20.12.2011 · IWW-Abrufnummer 113702
Landgericht Heidelberg: Urteil vom 16.08.2011 – 11 O 90/10 KfH
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
11 O 90/10 KfH
Im Rechtsstreit
...
hat die 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Heidelberg
auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2011
unter Mitwirkung von
Vors. Richterin am Landgericht Rohde R.
Handelsrichterin Zientek-Strietz Z.
Handelsrichter Müller M.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger war auf Provisionsbasis selbstständig für die Beklagte, ein Dienstleistungsunternehmen der Versicherungsbranche tätig. Er beriet über Versicherungen, Vermögensanlagen und Finanzierungen aller Art und vermittelte diese. Er begehrt mit der Klage die Zahlung von Beträgen, die die Beklagte seiner Meinung nach zu Unrecht für die Nutzung eines sogenannten IT-Servicepakets zu seinen Lasten in die monatlichen Provisionsabrechnungen eingestellt hat.
Der Kl äger war vom 01.01.2001 bis zum 31.01.2009 zunächst aufgrund eines Mitarbeitervertrages vom 27.11.2000, später aufgrund des Consultant-Vertrages vom 21.01.2002 (Anlage K 2, AHK 29 ff.) für die Beklagte tätig. In § 3 Nr. 1 des Consultant-Vertrages werden die Kundendaten einschließlich der abgeschlossenen Verträge etc., als Geschäftsgeheimnis festgelegt. Nach § 3 Nr. 2 durfte der Kläger die Aufzeichnungen der bezeichneten Kundendaten nur für die Beklagte und auf von der Beklagten zur Verfügung gestellten EDV-Programmen und firmeneigenen Unterlagen fertigen. In § 4 Nr. 4 heißt es, "der Consultant verwendet für seine Tätigkeit ausschließlich die ihm von MLP M. zur Verfügung gestellten Unterlagen und EDV-Programme".
§ 10 des Vertrages lautet:
"Die im Rahmen seiner Tätigkeit zu nutzende EDV wird dem Consultant von MLP M. zur Verfügung gestellt. Über die Überlassung der IT-Infrastruktur und die dem Consultant daraus entstehenden Kosten wird ein separater Vertrag geschlossen."
Ferner schlossen die Parteien einen IT-Vertrag vom 05.01.2003. Darin heißt es u.a.:
"Präambel
Das von MLP M. zur Verfügung gestellte IT-Service-Paket dient dazu, die Tätigkeit des Consultant noch effizienter zu gestalten. Es verbessert für MLP M. und den Consultant die Voraussetzungen, um gemeinsam wirkungsvoll tätig sein zu können.
Aufbauend auf diesem Service-Paket stellt MLP M. dem Consultant die speziellen fachlichen Anwendungen zur Verfügung.
§ 1 Gegenstand des Vertrages
Gegenstand des Vertrages ist die Bereitstellung des Service-Paketes, welches aus einem Notebook mit zugehöriger Software, sowie Betriebs- und Supportdienstleistungen besteht.
Die Komponenten dieses Service-Paketes stellt ausschließlich MLP M. zur Verfügung."
Die monatliche Überlassungsgebühr betrug gem. § 3 Nr. 1 zunächst 163,61 Euro monatlich zuzüglich der jeweils gültigen Umsatzsteuer. Sie sollte beim Austausch des Notebooks oder technischer Weiterentwicklung oder bei Änderungen der Betriebs- oder Supportdienstleistungen neu vereinbart werden. Das Vertragsverhältnis begann mit der Übergabe des Notebooks. Für die ersten zwölf Monate übernahm die Beklagte die Überlassungsgebühr, danach verlängerte sich das Vertragsverhältnis automatisch um jeweils zwölf weitere Monate, so lange ein gültiger und ungekündigter Consultant-Vertrag, an den der IT-Service-Vertrag gekoppelt war, bestand. Mit Beendigung des Consultant-Vertrages endete spätestens das IT-Service-Vertragsverhältnis. Während des Consultant-Vertrages war der IT-Service-Vertrag nur aus wichtigem Grund kündbar (§ 2 Nr. 4). Der Consultant durfte nach § 5 das Notebook nur für geschäftliche Zwecke nutzen. Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses war der Consultant verpflichtet, alle ausgehändigten Bestandteile des Service-Paketes zurückzugeben, § 7.
Der Kläger ist der Auffassung, der IT-Service-Vertrag verstoße gegen § 86 a Abs. 1 HGB und sei deshalb unwirksam. Er könne deshalb die zu Unrecht in den Provisionsabrechnungen zu seinen Lasten eingestellten Beträge, die er von Januar 2007 bis Januar 2009 auf insgesamt 6.765,15 Euro berechnet (vgl. Klageschrift S. 9 f, AS. 17 f.) zurückverlangen. Er behauptet dazu, jeder Handelsvertreter bei der Beklagten sei dazu verpflichtet gewesen, das Service-Paket, bestehend aus einem Notebook und der dazugehörigen Software in Anspruch zu nehmen. Ohne den entsprechenden Abschluss der dargestellten Vereinbarungen habe kein Berater für die Beklagte tätig werden dürfen. Der Abschluss beider Verträge sei Bedingung für die Aufnahme der Tätigkeit bei der Beklagten gewesen. Dies ergebe sich auch aus dem Wortlaut des § 10 Consultant-Vertrag vom 21.01.2002 (Anlage K 1, AHK 51).
