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29.06.2009 | Verletzung der Förderungs- und Rücksichtnahmepflicht

Unternehmer darf unverdiente
Provisionsvorschüsse nicht zurückfordern

von Rechtsanwältin Michaela Ferling, München

Ein Unternehmen darf Provisionsvorschüsse im Falle der Kündigung des Handelsvertreters nicht zurückfordern, wenn der Vertreter aufgrund der Zusammensetzung des Bestands zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit hatte, die als monatlicher Vorschuss bezahlte Provision ins Verdienen zu bringen. So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm folgenden Fall.  

Der zugrunde liegende Fall

Das klagende Unternehmen ist im Bereich der Finanzdienstleistung tätig. Der beklagte Handelsvertreter war als „Consultant“ vom 1. Juli 2003 bis zum 30. April 2004 für das Unternehmen tätig. Entsprechend dem Vertrag durfte der Consultant nur die freigegebenen Dienstleistungen und Finanzprodukte in der vom Unternehmen vorgegebenen Zielgruppenspezifikation vermitteln. Darüber hinaus durfte er nur insoweit beraten, als dies seinem Ausbildungs- und Wissensstand entsprach. Zuwiderhandlungen führten bei Fehlberatung zu Regressansprüchen gegen den Consultant.  

 

Das Unternehmen stellte dem Consultant zur Existenzsicherung für längstens drei Jahre einen monatlichen pauschalen Vorschuss auf die zu verdienende Provision als zunächst zinsloses Darlehen in Höhe von 1.500 Euro zur Verfügung. Die Vorschusszahlungen sollten vereinbarungsgemäß nur so lange gewährt werden, wie sie dem Aufbau einer eigenen Existenz dienten. Zurückgeführt werden sollte das Darlehen durch Verrechnung mit den tatsächlich verdienten Provisionen. Für den Fall des Ausscheidens verpflichtete sich der Consultant, 50 Prozent seines noch bestehenden Provisionsvorschusssaldos zurückzuzahlen - fällig mit seinem Ausscheiden.  

 

Der Consultant erhielt von Juli 2003 bis Januar 2004 sieben Provisionsvorschüsse von je 1.500 Euro. Aufgrund einer Vereinbarung verzichtete er in der Folgezeit auf die Zahlung der Vorschüsse, erhielt aber dennoch Zahlungen. Mit Schreiben vom 15. März 2004 kündigte er zum 30. April 2004. Das Unternehmen verlangte den offenen Saldo in Höhe von 5.545,23 Euro nach Verrechnung der ins Verdienen gebrachten Provision und der im Vertrag vereinbarten Aufwendungen.  

Die Entscheidung des LAG

Dem Unternehmer steht kein Rückforderungsanspruch zu, entschied das LAG (Urteil vom 3.3.2009, Az: 14 Sa 361/08; Abruf-Nr. 091412 - der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten war wegen der geringen Provisionseinnahmen des Vertreters in Höhe von insgesamt knapp 3.000 Euro eröffnet).  

 

1. Grundsatz: Rückforderung nichtverdienter Provision zulässig

Zwar bestehe zweifelsohne ein Anspruch auf Rückzahlung des nicht ins Verdienen gebrachten Provisionsvorschusses. Dieser ergebe sich bereits aus der vertraglichen Vereinbarung.