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01.04.2004 | Kein Ausgleichanspruch für "Verwaltungsprovisionen"

So reagieren Sie richtig auf die aktuelle BGH-Rechtsprechung

Was viele Vertreter nicht für möglich halten wollten, ist eingetreten: Der Westfälischen Provinzial ist es gelungen, den Bundesgerichtshof (BGH) zu überzeugen, mit ihrer vertraglichen Qualifizierung der Provision vom zweiten Jahr an als reine Verwaltungsprovision den Nagel auf den Kopf getroffen zu haben. Dem BGH hat es beliebt, die vertragliche Provision für Bestandspflege und Kundenbetreuung als reine Verwaltungsprovision zu bestätigen, die nicht den Vorschriften der §§  84 ff Handelsgesetzbuch (HGB) unterliege (Urteil vom 22.12.2003, Az: VIII ZR 117/03; Abruf-Nr.  040115 ).

Die Provinzial hat mit dem BGH-Urteil ein Stück historischer Provisionsgrundlage zu Fall gebracht. Hunderten Vertretern mit gleicher Vertragslage ist die materielle Grundlage des Ausgleichsanspruchs entzogen. Verständlicherweise wollen diese wissen, wie es dazu kommen konnte.

Hintergrund

Zum besseren Verständnis kurz zur Historie "Verwaltungsprovision". Grundlegendend ist die Entscheidung des BGH vom 10. Mai 1959 zur "Verwaltungsprovision". Die Quintessenz gilt bis heute:

Echte Verwaltungsprovisionen sind für den Ausgleichsanspruch nicht heranzuziehen. Allerdings darf auf die Bezeichnung der Provision allein nicht abgehoben werden.

Aus dieser Entscheidung leitete sich zweierlei ab:

1. Die Vermittlungsfolgeprovisions-Theorie: Derzufolge besteht die Provision vom zweiten Jahr an in der Schadensversicherung aus unterschiedlichen Vergütungsarten: Vermittlungsprovision und Tätigkeitsvergütung.
2. Die Schaffung der "Grundsätze Sach" schon 1959, weil es schwierig war, die Elemente Vermittlungsprovision und Tätigkeitsvergütung im Nachhinein voneinander zu trennen.
Entwicklung nach Einführung des AGB-Gesetzes

Nach Inkrafttreten des AGB-Gesetzes im Jahr 1977 begannen die Versicherer, die bis dahin bestehenden, an der Vermittlungs-Folgeprovisions-Theorie ausgerichteten Provisionsgrundlagen zu verändern. Und zwar so: Sie ersetzten den bis dato verbreiteten Begriff "Folgeprovision" fast überall durch Begriffe wie "Bestandspflegeprovision" oder "Verwaltungsprovision". Zugleich wurde die Provision vom zweiten Versicherungsjahr an im Vertrag gänzlich als Tätigkeitsvergütung definiert. Vier Motive der Versicherer waren ursächlich für die Vertragsumstellungen:

1. Reduzierung der Provisionsbasis für künftige Ausgleichsprozesse.
2. Verhinderung von Nachprovisionen (= Fortzahlung von Provisionen über das Ende des Vertretervertrags hinaus). Denn Verwaltungsprovisionen können grundsätzlich keine Nachprovisionen sein.
3. Herbeiführung einer Zugriffsmöglichkeit auf die Folgeprovision, ohne den ganzen Vertrag kündigen zu müssen. Motto: "Du, Vertreter, betreust oder verwaltest nicht so, wie wir es dir vorschreiben. Ergo kürzen oder streichen wir dir die Folge-Provision."
4. Aufhebung der Respektierungspflicht der zwingenden Schutzbestimmungen des HGB, zum Beispiel die über die Fälligkeit. Diese gelten nämlich nur für Vermittlungs-, nicht aber für Verwaltungsprovisionen.
Erregung des BVK und Beschwichtigung durch den GDV

Der BVK appellierte erfolglos an die Versicherer. Um wenigstens die Gefahr einer Erledigung des Ausgleichsanspruchs zu bannen, trug er im Gemeinschaftsausschuss Versicherungsaußendienst seine Sorgen vor. Der BVK erhielt vom GDV einen Brief vom 14. September 1993. Der enthält wörtlich folgende Kernaussagen:

"Hierzu [Anmerkung der Redaktion: zur Reaktion des BVK] möchten wir gern folgendes bemerken: Die Verwendung der Begriffe wie z.B. "Bestandspflege- bzw. Betreuungsprovision" beruht auf einer bestehenden "Übung" bei vielen Unternehmen und hat sich allein aus dem Sprachgebrauch heraus entwickelt.

Richtig ist, dass die "Folgeprovision" in der Schadenversicherung grundsätzlich auch einen Teil Abschlussprovision beinhaltet. Die verwendeten Begriffe wie z.B. "Bestandspflege- bzw. Betreuungsprovision" sind mithin - auch aus unserer Sicht - grundsätzlich im Sinne von "Folgeprovision" zu verstehen. Die anderweitige Bezeichnung der Folgeprovision hat demnach auch keinerlei Auswirkungen auf die Feststellung des Ausgleichsanspruchs nach §  89b HGB i.V.m. den zur Berechnung heranzuziehenden "Grundsätzen zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs (§  89 b HGB)".

Wir hoffen, dass wir mit dieser Klarstellung evtl. bestehende Missverständnisse zu dieser Thematik beseitigt haben.

gez. Dr. Jannott und Ludwig"