Die Tätigkeit für die Beklagte sei ohne das Notebook und die Software auch nicht möglich gewesen. Zwar habe das Notebook - unstreitig - auch Standardsoftware wie Windows, MS Office enthalten. Diese Programme seien jedoch nicht entscheidend für die Tätigkeit bei der Beklagten. Vielmehr sei für die tägliche Praxis die von der Beklagten zugeschnittene und zur Verfügung gestellte Beratungssoftware maßgeblich gewesen, z.B. die Software zur Erfassung der Kundendaten (CRM), Software für die Analyse des Beratungsbedarfs des Kunden, eine Berechnungssoftware zur Angebots- und Auftragserstellung, die Dokumentation der Beratung (FIM) sowie die MLP M.-Expert-Base (vgl. im Einzelnen den Vortrag zur Spezialsoftware im Schriftsatz vom 12.05.2011, S. 3 ff., AS. 103 ff.). Die individuelle Software sei für die tägliche Arbeit unabdingbar gewesen. Weder hätte ein Kunde beraten werden dürfen, noch hätte ein Angebot erstellt und berechnet werden können. Darüber hinaus sei der Datenfluss mit den Antragsformularen über die Software der Beklagten erfolgt. Schließlich habe ausschließlich mit dem Notebook auf das Intranet der Beklagten zugegriffen werden können, dass die laufenden Aktualisierungen der Versicherungsprodukte, der Provisionen und Provisionsregelungen enthalten habe. Er habe eine E-Mail-Adresse über das Netz der Beklagten nutzen müssen.
Diese spezielle Software sei im Service-Paket enthalten und vom Handelsvertreter zu bezahlen gewesen, so dass es sich um "erforderliche Unterlagen" i.S.d. § 86a Abs. 1 HGB gehandelt habe. Da der Vertrag ein einheitliches Paket ohne Differenzierung der kostenlos zur Verfügung zu stellenden Programme zu einem einheitlichen Preis zum Gegenstand gehabt habe, sei der Vertrag seiner Meinung nach insgesamt nichtig. Die von den monatlichen Provisionseinnahmen in Abzug gebrachte Überlassungsgebühr sei zu erstatten. Für Januar 2007 bis Dezember 2007 habe sie 272,51 Euro monatlich betragen, insgesamt 3.270,12 Euro. Von Januar 2008 bis September 2008 seien ebenfalls 272,51 Euro monatlich berechnet worden, also 2.452,59 Euro insgesamt, von Oktober 2008 bis Januar 2009 monatlich 260,61 Euro, somit insgesamt 1.042,44 Euro. Da er als Handelsvertreter nicht vorsteuerabzugsberechtigt sei, müsse er den Bruttobetrag erhalten. Der Betrag sei zum 01.02.2009 fällig gewesen und von den Prozessbevollmächtigten eingefordert worden, weshalb vorgerichtliche Anwaltskosten zu erstatten seien.
Der Kläger beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.765,15 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.02.2009 zu zahlen,
2.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 603,93 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der IT-Service-Vertrag sei wirksam. Aus dem Vertrag ergebe sich, dass das Service-Paket aus dem Notebook, der Standardsoftware und entsprechenden Wartungsleistungen bestehe, während die speziellen Fachanwendungen nicht darin enthalten, also auch nicht vom Consultant zu bezahlen gewesen seien.
Sie behauptet dazu, es habe jedem Handelsvertreter frei gestanden, ob er das Notebook mit der entsprechenden Software gegen Gebühr in Anspruch nehmen wolle oder nicht. Mit der Gebühr habe sie lediglich die Kosten weitergegeben, die ihr selbst für die Hardware incl. Software und Wartungsleistungen, Betriebssystemen etc., in Rechnung gestellt worden seien. Die Handelsvertreter hätten ohne die kostenlos zur Verfügung gestellten Programme (FIM, CRM, Expert Base, vgl. dazu im Einzelnen Schriftsatz vom 28.05.2011, S. 3 ff., AS. 131 ff.) arbeiten können oder diese für ein privates Notebook erhalten. Die speziellen Programme hätten die Arbeit erleichtert, die Vermittler hätten aber die PC's in den Geschäftsstellen benutzen können, wo sie sich auch in das Intranet der Beklagten hätten einloggen können. Darüber hinaus sei es möglich gewesen, mit Papieranträgen und Tabellen zu arbeiten. Auf diese Weise hätten Verträge abgeschlossen und bei ihr eingereicht werden können. Die Beratungsdokumentation habe in jedem Fall vom Kunden auf Papier unterschrieben werden müssen. Keiner der Handelsvertreter sei verpflichtet gewesen, den IT-Service-Vertrag zu unterschreiben.
Darüber hinaus sei die Berechnung der Klagforderung nicht richtig. Von 163,61 Euro netto sei das Nutzungsentgelt zum 01.10.2008 auf 219,00 Euro netto erhöht worden, weil der Kläger das mobile Internet gewünscht und daher einen zusätzlich installierten "Dongle" erhalten habe. Die Umsatzsteuer könne der Kläger nicht verlangen, da er als selbständiger Handelsvertreter die Umsatzsteuer sofort wieder vom Finanzamt zurück erhalten könne.
Darüber hinaus habe der Kläger ihrer Meinung nach durch fehlenden Widerspruch gegen die Monatsabrechnungen gem. § 6 Nr. 5 Satz 2 des Consultant-Vertrages (AHK 39) den jeweiligen Saldo anerkannt, so dass ein Anspruch schon deshalb ausscheide.
