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23.08.2013 · IWW-Abrufnummer 132658

Sozialgericht Berlin: Urteil vom 23.05.2012 – S 36 KR 2042/11

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


SG Berlin

23.05.2012

S 36 KR 2042/11

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
1

Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang Rentenzahlungen aus einer Pensionskasse der Beitragspflicht zur Kranken-und Pflegeversicherung unterliegen.
2

Der Kläger ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 1) in der Krankenversicherung der Rentner. Er bezieht von der in der Rechtsform der VVaG organisierten P. Pensionskasse (VVaG) seit dem 01.12.2002 eine Rentenzahlung von derzeit 614,86 EUR monatlich. Die der Rente zu Grunde liegenden Beiträge zur Pensionskasse zahlten in der Zeit vom 1.12.1966 bis zum 30.9.1981 der Kläger, der über die gesamte Zeit selbst Versicherungsnehmer war, zu 25 % und sein damaliger Arbeitgeber zu 75 %, wobei in diesem Zeitraum insgesamt Beiträge in Höhe von 11.375,98 EUR eingezahlt wurden. Nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zahlte der Kläger die Beiträge in der Zeit vom 1.10.1981 bis zum 31.10.2002 in Höhe von insgesamt 16.169.23 EUR vollständig selbst.
3

Der Kläger zahlte an die P. Pensionskasse auf die Rentenleistungen in vollem Umfang Beiträge nach dem allgemeinen Beitragssatz.
4

Mit Schreiben vom 10.7.2011 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts eine Korrektur der von ihm gezahlten und der zu zahlenden Beiträge in Bezug auf die Rentenzahlung aus der Pensionskasse. Dem Schreiben beigefügt war eine Bestätigung der P. Pensionskasse vom 7.7.2011, wonach sich auf der Grundlage des vom Bundessozialgericht entwickelten Berechnungsmodells für die Aufteilung eines Direktversicherungsvertrages zwischen privaten und betrieblichen Teil für den Vertrag des Klägers ergebe, dass 58,70 % der monatlichen Rente auf den privaten Teil entfallen. Dies entspreche bei einer (damaligen) monatlichen Rentenzahlung von 611,80 EUR einem Anteil von 359,13 EUR.
5

Mit Bescheid vom 29.7.2011 teilte die Beklagte zu 1) dem Kläger mit, dass nach Rücksprache mit der P. Pensionskasse keine Neuberechnung der Beiträge stattfinde. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zu 1) mit Widerspruchsbescheid vom 26.9.2011 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass Rentenzahlungen aus einer Pensionskasse auch dann in vollem Umfang der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterlägen, wenn die Beiträge nach Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis von dem Arbeitnehmer vollständig selbst fortgezahlt wurden. Die zu Direktversicherungsverträgen ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts, wonach Leistungen aus einer Direktversicherung nicht der Beitragspflicht unterliegen, soweit sie auf Beiträgen beruhen, die der Arbeitnehmer nach Eintritt in den Versicherungsvertrag vollständig selbst gezahlt habe, sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Bei einer Pensionskasse bediene sich der Arbeitnehmer auch nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses weiterhin einer Institution der betrieblichen Altersversorgung, so dass in diesem Fall von einem kompletten herauslösen des Vertrages aus der betrieblichen Sphäre und somit aus dem institutionellen Rahmen des Betriebsrentenrechts nicht ausgegangen werden könne. Diese Sichtweise werde dadurch verstärkt, dass der Arbeitnehmer ohnehin per Gesetz einen eigenen Leistungsanspruch gegenüber der Pensionskasse habe (§ 118a Nr. 4 Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG) und er regelmäßig bereits während des Arbeitsverhältnisses neben dem Arbeitgeber die Stellung eines Versicherungsnehmers innehabe. Der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts werde daher auch dann nicht gänzlich verlassen, wenn den Arbeitgeber nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses keine Subsidiärhaftung nach § 1 Abs. 1 S. 3 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) mehr treffen sollte.
6

Am 21.10.2011 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
7

In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer haben die Beklagten den Bescheid vom 29.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.09.2011 dahingehend ergänzt, dass er hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung im Namen der Beklagten zu 2) (Pflegekasse) ergangen ist.
8

