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· Fachbeitrag · Untervertreter/Ausgleichsanspruch

Lässt sich der Ausgleichsanspruch für selbstständige Geschäftspartner ausschließen?

von Rechtsanwalt Bernhard Schleicher, Dr. Heinicke, Eggebrecht & Partner mbB, München

| Vermittlerunternehmen arbeiten regelmäßig mit selbstständigen Handelsvertretern zusammen. Nach einer Kündigung sieht sich das Unternehmen oft mit Ausgleichsansprüchen der Handelsvertreter konfrontiert. Ein Vermittlerunternehmen hätte gerne gewusst, ob man sich diesen Ausgleichsansprüchen entziehen kann. |

 

Frage: Unser Unternehmen ist in der Vermittlung von Finanzdienstleistungen tätig. Unsere Geschäftspartner sind als selbstständige Handelsvertreter nach §§ 84, 92 ff HGB im Bereich Vermittlung von Versicherungen in Arbeitsgemeinschaft mit unserem Unternehmen tätig. In jüngerer Vergangenheit haben immer wieder Geschäftspartner, die ihren Geschäftspartnervertrag mit unserem Unternehmen gekündigt haben, Ausgleichsansprüche als Handelsvertreter nach § 89b HGB eingefordert. Lassen sich diese Ausgleichsansprüche vermeiden?

 

Antwort: Die Zahlung eines Ausgleichsanspruchs können Sie gegenüber Ihren hauptberuflichen Geschäftspartnern nicht vermeiden (Ausnahme: Sie kündigen aus wichtigem Grund oder Ihr Geschäftspartner kündigt selbst grundlos). Aber Ihre Geschäftspartner können große Schwierigkeiten haben, den Anspruch zu berechnen. Das gilt vor allem, wenn nicht die pauschalierenden und daher sehr praktikablen „Grundsätze“ vereinbart sind.

Der Ausgleichsanspruch des Geschäftspartners

Hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs Ihrer Geschäftspartner müssen Sie Folgendes wissen:

 

Handelsvertretervertragsverhältnis ist das A und O

Dem Grunde nach ausgleichsberechtigt sein können hauptberufliche Versicherungs- und Bausparkassenvertreter im Sinne des §§ 84 ff., 92 HGB. Keine Rolle spielt dabei, ob es sich um Einfirmen-/Ausschließlichkeitsvertreter oder Mehrfachagenten handelt.

 

Maßgeblich für die Ausgleichsberechtigung ist, dass ein Handelsvertretervertragsverhältnis vorliegt. Ob ein solcher Vertragstypus vorliegt, bestimmt sich nach objektiven Kriterien. Ein Handelsvertretervertragsverhältnis liegt vor, wenn der Vermittler ständig damit betraut ist, Versicherungs- und/oder Bausparverträge für den Auftraggeber zu vermitteln. Auftraggeber sind in Ihrem Fall Sie als Vertragspartner Ihrer Geschäftspartner.

 

Es muss kein schriftlicher Vertrag vorliegen. Auch ohne schriftlichen Vertrag kann ein solches Vertragsverhältnis vorliegen.

 

Wichtig | Selbst wenn Sie handelsvertreterrechtliche Begriffe in einem schriftlichen Vertragswerk vermeiden, schützt Sie das nicht davor, dass ein Handelsvertretervertragsverhältnis angenommen wird und bei Vertragsende ein Ausgleichsanspruch entsteht. Auch eine als „Geschäftspartner“ bezeichnete Person kann Handelsvertreter sein, wenn derjenige ständig damit betraut ist, Versicherungs- und/oder Bausparverträge zu vermitteln.

 

Vertragsbeendigung und Ausschlussgründe für Ausgleichsanspruch

Der Ausgleichsanspruch entsteht mit der Beendigung des Handelsvertretervertrags, etwa wenn Sie Ihrem Geschäftspartner ordentlich kündigen. Das Gleiche gilt, wenn Sie den Vertrag einvernehmlich aufheben.

 

Wichtig | Der Ausgleichsanspruch ist unabdingbar. Er kann also bis zum letzten Tag des Handelsvertretervertrags nicht wirksam beschränkt oder gar ausgeschlossen werden (§ 89b Abs. 4 S. 1 HGB). Wirksam ist nach der Rechtsprechung aber die Regelung der sofortigen Aufhebung des Handelsvertretervertrags unter gleichzeitigem Verzicht des Handelsvertreters auf einen Ausgleichsanspruch.

 

Der Ausgleichsanspruch entsteht allerdings in bestimmten Fällen nicht, etwa

  • wenn Sie aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Geschäftspartners kündigen (§ 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB) oder
  • wenn Ihr Geschäftspartner den Vertrag selbst kündigt; das gilt nur dann nicht, wenn,
    • er die Altersgrenze von 65 Jahren erreicht hat,
    • wegen Krankheit nicht weiter am Vertrag festhalten kann oder
    • durch ein Unternehmerverhalten dazu veranlasst worden ist (§ 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB).

 

Wichtig | Bei einer Eigenkündigung trägt Ihr Geschäftspartner im Streitfall die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass etwa ein krankheitsbedingter Grund oder begründeter Anlass tatsächlich vorlag. Diese Anforderung kann Ihren Geschäftspartner vor hohe Hürden stellen.

„Grundsätze“

Die Spitzenverbände von Vertretervereinigungen, Versicherungsunternehmen und Bausparkassen haben sich auf die „Grundsätze“ verständigt, um ein einfacheres Berechnungsschema für Ausgleichsansprüche zu haben. Die Erfahrung zeigt, dass gerade im Finanzdienstleistungsbereich die „Grundsätze“ oft nicht vereinbart sind. Als Schätzgrundlage können diese auch nicht einfach für die Finanzdienstleistungsvermittlung herangezogen werden.

 

Wichtig | Sind die pauschalierenden „Grundsätze“ nicht zwischen Ihnen und Ihrem Geschäftspartner vereinbart, muss Ihr Geschäftspartner die Höhe des Ausgleichsanspruchs darlegen. Eine weitere Hürde für ihn.

 

Weiterführender Hinweis

  • Sonderausgabe Ausgleichsanspruch: So holen Sie beim Ausgleichsanspruch das Maximum für sich heraus auf wvv.iww.de → Abruf-Nr. 43325226
Quelle: Ausgabe 03 / 2020 | Seite 5 | ID 46347195