Schließlich müsse sich der Kläger jedenfalls die ersparten Aufwendungen für ein eigenes Notebook mit Software anrechnen lassen. Dies seien zumindest die der Klägerin für das Notebook incl. Wartung vor Ort in Rechnung gestellten 115,78 Euro monatlich.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
A.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 6.765,15 Euro aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative BGB. Der IT-Service-Vertrag vom 05.01.2003 ist nicht gem. § 86 a Abs. 1, Abs. 3 HGB unwirksam, so dass er den Rechtsgrund für die Nutzungsgebühr bildet. Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass der Kläger für die Höhe der geltend gemachten Raten für Januar 2007 bis September 2008 von angeblich 272,51 Euro incl. Umsatzsteuer keinen Beweis angetreten hat. Im IT-Service-Vertrag ist die Überlassungsgebühr mit 163,61 Euro monatlich zuzüglich der jeweils gültigen Umsatzsteuer angegeben. Die Beklagte hat sich darauf berufen und behauptet, im Oktober 2008 sei dieser Betrag wegen des Wunsches des Klägers nach einem Dongle (mobiles Internet) erhöht worden. Der Kläger ist beweispflichtig für die von den von ihm vorgelegten Unterlagen abweichende Höhe des Anspruchs.
I.
Der Anspruch des Klägers ist allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten nicht ausgeschlossen, weil der Kläger durch unterlassenen Widerspruch gegen die monatlichen Abrechnungen diese anerkannt hätte. Zwar sieht § 6 Nr. 5 S. 2 des Consultant-Vertrages, der unbestritten allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten darstellt, diese Wirkung vor. Die vertragliche Regelung verstößt aber gegen § 87c Abs. 5 HGB und ist daher nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. zuletzt BGH WM 2007, 177, [BGH 20.09.2006 - VIII ZR 100/05] [...] Tz. 23 m.w.N.), der sich die Kammer anschließt, unwirksam.
II.
Der IT-Servicevertrag vom 05.01.2003 ist nicht nach § 86a Abs. 3 HGB unwirksam, denn er verstößt nicht gegen § 86 a Abs. 1 HGB.
1.
Der Kläger war für die Beklagte als Handelsvertreter gem. §§ 84 ff. HGB tätig. Nach § 86 a Abs. 1 HGB ist der Unternehmer verpflichtet, dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen und Geschäftsbedingungen zur Verfügung zu stellen. Hiervon abweichende Vereinbarungen sind gem. § 86 a Abs. 3 HGB unwirksam. Nach allgemeiner Meinung sind die Unterlagen im Sinne des § 86 a Abs. 1 HGB kostenlos zu überlassen (vgl. nur OLG Celle, Urteil vom10.12.2009 - 11 U 51/09 -, zitiert nach [...], Tz. 20; BGH, Urteil vom 04.05.2011 - VIII ZR 11/10 -, Beck Rs. 2011, 13569, Tz. 19 m.w.N.; Staub/Emde, HGB, 5. Aufl., § 86 a Rn. 69).
a.
Nach allgemeiner Meinung hat die Aufzählung in § 86 a Abs. 1 HGB nur Beispielscharakter. "Unterlagen" sind nicht nur solche, die in Papierform vorliegen. Vielmehr gilt die Vorschrift und die darin enthaltene Abgrenzung zur allgemeinen Ausstattung auch für andere Arbeitsmittel, beispielsweise Musterkollektionen oder Software (vgl. zuletzt BGH, a.a.O. Tz. 20 m.w.N.). Nach diesen Grundsätzen zählt heute ein Notebook, das dafür erforderliche Betriebssystem sowie die übliche Büro-Standardsoftware, wie z.B. Windows und MS Office zu der üblichen Betriebsausstattung eines Büros. Diese hat der Handelsvertreter auf eigene Kosten zu erwerben. Demgegenüber kann spezielle Software als erforderliche Unterlage anzusehen sein, die vom Unternehmer kostenlos zur Verfügung zu stellen ist.
b.
In Literatur und Rechtsprechung wird unterschiedlich beurteilt, was unter "erforderlichen" Unterlagen im Sinne des § 86 a Abs. 1 HGB zu verstehen ist. Teilweise werden Unterlagen schon dann als erforderlich angesehen, wenn sie objektiv aus der Sicht eines normalen Handelsvertreters der jeweiligen Branche für die sachgerechte und erfolgreiche Erledigung der übertragenen Aufgabe benötigt wird, das Produkt mit Erfolg abzusetzen. Nach der weitesten Ansicht kann darüber hinaus erforderlich sein, was der Handelsvertreter aus seiner Sicht mit guten Gründen für den Erfolg seiner Tätigkeit für notwendig hält (OLG Celle, Urteil vom 10.12.2009 - 11 U 51/09, zitiert nach [...], Tz. 20; zustimmend die Anmerkung von Hesse BB 2010, 1052, [OLG Celle 10.12.2009 - 11 U 50/09] zitiert nach [...]; enger Ewers, Anm. zu OLG Celle, VW 2010, 137 zitiert nach [...]). Teilweise wird dagegen verlangt, dass die Unterlagen für die Tätigkeit des Handelsvertreters unerlässlich sein müssen (LG Bonn, Urteil vom 19.05.2009 - 10 O 483/08, zitiert nach [...], Thelen VersR 2009, 1025, 1030 f.; Roth, BB 2010, 2000, 2003 unter Hinweis auf OLG Hamburg, HVR-Nr. 101).