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.9.2010 (1 BvR 1660/08) vorliegend Anwendung finde, da beide Sachverhalte nahezu identisch seien. Bei der Altersversorgung über eine Pensionskasse gäbe es nur geringfügige Unterschiede zu Altersversorgung über eine Direktversicherung. Der Kläger sei als Arbeitnehmer ab dem 1.10.1981 in die Direktversicherung eingetreten und habe so eine private Altersvorsorge begründet. Ob der vorherige Arbeitgeber die Altersvorsorge auf eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung übertragen habe, habe in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts keine Rolle gespielt. Beide seien Erträgen aus privaten Lebensversicherungen wesensgleich, bei denen der Gesetzgeber keine Beitragspflicht vorsehe. Der Gesetzgeber unterwerfe Erträge aus privaten Lebensversicherungen bei pflichtversicherten Rentnern keiner Beitragspflicht. Zu dieser gesetzgeberischen Grundsatzentscheidung setze sich eine Rechtsprechung in Widerspruch, die Einzahlungen auf private Lebensversicherungsverträge allein deshalb der Beitragspflicht unterwerfe, weil die Verträge ursprünglich vom Arbeitgeber des Bezugsberechtigten abgeschlossen worden seien und damit dem Regelwerk des Betriebsrentenrechts unterlegen hätten, obwohl sie danach vollständig aus dem betrieblichen Bezug gelöst worden seien und ohne Probleme in einen betrieblichen und einen privaten Teil zu trennen seien. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verfehle den explizit vom Gesetzgeber des Betriebsrentengesetzes vorgegebenen Zweck des Fortsetzungsrechts, einen Anreiz zur Eigenvorsorge des Arbeitnehmers in Ergänzung der betrieblichen Altersversorgung zu setzen.
9

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten zu 1) vom 29.7.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.9.2011 aufzuheben und festzustellen, dass die von der P. Pensionskasse an den Kläger seit dem 01.12.2002 gezahlten Rentenleistungen nur zu einem Anteil von 41,3 % der Bemessung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung unterliegen.
10

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.
11

Sie hält an ihrem Vorbringen aus dem Widerspruchsbescheid fest.
12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitverhältnisses wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten und auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
13

Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten zu 1) vom 29.7.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.9.2011 und der klarstellenden Ergänzung in der mündlichen Verhandlung, dass der Bescheid hinsichtlich der Pflegeversicherungsbeiträge im Namen der Beklagten zu 2) ergangen ist. Diese Ergänzung ist nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.
14

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 SGG zulässig aber unbegründet.
15

In Abweichung von der grundsätzlichen Unzulässigkeit der Feststellung eines einzelnen Beitrags(tragungs)tatbestandes ist die Beitragspflicht von Einnahmen als Element des Beitrags(tragungs)tatbestandes gesondert feststellungsfähig (BSG, Urteil vom 29.02.2012 - B 12 KR 19/09 R, [...] Rdnr. 18 m.w.N.).
16

Der angefochtene Bescheide der Beklagten zu 1), in dem diese im Namen der Beklagten zu 2) auch über die Beiträge zur Pflegeversicherung entscheiden konnte (§ 46 Abs. 2 Sätze 4 und 5 SGB XI), ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
17

Nach §§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 237 Satz 1 Nr. 2 SGB V wird bei versicherungspflichtig Beschäftigten und versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung zur gesetzlichen Krankenversicherung der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zugrunde gelegt. Zu den der Rente vergleichbaren Einnahmen in diesem Sinne gehören nach Maßgabe von § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V auch die - vorliegend allein in Betracht kommenden - "Renten der betrieblichen Altersversorgung" i.S.v. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V. Für die Beitragsbemessung in der sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI diese Regelungen durch Verweisung auf die §§ 237 und 229 SGB V entsprechend.
18

Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der von der P. Pensionskasse an ihn seit dem 01.12.2002 gezahlten Rente in vollem Umfang um einen Versorgungsbezug im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V.
19

Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Die Kammer folgt diesen Ausführungen nach eigener rechtlicher Prüfung und sieht insofern von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
20

