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17.01.2013 · IWW-Abrufnummer 130132

Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 21.09.2012 – I-20 U 92/12

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Hamm

I-20 U 92/12

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 08. März 2012 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Voll­streckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu voll­streckenden Betrages leistet.

Das Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreck­bar.

G r ü n d e :

I.

Der im Jahr 1956 geborene Kläger nimmt die Beklagte aus einer seit dem Jahr 2002 bestehenden Unfallversicherung in Anspruch, der ausweislich der Ausfertigung des Versicherungsscheins vom 30.07.2010 (Bl. 7 d. Akte) die AUB 2000 der Beklagten zugrunde liegen. Nach dieser Versicherung schuldet die Beklagte im Falle der Vollinvalidität aufgrund der vereinbarten 300-prozentigen Progression eine Invaliditätssumme in Höhe der Klageforderung von 306.775,14 Euro.

Anspruchsvoraussetzung ist nach Ziffer 2.1.1.1 AUB 2000, dass die Invalidität als dauerhafte Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit auf einem Unfall beruht. Ein Unfall liegt nach Ziffer 1.3 AUB 2000 vor, „wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.“

Als Unfall gilt nach Ziffer 1.4 AUB 2000 auch, „wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wird oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder gerissen werden.“

Wegen der weiteren Regelungen der AUB 2000 wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 10 ff d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger erlitt am 22.09.2009 eine Gehirnblutung, während er seiner Tätigkeit als Haustechniker der Firma S in F nachging. Ausweislich des ärztlichen Berichts des C Krankenhauses vom 23.10.2009 (Bl. 64 ff d. A.) wurde der Kläger vom 22. September bis zum 20.10.2009 stationär versorgt, wobei er bis zum 05.10.2009 auf der C4 verblieb. Im Anschluss unterzog er sich bis zum 09.12.2009 einer stationären Rehabilitationsmaßnahme im neurologischen Rehabilitationszentrum C2 in C3 und wurde von dort arbeitsunfähig entlassen.

Der Kläger nahm zunächst die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft in E auf Entschädigungsleistungen wegen eines Arbeitsunfalls in Anspruch, welche seinen Antrag mit Bescheid vom 16.06.2010 ablehnte, worauf der anwaltlich vertretene Kläger Widerspruch einlegte. Wegen des Verwaltungsverfahrens sowie der dort vorgelegten Gutachten (neurochirurgisches Fachgutachten von Professor Dr. T2 vom Universitätsklinikum F vom 27.12.2010, Blatt 71 ff der Akte, neurologisches Gutachten der Neurologin Pluschkell vom Institut für medizinische Begutachtung vom 03.03.2011, Blatt 85 ff der Akte – jeweils 70 % Erwerbsminderung) wird auf die vom Senat beigezogene Akte der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (Bezirksverwaltung E, Az. #############) verwiesen.

Daneben erwirkte der Kläger aufgrund des Ereignisses vom 22.09.2009 die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente von der Deutschen Rentenversicherung, die diese Rente indes mit Bescheid vom 12.01.2011 zunächst bis zum 30.06.2012 befristete (Blatt 104 der Akte).

Mit Schadenanzeige vom 14.07.2010 (Anlage B 1 zur Klageerwiderung vom 20.09.2011) meldete der Kläger der Beklagten das Ereignis vom 22.09.2009 als versichertes Unfallereignis. Dabei schilderte er das Ereignis wie folgt:

„Beim Tragen schwerer Chlorkanister (2 Stck je 35 kg) für das Schwimmbad bemerkte ich plötzlich einen starken Druck im Kopf und mir wurde schwindelig. Zum Glück war sofort ein Arzt zur Stelle, der umgehend den Notarzt verständigte. Von dort aus kam ich ins Krankenhaus mit starker Hirnblutung und linksseitiger Lähmung.“

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 22.07.2010 Leistungen aus der Unfallversicherung mit Hinweis darauf ab, dass es an einem von außen wirkenden Ereignis im Sinne der Unfalldefinition fehle (Anlage B 3), worauf der Kläger anwaltliche Hilfe in Anspruch nahm.