Der BGH (BGH a.a.O., Tz. 24, 30) hat sich nunmehr der engeren Auffassung angeschlossen, dass die Unterlagen im Sinne des § 86 a Abs. 1 HGB für die spezifische Anpreisung der Ware unerlässlich sein müssen (vgl. dazu näher LG Bonn a.a.O.). Schon der Wortlaut der Vorschrift ("erforderlich") spreche dafür. Darüber hinaus lege die Stellung des Handelsvertreters als selbständiger Unternehmer die enge Auslegung nahe. Die eigentliche Vertriebstätigkeit, auf die der Handelsvertretervertrag gerichtet sei, obliege ihm als selbständiger Unternehmer, welcher das handelsvertretertypische Risiko, dass sich von ihm getätigte Aufwendungen amortisieren und rentieren, tragen müsse. Dementsprechend sehe § 87 d HGB einen Aufwendungsersatz nur vor, soweit dies handelsüblich sei. Dazu gehören nach allgemeiner Auffassung weder Büroausstattung, noch sonstige Kosten des eigenen Betriebs und der Repräsentation gegenüber Kunden. Deshalb seien gem. § 86 a Abs. 1 HGB kostenlos vom Unternehmer zur Verfügung zu stellende Unterlagen nur die Hilfsmittel, die der Handelsvertreter spezifisch aus der Sphäre des Unternehmers benötige, um seine Tätigkeit überhaupt ausüben zu können (BGH, Tz. 24 f.).
Dieser Meinung schließt sich die Kammer an. Es stehen sich zwei selbständige Unternehmer gegenüber, die ihren Betrieb selbständig zu organisieren und zu finanzieren haben, wozu auch die Gemeinkosten gehören. Der Handelsvertreter hat als Selbständiger die Entscheidungsbefugnis über seine Geschäftsausstattung. Er kann und muss selbst beurteilen, welche Maßnahmen er zur Absatzförderung ergreifen will. Auch wenn er den Absatz fremder Produkte bezweckt, kann es für ihn förderlich sein, z.B. Werbeträger für diese Produkte vorzuhalten, um den Absatz und damit sein Provisionsaufkommen zu steigern. Diese hat er zu finanzieren, selbst wenn sie auf das Produkt zugeschnitten sind, solange er sie nicht unbedingt benötigt, um das Produkt zu vermitteln.
Die Kammer ist allerdings davon überzeugt, dass die besonderen fachlichen Anwendungen auch nach dieser engen Auffassung für den Kläger in seiner Branche unerlässlich waren. Zum einen ist die Beklagte, wie dem Gericht aus anderen Verfahren bekannt und auch offenkundig ist, da aus dem Internetauftritt der Beklagten zu entnehmen, u.a. schwerpunktmäßig in der Beratung von Selbständigen und Akademikern, z.B. Medizinern in Versicherungs-, Altersvorsorgefragen und der Kapitalanlage tätig. Diese werden häufig nicht in der Geschäftsstelle beraten. In diesem Bereich ist heute die Information mittels Notebook ohne langwierige telefonische Nachfrage bei Versicherungen oder gar mit einem zweiten Termin zur Klärung verschiedener Alternativen nicht nur üblich, sondern nach den heutigen Standards unabdingbar. Selbst wenn in den Geschäftsstellen also Zugangsmöglichkeiten zu diesen Informationen für jeden Handelsvertreter gegeben wären, ist dies angesichts der Branche und des Niveaus, auf dem die Beklagte nach ihrer eigenen Werbung berät, keine Alternative. Darüber hinaus ist die Pflege von Kundendaten, etc. von grundlegender Bedeutung für die Beratung und Vermittlung weiterer Verträge. Dass es sich bei dem Programm zur Verwaltung der Daten (CRM) - unterstellt - um ein Standardprogramm der SAP handelt, ist für die Einordnung nicht von Belang, denn es geht um die spezielle Verarbeitung der Daten mit Hilfe des Programms, deren Übermittlung und den Zugriff auf die gespeicherten Daten. Da in § 10 des Consultant-Vertrages die Pflicht zur Nutzung der EDV statuiert ist (s. im Einzelnen unten), kann die Beklagte den Kläger nicht darauf verweisen, er habe auch in Papierform die Daten weitergeben und vom Innendienst einpflegen lassen können. Das widerspricht der vertraglichen Regelung. Dementsprechend waren der Zugriff auf das Intranet der Beklagten und die Fachanwendungen notwendige Unterlagen i.S.d. § 86a Abs. 1 HGB.
2.
Dennoch hat die Beklagte die Nutzungsgebühr für das IT-Servicepaket aus dem IT-Servicevertrag vom 05.01.2003 nicht ohne Rechtsgrund zu Lasten des Klägers in die Provisionsabrechnung eingestellt. Denn die Überlassungsgebühr wird nicht für die spezifische Spezialsoftware erhoben. Vielmehr wird mit diesem Vertrag lediglich die allgemeine Hard- und Software gegen eine Nutzungsgebühr überlassen, die als allgemeine Büroausstattung zu bewerten ist, während die notwendigen Fachanwendungen zusätzlich (kostenlos) zur Verfügung gestellt werden, wie es § 86a Abs. 1 HGB fordert.
a.
In § 1 ist der Gegenstand des Vertrages mit der Bereitstellung des Servicepaketes "welches aus einem Notebook mit zugehöriger Software, sowie Betriebs- und Supportdienstleistungen besteht", bezeichnet. Allein diese Bezeichnung differenziert nicht zwischen einzelnen Anwendungsprogrammen, was isoliert betrachtet dazu führen könnte, auch die spezielle auf die Beklagte zugeschnittene Software als vom Vertrag erfasst anzusehen. Dann wäre ein Verstoß gegen § 86 a Abs. 1 HGB gegeben (vgl. nur BGH a.a.O; OLG Celle, Urteil vom 10.12.2009 - 11 O 51/09 - zitiert nach [...], Tz. 31; OLG Köln, 19. Senat, Urteil vom 30.09.2005 - 19 U 67/05 - zitiert nach [...], Tz. 32 f. mit abw. Rechtsfolge) Allerdings ist für die Auslegung des Vertrages gem. §§ 133, 157 BGB nicht nur auf den Wortlaut eines einzelnen Satzes des Vertrages abzustellen. Vielmehr ist dieser im Kontext des gesamten Vertrages auszulegen. Darüber hinaus sind die beiderseitigen Interessen der Parteien und weitere erkennbare Umstände außerhalb der Vertragsurkunde zu berücksichtigen.
b.
