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29.12.2005 · IWW-Abrufnummer 052758

Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 25.01.2005 – 13 K 555/00

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


NIEDERSÄCHSISCHES FINANZGERICHT

URTEIL

vom 25.01.2005
Az.: 13 K 555/00

Orientierungssatz: Einkommensteuer 1996
Sonstige Leistung - Vermittlungsprovision
Revision eingelegt - BFH-Az. IX R 25/05

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine für den Abschluss eines Versicherungsvertrages vereinnahmte Provision nach § 22 Nr. 3 EStG steuerpflichtig ist.

Die Kläger sind Ehegatten, die für das Streitjahr 1996 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Am 28.08.1996 schloss der Kläger mit dem Versicherungskonzern G eine schriftliche Vereinbarung für eine Einmalvermittlung ab. Danach verpflichtete sich das Versicherungsunternehmen für den Abschluss einer kapitalbildenden Lebensversicherung dem Kläger eine Vermittlungsprovision von 118.225 DM zu zahlen. Versicherungsnehmer des vermittelten Vertrages war der Bruder des Klägers. Versicherte Person war der Sohn seines Bruders. Nach Abschluss des Vertrages überwies der Konzern die Provision am 12.09.1996 auf das Konto des Klägers. Der Beklagte behandelte die Provision als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG und setzte die Einkommensteuer 1996 mit Bescheid vom 17.04.2000 auf 463.522 DM fest. Den Einspruch wies es durch Bescheid vom 21.11.2000 als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Verminderung des zu versteuernden Einkommens um 118.225 DM. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass der Kläger und sein Bruder jeweils eine Lebensversicherung in vergleichbarer Höhe abschließen wollten. Zu diesem Zweck sollte das günstigste Angebot eingeholt worden. Der G-Konzern habe für den jeweils über Kreuz vermittelten Vertrag Einmalzahlungen an die Brüder geleistet. Diese Gestaltung sei erforderlich gewesen, da nach den versicherungsrechtlichen Regelungen (§ 81 II 4 VAG) eine unmittelbare Vorteilsgewährung an den Versicherungsnehmer unzulässig sei. Wirtschaftlich liege deshalb eine Eigenprovision vor. Für solche Eigenprovisionen komme eine Steuerpflicht nur bei selbständigen Versicherungsvertretern in Betracht. Der Kläger habe nicht die Absicht gehabt, Einkünfte zu erzielen oder eine Leistung um des Entgelts willen zu erbringen. Der Kläger sei letztlich nicht Empfänger einer sonstigen Vermittlungsleistung, sondern habe einen durch das Versicherungsunternehmen gewährten Rabatt empfangen. Gemäß § 41 II AO sei dieses verdeckte Geschäft für die Besteuerung maßgeblich. Zudem ergebe sich die Steuerfreiheit auch aus dem Gesichtspunkt der bloßen Entgeltsminderung. Denn zwischen den Brüdern sei vereinbart worden, dass die Provision jeweils an den anderen ausgekehrt werde. Da die Versicherungsprämie, die der Bruder für die Versicherung des Klägers erhalten habe, geringer ausgefallen sei, habe der Kläger einen Ausgleich in Höhe von etwa 1.000 DM in bar an den Bruder gezahlt. Ohne diese gegenseitige Verrechnung hätte keiner von ihnen einer Vermittlung zugestimmt.

Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 17.04.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.11.2000 abzuändern und die Einkommensteuer auf 400.844 DM herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf die Ausführungen im Einspruchsbescheid, wonach es sich bei der Zahlung um eine Einnahme im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG handelt. Ergänzend trägt er vor, bei den Zahlungen handele es sich nicht um Eigenprovisionen, sondern um vertraglich vereinbarte Vermittlungsprovisionen. Daran ändere auch die gleichzeitige Vermittlung durch den Bruder nichts.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat durch die Vermittlung des Abschlusses einer Lebensversicherung eine sonstige Leistung erbracht, die im Zeitpunkt des Zuflusses der Prämie bei ihm zu steuerpflichtigen Einnahmen führte.

1. Nach § 22 Nr. 3 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften i.S. der Nummern 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen. Eine sonstige Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und um des Entgelts willen erbracht wird (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 2001 IX R 74/98, BFH/NV 2002, 643, m.w.N.; vgl. auch Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., § 22 Rz. 131, m.w.N.).

Im Streitfall schloss der Kläger mit dem Versicherungsunternehmen eine vertragliche Vereinbarung, nach der ihm für die Vermittlung eines Versicherungsvertrages zwischen dem Versicherungsunternehmen und seinem Bruder als Versicherungsnehmer ein Provisionsanspruch von 118.225 DM zustand. Der Kläger erbrachte die vertraglich geschuldete Leistung, in dem er den Abschluss des Vertrages mit seinem Bruder vermittelte. Diese Leistung wurde sodann seitens des Versicherungsunternehmens durch Überweisung der Provision an den Kläger entgolten.

