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01.05.2005 | Direktversicherung

Wann gilt für "Altverträge" künftig welche Besteuerung?

von Klaus Ullraum, Leiter Referat betriebliche Altersversorgung, SLPM Schweizer Leben PensionsManagement GmbH, München

Das zum 1. Januar 2005 in Kraft getretene Alterseinkünftegesetz setzt bekanntlich für den Bereich Altersversorgung das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung um: Die Aufwendungen für die Vorsorge werden in der Ansparphase steuerfrei gestellt. Dafür werden in der Leistungsphase die empfangenen Leistungen voll besteuert.

Einschneidende Veränderungen bedeutet dies für die Direktversicherung. Insbesondere taucht immer wieder die Frage auf, wann das alte und wann das neue Recht anwendbar ist. Wir sagen Ihnen, was gilt.

Neuregelung

Die Direktversicherung wurde bisher in der Anwartschaftsphase mit 20 Prozent pauschal besteuert (zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer), §  40b Einkommensteuergesetz (EStG). In der Leistungsphase wurden die Renten mit dem Ertragsanteil besteuert. Kapitalleistungen waren sogar in der Regel vollständig steuerfrei. Dazu mussten bestimmte Mindestanforderungen erfüllt sein.

Einführung der nachgelagerten Besteuerung

Zum 1. Januar 2005 wurde mit dem Alterseinkünftegesetz auch für die Direktversicherung die nachgelagerte Besteuerung eingeführt.

  • Die Lohnsteuerpauschalierung nach §  40b EStG wurde für alle Neuzusagen abgeschafft.
  • Als Ausgleich wurde die Direktversicherung in die Förderung nach §  3 Nummer 63 EStG einbezogen.
  • Das Fördervolumen von bisher bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze wurde um einen festen Betrag von 1.800 Euro für Neuzusagen ab dem Jahr 2005 auf derzeit insgesamt 4.296 Euro jährlich erhöht.
  • Die aus der Direktversicherung fließenden Leistungen werden voll besteuert (§  22 Nummer 5 EStG).
    Erhalt der Pauschalierung nach §  40b EStG

    Die Neuregelung wird von einer Übergangsregelung begleitet (§  52 (52a) EStG). Diese soll dafür sorgen, dass bestehende Direktversicherungsverträge weiter pauschal besteuert werden können.

    Prüfung in drei Schritten

    Die Prüfung, ob eine Direktversicherung nun nach neuem oder nach altem Recht zu versteuern ist, erfolgt in drei Schritten:

    1. Neu- oder Altzusage

    Zunächst wird die Unterscheidung am Kriterium Alt- oder Neuzusage festgemacht, also daran, wann die Zusage arbeitsrechtlich erteilt wurde. Der Vertragsbeginn oder der Versicherungsbeginn sind nicht entscheidend!

    Neuzusage: Ist die Versorgungszusage am 1. Januar 2005 oder später erteilt worden, handelt es sich um eine Neuzusage. Es gilt die nachgelagerte Besteuerung ohne Wenn und Aber. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Mitarbeiter erst am 1. Januar 2005 oder später in das Unternehmen eingetreten ist.

    Altzusage: Ist die Versorgungszusage vor dem 1. Januar 2005 erteilt worden und liegt der Versicherungsbeginn der Direktversicherung später, handelt es sich um eine Altzusage. Ein typisches Beispiel ist die folgende Fallkonstellation:

    Beispiel

    Ein Unternehmen verspricht seinen Mitarbeitern, dass es nach Ablauf von zwei Jahren ab Diensteintritt eine Direktversicherung auf das Leben des Mitarbeiters abschließt. Für einen Mitarbeiter, der zum 1. Juli 2003 in dieses Unternehmen eingetreten ist, wird also erstmals zum 1. Juli 2005 ein Direktversicherungsbeitrag gezahlt.

    Für die Beiträge kann im Prinzip noch das alte Recht gelten, weil die Versorgungszusage selbst vor dem 1. Januar 2005 erteilt worden ist.

    Wichtig: Für die Besteuerung der Leistungen aus dem Direktversicherungsvertrag ist einzig der Zeitpunkt des Vertragsschlusses von Bedeutung. Sähe zum Beispiel der oben aufgeführte, am 1. Juli 2005 abgeschlossene Direktversicherungsvertrag eine einmalige Kapitalzahlung mit Vollendung des 65. Lebensjahrs vor, so wäre dafür keine Kapitalertragsteuerfreiheit nach altem Recht gegeben! Vielmehr müsste der Mitarbeiter nach neuem Recht die Hälfte des Ertrags versteuern.

    2. Altzusage mit Voraussetzungen des §  3 Nummer 63 EStG

    Liegt eine Altzusage vor, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der daraus abgeleitete Direktversicherungsvertrag die Voraussetzungen des neuen §  3 Nummer 63 EStG erfüllt.

    Vermutlich dürfte dies in der Praxis überwiegend nicht der Fall sein. Denn das Alterseinkünftegesetz hat den Begriff Direktversicherung steuerlich eingeengt:

  • So gibt es jetzt nur noch den eingeschränkten Hinterbliebenenbegriff (Ehegatten, minderjährige Kinder). Bislang war es aber gerade bei der Direktversicherung vertraglich möglich und üblich, als Bezugsberechtigte auch andere Personen als die Hinterbliebenen im eigentlichen Sinne einzusetzen, zum Beispiel die gesetzlichen Erben. Die Möglichkeit einer Auszahlung von Todesfallleistungen an Erben ist aber ausdrücklich nur für die pauschal besteuerte Direktversicherung vorgesehen. Deshalb sind derartige Verträge nicht nach §  3 Nummer 63 EStG förderfähig.
  • Auch verlangt der neue §  3 Nummer 63 EStG nun die Auszahlung der Leistungen in Form einer Rente oder allenfalls noch in Form eines Auszahlungsplans. Bisher wurden aber Direktversicherungen gerne als Kapitalzusagen abgeschlossen, weil bei Einhaltung der Voraussetzungen eine steuerfreie Kapitalauszahlung zum Rentenalter möglich war.