In der Präambel des Vertrages ist eine nähere Bestimmung des Vertragsgegenstandes erfolgt. Eine solche Präambel ist für die Auslegung des Vertrages heranzuziehen (vgl. beispielsweise BGH, Urteil vom 09.12.2003 - 11 ZR 372/02, zitiert nach [...], Tz. 48). In der Präambel (AHK 63) heißt es zunächst, das von MLP M. zur Verfügung gestellte IT-Servicepaket diene dazu, die Tätigkeit des Consultant noch effizienter zu gestalten. Diese einseitig formulierte Verbesserung für den Kläger wird im zweiten Satz relativiert, indem auf die wirkungsvollere gemeinsame Arbeit von Kläger und Beklagter durch das Servicepaket abgestellt wird. Damit gestalten sich die ersten beiden Sätze des Vertrages neutral. Es geht nicht einseitig um die bessere Betriebsausstattung des Klägers, für die dieser (finanziell) allein verantwortlich wäre, sondern auch um eine für die Beklagte als Unternehmer wirkungsvollere Zusammenarbeit. Letzteres schließt allerdings die finanzielle Verantwortung des Handelsvertreters nicht aus. Denn in der Regel profitieren beide Seiten von einer guten Ausstattung des Handelsvertreters, sei es durch erhöhten Umsatz oder durch bessere Kommunikationsmöglichkeiten.
Der letzte Satz der Präambel bietet allerdings den entscheidenden Anhaltspunkt für die Auslegung des Gegenstandes des Vertrages. Dieser lautet: "Aufbauend auf diesem Servicepaket stellt MLP M. dem Consultant die speziellen fachlichen Anwendungen zur Verfügung." Mit diesem Satz wird eine deutliche Unterscheidung zwischen dem IT-Servicepaket, das Gegenstand des (kostenpflichtigen) IT-Servicevertrages ist und den speziellen fachlichen Anwendungen getroffen, die die Beklagte dem Kläger zur Verfügung stellte.
c.
Das Gericht verkennt nicht, dass es sich um einen Formularvertrag handelt, dessen Unklarheiten grundsätzlich zu Lasten des Verwenders, hier der Beklagten gehen. Solche Unklarheiten sind jedoch, wenn dieser Satz der Präambel zu § 1 hinzugenommen wird, nicht gegeben. Die Fachanwendungen sind nicht Gegenstand des Servicepakets. Der Kläger selbst führt in seiner Klage und der weiteren Begründung seiner Ansprüche die Fachanwendungen auf, die er - zu Recht (s.o.) - für die Arbeit als Consultant der Beklagten für notwendig erachtet und die speziell für die Produkte der Beklagten zugeschnitten sind. Die Parteien sind aber unterschiedlicher Auffassung, ob diese Programme notwendigerweise vom Kläger genutzt werden mussten und ob dies ohne das Servicepaket möglich war. Es handelt sich dabei um das Kundendaten-Verwaltungsprogramm (CMR), Anwendungen, die die wesentlichen Vertragsangebote der von der Beklagten vermittelten Versicherungs- und Finanzdienstleistungsprodukte enthalten einschließlich Berechnungsmöglichkeiten zur Ermittlung des Bedarfs des Kunden und der entsprechenden Angebote (z.B. Brokerpilot), ein allgemeines "Lexikon" für die Beratung der Kunden, Dokumentationsmöglichkeiten über die Beratung (FIM), die nach Behauptung des Klägers genutzt werden mussten, um die Betreuungsprovisionen zu erhalten, sowie die Möglichkeit, die Kundendaten einzupflegen (z.B. auch für den Finance-Pilot, ein Informationsmittel für die Kunden). Danach erschließt sich die Abgrenzung von Betriebssystem, Standardsoftware, Wartung und Support einerseits und speziellen fachlichen Anwendungen andererseits für den durchschnittlichen Leser des Vertrages. Gleiches gilt für den Kläger, der nicht einem besonders unerfahrenen Verbraucher gleichzustellen ist, sondern als Handelsvertreter selbst Unternehmer war.
d.
Die Kammer weiß aus mehreren ähnlich gelagerten Fällen, die bei ihr anhängig sind, dass es verschiedene Vertragsvarianten gibt, die die Beklagte gegenüber ihren Handelsvertretern verwandt hat. Zunächst enthielt eine ältere Fassung eines Überlassungsvertrages die Präambel nicht, sondern es wurde einheitlich ein Servicepaket einschließlich Standardsoftware und speziellen fachlichen Anwendungen gegen eine einheitliche Nutzungsgebühr zur Verfügung gestellt. Sodann wurde das Vertragsformular verwandt, das hier zugrunde liegt, während später wiederum eine geänderte Fassung vereinbart wurde. In der neuesten Fassung heißt es in der Präambel, dass die speziellen fachlichen Anwendungen aufbauend auf dem Service-Paket kostenlos zur Verfügung gestellt werden, und eine weitere Regelung beschreibt den Vertragsgegenstand noch einmal. Dabei blieben die vereinbarten Entgelte gleich, so dass offensichtlich ist, dass die Beklagte der Problematik des § 86 a Abs. 1 HGB gerecht werden wollte. Allein dieses Bestreben, hindert aber nicht die obige Auslegung des Vertrages. Wenn die Beklagte im Laufe ihrer Geschäftsbeziehungen gegenüber den einzelnen Handelsvertretern ihre Verträge und die Preisgestaltung (was nicht feststeht) ändert, so ist dies kein Argument gegen die sich aus der Präambel und dem § 1 des IT-Servicevertrages vom 05.01.2003 ergebende Auslegung.
e.
