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13.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122152

Amtsgericht Schwandorf: Urteil vom 02.11.2011 – 2 C 587/11

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


In dem Rechtsstreit

…….
- Kläger -

Prozessbevollmächtigte:
……….

gegen

……………
- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte:
.………..

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Schwandorf durch den Richter am Amtsgericht Cermak am 02.11.2011 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2011 folgendes

Endurteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 2.118,44 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht Ansprüche gegen die Beklagte als seine Rechtsschutzversicherung geltend.

Zwischen den Parteien besteht ein Rechtsschutzversicherungsvertrag, wonach nach § 26 der Rechtsschutzbedingungen der Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutz für Nichtselbständige versichert ist.

Im § 26 (1) der allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (Privat-, Berufs- und Verkehrs-Rechtsschutz für Nichtselbständige) ist folgende Regelung getroffen: "Versicherungsschutz besteht für den privaten und beruflichen Bereich des Versicherungsnehmers und seines ehelichen oder im Versicherungsschein genannten nichtehelichen Lebenspartners, wenn diese keine gewerbliche, freiberufliche oder sonstige selbständige Tätigkeit mit einem Gesamtumsatz von mehr als 12.000,-- DM/6.136,-- € - bezogen auf das letzte Kalenderjahr - ausüben. Kein Versicherungsschutz besteht unabhängig von der Umsatzhöhe für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit einer der vorgenannten selbständigen Tätigkeiten." Gem. § 26 (3) umfasst der Versicherungsschutz auch den Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht.

Der Kläger meldete bei der Beklagten über den Klägervertreter einen Rechtsschutzfall wie folgt an: "Im Rahmen eines reinen Informationsgesprächs hatte eine Frau Schuller-Gleißner mit dem Kläger ein Gespräch in dessen Wohnung vereinbart, bei dem dieser über eine Solaranlage informiert werden sollte. In der Folgezeit kam es zum Abschluss eines derartigen Vertrages. Nach der Rechtsprechung wirkt die "Haustürsituation" auch dann noch nach. Nach Vertragsabschluss wurde deshalb Widerruf des Vertrages nach § 312 BGB erklärt. Die Photovoltaikanlage sollte auf ein seit vielen Jahren bestehendes Wohnhaus (Altbau) aufgebracht werden. Diese Anlage ist weder genehmigungs- noch anzeigepflichtig." Mit Schreiben des Klägervertreters vom 16.05.2011 wurde gegenüber der Beklagten zur Abwehr des geltend gemachten vertraglichen Anspruches die Erstattung der Kosten von 2.118,44 € verlangt. Die Beklagte lehnte die Kostendeckung ab.

Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe insoweit Kostendeckung zu gewähren, da der Kläger durch die Photovoltaikanlage auf dem Dach seines privaten Wohnhauses nicht zum Unternehmer und auch nicht zum "Kleinunternehmer" werde. Die Vertragssumme im vorliegenden Fall habe 102.935,52 € betragen. Nach einer Wirtschaftlichskeitberechnung wäre ein monatlicher Gewinn von 534,39 € zu erzielen gewesen. Die Photovoltaikanlage sei daher dem Bereich der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.118,44 € zu bezahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.06.11.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 272,87 € zu bezahlen nebst Zinsen in Höhe von Prozentpunkten hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klage.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, der Rechtsschutz gem. § 26 ARB sei ein Privatrechtsschutz, welcher alleine Nichtselbständigen offen stehe. Um die Diskussion der Abgrenzung mit Einnahmen aus gewerblicher, freiberuflicher oder sonstiger selbständiger Tätigkeit zu vermeiden, enthalte § 26 Abs.1 ARB eine Regelung, wonach der Rechtsschutz für Nichtselbständige nicht entfalle, wenn aus einer derartigen gewerblichen, freiberuflichen oder sonstigen selbständigen Tätigkeit ein gewisses Jahresumsatz in geringer Höhe erzielt werde. In Satz 2 des § 26 Abs.1 ARB werde klargestellt, dass im Rahmen eines bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrages mit Privatrechtsschutz für Nichtselbständige selbstverständlich kein Rechtsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen bestehe, welche gerade die gewerbliche, freiberufliche oder sonstige selbständige Tätigkeit betreffe.