Der Kläger hat behauptet, er habe am Schadentag kurz vor Dienstschluss zwei große, jeweils 35 kg schwere Kanister zum Schwimmbad transportieren wollen. Einer der beiden Kanister sei dabei mit Chlor, der andere mit PH-Senker gefüllt gewesen, wobei es sich um jeweils giftige Substanzen handele, die im Falle einer Vermischung explosiv reagierten. Er habe beide Kanister von einem Ziehwagen gehoben und sich so, mit je einem Kanister in jeder Hand, auf die Treppe ins Kellergeschoss begeben. Auf der (zweiten) Treppe sei ihm aufgrund der körperlichen Überbelastung durch das Anheben von insgesamt 70 kg schwindelig geworden. Um die Kanister nicht zu Boden fallen und die Flüssigkeiten auslaufen zu lassen, habe er diese krampfhaft festgehalten. Er sei dann auf der Treppe nach hinten weggerutscht und die restlichen Stufen mit den beiden Kanistern in der Hand auf dem Hosenboden hinuntergerutscht. Bei dieser Gelegenheit habe er in seinem Kopf ein „Ping“ sowie ein Ziehen verspürt. Danach sei es ihm zwar noch gelungen, die beiden Kanister mit einem Wagen in den Technikraum zu verbringen und an das System anzuschließen, er habe dies aber nicht mehr korrekt im entsprechenden Formular dokumentieren können. Auf seinem Rückweg in die 2. Etage des Gebäudes sei ihm bewusst geworden, dass irgendetwas nicht stimmte, weil ihm immer wieder sein Schlüsselbund herunter fiel. Seine Ehefrau, die ihm dann begegnet sei, habe ein Taumeln bemerkt und einen anwesenden Arzt herbeigerufen, der dann den Notarzt verständigte.

Die im Krankenhaus diagnostizierte Stammganglienblutung habe bei ihm zu einer linksseiten Lähmung sowie zu einem hirnorganischen Psychosyndrom geführt, welches erhebliche Aufmerksamkeits- und Konzentrationsbeeinträchtigungen bewirke. Insgesamt sei er damit zu 100 % invalide im Sinne der AUB der Beklagten.

Der Kläger hat sich auf den Standpunkt gestellt, das Ereignis am 22.09.2009 sei als Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen zu werten. Insbesondere fehle es nicht an einem äußeren Ereignis, weil schon das Gewicht der angehobenen Kanister als auf den Körper wirkende Kraft genüge. Insoweit hat der Kläger auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes verwiesen, das sich seiner Ansicht nach mit demselben Unfallbegriff befasse und in vergleichbaren Fällen einen Unfall bejaht habe.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 306.775,14 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.07.2010 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.793,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.07.2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, dass die Gehirnblutung auf der körperlichen Überanstrengung beim Tragen der Kanister beruhte und geltend gemacht, dass insoweit jedenfalls keine Einwirkung von außen im Sinne von Ziffer 1.3 bzw. keine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule im Sinne von Ziffer 1.4 AUB 2000 vorliege.

Außerdem greife die Ausschlussregelung aus Ziffer 5.1.2 AUB 2000, weil das Geschehen nach der Schilderung des Klägers auf einer Bewusstseinsstörung in Form eines Schwindelanfalls beruhte. Für eine Bewusstseinsstörung genüge jegliche Art von Kreislaufstörung.

Im übrigen fehle es an einer schriftlichen ärztlichen Invaliditätsfeststellung, die binnen 15 Monaten, d.h. bis zum 22.12.2010 hätte eingereicht werden müssen.