Gegen diese Auslegung spricht entgegen der Auffassung des Klägers nicht der dem Vertragsverhältnis im Übrigen zugrunde liegende Consultant-Vertrag. Zwar ergibt sich aus diesem entgegen der Ansicht der Beklagten, dass der Kläger die von der Beklagten zur Verfügung gestellten EDV-Programme zu nutzen hatte. So schreibt § 3 Nr. 2 des Consultant-Vertrages ausdrücklich vor, der Consultant dürfe Aufzeichnungen der oben näher bezeichneten Kundendaten nur auf den von MLP M. zur Verfügung gestellten EDV-Programmen und firmeneigenen Unterlagen fertigen. Ebenso sieht § 4 Nr. 4 vor, dass der Consultant für seine Tätigkeit ausschließlich die ihm von MLP M. zur Verfügung gestellten Unterlagen und EDV-Programme verwendet. Selbst wenn aus diesen Formulierungen noch zu entnehmen wäre, dass auch in Papierform zur Verfügung gestellte Anträge und Dokumentationen verwendet werden konnten, so heißt es in § 10 schlie ßlich, dass die im Rahmen seiner Tätigkeit zu nutzende EDV den Consultant von MLP M. zur Verfügung gestellt wird. Wenn etwas zu nutzen ist, muss es genutzt werden. Entsprechend ordnet § 10 Satz 2 an, dass die Überlassung der IT-Infrastruktur und die dem Consultant daraus entstehenden Kosten durch einen separaten Vertrag geregelt "wird". Entsprechend sieht der IT-Servicevertrag die Koppelung an den Consultant-Vertrag, die automatische Verlängerung jeweils um ein Jahr, solange der Consultant-Vertrag ungekündigt besteht, und eine Kündigung während des bestehenden Handelsvertreterverhältnisses nur aus wichtigem Grund vor (§ 2 Nr. 4).
Danach ist schon die Regelung in den Verträgen eindeutig, ohne dass es darauf ankäme, dass etwaige Unklarheiten zu Lasten der Beklagten als Verwenderin der AGB gingen. Einer Vernehmung des von der Beklagten angebotenen Zeugen dazu, die Handelsvertreter seien "nicht gezwungen", das Servicepaket in Anspruch zu nehmen, bedurfte es nicht. Selbst wenn es einzelne Handelsvertreter geben sollte, die entweder gar kein Notebook oder aber ein eigenes benutzen, ändert dies an der vertraglichen Gestaltung zwischen den Parteien nichts.
Diese Nutzungspflicht schließt jedoch nicht aus, dass der IT-Servicevertrag die EDV-Nutzung regelte und sich im Consultant-Vertrag keine Anhaltspunkte dafür ergeben, wie dieser auszulegen ist. Denn im Consultant-Vertrag findet sich keine Differenzierung im Sinne des § 86a Abs. 1 HGB.
f.
Schließlich gebietet auch die Würdigung der Interessen beider Parteien nach §§ 133, 157 BGB keine von Wortlaut und Systematik abweichende Auslegung. Die Trennung zwischen allgemeiner Hard- und Software sowie den fachspezifischen, auf die Produkte der Beklagten zugeschnittenen Fachanwendungen, entspricht den Interessen beider Parteien. Sie spiegelt die Trennung der Risiken und finanziellen Belastungen zwischen den beiden Unternehmern wieder, wie sie im Gesetz angelegt ist.
Der Kläger erhielt die für eine Büroausstattung notwendige Hard- und Software einschließlich Supportleistungen und Wartungen, für die er nach dem Consultant-Vertrag die Kosten zu tragen hatte, § 8 Nr. 2. Es handelte sich insoweit um die Umsetzung des Handelsvertretervertrages. Andererseits hatte die Beklagte ein Interesse daran, die sensiblen Kundendaten innerhalb ihres Einflussbereichs und vor allem der sicherheitstechnischen Einrichtungen auf ihrem eigenen Netz und den entsprechend konfigurierten Notebooks zu halten. Gleichzeitig konnte sie durch die Aufspaltung des Servicepakets die dem Handelsvertreter obliegende Finanzierung der allgemeinen Büroausstattung entsprechend dem Consultant-Vertrag auf diesen abwälzen. Die kostenlose Möglichkeit, die fachspezifischen Anwendungen zu nutzen, die Kundendaten im geschützten System zu verarbeiten und auf das Intranet zuzugreifen, wobei die Kammer zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass die Beklagte die speziellen Programme nicht auf anderer Hardware zur Verfügung gestellt hätte, bestand davon unabhängig und kam den Interessen beider Parteien an einer möglichst effektiven Vermittlungstätigkeit und Zusammenarbeit entgegen.
III.
Bei dieser Auslegung des Vertrages liegt ein Verstoß gegen § 86 a Abs. 1 HGB nicht vor. Der IT-Servicevertrag ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sich die Vertragsgestaltung als Umgehung des § 86 a Abs. 1 HGB darstellt.
1.