Der Senat teilt nicht die Auffassung des Klägers, dass die Vermittlungsleistung nicht um des Entgelts willen erbracht wurde. Der Provisionsanspruch des Klägers resultiert aus der vertraglichen Vereinbarung mit dem Versicherungsunternehmen. Er ist unmittelbares Entgelt für die von ihm vertraglich geschuldete Leistung. Leistung und Gegenleistung liegt eine innere Verknüpfung im Sinne des ?do ut des? zugrunde, da weder die Vermittlung ohne die Provisionszahlung und umgekehrt diese nicht ohne den vermittelten Versicherungsvertrag geschuldet und erbracht werden sollten.

Dass keine weiteren Vermittlungen geplant waren, ist unbeachtlich. Das Gesetz erfasst ausdrücklich auch einmalige Leistungen im zuvor umschriebenen Sinne. Auch auf das Motiv für den Vertragsabschluss kommt es - ebenso wie bei den übrigen Einkunftsarten - nicht an (vgl. BFH-Urteil vom 27.05.1998 - X R 94/96, BFHE 186, 259, BStBl II 1998, 619). Schon deshalb kann es auf die weiteren wirtschaftlichen Ziele, die der Kläger mit dem Vertragsschluss verfolgt hatte, nicht ankommen. Insbesondere schließt die weitere Verwendung einer Einnahme nicht die Einkünfteerzielungsabsicht aus.

2. Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob er die Steuerpflicht im Falle einer Eigenprovision annehmen könnte, da es sich im Streitfall um eine Fremdprovision handelt. Weder die vom Kläger angeführte wirtschaftliche Betrachtungsweise nach § 41 Abs. 2 AO lassen die Steuerpflicht der Einnahme entfallen. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist kein eigenständiges Rechtsinstitut auf Grund dessen die gesetzliche Regelung außer Kraft gesetzt oder in ihr Gegenteil verkehrt werden kann. Sie ist gegebenenfalls als Auslegungshilfe bei der Anwendung der gesetzlichen Regelung zu berücksichtigen. Hieran fehlt es indes stets, wenn die materielle Regelung für die Besteuerung an bürgerlich-rechtliche Vorgänge, wie im Fall des § 22 Nr. 3 EStG, anknüpft. Beruht eine Gegenleistung auf einer zivilrechtlich wirksam vereinbarten und erbrachten Leistung, ist diese Gestaltung der Besteuerung zugrunde zu legen. Für eine abweichende Parallelbetrachtung im Hinblick auf den wirtschaftlichen Hintergrund der Vereinbarung ist kein Raum.

Desgleichen scheidet auch eine Anwendung des § 41 Abs. 2 AO aus, da die Vertragsparteien gerade wegen der Regelung in § 81 Abs. 2 VAG eine Fremdvermittlung ernsthaft wollten und diese zivilrechtlich wirksam vereinbarten. Insofern fehlt es bereits an dem Vorliegen eines Scheingeschäfts.

3. Die im Streitjahr zugeflossenen Einnahmen sind in voller Höhe steuerlich zu erfassen. Die vom Kläger vorgetragene Weiterleitung der erzielten Provision führte weder zu einer steuerlich zu berücksichtigenden Entgeltsminderung noch zu Werbungskosten. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Die Weiterleitung der Provision ist nicht durch die vertragliche Vereinbarung mit dem Versicherungsunternehmen veranlasst. Sie wurde weder aufgewandt, um die Vermittlungsleistung erbringen zu können noch zur Sicherung oder Erhaltung weiterer Einnahmen. Die Weiterleitung beruht vielmehr auf einer vom Kläger behaupteten Vereinbarung mit seinem Bruder, die den wirtschaftlichen Zweck hatte, die günstigste Versicherungsleistung zu erlangen. Das Erstreben eines sogenannten Rabatts auf die Versicherungsprämien vollzieht sich indes auf der steuerlich unbeachtlichen Vermögensebene und führt nicht zu Werbungskosten.

Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich aus der Entscheidung des BFH vom 02.03.2004 - IX R 68/02, BFHE 205, 253, BStBl II 2004, 506 nicht ableiten, dass die Weiterleitung von Versicherungsprovisionen zu einer Entgeltsminderung führt. Der BFH hat in dem Urteil lediglich entschieden, dass der Empfänger einer vom Vermittler an ihn weitergereichten Provision nicht selbst Einnahmen aus § 22 Nr. 3 EStG erzielt. Dies beruht nach Auffassung des BFH darauf, dass der Weiterleitung keine eigenständige Leistung im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG zugrunde liegt, sondern der Versicherungsnehmer lediglich an dem Entgelt des Vermittlers partizipiert. Zu der Höhe der zu versteuernden Einnahmen auf Seiten des Vermittlers bedurfte es in dem Urteil keiner Ausführungen. Da der vorliegende Streitfall indes nicht die Steuerbarkeit einer weitergeleiteten Vermittlungsprovision zum Gegenstand hat, sondern der Kläger selbst als Vermittler Empfänger der Prämie als Gegenleistung für seine getätigte Vermittlung war, ist die vorgenannte Entscheidung nicht einschlägig. Die Minderung der aufzuwendenden Versicherungsprämien vollzieht sich indes ? wie bereits ausgeführt - auf der steuerlich nicht relevanten Vermögensebene und stellt sich als Einkommensverwendung dar, die keinen Einfluss auf die Höhe der steuerpflichtigen Einnahmen hat.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebietEStGVorschriften§ 22 Nr. 3 EStG