundet, das Plastikteil des Verschlusses im Rahmen kaputt gegangen sei. Konkrete Feststellungen habe er damals aber aufgrund der vom Versicherungsnehmer vorgenommenen festen Verschraubung des Fensters nicht treffen können.

Demnach hat der Zeuge M sowohl bestätigt, dass ihm gegenüber schon damals der entsprechende Defekt bezüglich des Verriegelungsmechanismus angegeben worden war, als auch, dass eine derartige Beschädigung nach seiner sachverständigen Einschätzung plausibel sei. Insoweit bestanden keine Gründe, an den diesbezüglichen Angaben des Zeugen L zu zweifeln.

Ob weitere Beschädigungen am Rahmen durch ein Verschieben gegeben waren, konnte deshalb dahinstehen. Der sachverständige Zeuge M hat bestätigt, dass es Ersatzteile für den Verriegelungsmechanismus des Fensters nicht gebe, und bei dessen Zerstörung das Fenster komplett zu ersetzen sei.

Zur Schadensbeseitigung war daher nicht nur die Scheibe auszutauschen, sondern das gesamte Fenster zu erneuern.

3.) Der Leistungsanspruch der Kläger ist jedoch wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles gem. § 88 Abs. 2 VVG anteilig um 50 % zu kürzen. Grobe Fahrlässigkeit in diesem Sinne zeichnet sich dadurch aus, dass der Versicherungsnehmer wusste oder wissen musste, dass sein Verhalten geeignet war, den Versicherungsfall zu fördern. Dabei muss die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts offensichtlich so groß gewesen sein, dass es ohne weiteres nahe lag, ein anderes Verhalten in Betracht zu ziehen (vgl. Prölss, VVG, § 81 Rn. 15 m.N.).

So lag es hier, wobei sich die Kläger das Verhalten ihres Sohnes gem. § 278 BGB bei der Ausübung ihrer vertraglichen Pflichten zurechnen lassen müssen.

Nach Inaugenscheinnahme der Wettervorhersage in der Tagesschau vom Vorabend hat sich ergeben, dass die Ausbreitung orkanartiger Stürme für ganz Deutschland vorhergesagt war. Ungeachtet dessen hat der Zeuge L ausgesagt, er sei während des Schadenseintritts im Hause gewesen und habe auch wahrgenommen, dass es innerhalb kurzer Zeit sehr windig geworden sei. Aufgrund seiner Renovierungsarbeiten und weil er eine CD gehört habe, habe er jedoch so richtig erst mitbekommen, was draußen los war, als das Fenster schon kaputt gewesen sei. In der Vergangenheit sei es teilweise auch schon sehr windig geworden aufgrund der Lage des Hauses der Kläger in einer Art Schneise. Einmal sei ihnen sogar die Dachantenne vom Dach gerissen worden. Am Tag vorher habe er in den Nachrichten auch eine Sturmwarnung gehört. Demnach kann es keine Zweifel geben, dass sich dem Zeugen aufdrängen musste, das Fenster nicht ohne Beaufsichtigung offen stehen zu lassen. Eine Beschädigung durch den Sturm, der dem Zeugen aufgrund der Vorhersage bekannt war, und den er zumindest als aufkommenden starken Wind sogar konkret bemerkte, war damit äußerst naheliegend, so dass der Zeuge das Schließen des Fensters hätte in Betracht ziehen müssen. Auch dass ein Sturm in der Lage ist, ein ohne Verriegelung geöffnetes, wenn auch nur angekipptes Dachfenster zu bewegen und dabei zu beschädigen, drängt sich auf.

Bei der Bemessung der quotalen Kürzung ist abhängig vom Grad des Verschuldens innerhalb der vorstellbaren Fälle grober Fahrlässigkeit ein Abzug zwischen 0 und 100 % zu machen. Vorliegend beurteilt das Gericht den objektiven Sorgfaltsverstoß zwar als nicht unerheblich. Auf der Seite der subjektiven Vorwerfbarkeit kann jedoch zu Gunsten des Zeugen angeführt werden, dass er nach seinen Bekundungen durch Renovierungsarbeiten und Musikhören abgelenkt war und das volle Ausmaß des Wetterzustandes deshalb noch nicht realisiert hatte. Das Gericht hält deshalb eine Kürzung um 50 % für angemessen und ausreichend.

4.) Eine Kürzung bzw. eine Leistungsbefreiung wegen Verstoß gegen anderweitige Obliegenheiten entsprechend den Versicherungsbedingungen war hingegen nicht vorzunehmen.

a) Die Verpflichtung gem. § 20 Nr. 1c) VGB zur Abwendung oder Minderung des Schadens und hierbei Einholung und Befolgung von Weisungen ist nicht verletzt. Der Schaden konnte nach den obigen Ausführungen nicht mehr gemindert oder abgewendet werden. Unerheblich ist deshalb, auf welche Weise die Kläger das Fenster sicherten, um dieses zu schließen.

b) Auch die Verpflichtung gem. § 20 Nr. 1d) VGB, dem Versicherer auf Verlangen im Rahmen des Zumutbaren jede Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens zu gestatten, ist nicht verletzt. Unstreitig haben die Kläger dem Sachverständigen der Beklagten Zugang zu dem beschädigten Fenster zwecks Untersuchung gewährt. Durch die Verschraubung des Fensters zur vorläufigen Sicherung ist diese Untersuchungsmöglichkeit nicht torpediert worden. Der sachverständige Zeuge M hat hierzu ausgeführt, die hierdurch verursachte Einschränkung habe hauptsächlich dazu geführt, dass er das Typenschild innerhalb des Fensterrahmens nicht habe ablesen können.