Das Verbot von Umgehungsgeschäften ist in einer Reihe von Vorschriften ausdrücklich niedergelegt, gilt aber als allgemeiner Rechtsgrundsatz auch sonst, sofern nicht das Gesetz eine abschließende Regelung für die Umgehung von Bestimmungen vorsieht (vgl. BGHZ 110, 47, zitiert nach [...], Tz. 14 ff.). Die Nichtigkeit des Umgehungsgeschäfts ergibt sich bereits im Wege der Auslegung aus der umgangenen Verbotsnorm. Die Gesetzesumgehung ist kein besonderer Nichtigkeitsgrund und kein selbstständiges Rechtsinstitut, sondern ein Anwendungsfall der teleologischen Auslegung (BGH a.a.O., [...] Tz. 28), wobei eine Umgehungsabsicht ausdrücklich nicht gefordert wird (BGH NJW 1999, 2541 m. N. auch zur abw. Auff.). Sie wird als eine Frage der Rechtsanwendung angesehen (vgl. für eine vertragl.che Gestaltung BGHZ 28, 314, zitiert nach [...], Tz. 20). Auch wenn eine Umgehungsabsicht nicht erforderlich ist, können bei der Prüfung des Umgehungstatbestandes subjektive Momente den Ausschlag geben (BGH NJW 1990, 1474). Eine Gesetzesumgehung wird dabei angenommen, wenn die Gestaltung eines Rechtsgeschäfts objektiv den Zweck hat, den Eintritt einer Rechtsfolge zu verhindern, die das Gesetz für derartige Geschäfte vorsieht (BGH NJW 2006, 1066 [BGH 21.12.2005 - VIII ZR 85/05] Tz. 12, Staudinger/Sack, § 134 Rn. 145).
2.
Nach diesen Grundsätzen liegt eine Umgehung hier nicht vor. Die Kammer kann nicht feststellen, dass die Gestaltung des IT-Servicevertrages objektiv den Zweck hat, den Eintritt der Rechtsfolge zu verhindern, die § 86 a Abs. 1 HGB für derartige Geschäfte vorsieht. Vielmehr ergibt sich aus den vertraglichen Regelungen ein anderer Zweck.
§ 86 a Abs. 1 HGB ordnet an, dass dem Handelsvertreter vom Unternehmer die nach der neuen Rechtsprechung des BGH unabdingbar notwendigen Unterlagen oder Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen sind, und zwar kostenlos. Diese Pflicht darf durch die Gestaltung des Vertrages nicht vereitelt werden.
Der Kläger meint, genau dies geschehe dadurch, dass der Handelsvertreter verpflichtet wird, (teuer) ein Notebook und entsprechende Standardsoftware zu erwerben, quasi als Schlüssel für den Erhalt der speziellen Fachanwendungen, die er sonst nicht nutzen könne. Diese hier unterstellte Verknüpfung (s.o.) rechtfertigt es nicht, eine Umgehung des § 86a Abs. 1 HGB anzunehmen.
a.
Zwar "erkauft" sich der Handelsvertreter hier - den Vortrag des Klägers als richtig unterstellt - durch die Nutzungsgebühr die Möglichkeit, auch die speziellen Anwendungen zu erhalten, was auf den ersten Blick als Umgehung des § 86 a Abs. 1 HGB wirken könnte. Eine solche liegt jedoch nicht vor. Der objektive Zweck des Geschäfts ist es nicht, ein Entgelt für die Fachanwendungen zu generieren. Vielmehr wird mit dem IT-Servicevertrag das Consultantverhältnis bzgl. der EDV-Nutzung und deren Kostentragung - in zulässiger Weise - ausgestaltet. Das für das Servicepaket verlangte Entgelt stellt sich nicht als verdeckte Zahlung für die Fachanwendungen dar. Eine entsprechende Wertung widerspricht den zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten, die sonst im Arbeitsverhältnis, erst recht im Dienstvertragsrecht gelten. Selbst im Arbeitsverhältnis ist es zulässig, den Arbeitnehmer zu verpflichten, sich an den Kosten der Arbeitsmittel zu beteiligen, soweit dies nicht durch §§ 617-619 BGB ausgeschlossen ist (Erman/Belling, 12. Aufl., § 619 Rn. 1; vgl. dazu BAG NZA 1986, 324, zitiert nach [...], Tz. 45). Danach können nur Fürsorgepflichten zur Krankenfürsorge (§ 617 BGB) und zu Schutzmaßnahmen (§ 618 BGB), insbesondere die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften nicht abbedungen und die Arbeitnehmer insoweit nicht an den Kosten der Schutzmaßnahmen beteiligt werden (allg. M., vgl. Münchener Kommentar/Henssler, 5. Aufl., § 619 Rn. 6). Für den selbständigen Handelsvertreter gilt das umso mehr, als er nach der allgemeinen Risikoverteilung für die eigene Büroausstattung verantwortlich ist.
b.
Eine andere Wertung ergibt sich nicht daraus, dass es sich hier sowohl bei den Consultant-Vertrag als auch bei dem IT-Servicevertrag um von der Beklagten gestellte allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Zwar mag es Fälle geben, in denen eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB die Unwirksamkeit solcher Beteiligungsklauseln und der Pflicht zur Nutzung der vom Unternehmer zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel gegen Kostenbeteiligung ergibt. Anhaltspunkte dafür liegen hier aber ebenso wenig vor, wie ein Fall der §§ 308 oder 309 BGB.
Die hier geregelte Pflicht zur Nutzung des von der Beklagten zur Verfügung gestellten Notebooks samt Software und Support gegen Kostenbeteiligung, benachteiligt den Kläger nicht entgegen Treu und Glauben in unangemessener Art und Weise. Es wird weder von einem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abgewichen, noch werden wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 1, 2 BGB).
