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02.08.2012 · IWW-Abrufnummer 122361

Amtsgericht Wetter: Urteil vom 14.02.2011 – 9 C 292/11

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Wetter

9 C 292/11

Tenor:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.068,67 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Tatbestand :

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Regressansprüche aus einem Haftpflichtversicherungsvertragsverhältnis über den PKW Peugeot 307 mit dem amtlichen Kennzeichen xxx gegen den Beklagten als Versicherungsnehmer und Fahrer dieses Fahrzeuges geltend.

Am 17.12.2009 gegen 14:00 Uhr verließ der Beklagte mit o.g. PKW das Parkdeck des Marienkrankenhauses in Schwerte, wobei das von ihm geführte Fahrzeug mit dem vor der Zufahrtsschranke zum Parkdeck stehend wartenden und von dem Zeugen C geführten PKW mit dem amtlichen Kennzeichen EN-HB 383 kollidierte. Bei dieser Kollision wurde das Beklagtenfahrzeug u.a. ausweislich der in der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatanwaltschaft Hagen (770 Js 55/10 A), dort Bl 10/11 enthaltenen Lichtbilder an der hinteren Fahrerseite beschädigt, wobei Lackabkratzungen, beginnend an der Fahrertür und sich fortsetzend bis zum hinteren linken Seitenteil über eine Länge von ca. 138 cm eingetreten sind. Das von dem Zeugen C geführte Fahrzeug wurde im Bereich des hinteren linken Stoßfängers beschädigt, es wies dort einen Streifschaden auf.

Der Beklagte hielt nach der Kollision kurz an, wobei zwischen den Parteien streitig ist, wo genau bzw. aus welchem Grund dies geschah. Er setzte seine Fahrt anschließend fort. Seine Identität konnte über das amtliche Kennzeichen seines Fahrzeuges ermittelt werden.

Die Klägerin zahlte an den geschädigten Eigentümer des PKW EN-HB 383 – den Vater des Zeugen C – auf Gutachtenbasis fiktive Reparaturkosten in Höhe von 658,63€, erstattete die Kosten des eingeholten Gutachtens über 308,81€ sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten und Auslagen in Höhe von insgesamt 81,23 € zzgl. einer Kostenpauschale von 20,00 €, das heißt insgesamt 1.068,67 €. Mit Schreiben vom 14.04.2011 forderte sie den Beklagten auf, diesen Betrag im Rahmen des Regresses bis zum 15.05.2011 an sie zu erstatten.

Das Amtsgericht Schwerte ( 5 Cs- 770 Js 55/10- 77/10 ) verurteilte den Beklagten am 21.06.2010 wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 80,00 €; das Landgericht Hagen - 740 Ns-770Js 55/10-108/10- stellte das Verfahren gegen Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 1.800,00 € durch Beschluss vom 20.10.2010 endgültig ein.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte habe gegen seine Aufklärungsobliegenheiten aus dem Versicherungsvertragsverhältnis verstoßen, indem er den Unfallort unter Verstoß gegen § 142 StGB verlassen habe, weshalb sie im Innenverhältnis in Höhe des geleisteten Schadensersatzes leistungsfrei und der Beklagte zu entsprechendem Regress verpflichtet sei.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.068,67 € nebst Zinsen hieraus in Höhe in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2011 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er behauptet, den Unfall nicht bemerkt zu haben. Insgesamt habe er an die gesamte Situation des Herausfahrens aus dem Parkhaus keine konkrete Erinnerung mehr, weshalb er lediglich mutmaßen könne, dass sein – als solches unbestrittenes - Anhalten nach dem Unfall anderweitig verkehrsbedingt verursacht gewesen sei.

Die Akte der Staatsanwaltschaft Hagen 770 Js 55/10 A war zu Informations- und Beweiszwecken beigezogen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist in der Hauptsache begründet.

Es besteht ein Regressanspruch der Klägerin gegen den Beklagten in Höhe der an den Geschädigten geleisteten 1.068,67 € aus § 426 II Satz 1 BGB i.V.m. § 28 Abs. 2, 3 VVG i.V.m. den Regelungen unter Abschnitt E AKB 2008.

Der Beklagte hat die ihm aus Abschnitt E 1.3 AKB 2008 obliegende Verpflichtung, den Unfallort nicht zu verlassen, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen, i.S.d. § 28 Abs. 2 VVG vorsätzlich verletzt.

Das Gericht ist im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Beklagte die Kollision mit dem von dem Zeugen C geführten Fahrzeug bemerkt hat.

Die dem Geschädigten mit dem Beklagten gesamtschuldnerisch aus § 115 VVG i.V.m. § 7 StVG haftende Klägerin ist damit im Innenverhältnis zum Beklagten nach § 28 Abs. 2 VVG leistungsfrei.