Zum einen hat jedoch der Zeuge L bekundet, er habe ausdrücklich angeboten, für den Sachverständigen die Verschraubung wieder zu entfernen. Hierauf hat der Zeuge M lediglich erwidert, daran könne er sich jetzt so nicht erinnern; das wäre ihm nicht bekannt. Neben den grundsätzlich eingeschränkten Erinnerungen des Zeugen M konnte dieser die Angaben des Zeugen L nicht konkret abstreiten. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, warum nicht auch ohne ein entsprechendes Angebot des Zeugen L die Verschraubung hätte entfernt und das Schild abgelesen werden können. Der Zeuge M hat bekundet, dies lehne er ab, um den Schadenszustand nicht zu verändern. Es müsse dann Rücksprache mit dem Versicherer gehalten werden und ein entsprechender weiterer Auftrag erteilt, was vorliegend aber nach dem Bericht des Sachverständigen nicht geschehen sei. Die Beklagte hat somit offenbar selbst keinen Wert darauf gelegt, hier weitere Feststellungen zu treffen.

c) Demgegenüber haben die Kläger den Schaden nicht unverzüglich angezeigt, wie von § 20 Nr. 1a) VGB gefordert. Der tolerierbare Zeitraum ist bei Zuwarten von mehreren Wochen zweifellos überschritten.

Eine Leistungskürzung bzw. -befreiung gem. § 20 Nr. 2 VGB kommt aber dennoch aufgrund der Ausnahmeregelung in Nr. 3 nicht in Betracht. Danach entfällt die Leistungsfreiheit gem. Nr. 2, wenn die Obliegenheitsverletzung weder Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch des Schadensumfanges hatte und die Verletzung nicht geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu beeinträchtigen sowie den Versicherungsnehmer kein erhebliches Verschulden trifft.

Durch das Zuwarten ist weder die Feststellung des Versicherungsfalls noch des Schadens beeinträchtigt worden. Die provisorische Verschließung des Fensters geschah nach den Angaben des Zeugen L unmittelbar nach Schadenseintritt, was auch nachvollziehbar und notwendig war, da das Fenster anders nicht mehr zu verschließen war. Selbst eine fristgerechte Anzeige hätte hieran nichts mehr geändert. Der Zeitablauf hatte auch keinen Einfluss auf die Feststellung der Sturmursächlichkeit, da allein eine unterstellte zeitliche Nähe zwischen Sturm und Schadensfall ohnehin keinen ausreichenden Schluss auf die Schadensursache und das Vorliegen eines Versicherungsfalles zulässt. Aus diesen Gründen waren Interessen der Beklagten auch nicht ernsthaft beeinträchtigt. Ein erhebliches Verschulden der Kläger ist auch angesichts des nicht unerheblichen Zeitablaufs nicht erkennbar.

5.) Die ungekürzte Versicherungsleistung ist gem. § 15 Nr. 1b) nach den notwendigen Reparaturkosten zu berechnen. Versicherte Sache ist das Wohngebäude. Die Zerstörung des zugehörigen Fensters ist daher nicht unter Nr. 1a) (Zerstörung des Gebäudes oder Zerstörung sonstiger Sachen) zu fassen, sondern als Beschädigung des Gebäudes gem. Nr. 1b). Die Beschränkung auf den Versicherungswert, der bezogen auf das gesamte Gebäude zu verstehen ist, kommt ersichtlich nicht zum Tragen.

Die notwendigen Reparaturkosten durch Ersetzung des Fensters schätzt das Gericht gem. § 287 ZPO auf 1.350,00 €. Grundlage der Schätzung ist die Angabe des Zeugen M, dieser Betrag falle für ein Velux-Fenster der benötigten Größe ohne Rollladen an. Die Kläger haben ausdrücklich erklärt, gegen diesen Betrag keine Einwendungen zu erheben. Ein Anspruch auf Besserstellung durch Nachrüstung eines Rollladens besteht nicht.

Der zu zahlende Anteil von 50 % beträgt demnach 675,00 €.

6.) Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten besteht nicht. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass diese nicht vom Versicherungsumfang erfasst ist. Verzug mit der Versicherungsleistung trat frühestens mit Bezifferung des Anspruchs durch anwaltliches Schreiben ein. Die Beauftragung des Anwaltes, die die geltend gemachten Kosten auslöst, erfolgte damit vor Verzugseintritt und nicht verzugsbedingt, so dass ein Anspruch auch nicht auf §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BBG gestützt werden kann.

Der Zinsanspruch bezüglich der berechtigten Hauptforderung ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.