Rentenleistungen die von in der Rechtsform eines VVaG betriebenen regulierten Pensionskassen ausgezahlt werden, unterliegen auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 28.09.2010 - 1 BvR 1660/08 = SozR 4-2500 § 229 Nr. 11) auch insoweit als Versorgungsbezüge der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung, als sie auf Beiträgen beruhen, die der Arbeitnehmer nach Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis unter Fortführung des Versicherungsverhältnisses selbst eingezahlt hat (so - obiter dictum - BSG, Urteil vom 30.03.2011 - B 12 KR 16/10 R = SozR 4-2500 § 229 Nr. 12; Bittner, SGb 2012,103, 104; vgl. auch das Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes vom 30.08.2011 - RS 2011/419, unter Ziff. 1.2; a.A. Reich, VersR 2011, 454ff.; Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 49/2010 Anm. 6).
21

Das BSG versteht die gesetzliche Regelung auch bei der Begründung der krankenversicherungsrechtlichen Beitragspflicht von Renten und den Renten vergleichbaren Bezügen seit jeher so, dass nicht auf den im Einzelfall jeweils nachweisbaren Zusammenhang mit dem früheren Erwerbsleben abzustellen ist, sondern typisierend von einem solchen allgemeinen Zusammenhang auszugehen ist. Die gesetzliche Regelung unterwirft mit den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und den Versorgungsbezügen im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich Bezüge bestimmter Institutionen und aus vergleichbaren Sicherungssystemen der Beitragspflicht, bei denen in der Regel ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu diesem System und einer Erwerbstätigkeit besteht. Diese sog institutionelle Abgrenzung orientiert sich allein daran, ob die Rente bzw. die einmalige Kapitalleistung von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt wird, und lässt Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs unberücksichtigt (BSG SozR 4-2500 § 229 Nr. 7 Rdnr. 19 m.w.N.).
22

Gleichzeitig hat das BSG in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass der Begriff der "betrieblichen Altersversorgung" für das Verständnis des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V eigenständig nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift ohne Bindung an die Legaldefinition des § 1b Abs. 2 BetrAVG auszulegen ist (BSG, a.a.O. m.w.N.). So hat das BSG zur typisierenden Anknüpfung insbesondere im Hinblick auf die Leistung von Pensionskassen ausgeführt, dass nur derjenige, der aufgrund einer bestimmten früheren Berufstätigkeit Mitglied einer entsprechenden Einrichtung werden kann und dieses Recht ausübt, sich für seine zusätzliche Sicherung nicht irgendeiner Form der privaten Vorsorge bedient, sondern sich der betrieblichen Altersversorgung anschließt und sich damit im gewissen Umfang deren Vorteile nutzbar macht (BSG, Urteil vom 06.02.1992 - 12 RK 37/91 = SozR 3-2500 § 229 Nr. 1). In der vorgenannten Entscheidung heißt es insofern wörtlich ([...] Rdnrn. 18f.):

"Wer nur aufgrund einer bestimmten früheren Berufstätigkeit Mitglied einer entsprechenden Einrichtung werden kann und dieses Recht ausübt, bedient sich für seine zusätzliche Sicherung nicht irgendeiner Form der privaten Vorsorge, sondern schließt sich der betrieblichen Altersversorgung an und macht sich damit in gewissem Umfang deren Vorteile nutzbar. Das spricht für eine Gleichbehandlung mit den Zusatzrenten der Pflichtmitglieder, die grundsätzlich ebenfalls von diesen erworben sind. ...

Es entspricht der beitragsrechtlichen Gleichstellung von Renten der betrieblichen Altersversorgung mit den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung, auch die aufgrund einer freiwilligen Versicherung ohne Berufstätigkeit und mit eigenen Mitteln erworbenen Renten aus beiden Vorsorgebereichen gleichzubehandeln. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind selbst dann beitragspflichtig, wenn sie allein auf freiwilligen Beiträgen beruhen und der Rentner niemals eine Berufstätigkeit ausgeübt hat."