Schließlich hat die Beklagte im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bestritten, dass diese dem Kläger überhaupt fälligkeitsbegründend in Rechnung gestellt wurden. Sie seien zudem angesichts der Leistungsablehnung der Beklagten nicht notwendig gewesen, da der Kläger unmittelbar gerichtliche Hilfe hätte in Anspruch nehmen können und müssen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 08.03.2012 abgewiesen. Soweit die Blutung auf der Überlast der Kanister beruhte, fehle es an einem von außen auf den Körper des Klägers wirkenden Ereignis im Sinne von Ziffer 1.3 AUB 2000. Sollte der Sturz dagegen auf das Schwindelempfinden des Klägers zurückzuführen sein, sei der Anspruch nach Ziffer 5.1.1. AUB 2000 ausgeschlossen, weil dann eine Bewusstseinsstörung vorliege.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger im Wege seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Er hält daran fest, dass für ein von außen auf den Körper des Betroffenen wirkendes Ereignis die von einem schweren Gegenstand auf den damit hantierenden Menschen ausgehende Gegenkraft genüge und verweist wiederum auf die entsprechende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.

Soweit die Beklagte sich auf das Verstreichen der Frist zur Vorlage einer ärztlichen Invaliditätsfeststellung berufe, sei dies rechtsmissbräuchlich, da der Kläger nach Leistungsablehnung keinerlei Anlass gehabt habe, sich mit den gesundheitlichen Folgen des Ereignisses vom 22.09.2009 weiter zu befassen.

Er beantragt,

das Urteil des Landgerichts Essen vom 08.03.2012 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 306.775,14 Euro sowie weitere 1.793,57 Euro, jeweils nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.07.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und beruft sich vollumfänglich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Der Senat hat den Kläger im Senatstermin am 21.09.2012 persönlich angehört. Insoweit wird auf den Berichterstattervermerk vom 21.09.2012 Bezug genommen.

Im Senatstermin lagen die beigezogenen Akten der Verwaltungsberufsgenossenschaft Bezirkserwaltung E zum Az. ############# vor.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte aus der bei ihr gehaltenen Unfallversicherung keinen Anspruch auf Zahlung von 306.775,14 Euro, weil die von ihm geltend gemachte Vollinvalidität nicht auf einem Unfall im Sinne der dem Vertrag zugrundeliegenden AUB 2000 beruht.

1.

Nach Ziff. 1.3 AUB 2000 liegt ein Unfall vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Dieser Unfallbegriff entspricht der nunmehr gesetzlichen Definition in § 178 Abs. 2 VVG. Maßgeblich für das Verständnis des Unfallbegriffs ist da­bei ‑ begrenzt durch den Wortsinn ‑ die Sicht eines verständigen Laien ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, denn an die­sen wendet sich der Versicherer mit seinen AGB (BGH, VersR 1982, 841 f). Die Vorstellungen des Laien sind von der allgemeinen Lebensauffassung und dem allgemeinen Sprachgebrauch geprägt (Bruck/Möller/Leverenz, VVG 9. Aufl. 2010, § 178 Rdn. 15).

Der Kläger macht allein geltend, das die Gesundheitsbeschädigung auslösende Ereignis sei die von ihm aufgewandte Kraftanstrengung beim Anheben der Kanister gewesen.

Auf seinen in der Folge erlittenen Sturz auf der Treppe kommt es vor diesem Hintergrund bei der Prüfung eines Unfalls im Sinne der Versiche­rungsbedingungen nicht an, weil der Kläger ‑ auch nach Erörterung und entsprechender Klarstellung durch den Klägervertreter im Senatstermin ‑ nicht vorträgt, er habe aufgrund dieses Sturzes Gesundheitsbeeinträchtigungen erlitten, die im Ergebnis zur Invalidität geführt hätten.

a)

Das Anheben der Kanister bzw. die dabei aufgewandte Kraftanstrengung stellt durchaus ein Ereignis dar, weil es sich dabei um einen dynamischen Vorgang han­delt. Ein Ereignis ist in jeglichem Geschehensablauf zu sehen, durch den ein beste­hender Zustand verändert wird (Bruck/Möller/Leverenz, a.a.O., Rdn. 25). Auch wirkte dieses Ereignis auf den Körper des Klägers ein, weil die Schwerkraft der Kanister einen von ihm körperlich zu überwindenden Widerstand darstellte.

b)

Allerdings ist die vom Kläger aufgewandte Kraftanstrengung zur Überwindung der Schwerkraft der Kanister nicht als ein von außen auf den Körper wirkendes Ereignis im Sinne des Unfallbegriffs zu qualifizieren.