Die Beklagte ist der Auffassung, ein Betreiber einer netzgekoppelten Photovoltaiksolaranlage sei unternehmerisch und damit gewerblich tätig. Der Betreiber übe selbständig, auf Dauer angelegt, eine wirtschaftliche Tätigkeit mit Gewinnnerzielungsabsicht aus. Er erzeuge selbständig Solarstrom und verkaufe diesen über einen längeren Zeitraum an den örtlichen Stromnetzbetreiber und erwirtschafte hierbei einen Überschuss. Der Betreiber einer Photovoltaikanlage habe Einkommensteuer und Umsatzsteuer und je nach Größe der Photovoltaikanlage auch Gewerbesteuer zu entrichten. Der Kläger verwalte mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage und der Erzeugung von Strom nicht eigenes Vermögen, sondern beabsichtige durch die Stromerzeugung zusätzliche Einnahmen auf der Grundlage der Einspeisevergütung zu erzielen. Der Kläger sei damit unternehmerisch tätig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die allgemeinen Rechtsschutzbedingungen ( ARB ) haben in Kopie vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Gem. § 26 (1) Satz 2 der allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung, die für den Rechtsschutzversicherungsvertrag des Klägers gelten, besteht kein Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in Zusammenhang mit einer gewerblichen, freiberuflichen oder sonstigen selbständigen Tätigkeit.

Diese Klausel greift hier durch, denn bei der Vertragsangelegenheit des Klägers zum Erwerb einer Photovoltaikanlage zum Preis von 102.935,52 € handelte es sich um eine selbständige Tätigkeit, da diese Anschaffung Grundlage der Tätigkeit des Klägers als Stromlieferant war. Eine selbständige Tätigkeit erfordert Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr und Gewinnerzielungsabsicht. Diese 4 Merkmale sind hier bei dem vom Kläger beabsichtigten Betrieb einer Photovoltaikanlage gegeben. Der Kläger ist von Weisungen eines Dritten nicht abhängig und arbeitet auf eigene Rechnung und Verantwortung. Der Betrieb der Photovoltaikanlage ist von Gewinnabsicht getragen und auf ständige Wiederholung ausgerichtet. Der Kläger nimmt auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr dadurch teil, denn er bietet sein Leistungsangebot am Markt gegen Entgelt und für Dritte erkennbar an. Darüber hinaus ist der Betrieb seiner Photovoltaikanlage darauf gerichtet, einen Einnahmeüberschuss zu erzielen und stellt nicht nur eine reine Liebhaberei dar. Die Gewinnerzielung ist auch durch die Wirtschaftlichkeitsberechnung belegt.

Das Gericht ist nicht der Auffassung, dass es sich hier, wie das OLG Celle in seinem Urteil vom 02.12.2010 - Az.: 8 U 131/10 - ausgeführt hat, bei dem Betrieb der Photovoltaikanlage in dem vom Kläger beabsichtigten Umfang um die Verwaltung eigenen Vermögens handelt und dies damit zum privaten Bereich des Klägers zählen würde. In der heutigen Zeit des Vorhandenseins der Telekommunikationsmittel ist für einen planmäßigen Geschäftsbetrieb nicht mehr die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung dieser Geschäfte erforderlich. Geschäftliche Vorgänge, die erhebliche Umsätze beinhalten, können mittels Telekommunikation gleichsam vom Wohnzimmer des Selbständigen aus betrieben werden, ohne dass es hier einer größeren Büroorganisation oder eines Geschäftsbetriebes bedarf.

Als Betreiber einer Photovoltaikanlage ist der Kläger Lieferant von Strom. Insoweit verkauft er daher eine Ware. Wieso diese Tätigkeit nach Auffassung des OLG Celle der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen ist, kann daher nicht nachvollzogen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Cermak
Richter am Amtsgericht

.
Verkündet am 02.11.2011