23

An der vorgenannten Rechtsprechung hat das BSG auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.09.2010 (1 BvR 1660/08 = SozR 4-2500 § 229 Nr. 11) im Grundsatz festgehalten und in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich auf die vorgenannte Rechtsprechung zu den Pensionskassenrenten Bezug genommen (BSG, Urteil vom 30.03.2011 - B 12 KR 16/10 R = SozR 4-2500 § 229 Nr. 12, [...] Rdnrn. 19 und 28). Es hat die Rechtsprechung unter Berücksichtigung der aktuellen Entscheidungen des BVerfG lediglich für den Fall modifiziert, dass Kapitalleistungen auf Prämien beruhen, die ein Arbeitnehmer nach dem Ende seines Arbeitsverhältnisses auf einen Kapitallebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat. Zur Begründung hat es weiter ausgeführt (BSG, a.a.O., [...] Rdnr. 29):

"Ein Lebensversicherungsvertrag, zu dem ein Arbeitnehmer nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses oder seiner Erwerbstätigkeit unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers Prämien entrichtet, wird nämlich nicht mehr innerhalb der institutionellen Vorgaben des Betriebsrentenrechts fortgeführt, weil die Bestimmungen des Betriebsrentenrechts auf den Kapitallebensversicherungsvertrag hinsichtlich der nach Vertragsübernahme eingezahlten Prämien keine Anwendung mehr finden. Würden auch Auszahlungen aus solchen Versicherungsverträgen der Beitragspflicht in der GKV unterworfen, läge darin eine gleichheitswidrige Benachteiligung der hierdurch Begünstigten gegenüber solchen Pflichtversicherten, die beitragsfreie Leistungen aus privaten Lebensversicherungsverträgen oder anderen privaten Anlageformen erhalten (vgl. BVerfG Beschluss vom 28.9.2010 - 1 BvR 1660/08 - a.a.O., [...] RdNr 15 f). Denn eine Ungleichbehandlung, die hinsichtlich der Beitragspflicht allein daran anknüpft, dass die Lebensversicherungsverträge ursprünglich vom früheren Arbeitgeber abgeschlossen wurden und damit (nur) seinerzeit dem Regelwerk des Betriebsrentenrechts unterlagen, überschreitet die Grenzen zulässiger Typisierung. Wenn ein solcher Lebensversicherungsvertrag vollständig aus dem betrieblichen bzw. beruflichen Bezug gelöst worden ist, unterscheidet er sich in keiner Weise mehr von einem privaten Kapitallebensversicherungsvertrag."

24

Im Gegensatz zu der vom Arbeitgeber als Direktversicherung abgeschlossenen und vom Arbeitnehmer nach Ausscheiden aus dem Versicherungsverhältnis als Versicherungsnehmer fortgeführten privaten Lebensversicherung wird jedoch bei einer Versicherung über eine klassische regulierte (vgl. § 118b Abs. 3 VAG) (Firmen-)Pensionskasse in der Form eines VVaG, bei dem der Arbeitnehmer grundsätzlich Mitglied und Versicherungsnehmer des Versicherungsvertrages ist (Rolfs, in Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 3. Aufl., § 1 Rdnr. 170), der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts nicht verlassen. Dies rechtfertigt es, die Rente aus einer solchen Pensionskasse auch weiterhin in Abgrenzung zur privaten Lebensversicherung als Versorgungsbezug anzusehen.
25

Dem steht die jüngste Rechtsprechung des BVerfG nicht entgegen.
26

Das BVerfG hat die vom BSG vorgenommene institutionelle Betrachtung grundsätzlich verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Es hat unter anderem die Einstufung von Leistungen aus einer Direktversicherung als Versorgungsbezüge für den Fall nicht beanstandet, dass der Arbeitgeber auch nach Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis weiter Versicherungsnehmer bleibt, der Arbeitnehmer jedoch die Beiträge allein weiter entrichtet (BVerfG, Beschluss vom 06.09.2010 - 1 BvR 739/08, [...] Rdnr. 16). In der vorgenannten Entscheidung heißt es wörtlich:

"Es ist im Rahmen einer Typisierung nicht zu beanstanden, wenn das Bundessozialgericht auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses durch den früheren Arbeitnehmer eingezahlte Beiträge als noch betrieblich veranlasst einstuft, solange der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts, also im Falle der Direktversicherung der auf den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer laufende Versicherungsvertrag zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung genutzt wird. Es liegt damit ein formal einfach zu handhabendes Kriterium vor, dass ohne Rückgriff auf arbeitsrechtliche Absprachen, insbesondere darauf, ob die vom Arbeitnehmer eingezahlten Beiträge von der Versorgungszusage des Arbeitgebers umfasst waren, eine Abschichtung betrieblicher von privater Altersversorgung durch Lebensversicherungsverträge erlaubt.