Ein von außen auf den Körper wirkendes Ereignis liegt ‑ in Abgrenzung zu innerorganischen Vorgängen ‑ vor, wenn Kräfte auf den Körper der versicherten Person einwirken, die außerhalb des Einflussbereichs des eigenen Körpers liegen. Mit der Begrenzung auf von außen wirkende Ereignisse soll die private Unfallversicherung auf Vorgänge beschränkt werden, deren schädliche Wir­kungen nicht auf Eigenschaften und Handlungsweisen des Betroffenen selbst beru­hen, sondern jeden, unabhängig davon, in einer Weise treffen, die gleichsam jeder­mann widerfahren kann. Die Auswirkungen rein innerkörperlicher Vorgänge wie etwa eines Herzinfarktes oder einer Gehirnblutung sollen nicht von der Unfallversicherung abgedeckt werden (Bruck/Möller/Leverenz, a.a.O., Rdn. 40). Nur dann, wenn der innerkörperliche Vorgang - wie hier die Gehirnblutung - seinerseits auf einem von außen wirksamen Ereignis beruht, ist deshalb ein Unfall anzunehmen.

An einer solchen von außen auf den Körper des Klägers einwirkenden Kraft im Sinne eines Ereignisses fehlt es hier. Insoweit kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die außerhalb seines Körpers wirksame Schwerkraft der Kanister auf ihn eingewirkt habe, als er sie anhob und transportierte und zu ihrer Überwindung eine entsprechende Körperkraft aufwenden musste. Die Schwerkraft der Kanister stellt kein Unfallereignis dar. Ihr fehlt jedes dynamische Element, das dem Ereignis­begriff innewohnt, weil sie ganz unabhängig von jeglicher menschlicher (oder sonsti­ger) Einwirkung aufgrund der Naturgesetzlichkeit existiert. Die Schwerkraft entfaltete im Hinblick auf den Körper des Klägers erst dann ihre Wirkung, als er ver­suchte, sie durch Aufbietung eigener Muskelkraft zu überwinden. Diese Kraftanstrengung bleibt ein innerer Vorgang, solange der Gegenstand einfaches Objekt der Bemühungen ist (BGH VersR 1989, 73; VersR 1988, 242; Senat VersR 1995, 774).

Eigene Bewe­gungen und Anstrengungen des Verletzten können nur dann Unfälle bewir­ken, wenn sie nicht gänzlich willensgestört ablaufen und im Ergebnis die Gesund­heitsbeschädigung zusammen mit einer äußeren (störenden) Einwirkung ausgelöst haben (Senat, VersR 1999, 44, Juris-Rdn. 4; OLG Frankfurt, RuS 2009, 32, Juris-Rdn. 27). Maßgeblich ist dabei die Bewegungsstörung von außen, die Bewe­gung muss anders verlaufen oder enden als geplant, ansonsten fehlt es an einem „von außen“ auf den Körper einwirkenden Ereignis. In Fällen, in denen die ver­sicherte Person eine normale Bewegung vollständig plan- und willensgemäß aus­führt, aber ungewollt eine Beeinträchtigung erleidet, fehlt es so an einer Einwirkung von außen (Prölss/Martin/Knappmann, VVG 28. Aufl. 2010, § 178, Rdn. 4; Bruck/Möller/Leverenz, a.a.O., Rdn. 64, 65, 67; OLG Dresden, RuS 2008, 432, Juris-Rdn. 3; OLG Koblenz, VersR 2004, 504, Juris-Rdn. 13).