Dafür, dass der Beklagte die Kollision bemerkt hat, sprechen zunächst die – unstreitig – an den Fahrzeugen vorhandenen und durch die Kollision hervorgerufenen nicht unerheblichen Schäden. Das Fahrzeug des Beklagten selbst weist dabei auf einer Länge von rund 138 cm deutliche Kratzspuren und Lackabschürfungen unter anderem im Bereich der Fahrertür auf, welche nach Ansicht des Gerichts für den Beklagten in ihrer Entstehung mechanisch wahrnehmbar waren und tatsächlich wahrgenommen worden sind.

Hierfür spricht auch das von dem Zeugen C geschilderte Verhalten des Beklagten, wonach dieser sein Fahrzeug unmittelbar nach der Kollision und noch ca. 15 - 20 m von dem Ende der Parkdeckabfahrt entfernt, für mehrere Sekunden angehalten hat, ohne das ein anderer Grund als die unmittelbar zuvor stattgefundene Kollision für diese Verhalten von dem Kläger behauptet werden konnte bzw. für den Zeugen C erkennbar war.

Nach den weiteren Bekundungen des Zeugen C war für diesen selbst die Kollision sowohl durch das von ihr verursachte Geräusch, als auch durch die von ihr hervorgerufene mechanische Erschütterung deutlich wahrnehmbar; Umstände aus denen sich nachvollziehbar ergibt, dass die Kollision für den Beklagten nicht in entsprechender Weise wahrnehmbar war, hat dieser nicht vorgebracht. Soweit der Beklagte erklärte, dass Radio in seinem Fahrzeug sei eingeschaltet gewesen, hat er jedenfalls nicht behauptet, dass sich hieraus eine sonderlich intensive Geräuschentwicklung ergeben habe.

Soweit er – nicht aus eigener Erinnerung - sondern unter Bezugnahme auf die Aussage des Zeugen C in der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Schwerte vom 21.06.2010 behauptet, die Kollision wegen des gleichzeitigen Überfahrens des Bordsteins nicht wahrgenommen zu haben, wird er darauf verwiesen dass der Zeuge C hierzu bekundet hatte, dass der Beklagte über den Bordstein gefahren sei, bevor er ihn - das heißt den Zeugen - passiert habe.

Ein Eigeninteresse des Zeugen C als Sohn des Geschädigten ist nach Regulierung des Schadens durch die Klägerin nicht ersichtlich, was sich im Übrigen auch aus der – insoweit nicht zu Protokoll genommenen - Anfrage des Zeugen C im Anschluss an seine Vernehmung, worum es in diesem Rechtsstreit denn überhaupt gehe, ergibt.

Das Gericht war auch nicht gehalten, dem Antrag des Beklagten nachzugehen, ein Sachverständigengutachten zur Frage der Bemerkbarkeit des Unfalles einzuholen, da es aus – auf eigenem Erleben und Erfahrungswerten beruhender - eigener Sachkunde zu bewerten vermag, dass der Unfall für den Beklagten wahrnehmbar war, zumal sich Anküpfungstatsachen für eine gestörte bzw. erschwerte Wahrnehmbarkeit weder aus dem Vortrag des Beklagten, noch aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme ergeben bzw. bestätigt haben.

Das Verlassen der Unfallstelle schränkt die Möglichkeit des Versicherers regelmäßig ein, Feststellungen zu treffen, die zur Aufklärung des Sachverhaltes dienlich sein könnten, weshalb ein solches Verhalten der versicherten Person auch bei eindeutiger Haftungsklage als vertragswidrig zu bewerten und im Übrigen auch als "arglistig" i.S.d. § 28 Abs. 3 S 2 VVG einzustufen ist (vgl. LG Düsseldorf Urteil vom 18.06.2010 – 20 S 7/10 -), mit der Folge, dass die Leistungsfreiheit der Klägerin im Innenverhältnis zum Beklagten auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 S 1 VVG - welche der Beklagte indes ohnehin nicht eingewandt hat - besteht.

Die Klägerin hat an den Geschädigten zum Ausgleich des entstandenen Schadens einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.068,67 € geleistet. Einwendungen gegen die Höhe der Schadensregulierung hat der Beklagte nicht erhoben, weshalb er der Klägerin zum Regress in Höhe des ausgeglichenen Schadens verpflichtet ist.

II.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. II Nr. 1, 288 Abs. I BGB, wobei Verzug erst mit Anlauf des 15.05.2011 eingetreten ist, weshalb die Klage hinsichtlich des Zinsbeginns im Übrigen abzuweisen war.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 91 Abs 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.