Wie bereits dargelegt fällt die Finanzierung des allgemeinen Bürobedarfs in den Verantwortungsbereich des Handelsvertreters. Die Kostentragung entspricht damit dem gesetzlichen Leitbild. Problematisch könnte allenfalls die Pflicht zur Benutzung des vom Unternehmer gestellten Arbeitsmittels sein, wenn dieses auf dem freien Markt erheblich günstiger zu erhalten wäre und die Regelung einseitig den Kläger als Handelsvertreter benachteiligen würde. Das ist hier nicht der Fall. Zwar mag ein Notebook der hier verwenden Art samt eines Betriebssystems und der Standardsoftware auf dem freien Markt erheblich günstiger zu erhalten sein, als es die Nutzungsgebühr, die insoweit reinen Mietcharakter hat, vermuten lässt. Dieser Vergleich greift jedoch zu kurz. Denn in den Kosten für das von der Beklagten gestellte Servicepaket ist zusätzlich die Supportleistung, die Speicherleistung auf deren externen Servern, die gesamte Sicherheitsstruktur und deren Aktualisierung etc. enthalten. Diese Leistungen sind zusätzlich zu vergüten. An dieser Leistung hat auch der Handelsvertreter ein Interesse, da nur dadurch sichergestellt ist, dass er effektiv und sicher seine Daten langfristig verwalten und speichern kann. Darüber hinaus ist von dem Notebook aus der Zugriff auf das Intranet der Beklagten jederzeit möglich, so dass er die zur Beratung notwendigen aktuellen Daten, Angebote, und Anträge, etc. zur Verfügung hat.
Wie das Gericht aus eigener Sachkunde, vermittelt durch einen der mitentscheidenden Handelsrichter weiß, ist es auch nicht überraschend, sondern bei Unternehmen durchaus üblich, aus Sicherheitsgründen auf das Intranet nur Mitarbeiter von der unternehmereigenen Hardware aus zugreifen zu lassen und Außendienstmitarbeiter etc., die keine entsprechende Hardware haben, davon auszuschließen. Dementsprechend trägt die Beklagte hier vor, der Kläger hätte ohne Notebook über die PCs in der Geschäftsstelle auf das Intranet zugreifen können. Das Interesse des Unternehmers ist, insbesondere angesichts der sensiblen Kundendaten im Versicherungs- und Kapitalanlagenbereich, die auf dem Intranet der Beklagten verwaltet werden, bei der Beurteilung der Vertragsgestaltung nach Treu und Glauben von erheblichem Gewicht, so dass die Pflicht zur kostenpflichtigen Nutzung der von der Beklagten gestellten EDV keine unangemessene Benachteiligung ist und darüber hinaus auch von Interesse für den Kläger, der als Vermittler auch seinen Kunden gegenüber verantwortlich ist.
c.
Daraus ergibt sich zugleich, dass hier nicht lediglich formal Kosten für Hard- und Standardsoftware erhoben werden, die eigentlich für die Fachprogramme aufgewendet werden. Beides ist getrennt zu betrachten. Nach der Auslegung der Kammer liegen zwei getrennte Nutzungsverhältnisse vor, einerseits das IT-Servicepaket über Hard- und Standardsoftware mit Supportleistungen und andererseits eben die "darauf aufbauend" überlassenen speziellen Berechnungsprogramme. Eine Umgehung, die darauf zielt, die Kosten für die fachlichen Anwendungsprogramme auf die Handelsvertreter zu verlagern und damit den Zweck des § 86 a Abs. 1 HGB zu umgehen, liegt nicht vor. Denn weder die Pflicht, ausschließlich die EDV der Beklagten zu nutzen, noch die Kostenregelung dafür sind nach den gesamten Umständen unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien nach Treu und Glauben zu beanstanden, so dass ein eigener nicht zu missbilligender Zweck verfolgt wird.
Dieser Zweck wird nicht durch die unterschiedlichen Vertragsgestaltungen der Beklagten in Frage gestellt. Zwar ergibt sich daraus für die Kammer, dass die Beklagte zunächst unzulässig die Nutzungsgebühr auch für die speziellen Fachanwendungen erhoben und später die Verträge umgestaltet hat. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, der Beklagten zu unterstellen, "formal" die Verträge umzugestalten und damit den § 86a HGB zu umgehen. Vielmehr spricht es dafür, dass die Beklagte die Problematik erkannt und entsprechend die Fachanwendungen aus dem entgeltlichen Nutzungsverhältnis herausgenommen hat.
IV.
Soweit der Kläger bestreitet, dass die Klägerin lediglich die Kosten, die ihr selbst entstehen, den einzelnen Handelsvertreter mit den Notebooks weiter belastet, kann das der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Dass die Benutzungsgebühr die Grenze zur Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB überschreitet, ist nicht dargelegt. Insbesondere ist, wie bereits ausgeführt, der Vergleich mit einem auf dem Markt zu erwerbenden Laptop samt Software insoweit nicht der richtige Ansatzpunkt, da er die übrigen Leistungen, die zur IT-Struktur des Unternehmens gehören und umgelegt werden dürfen, nicht beachtet. Auch wenn die Kosten für den einzelnen Arbeitsplatz in der Tat sehr hoch erscheinen, reicht dies nicht, die Voraussetzungen des § 138 BGB anzunehmen.
Die Kammer teilt auch nicht den Ansatz des OLG Köln (Urteil vom 30.11.2007, Beck Rs. 2008, 20519), das gegebenenfalls einen Bereicherungsanspruch in Höhe der Differenz zu preisgünstigeren Laptops auf dem freien Markt in Erwägung zieht. Denn wenn die Vereinbarung mit der Beklagten wirksam ist, so besteht weder Anlass noch eine rechtliche Grundlage eine Teilunwirksamkeit anzunehmen. Zudem wären die anderen Leistungen jedenfalls hier auch zu vergüten
B.
Da der Hauptanspruch nicht besteht, sind auch die Nebenforderungen nicht begründet, unabhängig davon, dass der Kläger den Verzug der Beklagten vor Erteilung des außergerichtlichen Mandats an seine Prozessbevollmächtigten nicht dargelegt hat.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.