Diese Differenzierung folgt im Übrigen zwingend aus der Systematik der AUB 2000 bzw. des § 178 Abs. 1 und 2 VVG. Wenn Kraftanstrengungen als solche bereits genügen würden, um eine von außen wirksam werdende Einwirkung auf den Körper anzunehmen, wäre die Erweiterung des Unfallbegriffs in Ziff. 1.4 AUB 2000 obsolet (so auch Bruck/Möller/Leverenz, § 178 Rdn. 68). Schließ­lich ist Gegenstand einer Kraftanstrengung typischerweise die Überwindung einer außerhalb des Körpers liegenden Kraft, sei es der Schwerkraft eines anderen Gegenstandes bzw. der Erdanziehungskraft, der Fliehkraft, des Luftwiderstands etc. (vgl. Senat, VersR 1995, 774). In all diesen Fällen fehlt es aber an einer dyna­misch auf den Körper des Verletzten einwirkenden Kraft, weshalb der Unfallbegriff in Ziffer 1.4 AUB 2000 auf solche Vorgänge erweitert worden ist, in denen allein die eigene (willensgesteu­erte) Kraftanstrengung bestimmter Körperteile zu im einzelnen aufgeführten Gesundheitsschädigungen führte.

Dieser systematischen Sichtweise lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass Ziff. 1.4 AUB 2000 nicht als Erweiterung des Unfallbegriffs sondern als bloße Klarstellung des bereits vom allgemeinen Unfallbegriff erfassten Anwendungs­bereichs zu sehen wäre. Denn die Hervorhebung von Kraftanstrengungen an Gliedmaßen oder Wirbelsäule stellen keine Beispiele von typischen Kraftanstrengungen dar, sondern beziehen sich auf ganz spezifische Fälle von Kraftanstrengungen bzw. deren Folgen und sind so nach allgemeiner Meinung als Erweiterung des Unfallbegriffs und nicht als dessen Präzi­sierung zu verstehen (Prölls/Martin/Knappmann, VVG 28. Aufl. 2010, Ziffer 1 AUB 2008, Rn. 7).

Nach dem Vortrag des Klägers, insbesondere nach seiner Schilderung in der Scha­denanzeige, die er im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat bestätigt hat, ent­wickelten die von ihm aufgehobenen und transportierten Kanister keine Eigendyna­mik in dem Sinne, dass sie aus seinen Händen glitten oder in anderer Weise aus seiner Kontrolle gerieten und dadurch eine Gesundheitsschädigung hervorriefen. Seine Kraftanstrengung erfolgte damit nicht zur Überwindung einer solchen von außen für ihn wirksam gewordenen Dynamik, sondern allein zur Umsetzung seines autonom von ihm gefassten Willens, die Kanister in den Keller zu bringen. Dieser von ihm so geplante und gesteuerte Bewegungsablauf blieb von außen ungestört. So hat der Kläger in seiner Anhörung selber noch mal hervor­gehoben, dass er nach Eintreten des Schwindels die Kanister krampfhaft fest­gehalten habe und noch froh gewesen sei, dass es ihm gelungen sei, sie unbescha­det die Treppe hinunter zu transportieren - wenn er auch auf den letzten Stufen zu Fall kam. Die dabei von ihm aufgewandte Kraft, das heißt das besonders angestrengte Festhalten der Kanister während des Sturzvorgangs macht er auch nicht als Ursache seiner Gehirnblutung geltend, so dass es dabei bleibt, dass die auslösende Kraftanstrengung beim Anheben und Transportieren der Kanister kein von außen auf seinen Körper einwirkendes Ereignis im Sinne des ver­sicherungsrechtlichen Unfallbegriffs darstellte.

c)