    Meist bleibt es also automatisch bei der Pauschal-Besteuerung. Nur in wenigen Fällen wird eine alte Direktversicherung die neuen Voraussetzungen erfüllen (zum Beispiel wenn die Direktversicherung als Finanzierungsinstrument innerhalb einer Versorgungsordnung eingesetzt wird). Dann setzt der letzte Prüfungsschritt ein.

    3. Erklärung des Arbeitnehmers

    In den Fällen einer alten Direktversicherung, die die Voraussetzungen des §  3 Nummer 63 EStG erfüllt, hat der Arbeitnehmer die Wahl. Er kann entscheiden, ob er die Beitragszahlungen weiterhin pauschal besteuert oder steuerfrei einzahlen möchte. Die Entscheidung wird davon abhängen, in welcher Besteuerungsart der Betreffende den größeren finanziellen Vorteil sieht.

  • Steuerfreiheit: Entscheidet sich der Arbeitnehmer für die Steuerfreiheit der Einzahlungen, muss er nichts unternehmen. Der Arbeitgeber muss die Anwendung des §  3 Nummer 63 EStG veranlassen, wenn der Arbeitnehmer nicht aktiv wird. Allerdings muss der Arbeitgeber den Versicherer darüber informieren.
  • Pauschalbesteuerung: Will der Arbeitnehmer die Pauschalbesteuerung beibehalten, muss er bis zum 30. Juni 2005 gegenüber seinem Arbeitgeber seinen "Verzicht" auf die Anwendung des §  3 Nummer 63 EStG erklären. Eine "Verzichtserklärung" finden Sie am Ende des Beitrags auf Seite 13.

    Sofern es sich um Einzelfälle handelt, dürfte dies kein technisches Problem darstellen. Sind in einem Direktversicherungsvertrag dagegen sehr viele Mitarbeiter versichert (Kollektiv-Vertrag), so kann die unterschiedliche steuerliche Behandlung zu einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand führen. Der Arbeitgeber wird in der Regel ein Interesse daran haben, dass der Direktversicherungsvertrag einheitlich behandelt wird.

    Das Bundesfinanzministerium führt für diesen Fall aus (Schreiben vom 17.11.2004, Az: IV C 4 - S 2222 - 177/04 / IV C 5 - S 2333 - 269/04, Textziffer 206; Abruf-Nr.  050206 ):

    Vereinfachung

    "Handelt es sich um rein arbeitgeberfinanzierte Beiträge und wird die Pauschalsteuer nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt, kann von einer solchen Verzichtserklärung bereits dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitnehmer der Weiteranwendung des §  40b EStG a.F. bis zum Zeitpunkt der ersten Beitragsleistung in 2005 nicht ausdrücklich widerspricht."

    Besonderheiten bei Erhöhungen

    Auch Erhöhungen bestehender Direktversicherungen sind weiterhin im Rahmen der Grenzen des alten §  40b EStG pauschalierungsfähig. Denn die Finanzverwaltung orientiert sich am so genannten Grundsatz der Einheit der Versorgungszusage.

    Das heißt: Die Erhöhung einer Zusage verändert nicht den Zusagezeitpunkt. Das gilt auch, wenn die Erhöhung der Zusage über eine neue Police, bei einem neuen Versicherer oder gar in einem anderen Durchführungsweg erfolgt (wobei dann natürlich die Besteuerung des betreffenden Durchführungswegs zu beachten ist).

    Im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bedeutet zum Beispiel die Ergänzung einer bestehenden Direktversicherung durch eine neu abgeschlossene Pensionskasse lediglich eine Erhöhung der zugesagten Gesamtversorgung - unabhängig vom Durchführungsweg.

    Ausnahme Erhöhung bzw. Ergänzung durch Rententarif

    Hiervon gibt es eine wichtige Ausnahme: Wenn die Erhöhung bzw. Ergänzung einer bestehenden Kapital-Direktversicherung durch einen Rententarif erfolgt, handelt es sich um ein neues biometrisches Risiko (Absicherung der Langlebigkeit). Und das führt nach Meinung der Finanzverwaltung (Textziffer 204 des oben zitierten Schreibens) zumindest anteilig zu einer Neuzusage. Das wiederum hätte zur Folge, dass der Beitragsteil, der auf das neue biometrische Risiko entfällt, nicht mehr pauschalierungsfähig wäre. Derartige Tarifwechsel sollten also immer dann vermieden werden, wenn auch der neue Vertrag nach §  40b EStG pauschal versteuert werden soll.

    Musterschreiben

    Nachfolgend finden Sie einen Formulierungsvorschlag für eine "Verzichtserklärung", die der Arbeitnehmer, will er die Pauschalbesteuerung beibehalten, bis zum 30. Juni 2005 gegenüber seinem Arbeitgeber abgeben muss.

    Musterschreiben

    Unser Service: Die "Verzichtserklärung" finden Sie wie immer auch iim Online-Service unter der Rubrik "Musterverträge und Musterschreiben" .

    Quelle: Ausgabe 05 / 2005 | Seite 9 | ID 97348