...

Hinsichtlich solcher Beiträge, die der Beschwerdeführer nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf die Direktversicherung eingezahlt hat, ist der Berufsbezug noch insoweit gewahrt, als der Arbeitgeber die Direktversicherung als Versicherungsnehmer innerhalb der institutionellen Vorgaben des Betriebsrentengesetzes fortgeführt hat."

27

Diese Erwägungen lassen sich auf den vorliegenden Fall der Fortführung einer Versicherung einer (Firmen-)Pensionskasse nach Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis übertragen. Auch insofern wird mit der weiteren Nutzung der Pensionskasse nach wie vor der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts, nämlich die betriebliche Pensionskasse, genutzt. Unabhängig von sonstigen Besonderheiten, wie etwa Nachschusspflichten des Arbeitgebers (§ 24 Abs. 2 VAG) oder von den Arbeitgebern als Mitgliedern der Pensionskasse gebildeten Verlustrücklagen (vgl. dazu - wenngleich mit anderem Ergebnis - Reich, VersR 2011, 454, 456) unterscheidet sich die vom Arbeitnehmer nach Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis fortgeführte Versicherung im Rahmen einer (Firmen-)Pensionskasse von einer vom Arbeitnehmer fortgeführten privaten Lebensversicherung bereits dadurch, dass Mitglied der Pensionskasse grundsätzlich nur werden kann, wer in einem Beschäftigungsverhältnis zu einem bestimmten Unternehmen steht (vgl. für den vorliegenden Fall § 2 der Satzung der P. Pensionskasse).
28

In der Entscheidung vom 28.09.2010 (a.a.O., [...] Rdnr. 13) hat das BVerfG eine sachlich nicht mehr gerechtfertigte Ungleichbehandlung nur in den Fällen angenommen, "in denen auch Einzahlungen des Arbeitnehmers auf Kapitallebensversicherungsverträge in die betriebliche Altersversorgung eingeordnet werden, die den Begriffsmerkmalen des Betriebsrentenrechts nicht entsprechen und sich in keiner Weise mehr von Einzahlungen auf private Kapitallebensversicherungsverträge unterscheiden" (Hervorhebung nur hier). Eine sachlich nicht gerechtfertigte Überschreitung der Grenzen zulässiger Typisierung liegt danach nicht bereits dann vor, wenn sich die Einzahlungen in der Sache nicht von Einzahlungen auf private Kapitallebensversicherungsverträge unterscheiden, sondern es muss hinzukommen, dass die Einzahlungen den Begriffsmerkmalen des Betriebsrentenrechts nicht entsprechen. Dies hat das BVerfG hinsichtlich der Direktversicherung angenommen, da die institutionelle Unterscheidung des BSG, ob eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung die Leistungen auszahlt, beim Durchführungsweg der Direktversicherung stets versagt, weil hier Lebensversicherungsunternehmen, die sowohl das private Lebensversicherungsgeschäft wie auch betriebliche Altersversorgung betreiben, als Träger auftreten (BVerfG, a.a.O., [...] Rdnr. 14). Bei der Auszahlung einer Rente durch eine Pensionskasse versagt jedoch die institutionelle Unterscheidung des Bundessozialgerichts gerade nicht, weil die Leistung durch eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung ausgezahlt wird.
29

Ob die vorstehenden Ausführungen in gleicher Weise auch für in Form von Aktiengesellschaften betriebenen deregulierten Pensionskassen gelten oder ob insofern die gleichen Kriterien anzuwenden sind, wie bei der Direktversicherung, da diese Unternehmen privaten Lebensversicherungsunternehmen näher stehen als klassischen regulierten Pensionskassen (dafür Bittner, SGb 2012, 103, 105), kann vorliegend dahinstehen, es sich bei der P. Pensionskasse um eine in der Rechtsform eines VVaG betriebene klassische regulierte (Firmen-)Pensionskasse handelt.
30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

RechtsgebietSGB Vorschriften§ 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V § 57 Abs. 1 S. 1 SGB XI