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Verweis der Berufung auf die sozial­gerichtliche Rechtsprechung. In dem dort zugrundegelegten § 8 Abs. 1 SGB VII in der zur Vorgängervorschrift in § 548 RVO geht es bei der Anerkennung eines Arbeitsunfalls primär um die Abgrenzung von Gesundheitsschädigungen, die mit der versicherten Tätigkeit in Zusammenhang stehen von solchen, die nur bei Gelegenheit der versicherten Tätigkeit eintreten und ihre innere Ursache nicht in der Tätigkeit selbst haben. Maßgeblich ist damit eine wertende Betrachtung der Frage, ob die den jeweiligen Unfall auslösende Tätigkeit innerhalb der Grenzen dessen liegt, bis zu welchen der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSG, HVBG-INFO 2001, 1713, Juris-Rn. 23). Dabei kommt es zwar ebenso darauf an, ob das die Gesundheitsschädigung auslösende Ereignis als Unfall zu werten ist. Denn auch im Bereich der Unfallversicherung definiert sich ein Unfall als körperlich schädigendes zeitlich begrenztes Ereignis, das von außen auf den Menschen einwirkt (BSG aaO, Juris-Rn. 24; BSG 94, 269 Juris-Rn 10). Allerdings dient die Begrenzung auf äußerlich wirksame Vorgänge allein dazu, solche Gesundheitsschädigungen vom gesetzlichen Unfallversicherungsschutz auszunehmen, die ihre wesentliche Ursache in rein innerkörperlichen Vorgängen haben und so der versicherten Tätigkeit nicht mehr zuzurechnen sind. Ist die äußere Einwirkung bei der versicherten Tätigkeit nur zufällige Gelegenheitsursache der Gesundheitsschädigung gewesen, die aufgrund der innerkörperlichen Veranlagung jederzeit auch in anderem Zusammenhang hätte auftreten können, so lässt sich ein Arbeitsunfall nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung nicht anerkennen. Ist umgekehrt eine innere Ursache nicht festzustellen, so liegt ein Arbeitsunfall vor, und zwar auch dann, wenn eine äußerlich sichtbare Einwirkung auf den Körper des Versicherten nicht feststellbar ist. Ob ein Arbeitsunfall im Sinne eines äußerlich durch die versicherte Tätigkeit wirksamen Ereignisses anzuerkennen ist, lässt sich nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung so ggf. erst durch Klärung des innerkörperlichen Ursachenzusammenhangs feststellen, weil es maßgeblich darauf ankommt, ob die versicherte Tätigkeit oder eine mögliche Vorschädigung wesentliche Ursache der Gesundheitsschädigung war (BSG, HVBG-INFO 2001, 1713, Juris-Rn. 27; BSG 94, 269, Juris-Rn. 12, 14, 16, auch unter Verweis auf BVerwGE 17, 59, 61; 35, 133, 134).

Diese Zurechnungs­problematik, das heißt die Frage, ob eine Gesundheitsschädigung durch eine ver­sicherte Tätigkeit oder durch eine andere Tätigkeit hervorgerufen und damit bloße Gelegenheitsursache war, stellt sich im Rahmen der privaten Unfallversicherung nicht. Nach dem Inhalt der privaten Unfallversicherung soll lediglich für die Schäden eine Invaliditätsleistung geschuldet werden, die aufgrund eines schicksalhaft von außen einwirkenden Ereignisses die versicherte Person treffen, die sie also nicht selbst bewirkt hat (Bruck/Möller/Leverenz, a.a.O., Rdn. 40).

2.

Unbestritten kann sich der Kläger auch nicht auf den erweiterten Unfallbegriff aus Ziff. 1.4 AUB 2000 bzw. § 178 Abs. 2 VVG berufen, weil durch die von ihm aufge­wandte Kraftanstrengung nicht ein Gelenk verrenkt oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen wurden. Die vom Kläger erlittene Hirnblutung gehört gerade nicht zu den versicherten Folgen einer erhöhten Kraftanstrengung im Sinne des erweiterten Unfallbegriffs.

Vor diesem Hintergrund kommt es nicht mehr darauf an, ob die Beklagte sich auch auf das Fehlen einer fristgerechten ärztlichen Invaliditätsfeststellung i.S.v. Ziff. 2.1.1.1 AUB 2000 berufen kann, wobei aus dem Sachvortrag der Parteien nicht ersichtlich ist, ob sie den Kläger gemäß § 186 VVG entsprechend belehrt hatte.

Im Ergebnis hat das Landgericht die Klage damit zu Recht abgewiesen.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO.

IV.

Die vom Kläger beantragte Zulassung der Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht geboten, weil die Rechtssache wegen der gesicherten ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erfordert. Die streitentscheidenden Fragen sind solche des Einzelfalls.